Gemeinsame Erklärung
150 Jahre nach dem Aufstand und der kurzzeitigen Machtübernahme des
Proletariats in Paris sieht die Welt heute in vielerlei Hinsicht anders
aus. Vieles hat sich seitdem verändert. Die Pariser Kommune, der erste
Versuch einer proletarischen Machterrichtung, wurde im Mai 1871 von der
Bourgeoisie in Blut erstickt. Das kapitalistisch-imperialistische System
hat sich überlebensfähiger erwiesen als KommunistInnen und
RevolutionärInnen angenommen hatten.
Heute, 150 Jahre später, befinden wir uns im Grunde in der gleichen Lage
wie damals:
* Auf der einen Seite unermesslicher Reichtum in Händen einer kleinen
Minderheit von Ausbeutern, auf der anderen Seite Elend der übergroßen
Mehrheit der Menschheit. Allerdings klafft die Schere inzwischen enorm
auseinander.
* Proletariat und Werktätige, die vom Imperialismus unterdrückten Völker
der Welt, die den Reichtum durch ihre Arbeit schaffen, leiden unter der
immer krasseren Ausbeutung. Die ganze Welt, die arbeitenden,
ausgebeuteten Menschen und die Natur sind für die imperialistischen
Herrscher dieser Welt nichts als ein Ausbeutungsobjekt. Ihre Profite
sind – verglichen mit den vor 150 Jahren – ins Unermessliche gestiegen.
* Alle imperialistischen Mächte, voran die Großmächte, begehren die
Hegemonie über diese Welt. Sie ringen beständig in verschiedenen
Koalitionen um die Weltherrschaft.
* Aufgrund von Krieg, Armut, Hunger und durch Klimaveränderung
verursachten Naturkatastrophen sind über 80 Millionen Menschen auf der
Flucht, in der Hoffnung zu überleben und auf ein besseres Leben.
* Auch 150 Jahre nach der Pariser Kommune herrscht nach wie vor auf der
ganzen Welt das Patriarchat! Offen aber auch verdeckt – in immer
raffinierteren Formen.
* Die Kolonialreiche des 19. Jahrhunderts sind zwar durch den
Befreiungskampf der Völker weitgehend Geschichte geworden, aber der
Kolonialismus wurde vom Neokolonialismus abgelöst.
* Das imperialistische System sichert seine Macht auch durch seine
ideologische, kulturelle Hegemonie. Die Ideologen der Herrschenden
produzieren immer wieder als neu verkaufte aber im Grunde dieselben,
idealistischen, antidialektische Weltanschauungen erzählenden
„Theorien“. Mittels ihres Monopols an der Medienmacht werden sie in die
Köpfe aller Menschen eingehämmert.
* Rassismus und „Fremdenfeindlichkeit“ werden als wichtiger
ideologischer Hebel gezielt geschürt. Sich entwickelnde, offen
rassistisch und faschistisch auftretende Bewegungen und politische,
paramilitärische Organisationen werden von den bürgerlichen Regierungen
geduldet und gefördert.
* Wir erleben 150 Jahre nach der Pariser Kommune wie sich die
imperialistischen Mächte für eine neue weltumspannende Schlächterei in
Stellung bringen!
* Nicht nur das menschliche Leben wird durch imperialistische Logik und
Unterordnung allen Handelns für den Maximalprofit bedroht. Nein! Durch
die imperialistische Produktionsweise bedingte systemgemachte
Klimaveränderung bedroht heute das Leben vieler Arten auf dem Planeten
Erde.
Alles in Allem stellen wir 150 Jahre nach der Pariser Kommune fest: Der
Imperialismus führt die Menschheit direkt zum Untergang in der Barbarei.
Das sind die herrschenden Zustände heute! Ist dieses „Schicksal“
unabwendbar? Mitnichten! Millionen von Menschen kämpfen überall gegen
diese Entwicklung in allen Ländern dieser Welt!
