Mittwoch, 23. Juli 2014

Das offene Europa und seine Feinde

Als sich am 1. Juli 2014 in Straßburg das 8. Europäische Parlament (EP) konstituierte, wollte der 91-jährige antifaschistische Widerstandskämpfer Manolis Glezos eigentlich die Eröffnungsrede halten. In einer Nacht im Mai 1941 hatte der Grieche die Hakenkreuzfahne der deutschen Besatzer von der Akropolis entfernt, im Mai 2014 ist er auf der Liste der linken SYRIZA ins EP gewählt worden. Einem antifaschistischen Volkshelden aus Griechenland das erste Wort zu geben, hätte ein schönes Signal sein können: Gegen den wiedererstarkenden Nationalismus, gegen die zerstörerische Krisen-Politik, gegen deutsche Dominanz in der EU. Der Grund dafür, dass Glezos seine Rede nicht halten konnte, liegt fünf Jahre zurück. Bis zur Europawahl 2009 war es üblich, dass der älteste Abgeordnete der neu gewählten EU-Volksvertretung mit einer Rede die Legislaturperiode eröffnet. Nach der Wahl 2009 hieß das älteste Mitglied des EP jedoch Jean-Marie Le Pen, langjähriger Vorsitzender des Front National in Frankreich. Um zu verhindern, dass dem Rechtsradikalen die Ehre zuteilwird, wurde schnell die Geschäftsordnung geändert. Aufgrund dieser Änderung blieb es nun ausgerechnet dem Antifaschisten Glezos verwehrt, zur Konstituierung des EP 2014 die einleitenden Worte zu sprechen. Drei Staaten für die radikale Rechte: Frankreich, Großbritannien, Dänemark Dabei wäre es geboten gewesen, dem frisch gewählten EP einen antifaschistischen Leitsatz mit auf den Weg zu geben. In drei Mitgliedsstaaten der EU sind bei der diesjährigen Europawahl rechtsradikale oder rechtspopulistische Parteien stärkste Kraft geworden: Die selbsternannte Unabhängigkeitspartei UKIP erreichte in Großbritannien 26,77 Prozent und 24 (+10) Mandate, die Dansk Folkeparti in Dänemark 26,60 Prozent und 4 (+2) Mandate; der größte Sprung jedoch gelang der radikalen Rechten in Frankreich. Nach der Europawahl 2009 saß Jean-Marie Le Pen nur mit einer kleinen Delegation dreier Abgeordneter im EP, darunter seine Tochter Marine Le Pen. Diese übernahm 2011 den Parteivorsitz von ihrem Vater, modernisierte unter dem Stichwort „Dédiabolisation“ (Entdämonisierung) die öffentliche Erscheinung der Partei und führte den Front National zum Wahlsieg bei der Europawahl 2014 in Frankreich. Mit knapp 24,95 Prozent der Stimmen kommt der Front National jetzt auf 24 (+21) Mandate. Insgesamt stellen die Parteien, die sich selbst rechts von der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) einordnen, nun 176 von insgesamt 751 Abgeordneten. Dies entspricht einem Anteil von 22,76 Prozent, also fast einem Viertel der Sitze. Parteien wie die Fidesz aus Ungarn oder Berlusconis Forza Italia sind hier als Mitglieder der EVP-Fraktion nicht mitgezählt. Die hohe Anzahl der rechten Abgeordneten entstand vor allem durch Wahlerfolge in einwohnerreichen Mitgliedsstaaten wie Frankreich und Großbritannien. Aber auch Polen (PiS: 31,78 Prozent / 19 Mandate), Italien (Movimento 5 Stelle: 21,15 Prozent / 17 Mandate) und Deutschland (AfD: 7,00 Prozent / 7 Mandate) müssen dazugezählt werden. Dazu kommen neu in das EP gewählte Parteien wie die Schwedendemokraten (9,70 Prozent / 2 Mandate), die griechische Chrysi Avgi (9,38 Prozent / 3 Mandate) oder der polnische Kongres Nowej Prawicy (7,15 Prozent / 4 Mandate). Doch es gibt im Lager der politischen Rechten auch Wahlverlierer. Den Wiedereinzug ins EP verpasst haben etwa die bulgarische Ataka, die Großrumänienpartei, die griechische La.O.S, die British National Party oder die slowakischen Nationalisten von der Slovenská národná strana. Who’s