Freitag, 5. Oktober 2012
"Man lässt uns keine andere Wahl, als zu kämpfen" - Bergarbeiter-Streiks in Südafrika weiten sich auf Automobilindustrie aus
03.10.12 - Nach dem großen Erfolg der Platin-Bergarbeiter der Marikana-Mine, die sich vom Polizeimassaker an 46 Kumpels nicht einschüchtern ließen und eine bis zu 22-prozentige Lohnerhöhung durchsetzten, weiten sich die selbständigen Streiks in Südafrika auf weitere Bereiche des Bergbaus, aber auch der Automobilindustrie aus. So treten unter anderem in den Platin-Zechen des Bergbaukonzerns Anglo American Platinum immer mehr Arbeiter in den Streik und fordern höhere Löhne. Außer der Zeche in Rustenburg wird jetzt auch die Union-Mine in der Provinz Limpopo bestreikt. Der Konzern geht unter anderem mit Disziplinierungsgesprächen dagegen vor.
Auf der Gold-Zeche KDC West des Gold-Bergbaukonzerns Goldfields in der Nähe von Johannesburg streiken die Kumpels bereits seit dem 9. September (siehe "rf-news"-Bericht). Goldfields geht nun dazu über, die Arbeiter aus ihren kleinen Werkswohnungen bzw. -zimmern - "Hostels" genannt - hinauszuwerfen, mit der Begründung, dort würden "gesetzlose" Zustände herrschen. Damit versucht der Konzern zusätzlichen Druck auf die Bergleute auszuüben. Acht streikende Bergleute wurden bereits verhaftet und zusätzliche Polizeikräfte in die Region entsandt.
Seit Montag Nacht streiken auch 1.800 Kumpel der Zeche "Gold One" von Goldfields. Wie schon die Streikenden der Marikana-Mine kletterten sie auf einen nahegelegenen Hügel und verbrachten dort die Nacht. Sie sagten, dass sie dort ihr "eigenes Marikana" errichten würden. Ein Kumpel sagte der südafrikanischen Zeitung "Times live": "Man lässt uns keine andere Wahl, als zu kämpfen. Wir versammelten uns friedlich bei der Mine und wurden angegriffen. Sie werfen uns aus unseren Hostels, aber wir laufen nicht mehr weg. Wir haben keine Angst. Wenn sie uns angreifen, sind wir bereit. Wir haben unseren Hügel besetzt und wenn sie ein weiteres Marikana wollen, werden wir es ihnen geben."
Seit Montag streiken auch die Arbeiter von Toyota Prospecton in Durban für eine Lohnerhöhung von 3,22 Rand pro Stunde. Zuvor hatte die Werksleitung die Gehälter der Teamleiter erhöht, offenbar um die Situation zu beruhigen und die Belegschaft zu spalten. Danach verlangten auch die Team-Mitglieder höhere Löhne. Ein Sprecher der Automobilarbeitergewerkschaft NUMSA, deren Führung ebenfalls eine Klassenzusammenarbeitspolitik mit den Konzernen und der ANC-Regierung praktiziert, bedauerte gegenüber den Medien, dass der "Effekt von Marikana problematisch" sei, weil die Leute nicht verstünden, dass "die Bedingungen in den einzelnen Werken unterschiedlich" seien.
Die Arbeiter verstehen jedoch sehr gut, dass sich ihre schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen über Branchen- und Konzerngrenzen hinweg weitgehend gleichen. Es ist eine brennende Sorge des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals, dass zunehmend die Klassenzusammenarbeitspolitik zwischen Konzernen, ANC-Regierung und Gewerkschaftsführungen ins Visier der Kritik gerät.
Nach dem Massaker von Marikana hat sich bereits der Verfall des Ansehens der ANC-Regierung und ihrer Institutionen beschleunigt. Mit den höchsten Lohnerhöhungen in der Geschichte Südafrikas wurde versucht, diese Entwicklung zu stoppen. Doch macht der Geist von Marikana weiter Schule und fördert die Herausbildung einer Tendenz zum politischen Massenkampf gegen die ANC-Regierung und die mit ihr verbundenen Organisationen.
Notwendig ist in dieser Situation auch der internationale Zusammenschluss der Bergarbeiter gegen die international operierenden Übermonopole. Die Beratung darüber steht im Zentrum der im nächsten Jahr geplanten 1. Internationalen Bergarbeiterkonferenz). Der 7. Internationale Automobilarbeiterratschlag in München beschloss im Mai dieses Jahres ebenfalls die Vorbereitung einer Internationalen Automobilarbeiterkonferenz (mehr dazu hier).
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