Montag, 29. März 2021

Springerpresse zu Googles Umspannwerkversuchen

 

Google hatte geplant, in Berlin-Kreuzberg einen Startup-Campus zu errichten. Doch daraus wird nichts. Der Grund: Proteste einer linken Minderheit. Absurd ist, dass sich auch Politiker von einer radikalen Minderheit beeinflussen lassen.

Der Technologie-Konzern Google hat sein Vorhaben aufgegeben, im Berliner Ortsteil Kreuzberg einen so genannten Startup-Campus zu errichten. Man muss sich nur die fein justierten Kommentare der Google-Sprecher anhören, um zu begreifen, was sich hinter den Kulissen abgespielt hat.

„Wir haben eingesehen, dass dieser Weg der beste für Kreuzberg ist”, sagte Rowan Barnett, der sich für den Konzern um die Startup-Förderung kümmert. Google habe gelernt, dass Kreuzberg “nicht der richtige Ort für einen Startup-Campus” sei, zitiert die „taz“ Google-Sprecher Ralf Bremer. Selbstverständlich, so Barnett, habe man sich aber nicht vom Protest leiten lassen, sondern vom Dialog, den Google mit unzähligen Organisationen geführt habe.

Doch in Wahrheit dürfte für Google ausschließlich der Gegenwind aus dem Kreuzberger Kiez ausschlaggebend gewesen sein. Schon seit der Konzern 2016 angekündigt hatte, im Umspannwerk am Berliner Landwehrkanal einen Startup-Campus zu errichten, gab es Proteste aus der linksradikalen Szene, deren Mitglieder in den angrenzenden Straßen wohnen. Zuletzt besetzten Google-Gegner im Sommer symbolisch das Umspannwerk.

Der Fall Google ist kein Präzedenzfall

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Natürlich könnte einem Weltkonzern wie Google das bisschen Gentrifizierungsfolklore herzlich egal sein – vorausgesetzt der Konzern könnte sich auf die Unterstützung der Politik und die Durchsetzung von Recht und Ordnung verlassen. Doch das ist mitnichten der Fall. Google sei auf die Forderung von Politik und Nachbarschaft eingegangen, sagte der zuständige Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrat und selbsternannte Aktivist Florian Schmidt (Grüne). Er begrüße diesen Schritt und hoffe, dass andere große und mittlere Unternehmen folgten.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Ein Politiker betreibt erstens öffentlich das Geschäft einer radikalen Minderheit und interessiert sich zweitens nicht für Hunderte potenzieller Arbeitsplätze in einer trotz allen Aufschwungs wirtschaftlich prekären Gegend der Hauptstadt. Es könnte ja sein, dass Gutverdiener in den Kiez ziehen und Alteingesessene verdrängen. Das ist Politik nach dem Motto: Jeder ist sich selbst der Nächste.

Der Fall Google ist selbstredend kein Präzedenzfall im Kiez. Er reiht sich ein in eine lange Liste des Politikversagens in Kreuzberg. Die Gerhart-Hauptmann-Schule, die mit Duldung der grünen Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann fünf Jahre lang von Migranten besetzt war und erst geräumt wurde, als sich dort Straftaten häuften, befindet sich in Sichtweite des Umspannwerks.

Immobilieneigentümer auf offener Straße attackiert

Eine Straßenecke weiter liegt das Restaurant Vertikal, das 2017 in die Schlagzeilen geriet, weil Autonome die Fensterscheiben mit Eispickeln zerhackten. Der Grund: Das Restaurant befindet sich im Erdgeschoss eines Eckhauses, dessen britischer Eigentümer dort Ferienwohnungen vermietet und den Gewerbemietvertrag einer angrenzenden Bäckerei gekündigt hatte. Plötzlich galten die Aufbackbrötchen der Bäckerei als lebenswichtig für den Kiez. Eilig wurden damals Unterschriftenaktionen gestartet, auch die Politik mit ins Boot geholt.

Die kümmerte sich nicht etwa vordergründig um die von der Gewalt traumatisierte Restaurantbetreiberin. Stattdessen wurde ein runder Tisch eingerichtet, bei dem es auch darum ging, Druck auf den britischen Eigentümer auszuüben. Mit Erfolg. Zähneknirschend nahm der die Kündigung zurück – auch weil ihn Radikale auf der Straße erkannt und angegriffen hatten. Noch bevor es nun erneut eskalieren kann in Kreuzberg, hat Google mit dem Rückzug eine pragmatische Entscheidung getroffen – und gleichzeitig einen Fuß in der Tür behalten.

Künftig soll das Umspannwerk ein „Haus für soziales Engagement werden”. Die Spendenplattform Betterplace und die Sozialgenossenschaft Karuna werden gemeinsam die Organisation des Gebäudes übernehmen und zum Teil selbst im Haus arbeiten. Mit der Übergabe des Hauses verpflichtet sich Google die Kosten für Umbau, Ausstattung, Miete und Nebenkosten für die kommenden fünf Jahre zu tragen. Das klingt zunächst einmal seltsam. Warum nach all dem Ärger? Natürlich hat auch Google einen langen Atem. Das ferne Ziel des Konzerns dürfte es sein, jene Politiker vom guten Image des Konzerns zu überzeugen, die jetzt auf der Seite einer radikalen Minderheit stehen.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article182739580/Google-Rueckzug-In-Kreuzberg-bestimmt-eine-radikale-Minderheit-die-Politik.html 

Berlin: Ein Genosse sitzt in U-Haft – Freiheit für Adel!

 


28.03.21

fäüste.pgnLiebe Genossen und Genoss*Innen,
ein trauriger Anlass diese Zeilen zu Verfassen. Ein mutiger Genosse von uns sitzt seit Sonntag in der JVA Moabit in Untersuchungshaft. Seit 2014 verbüßt der Genosse Adel seine Bewährung in Berlin. Er wurde nie auffällig in dieser Zeit. Es war in unser aller Sinne, dass wir ihn nicht gefährden, um keine weitere Haftstrafe zu riskieren.


Nun ist es leider doch passiert. Am Samstag den 20.03.21 haben Rechtsextreme und Reichsbürger unter dem Namen “Frieden, Freiheit und Souveränität” elf verschiedene Veranstaltungen in ganz Berlin angekündigt. Insgesamt wurden die Teilnehmer aller Veranstaltungen auf knapp 650 geschätzt. Sie wurden aber aus eigenen Angaben der Polizei mit 1800 Einsatzkräften betreut. Die Anspannung zwischen den rechten Demos und den Gegenprotesten war groß. Nachdem uns die Naricht von Adels Verhaftung erreichte, waren wir geschockt. Was folgten waren lange Stunden, in denen viel telefoniert wurde und die Gedanken sich überschlugen. Detaillierte Informationen zum Tatvorwurf und die Fallakte haben wir bis heute nicht erhalten.
Adel wurde am Samstag gegen 13 Uhr auf dem Rückweg von der Demo von mindestens 4 Wannen mit zwei anderen Genossen eingekesselt und festgenommen. Alle drei wurden in die Gesa am Tempelhofer Damm gebracht. Die Behandlung in der Gesa war wie abzusehen reine Schikane.
Adel bekam weder eine Decke zum Schlafen, noch wurde das Licht in seiner Zelle zu irgendeinem Zeitpunkt ausgemacht. Die Beamten sollen sich dazu auch noch sehr respektlos den Festgenommenen gegenüber verhalten haben.
Am Abend erhielten wir den Anruf unserer bereits eingeschalteten Anwältin, dass Adel am Sonntag direkt dem Haftrichter vorgeführt werden sollte. Aufgrund seiner Bewährung war relativ schnell klar, dass die Chancen schlecht standen. Der Tatvorwurf basiert auf den Aussagen der Polizei, dass die Gruppe, bestehend aus den drei Verhafteten, im Tiergarten auf eine Gruppe Nazi Hools getroffen war und im Laufe einer Streitigkeit, ein Nazi mit einem Flaschenwurf verletzt worden sei.
Gleich am Sonntagmorgen vor seiner Anhörung bei dem Haftrichter klopfte das LKA an der Tür seiner Mutter, sie stellten provokante Fragen zu Adels Wohnsituation und bezüglich einer Fluchtgefahr.
Denn der Grund dafür, dass er in Untersuchungshaft sitzt, ist aber nicht der Tatvorwurf, sondern die angebliche Fluchtgefahr, die von Adel ausgeht. Völlig absurd, wenn man sich vor Augen hält, dass er sich in seinem ganzen Leben nie einem Verfahren verweigert.
Er übernimmt Verantwortung und hat alle seine Verfahren ausgefochten, für die er angeklagt wurde.
Diese unerwartete, starke und gezielte Repressionen gegen einen unsere Genossen scheint in unseren Augen ein Angriff auf unsere Strukturen zu sein.
Wir fordern das Adel sofort aus der Untersuchungshaft entlassen wird, es gibt keinen Vorwurf gegen ihn der mit stichfesten Beweisen überzeugt. Wir erleben hier mal wieder die Willkürlichkeit des Rechtstaats und dessen Sklaven.
Wie lange Adel in Untersuchungshaft bleiben wird, ist unklar, auch ob es eine Anklage geben wird, ist noch unklar.
Wir versuchen eine Kampagne für Adel auf die Beine zu stellen. Wir haben ein Antrag auf Kaution gestellt, die aber 2000-5000 EURO betragen würde, was wir natürlich nicht alleine bezahlen können. Wir haben ein Spendenkonto eröffnet und beginnen damit Solishirts zu kreieren.

