Montag, 29. März 2021

19. Februar 2021 – Ein Jahr nach dem Nazi-Anschlag in Hanau

 Kein Vergessen! Kein Vergeben!

Erinnern – Gedenken – Kämpfen!
Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun,
Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz,
Gökhan Gültekin
 
In der faschistischen Terrornacht in Hanau wurden neun Menschen mit Migrationsgeschichte im wahrsten Sinne des Wortes hingerichtet. Die migrantische Community und antifaschistischen Menschen in Deutschland waren zutiefst erschüttert. Eine Welle der Empörung in Hanau und in vielen Städten. Schluss mit den rassistischen Morden!
Das Zerschlagen der faschistischen Netzwerke, Aufklärung und Konsequenzen werden von den Angehörigen der Opfer und den überlebenden Opfern des Anschlags, von antifaschistischen, antirassistischen Initiativen sowie revolutionären Bewegungen eingeklagt. Gründung der Initiative „19. Februar Hanau“. Ihr Aufruf an diesem ersten Jahrestag lautet:
„Wir klagen an und fordern Taten statt Worte: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen.“
Die Mordserie in Hanau ist ein weiteres Glied in der langen Kette der gewalttätigen Geschichte faschistischer Angriffe und Morde.
Seit 1945 zieht sich eine Blutspur durch Deutschland. Nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus haben „entnazifizierte“ Alt-Nazis in führenden Positionen den Staat BRD mit aufgebaut. Rassistische Nazi-Netzwerke konnten weiter morden: Terror gegen Roma und Sinti, gegen jüdische Menschen, gegen migrantische ArbeiterInnen aus Italien, später der Türkei, Marokko, Tunesien, das Bombenattentat auf dem Münchner Oktoberfest 1980. Bis hin zu den NSU-Morden 2001 – 2006 an neun Migranten quer durchs Land. Das ist „deutsche Tradition“.
Elf Jahre lang, bis 2011, wurden die Angehörigen der Opfer des NSU-Netzwerkes von den staatlichen Behörden als angebliche TäterInnen massiv verdächtigt und gnadenlos verfolgt. Im Münchener Prozess wurden die Familien der Angehörigen vom Gericht rassistisch zum Schweigen gebracht und NSU-TäterInnen zu grotesk niedrigen Strafen verurteilt.
Andere, wie involvierte V-Leute oder Staatsbeamte noch nicht einmal angeklagt. In diesem Jahr 2021 jährt sich die sogenannte Enttarnung der NSU-Mörder zum zehnten Mal. Die von der Bourgeoisie – Staat und Politik, vorneweg von Merkel, angekündigte Aufklärung ist nie erfolgt und wird nicht erfolgen.
 
Keine Illusionen in den Staat –
auf unsere eigene Kraft vertrauen!

Dieses Muster wiederholt sich in allen Fällen rassistischer Angriffe und Morde. Mölln, Rostock-Lichtenhagen, Dessau. In Hanau ... viele Fragen stehen ungeklärt im Raum: Über den Täter, seine Netzwerke, seinen Vater als mutmaßlichen Unterstützer. Dubios auch der Ablauf des gesamten Polizeieinsatzes in der Tatnacht, wie die von der Polizei ignorierten Notrufe. Notausgänge an einem Tatort waren versperrt. Einige Medien sprechen das zwar an aber haken diese Vorfälle unter dem Motto Versäumnisse, Pannen, Mängel und Versagen ab.1
Angehörige und die Initiative 19feb-Hanau recherchieren, decken Hintergründe auf, beharren auf umfassender Aufklärung, fordern Konsequenzen. und Entschädigung für die Opfer von faschistischer Gewalt. Wir alle müssen gemeinsam diesen Kampf führen. Das sind demokratische Grundrechte, die in diesem Land ständig von Staatswegen ausgehebelt werden. Aber warum? Weil dieser Staat, weil die „da oben“ in die Machenschaften der Nazi-Netzwerke involviert sind und die Faschisierung vorantreiben.
Der hessische Ministerpräsident Bouffier, der sich nun als Antirassist gebärdet, hat die Sperrung der NSU-Akten, die höchstwahrscheinlich den V-Mann Temme beim NSU-Mord an Halit Yozgat in Kassel belasten, für 120 Jahre unter Verschluss gestellt. Gemeinsam mit seinem Regierungspartner „Die Grünen“. Die sogenannten Lügen, Pannen, Versäumnisse sind nichts anderes als ein Gewähren lassen wenn nicht sogar Fördern von faschistischen Netzwerken, um rassistische Hetze gegen Menschengruppen, die als „nicht deutsch“ markiert werden, zu betreiben.
Nach Hanau im Februar folgt im Herbst 2020 der antisemitische und antimuslimische Anschlag in Halle.
Die Losung der deutsch-chauvinistischen „Leitkultur“, die völkisch-nationalistischen Kampagnen gegen Geflüchtete, MigrantInnen, JüdInnen, Schwarze Menschen, der sich alle bürgerlichen PolitikerInnen in der einen oder anderen Weise bedienen – das ist der Nährboden und der Sumpf in dem die Nazi-Netzwerke agieren und stärker werden! Auch innerhalb des bürgerlichen Staatsapparates. Strukturelle rassistisch-faschistische Gewalt in Polizei und Militär bis hin zu den bekannten Morden in Polizeigewahrsam wie in Dessau, in Celle und in Kleve sind an der Tagesordnung. Nicht zu vergessen die Morddrohungen des NSU 2.0. Wohnadressen von bedrohten Personen werden von hessischen Polizeicomputern, von PolizistInnen selbst abgegriffen und weitergegeben.
Insofern ist der kapitalistische Staat direkt das Problem. Wollen wir tatsächlich die Grundlagen von Rassismus und Faschismus angreifen, dürfen wir uns keinerlei Illusionen in dieses kapitalistische System und seinen Staat machen. Die rassistischen Angriffe werden nicht gestoppt solange sie existieren und herrschen.
Wir können, sollen und werden uns nicht auf diesen Staat verlassen. Wir müssen auf solidarischen, antifaschistischen Selbstschutz und Selbstverteidigung setzen.
 