the king? Streit um die Führung im rechten Lager Europas Rechte wollen die Auflösung oder Renationalisierung der EU, geschlossene Grenzen und weniger Einwanderung. Wie schlagkräftig sie diese Ziele verfolgen können, hängt nicht nur von zahlenmäßiger Stärke, sondern vor allem von ihrer Organisationsfähigkeit ab. Denn es handelt sich bei der politischen Rechten in der EU nicht um einen einheitlichen, in sich geschlossen Block. Derzeit kann das Spektrum rechts von der konservativen EVP in vier Fraktionen und Gruppierungen aufgeteilt werden: Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) wird seit der letzten Legislaturperiode von den britischen Conservatives (Tories) angeführt. Die Fraktion Europa der Freiheit und Demokratie (EFD), die im Juni 2014 das Wort Demokratie in ihren Namen durch das Adjektiv „direkte“ ergänzt hat (EFDD), wird von Nigel Farages UKIP dominiert. Das bisher fraktionslose Spektrum der radikalen Rechten hat seit 2009 versucht, mit der Gründung offizieller und damit EU-finanzierter Europaparteien Strukturen für spätere Fraktionsgründungen aufzubauen: Die wichtigsten sind Marine Le Pens Europäische Allianz für Freiheit (EAF – Front National, FPÖ, Vlaams Belang, Lega Nord, Slovenská národná strana u.a.), der sich kurz vor den Europawahlen Geert Wilders Partij voor de Vrijheid anschloss. Daneben gibt es die Neonazis von der Allianz der Europäischen Nationalen Bewegungen (AENM – British National Party, Jobbik, Teile des Front National u.a.), die von dem radikalen parteiinternen Widersacher von Marine Le Pen, Bruno Gollnisch, geführt werden.i Zwischen diesen vier Fraktionen und Gruppierungen finden harte Auseinandersetzungen um Führungsansprüche und Bündnispartner statt, also um den Zugriff auf Finanzmittel, Einfluss und Macht. Die Kooperation zwischen rechten Parteien im EP, die sich mehr oder weniger der Abschaffung eben dieser politischen Institution verschrieben haben, ist dabei stets fragil. Ein wesentliches Hindernis ist das Phänomen, das man den Extremismus der Anderen nennen kann: Wenn eine radikale rechte Partei A versucht, in ihrem Herkunftsstaat zu Gunsten des Wahlerfolgs seriös zu erscheinen und sich deshalb mit offenem Rassismus oder Antisemitismus zurückhält, werden entsprechende Ausfälle eines europäischen Verbündeten B von politischen Gegnern und den Medien zuhause genutzt, um zu zeigen, dass es sich bei A eben doch um eine Partei außerhalb des demokratisch akzeptablen Spektrums handelt. Le Pens und Wilders Europäische Allianz für Freiheit (EAF) und der Extremismus der Anderen Nicht zuletzt an diesem Problem ist der wohl spektakulärste Versuch, sich an die Spitze der rechten Anti-EU-Parteien zu stellen, vorerst gescheitert. Denn trotz der Stärke des Front National in Frankreich ist es Marine Le Pen nicht gelungen, die im November 2013 gemeinsam mit Geert Wilders auf einer Pressekonferenz in Den Haag großspurig angekündigte neue rechtsradikale EAF-Fraktion zu gründen. Im EP werden für eine Fraktion 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedsstaaten benötigt. Die Anzahl der Abgeordneten war nicht das Problem. Wilders und Le Pen gelang es jedoch nicht, nach der Europawahl genügend Partner für ihre Fraktion zu gewinnen. Nur die FPÖ, die mit knapp 19,72 Prozent die Anzahl ihrer Abgeordneten auf vier verdoppeln konnte sowie Vlaams Belang (4,14 Prozent) aus Belgien und die italienische Lega Nord (6,15 Prozent), die mit einem bzw. vier Abgeordneten jeweils die Hälfte ihrer Mandate eingebüßt haben, standen parat. Beppe Grillo hatte Le Pen bereits vor der Wahl freundlich aber bestimmt abgesagt; UKIPs