Kämpfe gegen die herrschenden Zustände…
Überall entwickeln sich Klassenkämpfe, in denen die ProletarierInnen
gegen die Kapitalisten für ihre Rechte, für höhere Löhne, bessere
Lebensbedingungen hartnäckige Auseinandersetzungen führen. Neben den
Defensivkämpfen, in denen es gegen die Rücknahme gewonnener Rechte durch
die Bourgeoisie geht, gibt es auch offensive, teilweise politische
Kämpfe, in denen die ArbeiterInnen für die Verbesserung ihrer Lebenslage
auf die Straße gehen, Streiks und Fabrikbesetzungen organisieren und die
Bourgeoisie zu Zugeständnissen zwingen. Gegen die Entwicklung des
Rassismus und Faschismus entwickeln sich demokratische Massenkämpfe, wie
zuletzt die Black Lives Matter Bewegung.
In den vom Imperialismus abhängigen Ländern geht der Kampf für
Unabhängigkeit und Befreiung in verschiedenen Formen bis hin zum
bewaffneten Volkskampf weiter. Die gegenwärtige politische
Weltarchitektur gerät ins Schlingern. In Vielnationen-Staaten erheben
sich die unterdrückten Nationen für nationale Rechte und
Selbstbestimmung und bringen vielerorts die herrschenden Zustände in
Bewegung.
Die Kämpfe der Frauen gegen das Patriarchat, in allen Lebensbereichen,
manifestieren sich in vielen Ländern der Welt als umfassende
Massenkämpfe.
Kämpfe der Unterdrückten, Entrechteten, wie die Kämpfe von MigrantInnen,
Geflüchteten und der LGBTQ-Bewegung etc. verstärken sich. Und nicht
zuletzt der Kampf von Millionen Jugendlichen in der FFF-Bewegung für die
Rettung der Umwelt und gegen die Politik der Herrschenden, die
hinsichtlich der Klimaveränderung nichts als heiße Luft produzieren.
Unzählige Kämpfe und Aktionen von Millionen Menschen, die die
herrschenden Zustände in Frage stellen. Das ist gut. Die Welt, die
Menschheit, die Natur brauchen mehr davon. Aber es reicht nicht aus.
Denn all diese Kämpfe, so massenhaft und militant sie sind, bleiben im
Rahmen des herrschenden imperialistischen Systems. Diese Kämpfe sind
noch mit der Illusion behaftet, durch Reformen in diesem System seien
die Probleme lösbar. Nicht das kapitalistische System wird als Problem
begriffen, sondern seine üblen „Auswüchse“! Nicht die Krankheit, sondern
die Symptome werden bekämpft. Selbst wenn „Systemchange“ gefordert wird,
wird letztlich der Kapitalismus insgesamt nicht in Frage gestellt.
Sondern die „falsche Politik im Interesse einiger weniger Monopole“, die
„Habgier der Monopole“ usw.!
Das Problem ist aber das kapitalistische System selbst, dessen höchstes
Stadium der Imperialismus ist. Dieses System ist es, das die Erde, die
Natur und den arbeitenden Menschen zum bloßen Ausbeutungsobjekt macht.
Dieses System führt die Menschheit direkt in den Untergang, wenn es
nicht zerschlagen wird. Wie? Und was soll an seine Stelle kommen?
... Vor 150 Jahren haben die Pariser KommunardInnen den Weg gezeigt
Friedrich Engels am zwanzigsten Jahrestag der Pariser Kommune 1891: „Der
deutsche Philister ist neuerdings wieder in heilsamen Schrecken geraten
bei dem Wort: Diktatur des Proletariats. Nun gut, ihr Herren, wollt ihr
wissen, wie diese Diktatur aussieht? Seht euch die Pariser Kommune an.
Das war die Diktatur des Proletariats.“ (MEW, Bd. 17, S. 625)
Was waren wesentliche Merkmale dieses ersten Versuchs der Errichtung der
Diktatur des Proletariats?