Darum unser Aufruf: Staat und Nazis Hand in Hand – organisieren wir den Widerstand!
Solidarisches Gedenken und Kämpfen!
Gegen staatliche Heuchelei!

Die am 5. Januar veröffentlichte offizielle Ankündigung der „Gemeinsamen Gedenkfeier des Landes Hessen und der Stadt Hanau“ zum Jahrestag lässt schon im Vorfeld die kommenden zynischen Lippenbekenntnisse von Bundespräsident Steinmeier, Bouffier und Hanaus OB Kaminsky erahnen. Unermessliche Heuchelei! Die Ankündigung, eine einzige Litanei aus selbstbeweihräucherndem Selbstlob, ob des angeblich umfassenden antirassistischen Engagements und der Großzügigkeit der hessischen Regierung, Politiker und der Stadt Hanau für die Opfer des Anschlags, ihrer angeblich engsten Verbundenheit mit den Angehörigen. Dieser Doppelzüngigkeit treten wir mit unseren Forderungen massiv entgegen. Die Angehörigen, die Initiative19feb-Hanau, die antifaschistische und antirassistische Bewegung, wir alle werden an diesem Jahrestag an das Leben der Opfer in Hanau erinnern. Wir tragen sie in unseren Herzen und Kämpfen mit uns. Wir bekunden laut unsere Solidarität mit allen Opfern von Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Islamfeindlichkeit. Wir machen die Heuchelei von Politik und Staat sichtbar und klagen an. Wir zeigen auf, dass Rassismus und Faschismus ein Problem des Systems sind!
Tragen wir am 19. Februar unser Gedenken und Erinnern, unsere Empörung und Wut, unsere Solidarität und Forderungen, unseren Kampf für eine andere befreite, sozialistische Gesellschaft auf die Straßen!
Trotz alledem!
Kommunistische Zeitung
www.trotzalledem.bplaced.net | trotzalledem1@gmx.de
V.i.S.d.P.: H. König, Kafkastraße 56, 50829 Köln
 
Aufgrund der Epidemie findet keine zentrale Veranstaltung in Hanau statt.
Informiert euch über lokale Aktionen und kommt zahlreich!
Berlin: Gedenkorte 19. Februar ab 16:00
Rathausplatz Neukölln | Oranienplatz Kreuzberg |
Leopoldplatz Wedding
Antifaschistische Demo 20. Februar | 14:00 S-Bahnhof Hermannstraße
Duisburg 19. Februar | 17:30 August-Bebel-Platz/Marxloh
Karlsruhe 19. Februar | 18:00 Friedrichplatz
Köln 19. Februar | 18:00 Wiener Platz
Stuttgart 19. Februar | 17:30 Karlsplatz
Tübingen 19. Februar | 18:00 Marktplatz
Weitere lokale Aktionen unter: 19feb-hanau.org

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