Im
Kampf gegen den Faschismus versucht der Staat, die Bevölkerung mit
einem neuen Gesetz zu beruhigen. Medien berichten, es solle sich gegen
„Feindeslisten“ richten. Bei genauerer Betrachtung kann das Gesetz
jedoch gegen Neonazis ebenso eingesetzt werden, wie gegen
antifaschistische Recherchegruppen oder sogar Mietaktivist:innen, die
offensiv mit „Outings“ gegen Spekulanten vorgehen wollen.
Am Freitag
beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines
neuen Straftatbestands, die sogenannte „Gefährdende Veröffentlichung
personenbezogener Daten“. Dies soll in einem neuen §126a geregelt
werden.
Demnach soll es in Zukunft strafbar sein, persönliche Daten einer anderen Person wie zum Beispiel Name und Anschrift öffentlich, auf einer Kundgebung oder im Internet zu verbreiten – wenn dies dazu geeignet wäre, diese Person einer Straftat auszusetzen, die sich gegen ihre „sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert“ richtet. Es drohen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
„Wir müssen Menschen besser vor Hass und Hetze schützen“, erklärte dazu Bundesjustizminsterin Christine Lambrecht (SPD), die den Gesetzentwurf in die Wege geleitet hatte.
Gesetz gegen „Feindeslisten“?
Das Bundesjustizministerium
bezeichnet das Gesetz als Maßnahme zur „Verbesserung des
strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten“. In der
Vergangenheit waren bei faschistischen Terrorgruppen immer wieder
detaillierte Listen von Personen gefunden worden, die konkrete Ziele von
Anschlägen sein sollten.
Doch genau solche Listen werden mit dem Gesetzesentwurf nicht unter Strafe gestellt – außer sie würden öffentlich ins Internet gestellt – was eher selten bei einer ernsthaften Vorbereitung eines rechten Angriffs geschieht. Gegen die Feindeslisten, die teilweise bei den Terrorgruppen „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ oder „Nordkreuz“ gefunden wurden, würde dieses Gesetz nicht helfen.
Natürlich sind von faschistischer Seite aus öffentliche Listen – versehen mit Aufforderungen, die Person könnte ja mal „Besuch bekommen“ – auch zur Einschüchterung gedacht. Das Verbreiten solcher Listen kann in Zukunft bestraft werden. Doch dies kann sich auch gegen konsequente Nazi-Gegner:innen richten.
Kriminalisierung von antifaschistischer Recherche möglich
Der
Gesetzentwurf unterscheidet nämlich nicht zwischen den ideologischen
Hintergründen bei der Erfassung und Veröffentlichung personenbezogener
Daten. Journalistische Berichterstattungen werden davon nicht
ausgenommen, ebenso wenig die Recherchearbeit von Vereinen und
antifaschistischen Gruppierungen.
Wer in Zukunft beispielsweise Flugblätter mit Namen und Anschrift eines Neonazis und Hinweis auf seine menschenverachtende Gesinnung in seiner Nachbarschaft verteilt, könnte mit dem neuen Gesetz bestraft werden.
Dasselbe gilt für Mietaktivist:innen, die auf einer Kundgebung Namen und Anschrift eines/r Immobilienspekulant:in nennen, verbunden mit der Aufforderung, Proteste vor dem Wohnhaus zu organisieren, die als „einschüchternd“ wahrgenommen werden könnten.
Es reiche, wenn die Veröffentlichung „Unsicherheit oder Furcht auslöst und als bedrohliche empfunden wird, wohingegen ein Bezug zu einer konkreten Tat meist nicht gegeben ist“, wie es in einem Passus der Begründung zum Gesetzentwurf heißt.
Die neue Verordnung richtet sich also nicht primär gegen Feindeslisten, sondern vielmehr gegen die politische Praxis des „Outings“ allgemein. Damit kann das Gesetz, das nach außen als „Kampf gegen Rechts“ verkauft wird, sich ebenso in ein Instrument zum Kampf gegen Antifaschist:innen und linke Aktivist:innen wandeln.
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