Samstag, 1. Februar 2014
Wir gebären, wir entscheiden!
Spanien. Seit den Neuwahlen im letzten Jahr gab es einige Gesetzesänderungen. Diese brachten und bringen nicht nur drastische Maßnahmen zur vermeintlichen wirtschaftlichen Stabilisierung des Landes mit sich, sondern auch gesetzliche Änderungen in Bezug auf Abtreibung. Die erst 2010 erkämpften verbesserten Bedingungen für alle Frauen* und alle anderen Menschen, die schwanger werden können, wurden wieder aufgehoben. Nun herrschen sogar wieder Gesetze aus der Zeit Francos. Damals wie heute ist es somit zu jeder Zeit der Schwangerschaft in Spanien illegal, eine Abtreibung vorzunehmen.
Wenn Ärzt_innen und medizinisches Personal Abtreibungen durchführen, müssen sie mit bis zu 10 Jahren Gefängnisstrafe rechnen. Die schwangeren Personen selbst können nicht mehr angeklagt werden. Die einzige legale Ausnahme besteht nur noch in Fällen einer Vergewaltigung oder bei einer massiven physischen und psychischen Gesundheitsgefährdung der schwangeren Person. Es sind dazu aber bestätigende Gutachten von zwei unabhängigen voneinander arbeitenden Ärzt_innen nötig und ein_e dritte Ärzt_in muss dann den Abbruch vornehmen. Außerdem wird allen Ärzt_innen, auch den Gutachter_innen, das „Recht auf Gewissensfreiheit“ eingeräumt. Sie können sich damit weigern, Schwangere vor einem Abbruch zu beraten.
Wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, führt das dazu, dass ungewollt Schwangere vermehrt illegale Abtreibungen vornehmen und vornehmen lassen, fernab von hygienischen und medizinischen Standards bzw. dass nur Schwangere mit genügend Geld und entsprechenden Reisedokumenten eine sichere Abtreibung im Ausland durchführen lassen können.
Auch in Deutschland sind die Missstände, das Recht auf Abtreibung betreffend, größer als viele denken. Das Abtreibungsverbot (§218 im Strafgesetzbuch), gegen den Feminist_innen schon in den 70er – gegen die frühere Fassung schon in den 20er – Jahren kämpften, besteht immer noch. Es erklärt Abtreibung weiterhin zu einem Straftatbestand, welcher lediglich unter besonderen Umständen nicht verfolgt wird. Um eine Abtreibung vornehmen zu können muss die schwangere Person innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen eine staatlich anerkannte Beratung in Anspruch nehmen. Hinzu kommt eine dreitägigen Wartefrist. Eine Abtreibung nach den 12 Wochen ist nur möglich bei hoher Gefahr für die physische oder psychische Geundheit der schwangeren Person. Im Allgemeinen kostet ein Schwangerschaftsabbruch der nicht aus ärztlicher Sicht zwingend erforderlich ist zwischen 200 und 570€, da die Krankenkassen den Eingriff an sich nicht übernehmen und lediglich bei einem geringen Einkommen eine Kostenübernahme beim jeweiligen Bundesland beantragt werden kann.
Noch schlimmer steht es um die (Be-)Handlungsmöglichkeiten von geflüchteten und illegalisierten Schwangeren. Bereits gemeldete Personen müssen sich jede ärztliche Behandlung im Vorfeld von den jeweiligen staatlichen Bearbeiter_innen genehmigen lassen. Illegalisierte Geflüchtete haben keinerlei offizielle Rechte Ärzt_innen aufzusuchen und diese sind dann verpflichtet, illegalisierte Personen zu melden. Einzige Ausnahme sind direkt lebenserhaltene Maßnahmen, über deren Notwendigkeit allerdings allein die Ärzt_innen entscheiden. Für nicht gemeldete Personen kann jeder Arztbesuch in letzter Konsequenz bedeuten, abgeschoben zu werden.
