Montag, 1. Oktober 2012

Bericht vom 10. Prozesstag gegen Gülaferit Ünsal-angeklagt nach § 129b

30.09.12 An diesem 10. Prozesstag war, nach den massiven Pannen mit einem der vorhergehenden nun wieder ein neuer Übersetzer anwesend. Geladen war diesmal der Zeuge Peter Beil, 47 Jahre alt und tätig als Kriminalhauptkommissar beim BKA in Meckenheim. Er sollte als Sachverständiger bezüglich verschlüsselter Computerdateien berichten. Dazu nahm er Einblick in sogenannte Asservate, die angeblich von einer Razzia im April 2004 in Amsterdam stammen sollen und die ihm dann nach internationaler Rechtshilfe zur „Beweissicherung“ zugeführt wurden. Konkret berichtet er über zwei Bereiche, und zwar erstens den der ursprünglich laut seiner Aussage mit einem Programm Namens „Keysafe“ verschlüsselten und dann durch das BKA mit dem Programm „Encase“ entschlüsselten Daten und zweitens über Daten welche sich im unlocked Cluster (freien Speicherbereich) der Datenträger befunden haben sollen und die das BKA mithilfe eines filefinders anhand ihrer charakteristischen Bitefolge gefunden haben will. Es handelt sich dabei um eine Signatur, welche sich an verschiedenen Stellen der Headerinformationen einer Datei befindet. Diese Daten wurden dann, um sie darstellen und verarbeiten zu können ins IDA-System (Inhaltliche Datenträger Auswertung) des BKA eingespeist. Insgesamt sollen 1,2 Terrabite gefundene Daten an das BKA, auf lediglich 2 CDs übergeben worden sein. Nach dem Entschlüsseln dieser Daten mussten sie aufgrund von Defekten teilweise erst wiederhergestellt werden. Dazu nutzte man das Programm „easy recovery“. Auf Nachfrage der Verteidigung stellte sich heraus das sich spätere Bearbeitungen an solchen Daten nur bedingt erkennen lassen und die Frage, ob dies geschah durch den Sachverständigen, obwohl die Möglichkeit dazu bestand nicht untersucht wurde. Nun wurde der Zeuge entlassen. Nach einer kurzen Pause folgte die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft zu einem Beweisantrag der Verteidigung, den diese am vergangenen 9. Prozesstag stellte. Die Anwälte Gülaferit Ünsals forderten darin die Verlesung eines Dokumentes sowie einer Auskunft der türkischen Behörden. Damit sollte bewiesen werden das es keine Personengleichheit zwischen Gülaferit Ünsal und der in den angeblich in Amsterdam gefundenen Dokumenten erwähnten Gülsen geben kann da Gülaferit sich zu dem Zeitpunkt eines in diesen erwähnten Hungerstreikes der in Buka, im Januar 1996 stattfand, in Ankara und nicht in Buka in Haft befand. Die BAW forderte den Antrag der Verteidigung abzuweisen. Nun verlas der Richter einen längeren Abschnitt des Textes „ Kurze Geschichte des Widerstandes seit 1980“ (http://www.grundrisse.net/grundrisse30/Widerstand_in_Gefaengnissen.htm) in dem von einem Hungerstreik außerhalb des Gefängnisses, aber in Buka die Rede ist. Dies sollte die These untermauern das sich Gülaferit Ünsal angeblich erst am Hungerstreik außerhalb des Gefängnisses in Buka beteiligte, um dann ab Anfang Januar 1996 in Ankara inhaftiert zu sein. Leider war dem Richter und der BAW nicht klar das, wie die Verteidigung nun erläuterte und was auch anhand des oben genannten Textes deutlich wird, der hier erwähnte Hungerstreik außerhalb des Gefängnisses in Buka an dem Gülsen laut den Dokumenten teilnahm, als Reaktion auf, also ganz klar nach einem Gefängnismassaker am 4. Januar 1996 stattfand. Bei diesem Massaker stürmte eine paramilitärische Sondereinheit das Ümraniye Gefängnis, prügelte 3 Gefangene mit Eisenstangen zu Tode und verletzte 65 schwer. Nach einer Pause kam es zur Verlesung eines Textes in welchem Gülsen in den angeblich gefundenen Dokumenten über ihren gesundheitlichen Zustand sowie anstehende Untersuchungen berichtet. Der nächste Prozesstag findet am 15.10. statt. Beginn 9.00 Uhr.

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