#FreeAdel
Solidarische Grüße aus Berlin

https://enough-is-enough14.org/2021/03/27/berlin-ein-genosse-sitzt-in-u-haft-freiheit-fuer-adel/#more-12905

Hohe Haftstrafen im PKK-Prozess in Stammheim gefordert

 


28.03.21

129.1Die Generalstaatsanwaltschaft hat im PKK-Prozess in Stuttgart-Stammheim hohe Freiheitsstrafen für die fünf kurdischen Angeklagten gefordert. Veysel S. soll als führendes PKK-Mitglied fünf Jahre und vier Monate im Gefängnis bleiben.

Knapp zwei Jahre nach Prozessauftakt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart-Stammheim hat die Generalstaatsanwaltschaft hohe Haftstrafen für die fünf kurdischen Angeklagten gefordert. Veysel S. soll als führendes Mitglied der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) fünf Jahre und vier Monate im Gefängnis bleiben. Er wurde im Juni 2018 festgenommen und ist seitdem in Untersuchungshaft.

Den anderen Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft Unterstützung der PKK vor. Für Özkan T. wurden drei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe beantragt, für Agit K. drei Jahre und zehn Monate. Beide sind ebenfalls in Untersuchungshaft. Cihan A. soll für ein Jahr und zehn Monate ins Gefängnis, Evrim A. für zwei Jahre und sechs Monate.

Die Anklage der Bundesanwaltschaft basiert maßgeblich auf den Aussagen eines Kronzeugen, der seinen Angaben zufolge für die PKK tätig gewesen sein soll. Während dieser Zeit hat er teilweise für die deutsche Polizei gearbeitet und sein Wissen über die Organisation offenbart. Ridvan Özdemir hatte im Prozess umfänglich ausgesagt und die Angeklagten belastet. Dabei hatte sich jedoch herausgestellt, dass der Zeuge größtenteils unglaubhafte Angaben gemacht und in wesentlichen Anklagepunkten gelogen hat. Nicht zuletzt hatte dies dazu geführt, dass der Haftbefehl gegen Evrim A. im Dezember 2019 außer Vollzug gesetzt wurde.

Befragungen des Kronzeugen durch die Verteidiger*innen waren nicht möglich, weil dieser von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht hatte. Sie hatten bereits zu Prozessbeginn kritisiert, „dass das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an der Kriminalisierung kurdischer Aktivisten“ dazu führe, dass sie sich für die „Rachegelüste eines abgewiesenen Liebhabers instrumentalisieren“ lasse. Im August 2020 ist in einem gesonderten Verfahren auch gegen den Kronzeugen Anklage erhoben worden.

Rechtsanwalt Dr. Björn Elberling, der gemeinsam mit Rechtsanwältin Antonia von der Behrens den Angeklagten Özkan Taş vertritt, hatte vergangenen Monat in einem Interview auf die politische Dimension des Verfahrens hingewiesen: „Letztlich handelt die Strafjustiz – allen voran die politische Behörde Bundesanwaltschaft – hier nach dem allgemeinen politischen Zeitgeist. Strafverfolgung wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft etwa setzt ja immer eine Verfolgungsermächtigung des Justizministeriums voraus. Die Regierung hat es also weiter in der Hand, mit einem Federstrich einen großen Teil dieser Repression zu beenden. Wir führen den Kampf im Gerichtssaal und für die einzelnen Angeklagten, aber gewonnen werden kann die Auseinandersetzung nur über massiven Druck auf die Regierung, den außenpolitischen Kurs der Kooperation mit dem Erdoğan-Regime und der Repression gegen kurdische und andere Oppositionelle hierzulande zu beenden.“

Der Prozess wird am 15. April mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/hohe-haftstrafen-im-pkk-prozess-in-stammheim-gefordert-25301


am 20. März 2021 in Stuttgart


 

Auswertung zur überregionalen Demonstration am 20. März 2021 in Stuttgart

 

28.03.21

antifa ist  legetimEin ausführlicher Bericht und eine politische Auswertung zur überregionalen Solidaritäts-Demonstration haben acht organisierte Antifagruppen aus Süddeutschland verfasst. Im folgenden spigelen wir die Veröffentlichung, die auch den gemeinsamen Redebeitrag beinhaltet:

“Am 20. März 2021 demonstrierten rund 1000 AntifaschistInnen in der Stuttgarter Innenstadt gegen staatliche Repression und für einen konsequenten und militanten Antifaschismus. Anlass hierfür war die vermehrte Verfolgung der antifaschistischen Bewegung in Baden-Württemberg im Nachgang der „Querdenken“-Demonstrationen im Frühjahr 2020 in der Landeshauptstadt. Darüber hinaus waren aber auch weitere Repressionsschläge gegen die außerparlamentarische Linke, wie das §129-Verfahren in Frankfurt am Main und die Inhaftierung der Antifaschistin Lina aus Leipzig, Thema.

Aus der kämpferischen und gerade im vorderen Bereich organisiert auftretenden Demonstration heraus wurde immer wieder Pyrotechnik gezündet. Zudem wurde das Stuttgarter Landgericht, vor dem im April 2021 die beiden Antifaschisten Jo und Dy der Prozess gemacht wird, aus der Demonstration heraus mit Farbflaschen angegriffen.
Gemeinsam mit vielen anderen haben wir zu der überregionalen Demonstration mobilisiert, Anreisen gestemmt, uns maßgeblich an der Organisation der Demo beteiligt und auf der Auftaktkundgebung gesprochen. Wir erachten die überregionale Mobilisierung mit einer vierstelligen Teilnehmendenzahl trotz Covid19-Pandemie organisatorisch als Erfolg und werten auch die offensive Stoßrichtung der Demonstration als politisch richtungsweisend.

Der Staat schlägt nicht ohne Grund zu

Die Repression gegen die antifaschistische Bewegung im Allgemeinen und im Nachgang der militanten Interventionen gegen „Querdenken711“ in Stuttgart 2020 im Besonderen, reiht sich ein in eine Vielzahl von Verfahren bundesweit. Besonders organisierte Zusammenhänge oder militante Angriffe auf Nazis sind hierbei im Fadenkreuz der Repressionsbehörden.

Der staatliche Frontalangriff mit Hausdurchsuchungen, Observationen und Inhaftierungen ist auch aufgrund des Stellenwerts des konsequenten antifaschistischen Kampfes für die gesamte linke Bewegung wenig verwunderlich. So ist er doch einerseits der Ort, an dem die antikapitalistische Linke über Bündnisse und eine aktionistische Praxis schnell gesellschaftliche Wirkmacht entfalten kann. Andererseits drängt er reaktionäre Krisenlösungen zurück und bekämpft aktiv Rechte und Faschisten. Damit schafft der praxisorientierte Antifaschismus Raum für linke Perspektiven. Eine starke, antifaschistische Bewegung ist von Bedeutung für die gesamte Linke. Ihre Notwendigkeit lässt sich leicht aus der aktuellen gesellschaftlichen Situation, einer erstarkenden Rechten und sich verschärfenden Krise herleiten.

Den Spieß umdrehen

In diesem Zusammenhang hat die Demonstration in Stuttgart gezeigt, dass es als antifaschistische Bewegung trotz Repressionsschlägen möglich ist, nicht an diesen zu zerbrechen. Durch eine starke überregionale Mobilisierung verschiedener Städte vor allem aus Süddeutschland, aber auch bundesweit ist der Spieß umgedreht worden und ein deutliches Signal hinter die Knastmauer gesendet worden. Aus einem Angriff der Behörden auf Einzelne wurde ein Zusammenwachsen der Bewegung auf der Straße mit einer spektrenübergreifenden Beteiligung, insbesondere aus unterschiedlichen Teilen der radikalen Linken.
Die starke überregionalen Beteiligung, aber auch der offensive und selbstbestimmte Ausdruck auf der Straße durch gut organisierte und strukturierte Reihen im kompletten vorderen Bereich bis zum Lautsprecherwagen, haben zum Erfolg der Demonstration beigetragen. Gerade das geschlossene und kämpferische Auftreten der gesamten Demonstration war mit dafür verantwortlich, dass die sonst penible und wenig zimperliche Stuttgarter Polizei am 20. März 2021 zur Passivität und zum Zuschauen verdammt war. Ein polizeiliches Einschreiten, das war unübersehbar, wäre nur mit massivem Aufwand und offenem Ergebnis möglich gewesen.
Letztlich ist die gemeinsame Gestaltung der Demonstration für uns ein weiterer qualitativer Schritt, da sich hier eine Organisierung als Antifaschistische Aktion in Süddeutschland praktisch auf der Straße gezeigt hat. Deren Bedeutung können wir sowohl im Angesicht der aktuellen, gesellschaftlichen Situation, aber auch in der Frage des Umganges mit Repression nicht genug betonen.