* Nach der Machtübernahme wird die politische Leitung der Pariser
Kommune durch allgemeines Wahlrecht an die gewählten, verantwortlichen
und jederzeit absetzbaren Räte (Mitglieder der Kommune) übertragen.
* Die Staatsmacht, die Kommune ist keine parlamentarische, sondern eine
arbeitende Körperschaft, vollziehend und gesetzgebend zugleich.
* Unterdrückung des stehenden Heeres und seine Ersetzung durch das
bewaffnete Volk.
* Aufhebung des Beamtentums, alle öffentlichen Ämter, auch die Justiz,
werden von gewählten VertreterInnen besetzt, die jederzeit abwählbar
sind.
* Keine Privilegien für öffentliche AmtsträgerInnen.
* Die Kommune zahlte für alle öffentlichen Dienste, hohe wie niedrige,
nur den Lohn, den andere ArbeiterInnen empfingen.
* Zerbrechen des geistlichen Unterdrückungswerkzeugs der Pfaffenmacht.
Das war die revolutionär-kommunistische Organisation der neuen
politischen Macht des Proletariats. Das war, was die Pariser Kommune
ausmachte und sie von allen anderen bisherigen politischen Systemen
radikal unterschied.
Da das Proletariat zu der Zeit noch nicht imstande war – weder zahlen-,
noch bewusstseins- und organisationsmäßig – eine solche Macht
langfristig aufrechtzuerhalten, ging die Pariser Kommune als heldenhafte
Himmelsstürmerei des Pariser Proletariats in die Weltgeschichte ein.
Sie hat gezeigt, eine andere Welt ohne Ausbeutung ist möglich. Eine
andere Welt, in der die Bourgeoisie als Klasse vernichtet, in der das
Proletariat die Macht innehat, in der in Einklang mit der Natur
produziert und konsumiert wird. Eine andere Welt, in der auf dem Weg in
eine kommunistische Gesellschaft vorangeschritten wird. Ein Weg über die
Diktatur des Proletariats, in der Permanenz der Revolution.
Auf deren Fahne „Jedem/jeder nach seinen/ihren Fähigkeiten, jedem/jeder
nach seinen/ihren Bedürfnissen“ steht. Und der Staat überhaupt abstirbt.
Lernend aus den bisherigen Versuchen werden die zukünftigen Revolutionen
die Sache des Proletariats und der Volksmassen weiter vorantreiben. Das
Proletariat ist nach wie vor die Kraft, die die Menschheit vor dem
Untergang in die Barbarei retten wird!
Sozialismus oder Untergang in der Barbarei! Voran im Kampf für eine neue
Welt! Voran im Kampf für Volksdemokratie, Sozialismus, für den
Kommunismus! Im Geist der Pariser Kommune!
In ihrer letzten Schrift Januar 1919 prophezeit Rosa Luxemburg, die
Lehren aus den Klassenkämpfen, auch der Pariser Kommune ziehend:
„‚Ordnung herrscht in Warschau!‘ ‚Ordnung herrscht in Paris!‘ ‚Ordnung
herrscht in Berlin!‘ So laufen die Meldungen der Hüter der ‚Ordnung‘
jedes halbe Jahrhundert von einem Zentrum des weltgeschichtlichen
Kampfes zum anderen. Und die frohlockenden ‚Sieger‘ merken nicht, daß
eine ‚Ordnung‘, die periodisch durch blutige Metzeleien aufrechterhalten
werden muß, unaufhaltsam ihrem historischen Geschick, ihrem Untergang
entgegengeht.“
Auszüge aus der Gemeinsamen Erklärung von
Bolschewistische Partei (Nordkurdistan/Türkei) – BP (KK/T)
mail@bolsevikparti.org | www.bolsevikparti.org
Trotz alledem! (Deutschland) – TA
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