Um feministische Kämpfe und den Kampf um das Recht auf Abtreibung ist es in Deutschland ruhig geworden. Weltweit gehen täglich Menschen gegen staatliche und gesellschaftliche Verweigerung des Rechtes auf Abtreibung auf die Straße, initiieren Kampagnen und öffentliche Aktionen. Sie stehen für ihre Rechte bzw. die Rechte von potentiell schwanger werdenden Menschen ein. Dies wird auch am 01.02.14 in Form einer Großdemonstration in Madrid und durch Solidaritätsaktionen mit dieser in spanischen, französischen und britischen Städten stattfinden. Da wir nicht nach Spanien reisen können, möchten wir von Dresden aus Solidarität üben.
Wir schicken wütende Grüße in die ganze Welt, in der immer noch jährlich 80.000 ungewollt Schwangere an den Komplikationen einer illegalen Abtreibung sterben, wodurch ca. 220.000 Kinder zu Waisen werden und in der unzählige Personen Kinder bekommen, obwohl sie keine möchten oder versorgen können.
In Anlehnung an spanische Kampagnen wollen wir ein Foto machen, das dann als Solidaritäts-Bekundung ins Internet gestellt und verbreitet wird. Darauf sollen Menschen mit Schildern (passende Slogans in verschiedenen Sprachen) zu sehen sein, die einen Drahtkleiderbügel hoch halten. Dieser, als schmerzhaftes Instrument der „selbstgemachten“ Abtreibung, ist zum eindrucksvollen Protestsymbol geworden, das wir hiermit aufgreifen möchten.
Aufgerufen sind alle, denen ihr eigenes Recht auf Abtreibung wichtig ist, sowie alle, die sich mit ihnen solidarisieren wollen. Wir werden ein bisschen Material da haben, aber bitte bringt eure Botschaften selbst mit (und wenn ihr mögt auch einen Drahtbügel oder Stricknadeln).
Anregungen gibt es hier.
Vor Ort bzw. danach vor Veröffentlichung des Fotos ist die Unkenntlichmachung von Gesichtern möglich.
Und natürlich können wir uns anlässlich des Fotomachens auch noch unterhalten.
> Treff am Samstag 01.02.14 um 14:30 Uhr an der Haltestelle Alaunpark <
Abtreibungsverbot in Spanien und §218 in Deutschland abschaffen!
Abtreibung ist kein Straftatbestand, sondern Menschenrecht!
- Wer abtreiben will, soll unter den besten Bedingungen abtreiben können!
- Wer nicht will, soll nicht dazu gedrängt oder gezwungen werden! Wer sich für ein Kind entscheidet, muss bestmöglich unterstützt werden.
- Die Bedingungen, die dazu führen, sich für oder gegen ein Kind zu entscheiden, wovon nicht eins besser ist als das andere, müssen Gegenstand öffentlicher Diskussionen sein.
- Für eine sinnvolle Aufklärung zu Sexualität und Verhütung! Für die rezeptfreie kostenlose Vergabe von Verhütungsmitteln sowie der Pille-danach!
- Für einen guten Zugang zu parteilicher, qualifizierter Beratung und medizinischer Betreuung – für alle!
Mein Bauch gehört mir! Aborto Libre! Alerta Feminista!
Einige Pro-Choice Menschen aus Dresden
[* Viele Menschen können schwanger werden. Frauen*, trans*, inter*, queere*, agender* und non-binary* (nicht-binär-geschlechtliche*) Menschen. Die genannten Bezeichnungen überlappen sich teilweise.]
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Anlaufstellen:
Anonyme Zuflucht für Mädchen* und junge Frauen* 0351-251 9988
Babyklappe, Mütter*notruf 0180-4 23 23 23
Frauen*schutzhaus 0351-281 77 88
Kinder- und Jugendnotdienst 0351-275 4004
Dresdner Stelle zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt/Gewalt im sozialen Nahraum 0351-856 7210
24h Telefon-Seelsorge 0800-111 0 111
Es gibt in Dresden und Umgebung mehrere kostenlose Schwangerenberatungsstellen, wo anonyme Beratung möglich ist. Auch für Angehörige und Bekannte von Schwangeren.
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