Und weitermachen

Die letzten beiden Jahre bleiben viele aufgrund der rechten Terroranschläge in Halle und Hanau im Kopf. Die zunehmende und breite Militarisierung rechter und faschistischer Kräfte geht einher mit der Verfestigung der organisatorischen und politischen Grundlagen der selbsternannten „Alternative für Deutschland“. Und auch das nicht-parteigebundene, straßenorientierte Nazimilieu befindet sich im Aufwind. Gerade im Zuge der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krise stößt die organisierte Rechte mit reaktionärer Propaganda schnell auf Nährboden in der Gesellschaft. Das hat nicht zuletzt die „Querdenken-Bewegung“ gezeigt. In dieser Gemengelage ist der Aufbau eigener, auch überregionaler und handlungsfähiger antifaschistischer Strukturen ein entscheidender Schritt für die Linke, weiterhin aktiv und effektiv handeln zu können.
Gleichzeitig ist der Umgang der Bewegung mit Repression von Bedeutung. Das heißt einerseits, aus den gemachten Fehlern zu lernen und die Strukturen sowie die Bewegung besser zu schützen und die Arbeit gleichzeitig so zu gestalten, dass die antifaschistische Arbeit trotz Repressionsdruck und Kriminalisierung weiter stattfinden kann. Andererseits geht es darum, sich nicht einschüchtern zu lassen und der gezielten Vereinzelung durch Repression, die kollektive, spektrenübergreifende Solidarität entgegen zu stellen. Einen wichtigen Beitrag dazu liefern kollektive Momente auf der Straße. Sie helfen die Angst und die Unsicherheit, welche die Repression verursacht, gemeinsam zurückzudrängen und signalisieren Betroffenen: Ihr seid nicht alleine, wir sind viele und wir stehen zusammen.

Mit der Demonstration am 20. März 2021 in Stuttgart ist das gelungen. Gemeinsam haben wir gezeigt, dass Repression immer die gesamte antifaschistische Bewegung ins Fadenkreuz nimmt und egal wen sie trifft, uns alle meint und den gemeinsamen Kampf trifft.

Trotzdem dürfen wir uns auf der Stuttgarter Mobilisierung nicht ausruhen. Sondern müssen unmittelbar daran anknüpfen und weiterhin für eine starke und organisierte antifaschistische Bewegung kämpfen.”

Die antifaschistische Aktion aufbauen!

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart | Antifaschistische Aktion Karlsruhe | Antifaschistische Aktion (Aufbau) Tübingen | Antifaschistische Aktion (Aufbau) Mannheim | Antifaschistische Aktion Südliche Weinstraße | Antifaschistischer Aufbau München | Antifaschistische Aktion [o] Villingen-Schwenningen | Antifaschistische Perspektive Ludwigsburg / Rems-Murr

Im März 2021

Der Redebeitrag auf der Demonstration:

Liebe AntifaschistInnen, liebe Antifaschisten,

Wir sind acht Antifa-Gruppen aus dem Südwesten, die seit mehreren Jahren praktische Antifaarbeit organisieren. Wir kommen aus Karlsruhe, Mannheim, Tübingen, Stuttgart, Villingen-Schwenningen, München, dem Rems-Murr-Kreis und der Südlichen Weinstraße. Heute sprechen wir gemeinsam.

Oft wenn die antifaschistische Bewegung auf die Straße geht, wenn AfD Wahlkämpfe gestört werden oder Nazis in die Schranken gewiesen werden, wird hinterher über Gewalt gesprochen. Die Rechten empören sich und sprechen von Terrorismus. Aber auch JournalistInnen verurteilen und schreiben von Extremismus. Und gar manche, mit antifaschistischem Selbstverständnis, distanzieren sich und finden diese oder jene Aktionsform schlecht oder schädlich.
Natürlich geht es aber nicht um Gewalt.

Mit der unglaublich abstrakten Diskussion über das Mittel der Gewalt, dem Herauslösen von Aktionen und Aktionsformen aus dem gesellschaftlichen Kontext, mit dem Stempel „gewalttätig“, als einziges, als charakterisierendes Adjektiv …soll konsequente antifaschistische Praxis delegitimiert werden!

Manche von uns antworten hierauf, indem sie auf rechten Terrorismus, auf rassistische Brandanschläge und Morde, auf Halle, Hanau oder Hoyerswerda, auf den NSU, auf Uniter, Nordkreuz und die zahlreichen weiteren bewaffneten, faschistischen Gruppen verweisen.

Das ist richtig. Schließlich ist antifaschistische Praxis kein Selbstzweck, sondern die Antwort auf bzw. der Abwehrkampf gegen diese Phänomene! Eine Notwendigkeit.

Und eben diese Notwendigkeit stellt ein einziges Kriterium an antifaschistische Praxis: Nicht, ob sie „schön“ oder „angenehm“ ist, nicht ob sie verurteilt werden kann. Sie muss wirken!

„Wirkung“ ist dabei mehr, als den Rechten unmittelbaren finanziellen oder körperlichen Schaden zuzufügen. „Gewalt wirkt“ heißt nicht, dass nur Gewalt wirkt. Recherche und Aufklärungsarbeit, viele Menschen in Aktion zu bringen, breite, aktionsorientierte Bündnisse zu schließen und Naziaufmärsche zu blockieren gehören genauso zur notwendigen antifaschistischen Praxis. Die direkte Konfrontation aber eben auch!

Mit dem ganzen Spektrum dieser Mittel wurde im Frühjahr 2020 in Stuttgart auch auf die hier entstehende und erstarkende Querdenken-Bewegung reagiert.

AntifaschistInnen verteilten Flyer und klebten Plakate, um früh auf die Beteiligung organisierter Rechter aufmerksam zu machen und verschwörungstheoretischen, stark personifizierenden Tendenzen entgegen zu wirken. Im Bündnis mit gewerkschaftlichen und anderen linken Kräften wurden eigene Kundgebungen gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten, gegen die Abwälzung von Krisenfolgen auf dem Rücken der Lohnabhänigen und mit klarer Kante gegen Rechts organisiert.

Aber auch militante Aktionen brachten die Querdenken-OrganisatoInnen in die Bredouille: Der Brand der Lautsprechertechnik-LKWs und die Angriffe auf Nazis der rechten Scheingewerkschaft „Zentrum Automobil“ dürften einen entscheidenden Einfluss auf die darauffolgende Entscheidung von Querdenken-Kopf Michael Ballweg gehabt haben, die wöchentlichen Kundgebungen in Stuttgart auf dem Zenit ihrer Teilnehmendenzahl zu pausieren!

Aufgrund des Vorwurfs, an einer dieser Aktionen beteiligt gewesen zu sein, kam es zu mehreren Hausdurchsuchungen. Zwei Genossen wurden in Untersuchungshaft gesteckt, einer der Genossen sitzt immer noch!

Unsere Grüße gehen raus an Dy! Wir stehen hinter dir! Genau wie wir hinter Jo, hinter Lina und hinter allen anderen, derzeit von Repression Betroffenen, stehen!

Die Angeklagten im kommenden Prozess werden sich vor Gericht verteidigen müssen –– das, wofür sie auf der Anklagebank sitzen – einen konsequenten Antifaschismus – verteidigen wir heute gemeinsam, auf der Straße!

Antifaschismus bleibt – der Repression zum Trotz – ein vielschichtiger Kampf, ein Kampf auf verschiedenen Ebenen, mit verschiedenen Mitteln! Die Intensität des Kampfes, die Gewichtung der Ebenen und die Wahl der Mittel ergeben sich aus der Notwendigkeit; ergeben sich aus der gesellschaftlichen Situation.

Hier müssen wir konkreter werden. Halle und Hanau sind bereits gefallen, Kassel ließ sich hinzufügen – eine Analyse der gegenwärtigen Situation muss aber über eine Aufzählung von Städtenamen hinausgehen.

Zunächst einmal sind die faschistischen Morde nämlich nur die Spitze des Eisbergs. Sie werden begleitet von und stehen in einem Verhältnis zu _ den verschiedenen rechten und rechtsoffenen Massenbewegungen: Von der „Demo für Alle“, über PEGIDA, „Nein zum Heim“ und „Kandel ist überall“, bis hin zu „Querdenken“. Sie werden begleitet von und stehen in einem Verhältnis zu _ den Wahlerfolgen der AfD und dem resultierenden Auf- und Ausbau des rechten Parteiapparates, inklusive ihres faschistischen Flügels. Sie werden begleitet von und stehen in einem Verhältnis zu _ rechten Organisierungs-Experimenten in den Großbetrieben der Metall- und Elektroindustrie.

Aber auch in ihrer Gesamtheit sind diese Phänomene noch keine ‚Analyse der gegenwärtigen Situation‘. Rechte Massenbewegungen, das Erstarken rechter Parteien, kurzum, ein gesellschaftlicher Rechtsruck mit all den genannten Ebenen passiert nicht „einfach so“, „aus dem Nichts“.

Es sind gesellschaftliche Krisen, die Rechten das Potential bieten in die Offensive zu kommen; in denen rechte Mobilisierung auf fruchtbaren Boden fallen.

Wirtschafts- und Währungskrisen, wie sie im kapitalistischen System zu erschreckender Regelmäßigkeit verdammt sind. Aber auch – oft damit einhergehende – politische Krisen, wie der Umgang mit der 2015 rasant angestiegenen Zahl nach Europa flüchtender Menschen oder aktuell der Umgang mit der globalen Corona-Pandemie.

In Krisenzeiten werden Probleme, die hinter der Maske der bürgerlichen Demokratie immer schon vorhanden waren, plötzlich für viele Menschen sicht- und spürbar. Rechte Politik bietet hier – seit jeher – einfache und schnell greifbare Antworten, eindimensionale Erklärungen und konkrete Feindbilder.

Wo das zieht, wandeln sie Ungewissheit, Angst und Unmut im Angesicht von realen Problemen, wie Verteilungskämpfen oder Werksschließungen, in jämmerliches „Nach-unten-Treten“; in die Spaltung von Menschen mit eigentlich gemeinsamen Interessen.

