Mittwoch, 23. Juli 2014
Der 15. Juli 1927 – Kämpfe der Österreichischen Arbeiterbewegung
Am 14. Juli 1927 wurden die drei Mörder von Schattendorf*, ohne auch nur die Tat zu leugnen, freigesprochen. Dieses Ereignis stellte eine große Provokation für die österreichische Arbeiterklasse dar, denn es wurde nicht nur auf ihre politische Kundgebung gefeuert, sondern die Klassenjustiz der „Demokratischen Republik“ sprach drei Arbeitermörder frei und setzte sie auf freien Fuß.Trotz dieser unglaublichen Provokation und einer Streikaufforderung der Arbeiter, gab die Führung der Sozialdemokratischen Partei (SP) keine Streikparole aus. Darüber schrieb später Otto Bauer: „Es war vorauszusehen, dass dieses Urteil große Erregungen hervorrufen wird (…) Es ist uns nicht gelungen, sie zu beruhigen. Die Demonstration ist spontan ausgebrochen.“
Viele Arbeiter traten trotz des fehlenden Aufrufs und des erneuten Betrugs ihrer Parteispitze in den Streik und zogen in die Stadt. Die Arbeitermassen, die an diesem Tag in die Stadt strömten, waren von großer Bedeutung, denn es war die erste Spontandemonstration seit langem, in der sich die Arbeiter offen gegen ihre reformistische Führung stellten. Auf die Demonstranten warteten in der Innenstadt schon berittene Polizisten die das durchführen sollten, was dem Parteivorstand der SP nicht gelang. Nach ersten Straßenkämpfen zwischen den Arbeitern und der Polizei, gab Polizeipräsident Schober den Befehl die Polizei zu bewaffnen: Das Gemetzel, das über zwei Tage dauerte, begann. Insgesamt wurden 86 Arbeiter, Frauen und Kinder ermordet, über 1000 wurden verletzt und viele inhaftiert.
Die meisten Verluste erlitten die Demonstranten vor dem Justizpalast, von wo aus auf sie geschossen wurde. Der Justizpalast wurde daraufhin von den kämpfenden Arbeitern gestürmt und in Brand gesetzt, woraufhin die Bourgeoisie den Schutzbund auf die Demonstranten hetzte um die Polizisten aus dem Justizpalast zu retten.
Es trat an diesen Tagen ein, wovor die KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs) schon seit längerer Zeit gewarnt hatte und was die SP schon im „Linzer Programm“** festhielt. Die SP legte einen glänzenden Wahlsieg im „Roten Wien“ hin, die Reaktion bereitete den Faschismus vor und die SP Führung stellte sich auf die Seite der Polizei und der Faschisten. Der 15. Juli zeigt, dass es im Klassenkampf nicht um einen Stimmenanteil der Arbeiter im Parlament geht, sondern um reale Fortschritte im Kampf der Arbeiterklasse um die Macht! Im Kampf gegen die Reaktion gibt es keinen „Mittelweg“, sondern es steht die proletarische Revolution gegen den faschistischen Terror. Die SP, die der Arbeiterbewegung in der Zwischenkriegszeit das Grab zu schaufeln versuchte, tat nichts anderes als sich auf die Seiter der herrschenden Klasse zu stellen und somit auf die Seite des aufstrebenden Faschismus.
Es wurde während den 2-tägigen Kämpfen von den Arbeitern immer wieder Waffen gefordert, doch war es ihre Parteispitze, die sie immer wieder verraten hat und somit ihre eigene Basis ausgeliefert und den Faschisten die Tore geöffnet hat. Anstatt die Arbeiter zu bewaffnen, riefen sie zu einem gespielten Generalstreik auf, um die wütenden Arbeiter zu besänftigen.
„Der von ihnen so viel verlästerte Generalstreik vom 16. Juli 1927*** war eines der Mittel – und Sie (Christdemokraten Anm.) sollten uns dafür dankbar sein -, weitere Ausbrüche der Empörung auf ein minder blutiges Gebiet abzulenken, wodurch auch von Ihnen viel Unheil abgelenkt wurde.“ (Doktor Ellenbogen -SP-Parlamentarier)
Der tapfere Kampf der Arbeiter von Wien war jedoch nicht nur eine Niederlage, trotz der vielen Toten auf ihrer Seite. Der entschlossenste Teil der Arbeiter hat spontan Widerstand geleistet und Gegenwehr organisiert. Polizisten wurden entwaffnet und gefangen genommen, Barrikaden wurden errichtet und Polizeistationen gestürmt. Vor allem die KPÖ spielte eine wichtige Rolle in den Julirevolten****, sie kämpften mit den Arbeitern an vorderster Front und gaben den Kämpfen eine revolutionäre Perspektive, stellten die wichtige Forderung der Bewaffnung der Arbeiter auf und schafften es eine Kampfeinheit zwischen Teilen der sozialdemokratischen, kommunistischen und parteilosen Arbeiterschaft herzustellen.