Nigel Farage verneinte mit der Begründung, der Antisemitismus sei im FN „zutiefst eingebettet“ („deeply embedded“), was ein Zusammengehen jetzt und in Zukunft ausschließe. Nicht ins EP geschafft hat es ein weiterer potentieller Partner, die slowakische Slovenská národná strana. Sie verpasste mit nur 3,6 Prozent den Wiedereinzug. Le Pen hätte daraufhin gerne die neue polnische Partei Kongres Nowej Prawicy in das Bündnis geholt. Die Partei von Janusz Korwin-Mikke gewann mit sieben Prozent erstmals vier Sitze im EP. Korwin-Mikke will Frauen das Wahlrecht entziehen und behauptete in einem Interview, Hitler habe wahrscheinlich vom Holocaust nichts gewusst. Wilders, der zwar gegen Muslime und osteuropäische Einwanderer wettert, Antisemitismus jedoch ablehnt, verweigerte aus diesem Grund die Zusammenarbeit mit dem Kongres Nowej Prawicy. Dann stiegen auch noch die Schwedendemokraten aus dem Projekt aus, obwohl deren Jugendverband noch im April 2014 eine europäische Jugendorganisation mit der Jugend von Front National, FPÖ und Vlaams Belang gegründet hatte (mit dem schillernden Akronym YEAH, was für Junge Europäische Allianz für Hoffnung steht). Grund für den Rückzug der Schwedendemokraten waren öffentliche Ausfälle, die sich der damalige Spitzenkandidat der FPÖ, Andreas Mölzer, geleistet hatte. In einem Fall sagte dieser, das Dritte Reich sei im Vergleich zur „Reglementierungsdynamik“ der EU „wahrscheinlich formlos und liberal“ gewesen, in einem anderen sprach er in Bezug auf die EU von einem „Negerkonglomerat“. Dies kostete Mölzer die FPÖ-Spitzenkandidatur und bewegte die Schwedendemokraten dazu, das Bündnis zu verlassen – das Risiko negativer Publicity vor den schwedischen Parlamentswahlen im September 2014 war zu groß geworden. Am Ende war es dem niederländischen Rechtspopulisten Wilders vielleicht ganz recht, dass die EAF-Fraktion vorerst scheiterte. Denn statt wie angestrebt die Europawahl in den Niederlanden zu gewinnen, hat seine Partij voor de Vrijheid mit nur 13,32 Prozent vier Prozentpunkte und einen Sitz eingebüßt. Sie kann nur noch vier Abgeordnete ins EP entsenden. Wäre die EAF-Fraktion zustande gekommen, wäre das personelle Übergewicht des Front National überwältigend gewesen. Zudem hat der Skandal um Jean-Marie Le Pens Drohung, er wolle aus dem jüdischen Sänger Patrick Bruel eine „Ofenladung“ machen, in der niederländischen Öffentlichkeit den Eindruck bestätigt, Wilders mache im EP mit Antisemiten gemeinsame Sache. Somit gab Wilders den Plan schließlich doch auf, ein Doppelmandat zu belegen und sowohl Abgeordneter der niederländischen Tweede Kamer als auch des EP zu sein. Marine Le Pen dagegen stand in der ersten Plenarsitzung die Wut ins Gesicht geschrieben, als ihr Konkurrent Nigel Farage als Vorsitzender der rechtspopulistischen EFDD-Fraktion in gewohnter Manier den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ankündigte, während Le Pen ohne Fraktion und Vorsitz auf der Hinterbank saß. Denn Farage war kurz vor der Deadline zur Fraktionsgründung, am 23. Juni um Mitternacht, noch ein kleiner Coup gegen Le Pen gelungen. Farages Joker: Die neue Fraktion Europa der Freiheit und Direkten Demokratie (EFDD) Lange hatte es so ausgesehen, als würden Le Pen und Wilders dem bisherigen Führer der europäischen Rechtspopulisten, Farage mit seiner EP-Fraktion Europa der Freiheit und Demokratie (EFD), den Rang ablaufen. Denn diese war auseinander gebrochen: Die Lega Nord hatte sich der EAF angeschlossen, die Wahren Finnen und die Dansk Folkeparti waren der EKR um Tories, PiS und AfD beigetreten. Im letzten Moment gelang es Farage dann aber