In dieser Funktion ist rechte Politik systemstabilisierend; ist sie ganz im Sinne der Herrschenden, gegen die sie doch immer wieder vorgibt, „Opposition“ bzw. „Alternative“ zu sein!

Ob diese Inszenierung aufgeht, liegt jedoch mithin an uns!

Dabei gilt nicht nur, dass wir das krisenhafte kapitalistische Wirtschaftssystem überwinden müssen, um den Rechten ein für alle Mal ihren Nährboden zu entziehen, sondern auch umgekehrt: Um dieses krisenhafte kapitalistische Wirtschaftssystem zu überwinden – und dazu sind Krisen immer auch Chancen – müssen wir die Rechten bekämpfen!

In der Krise braucht es linke Antworten. Klar. Dafür aber, braucht es nicht weniger Antifa. In der Krise braucht es mehr ‚Antifa‘!

Mit Klassenstandpunkt. Immer in einem Verhältnis zur „Systemfrage“. Aber als eigenständiger Abwehrkampf. Mit dem klaren Ziel: Den Aufbau rechter Strukturen einzuschränken, rechten Einfluss auf Massenbewegungen zurückzudrängen, Minderheiten und fortschrittliche Bewegungen gegen Angriffe von Faschisten zu verteidigen …und dadurch letztlich Raum für revolutionäre Antworten und Organisierungen zu schaffen!

Gerade jetzt, wo die Pandemie eine sich ohnehin anbahnende Wirtschaftskrise verstärkt, lautet die Parole: Konsequent antifaschistisch!

Dieses „Mehr“ an Antifa, bedeutet dabei allerdings nicht einfach mehr Menschen, mit einer antifaschistischen Haltung, mehr Menschen, die auch Mal einen Samstag Nachmittag in eine Kundgebung gegen Rechts investieren. „Mehr Antifa“ – das muss vor allen Dingen heißen: Mehr Organisierung!

Nachhaltige, echte Schlagkraft können wir nur entfalten, wenn wir uns zusammen schließen und Strukturen schaffen, die diesen Kampf organisieren!

Strukturen, die Theorie und Praxis aneinander entwickeln und immer wieder aufs Neue überprüfen; die eine – heute nur skizzierte – Analyse der gesellschaftlichen Situation treffen und daraus die richtigen Ansatzpunkte und die gebotenen Mittel ableiten. Strukturen, die eine Öffentlichkeitsarbeit entwickeln. Die Angebote für niederschwellige Arbeit gegen Nazis schaffen und Menschen aktivieren, die – auch ohne große Analysen – einfach keinen Bock auf Nazis haben. Strukturen, die bündnisfähig sind und andere gesellschaftliche Kräfte, die kein objektives Interesse an Faschismus oder einer Zuspitzung der Verhältnisse haben, in den antifaschistischen Kampf einbeziehen.

Überregionale Strukturen, denn auch der Feind koordiniert und organisiert sich überregional!

Das ist – wir hoffen, das haben wir mit unserem heutigen Beitrag verdeutlichen können – die gesellschaftliche Notwendigkeit; das Gebot der Stunde.

Die Antifaschistische Aktion aufbauen!

https://freiheit-fuer-jo.org

Ulla Jelpke: Ich bin alles andere als eine Feindin der Türkei

 


28.03.21

graue wölfeDass MHP-Chef Bahçeli sich veranlasst sieht, die Linkspolitikerin Ulla Jelpke gezielt als Feindin der Türkei zu outen, liegt daran, dass sie ein Verbot seiner Grauen Wölfe fordert. Ihre Konsequenz aus diesem Vorgang lautet: Weitermachen!

Devlet Bahçeli, langjähriger Vorsitzender der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), gab am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst Twitter gleich 13 Tweets gegen die Partei DIE LINKE ab. Vorangegangen war eine Kleine Anfrage von Ulla Jelpke, der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, über den Einfluss der MHP auf die türkische Regierungspolitik. Ohne direkte Namensnennung sprach Bahçeli in seinem Tweet von einer „Feindin der Türkei“, die im Namen der Linkspartei die Anfrage gestellt habe. Staatliche Medien wie die Nachrichtenagentur Anadolu und der Sender TRT berichteten umgehend über Bahçeli Äußerungen, weitere Nachrichtenseiten übernahmen diese Meldung und führten Jelpke namentlich an.

Ulla Jelpke hat sich im ANF-Interview zu den Drohungen gegen sie und den Hintergründen geäußert.

Frau Jelpke, Sie engagieren sich ja schon lange im Zusammenhang mit der kurdischen Frage, wie kam es dazu, dass Sie gerade jetzt auf diese Weise vom MHP-Vorsitzenden Devlet Bahçeli und den türkischen Staatsmedien ins Visier genommen wurden?

Ich engagiere mich ja nicht nur für die Rechte der unterdrückten kurdischen Bevölkerung, sondern auch für die Einhaltung der Menschenrechte, auch in der Türkei. An manchen Themen komme ich als Innenpolitikerin eben nicht vorbei: Linke Aktivist*innen müssen aus der Türkei fliehen – weil sie von Erdogan und seinen Kumpanen von den Grauen Wölfen verfolgt werden. Die griechische Regierung und Frontex zwingen Flüchtlinge zurück in die Türkei – weil die EU einen Deal mit Erdogan hat. Diejenigen, die in Nordsyrien, also Rojava, den Islamischen Terrorstaat bekämpft haben, sind jetzt Ziel von Angriffen des türkisch-islamistischen Regimes. Es gibt viele Punkte, für die ich Erdogan und seine Schergen immer wieder öffentlich kritisiere.

Dass Bahçeli sich jetzt veranlasst sah, mich gezielt als Feindin der Türkei zu outen, liegt sicher daran, dass ich zu denjenigen in Deutschland gehöre, die ein Verbot seiner Grauen Wölfe fordern. Für mich ist das ein Gebot antifaschistischer Politik. Den letzten Anlass gab jetzt die Kleine Anfrage, auf die sich Bahçeli unmittelbar bezogen hat.

Worum ging es in der Kleine Anfrage und warum reagiert die MHP so allergisch?

In der Anfrage habe ich den Einfluss der Grauen Wölfe auf die Politik der türkischen Regierung thematisiert. Dass der steigt, zeigt sich zum Beispiel darin, dass die Lobbyorganisation der türkischen Regierung in Deutschland, die Union Internationaler Demokraten, seit Januar dieses Jahres von Köksal Kuş geleitet wird. Der war laut Medienberichten früher Mitglied des Vereins der Türkischen Föderation (ADÜDTF), also dem größten Verband im Spektrum der Ülkücü in Deutschland. Auf seiner Facebookseite postet er gerne mal Lobeshymnen über MHP-Größen. Am Jahrestag des Todes von MHP-Gründer Alparslan Türkes schrieb er vor drei Jahren, er gedenke seiner „mit Barmherzigkeit“, weil er angeblich Millionen jungen Menschen geholfen habe, „mit nationalen Werten und Gefühlen aufzuwachsen“. Ein Faschistenfreund lobbyiert jetzt also für die Türkei – das ist ein ganz furchtbares Signal.

Die Bundesregierung äußert sich zwar nicht offen zum Einfluss der Faschisten auf die UID, aber sie antwortet recht deutlich, „dass politische Forderungen der MHP von türkischen Regierungsmitgliedern aufgegriffen werden und regelmäßig Eingang in Gesetze finden.“ Aus der Antwort geht auch hervor, dass der Anteil von Personen aus dem Umfeld der MHP im Staatsapparat angestiegen ist. Offenbar passt es der MHP nicht, dass solche Sachen jetzt mehr oder weniger auch regierungsamtlich bestätigt werden.

Dazu kommt, dass ich in der Anfrage und meinen öffentlichen Kommentaren dazu auch auf andere rechtsextreme Gruppierungen des Wölfe-Spektrums eingehe, etwa die Föderation der Weltordnung [Avrupa Nizâm-ı Âlem Federasyonu - ANF, ehemals ATB]. Die Bundesregierung bestätigt, dass dieser Dachverband „dem Ülkücü-Spektrum zuzurechnen ist“, und führt aus, dass sie Kenntnis von 1200 Mitgliedern in 15 Ortsvereinen in Deutschland habe. Das sind zwar nicht sehr viele, bei ihnen handelt es sich aber um den militantesten Flügel des türkischen Rechtsextremismus.

Bahceli ist es ganz offensichtlich unangenehm, wenn linke Politiker die Strukturen und Zusammenhänge der Grauen Wölfe aufdecken. Deswegen reagiert er jetzt auch wie ein getroffener Wolf: Heulend.

Inwiefern hat sich für Sie durch diese öffentliche Diffamierung die Bedrohungslage geändert und erhalten Sie nun auch vermehrt Drohungen aus dem türkisch-faschistischen Spektrum?

Bislang sind bei mir noch keine Drohungen eingegangen. Es wird sich zeigen, wie nachhaltig die Grauen Wölfe mir jetzt wirklich nachstellen wollen. Ich habe jedenfalls die Polizei des Deutschen Bundestages gebeten, eine Gefährdungsbewertung vorzunehmen.

Was ist Ihrer Meinung nach das Ziel einer solchen Kampagne?