Die SP ist heute keine reformistische Arbeiterpartei mehr, sie ist mit dem Ende des 2.Weltkriegs zu einer direkten Partei des Monopolkapitals geworden, und die KPÖ, so groß ihre Errungenschaften auch waren, hat den Weg der proletarischen Revolution seit den 50er Jahren des 20. JH verlassen.
Heute erleben wir wieder einen Vorstoß des Faschismus in ganz Europa, und auch in Österreich werden die Angriffe auf die Arbeiterklasse und Volksmassen immer mehr: Wir haben die Einführung des 12-Stunden Tages erlebt, sowie einen Terror der Polizei, der neue Qualitäten annimmt. Wir stehen heute vor der drängenden Frage des vereinten Kampfes gegen den Faschismus. Dafür müssen wir eine antifaschistische Einheitsfront anstreben, antifaschistische Selbstschutzgruppen bilden und die Zerschlagung der Macht des Kapitals durch die proletarische Revolution unterstützen.
Vergessen wir nicht die heldenhaften Taten der österreichischen Arbeiterklasse, vergessen wir nicht ihre Verräter und ihre Mörder!
Grabesrede von Johann Koplenig (Vorsitzender der KPÖ):
„Die Ereignisse von Freitag und Samstag sind das Ergebnis der von langer Hand vorbereiteten reaktionären Offensive zur Niederschlagung des österreichischen Proletariats. Mit ihren gesunden Instinkten erkannte die Arbeiterschaft seit langem diese Gefahr… Der heldenmütige Kampf der Wiener Arbeiter gegen die Regierungsgewalt, er war die Auflehnung, der Aufstand gegen die vorstoßende faschistische Reaktion… Wie Kommunisten bekennen uns ohne Vorbehalt zum 15. Und 16. Juli! Wir erklären uns solidarisch mit den auf der Straße gegen die mordende Staatsgewalt kämpfenden Arbeiter… Wir Kommunisten wollen nicht mehr, sondern weniger Blutvergießen. Gerade deshalb orderten wir und fordern wir auch heute die Bewaffnung der Arbeiter. Der Faschismus marschiert. Er rüstet, ermutigt durch die Juli-Niederlage der Arbeiterschaft, zu neuen Morden. Die österreichische Arbeiterschaft ist nicht geschlagen, wenn sie die richtigen Lehren zieht und ihren Weg ändert.
Nicht umsonst versucht jetzt die Bourgeoisie der ganzen Welt die Wiener Ereignisse zu einer neuen Hetzkampagne gegen die Sowjetunion, das Land der proletarischen Revolution, auszunützen. Diese Hetzte steht in engem Zusammenhabt mit der seit Monaten betriebenen Kriegshetzte gegen die Sowjetunion. Die internationale Bourgeoisie braucht zu einem neuen Krieg die vorherige Niederwerfung der Arbeiterklasse in den europäischen Ländern.
Die Lehren aus den Ereignissen vom 15. Und 16. Juli haben große Bedeutungen für das internationale Proletariat. Sie sind ein neues Signal zur Kampfbereitschaft und zur revolutionären Abwehr gegen Faschismus, Reaktion und Kriegsgefahr…Namenlose Trauer liegt über der österreichischen Arbeiterschaft. Diese Trauer ist nicht ohnmächtig und schwach. Aus dieser Trauer keimt eine gewaltige Macht, die sühnen und strafen wird. Die toten Brüder und Schwestern mahnen uns: Wenn das Proletariat leben und siegen will, muss es seinen Klassenfeind niederringen. Es gilt in revolutionärer Klarheit die Waffen zu neuen Kämpfen zu schmieden. Die Kommunistische Partei übernimmt das Erbe des Juliaufstandes. Wir geloben, den Massenmord zu sühnen durch die Vorbereitung der Revolution zur Errichtung der proletarischen Herrschaft in Österreich.“
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*Bei einer sozialdemokratischen Kundgebung wurden ein 12-jähriger Bub und ein älterer Mann von drei Faschisten ermordet. Sie haben in eine Menge von unbewaffneten Arbeitern geschossen. Das waren die Morde von Schattendorf.
**Linzer Programm: Das Kapitulationsprogramm der SP gegenüber der Bourgeoisie; Es wurde von Otto Bauer ausgearbeitet und 1926 auf dem Parteitag in Linz angenommen. Darin hieß es: Die Sozialdemokratische Partei erobert durch die Entscheidung des allgemeinen Wahlrechtes die Staatmacht.
***Generalstreik am 16.Juli 1927: Am 16.Juli wurde von der Parteispitze der SP zum eintägigen Generalstreik aufgerufen. Er war jedoch ein Streik der dazu benutzt wurde, um den Protest der Arbeiter wieder unter Kontrolle zu bekommen und um weitere Kämpfe zu verhindern. Er wurde auch an einem Samstag durchgeführt, damit die „Wirtschaft“ nicht gestört wird.
****Juli-Revolten: So werden die Kämpfe der österreichischen Arbeiterklasse vom 15. und 16. Juli bezeichnet.
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