doch, seine neue EFDD-Fraktion mit 48 Mitgliedern zu präsentieren. Zuerst hatte Beppe Grillos Movimento 5 Stelle in einer Online-Abstimmung, an der 29 584 Mitglieder teilnahmen, mit 78,1 Prozent für eine Fraktionsgemeinschaft mit der UKIP und gegen die Mitgliedschaft in der EKR gestimmt. Auch für die EFDD war somit nicht die Zahl der Abgeordneten das Problem, sondern die Anzahl der nationalen Delegationen – sieben mussten es schließlich sein. Als nächstes gelang es, die litauische Partei Recht und Ordnung, die bereits 2009 bis 2014 der EFD angehört hatte, erneut für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Dann schlossen sich die tschechische Svobodní, das lettische Bündnis der Grünen und Bauern und die aus der EAF ausgetretene Schwedendemokraten dem Bündnis an. Damit waren es sechs, ein weiterer Partner fehlte. Unterdessen hatte sich die Front-National-Abgeordnete Joelle Bergeron von ihrer Partei getrennt. Sie hatte gefordert, Ausländern, die in Frankreich arbeiten und Steuern zahlen, das Stimmrecht bei Kommunalwahlen zu gewähren. Le Pen soll Bergeron daraufhin aufgefordert haben, ihr Mandat abzugeben. Die trat jedoch aus dem Front National aus und als parteilose Abgeordnete der EFDD bei. Damit konnte Farage gerade noch rechtzeitig eine regelkonforme Fraktion anmelden. In einem ersten Statement sprachen sich die neugewählten Co-Fraktionschefs Farage und David Borelli vom Movimento 5 Stelle gegen die Währungsunion, gegen den „grenzenlosen Schengen-Raum“, gegen einen EU-Beitritt der Türkei und für die Rückkehr zu einem „Europa der Nationen“ aus. Farage hat darüber hinaus bereits angekündigt, 2015 im Falle eines nationalen Wahlerfolgs seiner „people‘s army“ („Volksarmee“), wie er die UKIP nennt, ins britische Unterhaus zu wechseln. Harter Rechtsdrall: Die Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) als drittstärkste Fraktion Neben dem Extremismus der Anderen gibt es bei der Zusammenarbeit rechter Parteien noch einen weiteren Effekt, der genau anders herum funktioniert. Man könnte ihn die Seriosität der Anderen nennen: Konservative Parteien öffnen sich für die Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten und machen diese so salonfähig. Ähnlich wie im Falle der EFD war es auch für die EKR-Fraktion nicht klar, wie es nach der Europawahl weitergehen würde. Die Tories waren im Vereinigten Königreich hinter UKIP und Labour mit 23,31 Prozent und 20 Mandaten (-5) nur drittstärkste Partei geworden. Eine der bisher dominierenden EKR-Parteien, die tschechische ODS um den ehemaligen tschechischen Regierungschef Petr Nečas, war 2013 über einen Korruptionsskandal gestürzt und hatte bei der Europawahl mit einem Einbruch auf 7,65 Prozent (2009: 31,45 Prozent) sieben von ehedem neun Mandaten verloren. Andere Kleinparteien aus Ungarn, Belgien und Polen haben den Wiedereinzug ganz verpasst, so dass die EKR zunächst nur aus sechs Partnern bestand. Also entschieden sich die Tories dafür, ihre EU-Fraktion auch für ausgewiesene Rechtspopulisten zu öffnen. Somit traten die Wahren Finnen (12,09 Prozent / 2 Mandate) und die Dansk Folkeparti von der EFD zur EKR über. Aus Deutschland wurde, trotz Angela Merkels Unmutsäußerung gegenüber David Cameron, die AfD aufgenommen, außerdem die Familienpartei (0,70 Prozent / 1 Mandat). Durch die weitere Öffnung nach rechts konnte die EKR schlussendlich 70 Abgeordnete aus 17 Parteien vereinen und stieg hinter der EVP und der sozialdemokratischen S+D zu drittstärksten Fraktion im EP auf. Die EKR steht, in der Tradition des Thatcherismus, für mehr nationale Eigenständigkeit in der EU, bei mehr