Ich bin ja bei weitem nicht die einzige, die zur Zielscheibe der türkischen Faschisten geworden ist. Da gibt es Hunderte, auch in Deutschland, die Tag für Tag Gefahr laufen, von Grauen Wölfen angegriffen zu werden. Das Ziel ist natürlich Einschüchterung, bisweilen vielleicht auch Rache. Ich habe das auch schon selbst mehrfach auf Demos erlebt, zum Beispiel in der Rojava-Solidarität, dass türkische Faschisten die Demonstrierenden angegriffen haben. Besonders im Fokus der Grauen Wölfe stehen auch Frauen, die für ihre Rechte eintreten.

Auch wenn die Bundesregierung bislang keine konkrete Gefährdung der Betroffenen sehen will, darf man diese Drohungen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn zum einen leben in Deutschland zahlreiche Anhänger gewaltbereiter türkisch-faschistischer Netzwerke wie der Grauen Wölfe. Und zum anderen haben viele der Bedrohten Angehörige in der Türkei, deren Sicherheit durch das Erdogan-Regime und seine Anhänger gefährdet ist.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesen Drohungen und Diffamierungen?

Ich werde ganz sicher nicht einknicken. Diese Drohungen zeigen doch nur, von welcher Gesinnung die Grauen Wölfe sind. Ich bin alles andere als eine Feindin der Türkei – ich sehe mich als Kämpferin für eine demokratische Türkei und für die Menschenrechte aller ihrer Einwohner*innen. Und genau deswegen bin ich eine Feindin der Grauen Wölfe, wie auch von Erdogan.

Die Konsequenz aus diesem Vorgang lautet also: Weitermachen, noch tiefer bohren. Die Grauen Wölfe mit all ihren offenen und halboffenen Unterorganisationen müssen verboten werden. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen. Die hasserfüllten Reaktionen der Grauen Wölfe zeigen, dass sie das als echte Bedrohung sehen. Gut so!

https://anfdeutsch.com/aktuelles/ulla-jelpke-ich-bin-alles-andere-als-eine-feindin-der-turkei-25303

Solidarität mit Musa Aşoğlu! Videoclip zur Kundgebung am 20.März in Hamburg


28.03.21

musa.blogMusa Aşoğlu ist ein Revolutionär aus Anatolien, der seit jungen Jahren in den Niederlanden lebte. Er wurde in der BRD zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er wird in der JVA Billwerder, wo er eingesperrt ist, drangsaliert und von der Anstaltsleitung seiner Rechte beraubt.

Sie versuchen, woran viele andere Folterer schon gescheitert sind, nämlich den Genossen Musa zu brechen.


Musa wurden keine bürgerlichen türkischsprachigen Zeitschriften mehr ausgehändigt, später auch nicht mehr das Gefangenen Info. Teilweise werden Postkarten eingesackt und zurückgehalten, genauso wie Briefe w.z.B. vom Volksrat der Suryoye in Europa von und an ihn. Und als wäre das
nicht schon genug, werden ihm von den zwei Stunden, die ihm monatlich für Besuche zur Verfügung stehen, öfter mal 10 Minuten gestohlen.
Bei der Aktion wurde eine Erklärung vom Volksrat der Suryoye in Europa vorgetragen
als auch Lieder gesungen, Gedichte gelesen, Plakate und Transparente gezeigt als auch Freiheit für alle politischen Gefangenen gefordert Es beteiligten sich insgesamt
65 Teilnehmer an der Kundgebung aus verschiedenen Linken und Antifaschistischen Organisationen.
Bis heute werden angebliche Funktionäre der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front), wie Musa Asoglu wegen der Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ oder „terroristischen“ Vereinigung (§ 129, 129a und 129b des deutschen Strafgesetzbuches) verfolgt und von besonderen Gerichten, den sogenannten „Staatsschutzsenaten“ der Oberlandesgerichte zu hohen Haftstrafen verurteilt.
In den letzten zehn Jahren wurden in 129b-Prozessen 21 Personen wegen DHKP-C-Mitgliedschaft und 45 Personen wegen PKK-Mitgliedschaft verurteilt als auch 10 Personen sind wegen der TKP-ML-Mitgliedschaft verurteilt worden.
https://m.youtube.com/watch?v=3YkP8Mtyxek


https://www.facebook.com/Freiheitskomitee-246203649416735/?ref=py_c

 

INTERNATIONALES SYMPOSIUM FÜR GERECHTIGKEIT: 2-4. April 2021

 


27.03.21

symposiumInternationales Grup Yorum Solidaritätskonzert: 5. April 2021

Das traditionelle Symposium zum Kampf gegen Unterdrückung und alle Formen von Ungerechtigkeit wird vom 2. bis 4. April stattfinden.
Dieses Jahr wird es aufgrund der Einschränkungen durch die Pandemien eine Online-Veranstaltung sein.




- Was ist das Symposium?

Das Symposium ist ein jährliches Forum fortschrittlicher Organisationen und Einzelpersonen, bei dem aktuelle Fragen des Widerstands gegen Unterdrückung und gemeinsame Strategien diskutiert und die einzelnen Kämpfe zu einem großen internationalen Kampf verbunden werden.


- Worum geht es beim diesjährigen Symposium?

Die diesjährige Veranstaltung ist inspiriert durch den Kampf der Hungerstreikenden in der Türkei, die in ihrem Widerstand für Gerechtigkeit im letzten Jahr ums Leben kamen. Sie alle führten einen harten Kampf, um faire Prozesse, das Recht auf Aufführung von Konzerten und der freien Ausübung ihren Anwaltsberufs zu erlangen.

Die Veranstaltung wird 3 Tage dauern und sich auf einzelne Themen konzentrieren, die jeweils einem der MärtyrerInnen gewidmet sind:

Tag 1 für den politischen Gefangenen Mustafa Koçak

Tag 2 für die Volksanwältin Ebru Timtik

Tag 3 für die MusikerInnen der Band Grup Yorum, Helin Bölek und İbrahim Gökçek


72 TeilnehmerInnen (darunter 19 AnwältInnen) aus 25 Ländern werden über die Themen Solidarität, Erfahrungen der Unterdrückung und den Widerstand in ihren Ländern sprechen. Die gesamte Veranstaltung wird am 4. Tag, am 5. April, mit einem Konzert von revolutionären MusikerInnen abgeschlossen.


- Welche Themen sollen diskutiert werden?

Tag 1 für den politischen Gefangenen Mustafa Koçak, wird sich mit politischen Ereignissen, Analysen und politischen Gefangenen befassen. Darunter auch Mumia Abu Jamal, dessen aktueller kritischer Zustand von Prison Radio live aus den USA reflektiert wird. Weiterhin wird es Beiträge geben, die über die aktuelle Situation in mehreren europäischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern berichten, wie z.B. Serbien, Philippinen, Bangladesch, Palästina, Spanien, Griechenland, Italien, Deutschland, Mexiko, Peru, Frankreich, Ukraine/Donbass, Irland und Türkei.

Der Tag 2 für die Volksanwältin Ebru Timtik wird den Kampf der revolutionären AnwältInnen, die rechtliche Situation in verschiedenen Ländern und die Rechtsprinzipien sowie die Angriffe auf die Bürgerrechte und die Verteidigung behandeln. Mitwirkende sind ELDH, IADL, AED und Anwaltskanzlei des Volkes in der Türkei und International.

Am Tag 3 für die MusikerInnen von Grup Yorum, Helin Bölek und İbrahim Gökçek, wird das Ziel angestrebt, eine Front von KünstlerInnen für alternative und revolutionäre Kunst zu bilden. Zu den TeilnehmerInnen gehören eine Reihe von MusikerInnen und Bands aus Frankreich, Deutschland, Italien, Griechenland, Russland und Bulgarien. Spanien wird durch die Rechtsanwältin des kürzlich inhaftierten katalanischen Rap-Musikers Pablo Hasel vertreten sein.


- Von wem wird das Symposium organisiert?
Die Veranstaltung wird von der Antiimperialistischen Front organisiert - einer internationalen Organisation, die mit den Mitteln der Solidarität versucht, unterdrückte Menschen, fortschrittliche und revolutionäre Kräfte in einer gemeinsamen Front gegen den Imperialismus und beim Aufbau der neuen gerechten Welt zu vereinen.


- Wie sieht es mit der Sprache des Symposiums aus?
Die gesamte Veranstaltung wird simultan in 7 Sprachen übersetzt: Englisch, Türkisch, Spanisch, Italienisch, Französisch, Deutsch und Russisch.

Programm:
https://symposiumparis2021.blogspot.com/

Und hier der Link zum Zuschauen und Zuhören:

https://symposiumparis2021.blogspot.com/

England: Kämpfe gegen reaktionäre Gesetzesreform in Bristol

 

Seit nun einigen Tagen bricht sich die Wut der Massen in Bristol im Süd-Westen Englands Bahn. Der Grund ist eine Gesetzesreform unter dem Namen „Police,Crime,Sentencing and Courts Bill“ die von der englischen Regierung auf den Weg gebracht wurde und am vergangenen Wochenende durchs englische Unterhaus ging. Dieses neue Gesetz bedeutet, dass Demonstrationen in Zukunft stärker eingeschränkt werden dürfen, wenn sie – wie gewollt schwammig im Entwurf geschrieben wird – „die Öffentlichkeit einschüchtern“ oder für „schweres Unbehagen“ sorgen. Damit ist das Gesetz nichts als ein Angriff auf die demokratischen Rechte und eine neue Waffe in der Hand der Repressionsorgane des reaktionären Staates.

