Montag, 1. Oktober 2012
Wenn sich der Innenminister Sorgen über Neonazis macht ...
01.10.12 - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte am Sonntag im Berliner "Tagesspiegel" vor einer "Unterwanderung Ostdeutschlands durch Neonazis". Das ist nicht nur Ausdruck der zunehmenden Defensive der Regierung gegenüber dem breiten antifaschistischen Widerstand in der Bevölkerung. Es zeigt auch, dass die Herrschenden kein uneingeschränktes Interesse am Auftreten der Neofaschisten haben. Dies steht heute auch im Widerspruch zur Internationalisierung der kapitalistischen Produktion, zu den weltweiten Interessen der in Deutschland ansässigen internationalen Monopole und zur Politik einer gesteuerten Einwanderung im Interesse von deren Arbeitskräftebedarf. Entsprechend begründet Friedrich seinen bürgerlichen Antifaschismus: "Wenn wir unsere Waren überall in der Welt verkaufen wollen, müssen wir uns auch gegenüber an unserem Land interessierten Menschen offen zeigen."
Von einer in Ostdeutschland allgemein wachsenden neofaschistischen Gefahr kann allerdings derzeit keine Rede sein. Tatsächlich geraten faschistische und faschistoide Organisationen durch den antifaschistischen Widerstand und die antifaschistische Grundhaltung der Massen in Deutschland zunehmend in Bedrängnis. Es vergeht kaum eine öffentliche Aktion der Faschisten, ohne dass ihnen eine deutliche Überzahl aktiver Antifaschisten gegenüber steht.
Die mit der DVU vereinigte NPD verlor in den letzten zwei Jahren über ein Drittel ihrer Mitglieder und ihre Wahlergebnisse (NPD, DVU, Republikaner) schrumpfen. So kam die NPD bei den letzten Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen nur auf 0,5 Prozent der Wählerstimmen und erhielt keinen Euro Wahlkampfkostenerstattung. Damit bricht auch ihre bisherige Haupteinnahmequelle weg.
Die wachsende gesellschaftliche Ächtung der Neofaschisten demoralisiert auch ihre eigenen Reihen. Die durchschnittliche Mitgliederzeit bei neofaschistischen Organisationen sank so auf unter sechs Monate. In anderen Ländern wie z.B. Ungarn, Bulgarien oder Finnland konnten faschistoide und faschistische Parteien zeitweilige Erfolge beim Aufbau einer Massenbasis erreichen.
Zur wachsenden Ächtung der Neofaschisten, aber auch zu einer regelrechten Krise der Geheimdienste trug in Deutschland die Aufdeckung der Mordserie der faschistischen Terrorbande "NSU" sowie der Verstrickung von "Verfassungsschutz" und MAD in deren Förderung bzw. Duldung bei. Einige kleinere neofaschistische Organisationen und die neofaschistische Homepage "Altermedia" wurden seitdem verboten. Während Bundesinnenminister Friedrich ein Verbot der NPD weiterhin ablehnt, räumen ihm die Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD), und Bayern, Joachim Herrmann (CSU), "gute Chancen" ein.
Eine entsprechende Initiative wäre nur zu begrüßen, muss aber auf den Erfahrungen mit dem von der Schröder/Fischer-Regierung 2001 angestrengten Verbotsverfahren aufbauen. Es scheiterte 2003 insbesondere an der Tatsache, dass - nach damaligen Zahlen - jeder siebte NPD-Funktionär auf zentraler und mittlerer Ebene als Spitzel im Sold der Geheimdienste stand (siehe auch "rf-news" vom 28.3.12). Nach Artikel 139 Grundgesetz und dem Potsdamer Abkommen von 1945 sind jede "nazistische Betätigung und Propaganda" und jede "Neubildung irgendeiner der angeführten Organisationen" (wie der NSdAP) bereits verboten
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