Freihandel, ökonomischem Wettbewerb und Beschränkung der Einwanderung. Eine Reihe von rechtspopulistischen Parteien wie die AfD, die Wahren Finnen oder Dansk Folkeparti werden durch die Partnerschaft mit den Tories aufgewertet. Das Parteiprogramm der Dansk Folkeparti etwa enthält Aussagen wie „die Transformation in eine multiethnische Gesellschaft“ müsse verhindert werden – was dies konkret bedeutet, ließ sich 2011 in Dänemark beobachten: Die liberal-konservative Minderheitenregierung ließ sich von der Dansk Folkeparti tolerieren, setzte dann auf deren Druck hin einseitig das Schengen-Abkommen aus und führte wieder Kontrollen an den Grenzen zu Schweden und der Bundesrepublik ein. Wohl auch um dem Vorwurf des Rechtspopulismus nach der Aufnahme der Neumitglieder entgegenzuwirken, wurde der britische Muslim Seyd Kamall, Sohn pakistanischer Einwanderer, zum Fraktionsvorsitzenden der EKR gewählt. Brauner Bodensatz: Neonazis im Europäischen Parlament Die Neonazis, die teilweise in der Europapartei AENM organisiert sind, bleiben weiterhin weit entfernt von einer möglichen Fraktionsgründung im EP. Während Ataka, British National Party und Großrumänienpartei bei der Europawahl 2014 scheiterten, konnte die ungarische Jobbik (14,67 Prozent / drei Mandate) ihr Ergebnis von 2009 bestätigen. Neu hinzugekommen sind die deutsche NPD (1,00 Prozent / 1 Mandat) und die griechische Chrysi Avgi (9,38 Prozent / 3 Mandate). Strategien gegen die europäische Rechte: Isolieren, Skandalisieren, Probleme lösen Es ist bereits ein kleiner Erfolg, dass es Le Pen, Wilders und ihren EAF-Verbündeten nicht gelungen ist, eine EP-Fraktion zu gründen. Nicht nur gibt es weniger finanzielle Mittel, Redezeit und Personal, auch bei der Verteilung administrativer Posten im EP spielen diese Rechtsradikalen nun keine Rolle mehr. Wie kann der Herausforderung durch die Feinde eines offenen Europa in Zukunft begegnet werden? Zunächst muss im EP darauf hingewirkt werden, dass rechte Kräfte durch einen demokratischen Konsens gezielt isoliert werden; dies ist in der vergangenen Legislaturperiode nicht ausreichend geschehen. Insbesondere die konservative EVP-Fraktion muss öffentlich immer wieder unter Druck gesetzt werden, wenn sie die Zusammenarbeit mit der radikalen Rechten sucht, etwa bei der Einschränkung von Frauenrechten oder der mörderischen Abschottungspolitik gegenüber Einwanderern an den EU-Außengrenzen. Am wichtigsten aber wird es für die europäische Linke sein, durch eine Verstärkung der eigenen europäischen Zusammenarbeit in konkreten Projekten eine realitätstaugliche, menschenrechtsbasierte Politik für eine offene EU zu entwickeln, die allen Menschen demokratische Selbstbestimmung, soziale Sicherheit und offene Grenzen garantiert. Ein konkretes linkes Modell für eine neue Einwanderungs- und Asylpolitik könnte den Anfang machen. Mit welcher Haltung Linke an die europäische Arbeit gehen sollten, zeigt der Antifaschist Manolis Glezos, der heute den Kampf für ein offenes Europa in Brüssel und Straßburg weiterführt, den er vor 73 Jahren gegen die deutschen Nazis in Athen begonnen hat. Glezos ist übrigens nur mit Boot und Bahn unterwegs, weil er wegen seiner Herzkrankheit nicht fliegen darf. Fußnote i Vgl. Janssen, Thilo (2013): Die Europäisierung der rechten EU-Gegner. Rechte europäische Parteien und rechte Fraktionen im Europäischen Parlament vor den Europawahlen 2014. Eine Studie im Auftrag der Rosa-Luxemburg Stiftung, Berlin: www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Studien/Europaeisierung_der_rechten_EU-Gegner.pdf

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