BristolProtest4

Am Sonntag, dem 21. März entlud sich zum ersten Mal die Wut auf einer Demonstration gegen das Gesetz in Bristol. Mehrere hunderte griffen die Kräfte der Polizei an, zahlreiche Polizeifahrzeuge wurden in Brand gesetzt und eine zentrale Wache wurde zerstört. Die Polizei meldete 21 verletzte Bullen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Der Vorsitzende der lokalen Polizeiföderation benannte die Angriffe auf die Bullen als „kurz vor einem Mordversuch“.

BristolProtest3

Im Anschluss der Kämpfe rief der Staat zu einer regelrechten Hetzjagd auf. Die zuständige Polizei des County's Avon and Somerset teilte mit, das die Ermittlungen auf Grundlage der größten Anzahl von Bildern der gesuchten Personen stattfinden werde, die die Truppe jemals geführt habe. Dazu errichtete die Polizei des County´s eine Internetseite auf der Foto- und Videomaterial eingesendet werden soll. Am Sonntag selber gelang es den Bullen nur acht Personen festzunehmen, von denen sechs direkt inhaftiert wurden.

BristolProtest2


Am Dienstag, dem 23. März versammelten sich erneut rund 250 Personen, diesmal am College Green vor dem Rathaus in Bristol. Doch dieser Protest wurde von der Polizei mit Berufung auf den Ausnahmezustand direkt im Keim erstickt. Dazu kam auch zahlreiche Unterstützung aufseiten der Bullen aus einigen anderen County´s des Landes. Die englische Innenministerin Priti Patel sagte: „Proteste sind derzeit rechtswidrig und ehrlich gesagt haben wir gerade mehr kriminelles und gewalttätiges Verhalten gesehen, was einfach inakzeptabel ist“ – und versucht so das neue Gesetz quasi Höchstpersönlich durchzusetzen. Allein am Dienstag wurden 14 weitere Personen verhaftet ohne, dass es zu großen Ausschreitungen kam.

BristolProtest

Was sich mit den Protesten und Kämpfen in Bristol erneut bestätigt ist das wir inmitten einer revolutionären Situation in ungleicher Entwicklung leben. Überall auf der Welt brechen Kämpfe gegen die Reaktion und das imperialistische System aus. Es zeigt sich das die Zeiten des Friedens vorbei sind, denn die Unterdrückung verschärft sich weiter und treibt so Widerstand und Rebellion immer weiter nach vorn. Was in Bristol passiert ist und nun von den herrschenden denunziert und bekämpft wird, hat Karl Marx schon vor gut 170 beschrieben: "Weit entfernt, den sogenannten Exzessen, den Exempeln der Volksrache an verhaßten Individuen oder öffentlichen Gebäuden, an die sich nur gehässige Erinnerungen knüpfen, entgegenzutreten, muß man diese Exempel nicht nur dulden, sondern ihre Leitug selbst in die Hand nehmen."

 

Rechtsbüro Asrin informiert über Kontakt mit Öcalan

 


27.03.21

ocaln1Abdullah Öcalan hat ein kurzes Telefonat mit seinem Bruder geführt. Das Gespräch wurde nach kurzer Zeit unterbrochen. Das Rechtsbüro Asrin hält an der Forderung nach einem persönlichen Mandantengespräch auf Imrali fest.

Wie das Rechtsbüro Asrin mitteilt, sind Angehörige von Adullah Öcalan, Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş in die örtlichen Staatsanwaltschaften geladen worden, um Telefongespräche mit den vier Imrali-Gefangenen zu führen. „Das Gespräch zwischen Herrn Öcalan und seinem Bruder ist nach sehr kurzer Zeit unterbrochen worden und konnte nicht fortgesetzt werden. Auch das Telefonat von Herrn Hamili Yıldırım dauerte nur sehr kurz. Die Gespräche mit Herrn Ömer Hayri Konar und Veysi Aktaş haben nicht stattgefunden, weil beide erklärt haben, dass sie das Gespräch aus Protest gegen die Isolationsbedingungen verweigern.“

Seit dem 27. April 2020 gab es keine Nachricht mehr von Abdullah Öcalan. Das Rechtsbüro weist darauf hin, dass das letzte Mandantengespräch auf Imrali am 7. August 2019 stattgefunden hat. Weiter heißt es in der Erklärung: „Nachdem am 14. März 2021 in den sozialen Medien besorgniserregende Behauptungen über das Leben von Herrn Öcalan angestellt wurden, haben wir täglich als gesetzlich festgelegtes Recht ein persönliches Gespräch gefordert, um seinen Gesundheitszustand festzustellen. Keine unserer Anfragen wurde positiv beschieden.

Auch heute gab es nicht die Möglichkeit, gesicherte Informationen über Herrn Öcalan Gesundheitszustand zu erhalten. Wir halten an unserer Forderung nach einem unverzüglichen Gespräch mit Herrn Öcalan im Gefängnis Imrali fest. In dem kurzen Telefonat, das heute geführt werden konnte, hat Herr Öcalan erklärt, dass er die Nichterfüllung dieser Forderung nicht akzeptiert und es sich um einen rechtswidrigen Zustand handelt. Danach wurde das Gespräch unterbrochen.“

Das Rechtsbüro Asrin fordert die Behörden zu einem dem Rechtssystem entsprechenden und verantwortungsbewussten Verhalten auf.


https://anfdeutsch.com/aktuelles/rechtsburo-asrin-informiert-uber-kontakt-mit-Ocalan-25275

Kassel: Bündnis gegen Rechts kritisiert völlig gescheiterten Polizeieinsatz

 


27.03.21

nazisbullenWir retweeten eine Meldung des Bündnis gegen Rechts Kassel

Bündnis gegen Rechts kritisiert völlig gescheiterten Polizeieinsatz

In einem ersten Fazit kritisiert das Bündnis gegen Rechts den völlig aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatz am 20.03.2021 in Kassel.


Statt konsequent gegen die Teilnehmer:innen der nicht genehmigten Demonstrationen in der Kasseler Innenstadt vorzugehen, zog sich die eingesetzte Polizei weitestgehend zurück, beschränkte sich lediglich auf Verkehrslenkungsmaßnahmen und sorgte an vielen Stellen sogar aktiv für eine unbehelligten Weitermarsch der Maskenverweigerer:innen. Dabei griffen die Coronaleugner:innen an vielen Stellen Polizist:innen und Teilnehmer:innen der genehmigten Gegendemonstration an. Derzeit gehen wie von mindestens sechs zum Teil schwer Verletzten durch Übergriffe der Coronaleugner:innen aus. An vielen Stellen wurden Journalist:innen angegriffen, bespuckt und an ihrer Arbeit gehindert.

Die Einsatzleitung der Polizei hat die Kasseler Innenstadt ohne wahrnehmbare Gegenwehr zum Schauplatz eines bundesweit einmaligen Superspreaderevents werden lassen. Weder wurde das Abstandsgebot, noch die Maskenpflicht durchgesetzt, dabei hatte der Verwaltungsgerichtshof erst am Freitag die Veranstaltungen der Maskenverweigerer:innen untersagt. Damit sind die Sicherheitskräfte ihrem Auftrag, die Bevölkerung zu schützen, nicht nachgekommen.

Das Bündnis gegen Rechts fordert Aufklärung,

Das Bündnis gegen Rechts fordert Aufklärung, warum die Polizei, trotz der offensichtlichen monatelangen Mobilisierung, nicht ausreichend Personal einsetzte und so nicht in der Lage war die Auflagen durchzusetzen sowie die Versammlungen frühzeitig aufzulösen. Während bei vergleichbaren Veranstaltungen die Stadt einem Hochsicherheitstrakt glich, schien die Polizeiführung diesmal eine Eskalation billigend in Kauf genommen zu haben. Weder gab es Kontrollen bei der Anreise, noch den Versuch den Zustrom in die Innenstadt zu unterbinden.

Dieses Einsatzkonzept macht fassungslos und hinterlässt den Eindruck, dass der Ernst der Lage nicht erkannt wurde. Skandalös ist angesichts der Vorfälle auch die nachträgliche Rechtfertigung der Polizeiführung, die laut Presseberichten behauptete, die Teilnehmer seien augenscheinlich überwiegend aus dem bürgerlichen Lager gekommen und hätten insgesamt eher keine erkennbare Tendenz zu gewalttätigen Aktionen gezeigt.

Hier muss eine umfassende Aufarbeitung stattfinden. Wir können nicht zulassen, dass die Ereignisse von heute sich wiederholen. Weder in Kassel, noch sonst irgendwo.

https://rotehilfekassel.noblogs.org/post/2021/03/23/buendnis-gegen-rechts-kritisiert-voellig-gescheiterten-polizeieinsatz/

Wir bleiben Alle solidarisch!

 


26.03.21

EwJTYdyXAAE vrU.cleanedUns erreichten in den letzten Wochen viele solidarische Grußbotschaften.

Zum Beispiel Botschaften an einer SPD Fassade, Bannerdrops, Konzerte, Kundgebungen, Solifotos, einem fetten Piece im U Bahn schacht, gesmashte und abgefackelte Autos. Ihr habts richtig krachen lassen! Jede einzelne Aktion bedeutet sehr viel, nicht nur uns, sondern stehen sie in einem großen Kampf gegen Verdrängung und die Stadt der Reichen.

Jede Aktion, egal in welcher Form auch immer, macht deutlich, dass es viele Menschen sind, die für die Idee eines alternativen Lebens in der Großstadt und emazipatorische Kämpfe, einstehen.

Wir freuen uns jedes Mal zu sehen, wenn sich Menschen diesem Kampf anschließen, autonom aktiv werden und dieses Haus als etwas sehen, wofür es sich zu kämpfen lohnt.

Das diese Bewegung groß ist und viele Menschen einschließt, hält die Staatsmacht sie für besonders gefährlich. Sie sind ziemlich übermotiviert wenn es um das warm halten von Spekulationsobjekten geht. Das ist nämlich genau das, was Wohnraum für diese vom Kapitalismus gelenkten Menschen am Ende ist. Lediglich ein Spekulationsobjekt. Kalte, charakterlose Wände mit denen es heutzutage leichter als alles andere ist, Geld anzuhäufen. Das Wohnraum jedoch viel mehr bedeutet, überschreitet deren Horizont. Räume dienen nicht nur dem individuellen dahinvegitieren vor der Glotze. Sie sind Treffpunkte, Lebensmittelpunkte, sie werden kollektiv gestaltet. Gerade besetzte Räume bieten uns eine Möglichkeit in Großstädten, uns so im Zusammenleben zu organisieren, wie wir es für richtig halten und nicht, wie der Kapitalismus es von uns verlangt.

Wenn es also um Lebensgestaltung außerhalb von den Scheuklappen des Profits geht, gibt sich der Staat besonders große Mühe, Menschen einzuschränken und mit Repression zu überhäufen. Die Staatmacht fühlt sich nicht nur dazu berufen, für Recht und Ordnung zu sorgen, es geht eben dabei um mehr, um ein diffamieren von den Ideologien aller Menschen, die sich gegen das System organisieren. Darum, dass die Menschen, die sich Räume aneignen, als klares Feindbild gezeichnet werden. Für den Staat ist es eben unfair, wenn Leute sich nach ihren Idealen organisieren, während der einzelne kleine Bulle doch so hart ackern muss und ganz neben bei auch ein ganz „individuelles“ Problem gegen Besetzer*Innen hat.

Also waren die Gesetzeshüterinnen auch in den letzten Wochen fleißig am Repressionen verteilen. Viele Menschen auch in dem Kontext der Soliaktionen rund um die R94 hat es getroffen.

So wurden vorletzte Woche nach dem Solikonzert in der Rigaer Str. mehrere Menschen festgenommen. Und etliche Zeitungen titelten mit der „spektakulären Verfolgungsjagd“ auf die Sprayer*innen, die das Piece „Wir bleiben alle“ Voltastraße gemalt haben.

Das ist an alle, die von der Willkür der Repression betroffen sind. Meldet euch bei uns, schreibt uns eine E-Mail oder kommt rum. Wir können versuchen euch dabei zu unterstützen, sei es mit Kohle, Gesprächen oder Anwaltskontakten.

Wir feiern jede Aktion, die im Namen der Solidarität mit den aktuell bedrohten Freiräumen und somit auch mit der Rigaer94 passieren. Solidarität ist unsere stärkste Waffe, ihr seid nicht allein. Wir freuen uns auf alles, was in der nächsten Zeit auf den Straßen zu sehen ist.
https://rigaer94.squat.net

[Chile] Subversive und anarchistische Gefangene beginnen Hungerstreik

 


25.03.21

chile22m-150x150Chile. Erklärung von subversiven und anarchistischen Gefangenen zum Beginn ihres Hungerstreiks in Chile.

Ursprünglich veröffentlicht von Abolition Media Worldwide. Deutsche Übersetzung von Bratislav Metulski.

Öffentliche Erklärung zum Beginn des Hungerstreiks

An die Bevölkerungen, Individuen, Gemeinschaften und Territorien im Kampf und im Widerstand.

An diejenigen, welche gegen diese Gegenwart der Unterdrückung und des Elends rebellieren.

An unsere Familien, Freund*innen, Kompliz*innen, Compañerxs und Lieben auf der ganzen Welt.

An alle!!!


Heute, Montag, 22. März, um 00:00 Uhr, die Gefangenen des sozialen Krieges, in Santiago de Chile:

–Mónica Caballero Sepúlveda im Frauengefängnis von San Miguel.

–Marcelo Villarroel Sepúlveda,

–Joaquín Garcia Chanks,

–Juan Flores Riquelme,

–Juan Aliste Vega im C.A.S., der zwar dabei ist, aber angesichts seiner medizinischen Situation nicht streikt, und zwar ausschließlich im Hochsicherheitsgefängnis.

–Francisco Solar Dominguez in der Hochsicherheitsabteilung.

–Pablo Bahamondes Ortiz,

-Jose Ignacio Duran Sanhueza,

-Tomas González Quezada und

-Gonzalo Farias Barrientos in den Modulen 2 und 3 des Betriebsgefängnisses von stgo 1, beginnen wir eine Mobilisierung mit den Eigenschaften eines flüssigen Hungerstreiks auf unbegrenzte Dauer zur Forderung von:

-die Aufhebung des Artikels 9 und die Wiederherstellung des Artikels 1 des Gesetzesdekrets 321!!!!

-die Freilassung des Compañeros Marcelo Villarroel und aller subversiven und anarchistischen Gefangenen sowie der Gefangenen der Befreiungsbewegung der Mapuche und des Aufstandes!!!

Es darf schlicht und ergreifend keine Rückwirkung bei der Änderung des Gesetzes geben, welches die „bedingte Entlassung“ regelt.

Und dass es sich dabei wieder um ein erworbenes Recht des Inhaftierten handelt und nicht um eine Leistung, wie sie derzeit vom Gesetz vorgesehen ist, dauerhaft umgewandelt nach der Staatsräson, um diejenigen, welche gegen die Normalität des Bestehenden kämpfen, gefangen zu halten.

Diese Änderung verschärft die Zugangsvoraussetzungen für eine sogenannte bedingte Entlassung erheblich und erstreckt sich in einigen Fällen über Jahrzehnte – davon betroffen ist eine große Anzahl von Gefangenen, denen ihre Haftstrafe zum Dauerzustand wird. Auf der anderen Seite ignoriert sie, dadurch dass sie rückwirkend gilt, ihre eigene Legalität, nämlich die der Eigentümer dieser kranken Welt, welche die ständige Anwendung politisch-rechtlicher Irrwege demonstrieren, mit deren Hilfe sie die Armen und Rebell*innen unter Tonnen von Zement und Gefängnismetall begraben.

Diese schändliche juristisch-politische Zumutung berührt und betrifft heute unmittelbar unseren Compañero Marcelo Villarroel Sepúlveda, der in 2 langen Haftperioden seit mehr als 25 Jahren für Aktionen gegen den Staat und das Kapital in den späten 80er, den 90er und 2000er Jahren inhaftiert ist. Dem Staat genügte es nicht, weitreichende Strafen zu verhängen, sondern er rechtfertigt und verstärkt ein neues Rechtssystem, wobei er die Urteile der alten und faulen Militärjustiz aufhebt, Marcelos Antragsfristen, welche auf das Jahr 2019 festgelegt waren, derart abändert, dass er erst im Jahr 2036 seinen Antrag stellen kann, wobei er willkürlich eine getarnte ewige Haftstrafe gegen ihn verhängt, mit dem Ziel, ihn für mehr als 40 Jahre im Gefängnis zu halten, in Anbetracht der gesamten Zeit, die er verschleppt wurde.

Seit der Gefangenschaft während Jahrzehnten, Jahren und Monaten, seit gestern und heute, haben verschiedene Generationen von Genoss*innen mit jeder viktimisierenden Vorstellung, welche den Gefangenen mit einem passiven Subjekt gleichsetzt, das ständig dem Willen seines Entführers unterworfen ist, gebrochen und wir positionieren uns, um zuzuschlagen, indem wir unsere Körper als Schlachtfelder benutzen um von dort aus das durch die Gefangenschaft auferlegte tägliche Leben nach außen und nach innen zu bekämpfen.

Der Transit durch das Gefängnis ist eine Erweiterung unserer Lebensoption, in welcher das bewusste Handeln für die totale Befreiung danach strebt, die Reflexion in der Affinität von Ideen zu konkretisieren, die sich in Aktionen, Kämpfen und Widerstand als antiautoritäre Praxis widerspiegeln; unsere Entscheidungen verkörpern sich in subversiven Ereignissen, hier setzen wir das Beste von jedem einzelnen Teil ein: Individuen, Zellen, Kollektive und jegliche antagonistische Initiative, um den Staat und seine gesamte Maschinerie der Unterdrückung, der Kontrolle und des Todes als artikulierendes Getriebe der Kontrolle und der systematischen Unterwerfung von Leben zu konfrontieren.

Hier, innerhalb Ihrer Mauern, sind wir noch unendlich weit davon entfernt, besiegt worden, geschweige denn einsam zu sein, so wie Sie das gerne hätten. Wir sind nach wie vor aufsässig, frei und würdevoll.

Heute kämpfen wir wieder mit unseren Körpern als Waffen gegen diejenigen, welche die Rebellion, die Würde, die Liebe und die Solidarität einkerkern und unter Zement begraben wollen. Die autoritäre Polizeigesellschaft hat ein Gefängnis-Panoptikum erschaffen, in dem sie seit jeher diejenigen Wesen einsperrt, welche sich gegen ihren sogenannten sozialen Frieden erheben. Sie haben Strafstrukturen geschaffen, welche die physische und psychische Kontrolle anstreben und versuchen, das Sein zu reduzieren, aus Angst vor der brutalen Gewalt der Isolation und der Kerkermeister, aber kein Gefängnis mit seinen eingezäunten Mauern, Gittern, maximaler oder hoher Sicherheitsstufe, noch bewaffnete Lakaien wird in der Lage sein, diejenigen zu unterwerfen, welche ihr ganzes Leben der Sache der totalen Befreiung verschrieben haben.

Diese Mauern werden niemals imstande sein, unsere Träume zum Verstummen zu bringen, noch wird unser rebellisches Wesen die unkontrollierbare Flut widerspenstiger Existenzen aufhalten, welche sich vereinigen und gegen jegliche Art von Regierung vorgehen.

Ebenso schlagen wir als unmittelbare Dringlichkeit die Beendigung der Präventivhaft als Strafinstrument gegen diejenigen vor, denen Handlungen im Zusammenhang mit der permanenten Revolte vorgeworfen werden, wobei die angebliche Unschuldsvermutung während der Ermittlungszeiträume verwehrt wird und sie auf diese Weise als schuldig behandelt werden, indem ihnen ausgedehnte Präventionshaft bis zum Zeitpunkt der Verurteilung oder Vollstreckung der Strafe auferlegt wird.

Wir lehnen auch die derzeitige Gültigkeit der Verurteilungen durch die nazifaschistische chilenische Militärjustiz ab, welche in den Jahrzehnten, in denen Marcelo Villarroel und Juan Aliste angeklagt und verurteilt wurden, unter Folter und ohne das Recht auf Verteidigung formuliert und auf internationaler Ebene weitgehend sanktioniert wurden. Ungeachtet der Tatsache, dass Chile im Jahr 2010 aufgrund internationalen Drucks die Möglichkeit der Verfolgung von Zivilist*innen durch Militärstaatsanwälte änderte, bleiben die früheren Verurteilungen und insbesondere die aus den 1990er Jahren trotz breiter internationaler Kritik und Ablehnung in Kraft.

Ebenso kennen und unterstützen wir die Forderung der Mapuche, die ILO-Konvention 169 für die Situation der Peñi und Lamngen, die wegen ihres Kampfes inhaftiert sind, anzuwenden.

Diese gemeinsame Mobilisierung ist der Zusammenschluss verschiedener Praktiken und informeller Tendenzen, welche sich im Gefängnis befinden, und zwar als eine lebendige Kontinuität eines langen kollektiven Widerstands und auch ein offener Aufruf an alle solidarischen Milieus und an alle, welche sich gegen das Gefängnis und die Unterdrückung positionieren, ein aktiver Teil dieses Kampfes zu werden, der allen gehört, und von dort aus ermutigen wir jegliche Art von Initiativen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und unabhängig davon, wo wir uns befinden, um konkrete Fortschritte in dieser neuen Mobilisierung zu erzielen, welche wir als einen notwendigen und dringenden Schritt im Anti-Gefängnis Kampf unternehmen.

Inmitten dieser Lawine von Restriktionen, welche mit der Pandemie auf internationaler Ebene begründet werden, rufen wir auch alle verwandten Ausdrucksformen in der ganzen Welt dazu auf, sich so zu artikulieren, wie sie können und wollen, wobei einzig und allein die Vorstellungskraft eine Grenze darstellt.

Mit allen Geflüchteten, würdevollen Gefangenen, die sich im Kampf befinden, Familien, welche Widerstand leisten, mit subversiven, autonomen, libertären, anarchistischen und aufrührerischen Erinnerungen.

Mit allen Brüdern und Genossinnen, die im Kampf gefallen sind.

Solange es Elend gibt, wird es Rebellion geben!!

Tod dem Staat und lang lebe die Anarchie!

Netzwerke weben, Kompliz*innenschaft vervielfachen, die aufständische und subversive Offensive schreitet voran!

Weder schuldig noch unschuldig, permanenter Aufstand!!

Gegen jede Autorität, Selbstverteidigung und Solidarität!!!

Für die Ausweitung der Solidarität mit den Gefangenen des sozialen Krieges, der Revolte und der Befreiung der Mapuche!!!

Lasst die Gefängnisse platzen!

Für die Aufhebung des Artikels 9 und die Wiederherstellung des Artikels 1 des Gesetzesdekrets 321!!!!

Marcelo Villarroel und alle subversiven Gefangenen, Anarchist*innen, des Mapuche-Aufstandes und der Befreiung: auf die Straße!

Monica Caballero Sepúlveda

Marcelo Villarroel Sepulveda

Joaquin Garcia Chanks

Juan Flores Riquelme

Juan Aliste Vega

Francisco Solar Domínguez

Pablo Bahamondes Ortiz

Jose Duran Sanhueza

Tomas González Quezada

Gonzalo Farias Barrientos

Bis zur Zerstörung der letzten Bastion der Gefängnisgesellschaft!!

Bis zur totalen Befreiung!!
quelle: enough is enough14


https://www.abc-wien.net/?p=10621#more-10621

Gegen Antifas und Nazis: Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf gegen „Outings“

 


25.03.21

nazis bekämpfenIm Kampf gegen den Faschismus versucht der Staat, die Bevölkerung mit einem neuen Gesetz zu beruhigen. Medien berichten, es solle sich gegen „Feindeslisten“ richten. Bei genauerer Betrachtung kann das Gesetz jedoch gegen Neonazis ebenso eingesetzt werden, wie gegen antifaschistische Recherchegruppen oder sogar Mietaktivist:innen, die offensiv mit „Outings“ gegen Spekulanten vorgehen wollen.
Am Freitag beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines neuen Straftatbestands, die sogenannte „Gefährdende Veröffentlichung personenbezogener Daten“. Dies soll in einem neuen §126a geregelt werden.

Demnach soll es in Zukunft strafbar sein, persönliche Daten einer anderen Person wie zum Beispiel Name und Anschrift öffentlich, auf einer Kundgebung oder im Internet zu verbreiten – wenn dies dazu geeignet wäre, diese Person einer Straftat auszusetzen, die sich gegen ihre „sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert“ richtet. Es drohen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

„Wir müssen Menschen besser vor Hass und Hetze schützen“, erklärte dazu Bundesjustizminsterin Christine Lambrecht (SPD), die den Gesetzentwurf in die Wege geleitet hatte.

Gesetz gegen „Feindeslisten“?
Das Bundesjustizministerium bezeichnet das Gesetz als Maßnahme zur „Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten“. In der Vergangenheit waren bei faschistischen Terrorgruppen immer wieder detaillierte Listen von Personen gefunden worden, die konkrete Ziele von Anschlägen sein sollten.

Doch genau solche Listen werden mit dem Gesetzesentwurf nicht unter Strafe gestellt – außer sie würden öffentlich ins Internet gestellt – was eher selten bei einer ernsthaften Vorbereitung eines rechten Angriffs geschieht. Gegen die Feindeslisten, die teilweise bei den Terrorgruppen „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ oder „Nordkreuz“ gefunden wurden, würde dieses Gesetz nicht helfen.

Natürlich sind von faschistischer Seite aus öffentliche Listen – versehen mit Aufforderungen, die Person könnte ja mal „Besuch bekommen“ – auch zur Einschüchterung gedacht. Das Verbreiten solcher Listen kann in Zukunft bestraft werden. Doch dies kann sich auch gegen konsequente Nazi-Gegner:innen richten.

Kriminalisierung von antifaschistischer Recherche möglich
Der Gesetzentwurf unterscheidet nämlich nicht zwischen den ideologischen Hintergründen bei der Erfassung und Veröffentlichung personenbezogener Daten. Journalistische Berichterstattungen werden davon nicht ausgenommen, ebenso wenig die Recherchearbeit von Vereinen und antifaschistischen Gruppierungen.

Wer in Zukunft beispielsweise Flugblätter mit Namen und Anschrift eines Neonazis und Hinweis auf seine menschenverachtende Gesinnung in seiner Nachbarschaft verteilt, könnte mit dem neuen Gesetz bestraft werden.

Dasselbe gilt für Mietaktivist:innen, die auf einer Kundgebung Namen und Anschrift eines/r Immobilienspekulant:in nennen, verbunden mit der Aufforderung, Proteste vor dem Wohnhaus zu organisieren, die als „einschüchternd“ wahrgenommen werden könnten.

Es reiche, wenn die Veröffentlichung „Unsicherheit oder Furcht auslöst und als bedrohliche empfunden wird, wohingegen ein Bezug zu einer konkreten Tat meist nicht gegeben ist“, wie es in einem Passus der Begründung zum Gesetzentwurf heißt.

Die neue Verordnung richtet sich also nicht primär gegen Feindeslisten, sondern vielmehr gegen die politische Praxis des „Outings“ allgemein. Damit kann das Gesetz, das nach außen als „Kampf gegen Rechts“ verkauft wird, sich ebenso in ein Instrument zum Kampf gegen Antifaschist:innen und linke Aktivist:innen wandeln.

https://perspektive-online.net/2021/03/gegen-antifas-und-nazis-bundesregierung-beschliesst-gesetzentwurf-gegen-outings/

Rote Post #35

 


Die gesamte Ausgabe als Download

HAMBURG

 

Bismarck und sein Denkmal

 

Aktuell wird in Hamburg das Bismarckdenkmal restauriert. Daran entbrannte ein Streit darüber, ob man denn noch so ein militaristisches und heroisches Denkmal für einen Politiker wie Bismarck haben wolle. In dieser Debatte werden zwei Dinge verhandelt: Einerseits die Bewertung der historischen Figur Bismarck, andererseits das aktuelle Selbstverständnis deutscher Chauvinisten.

 

Wer war Bismarck?

In einer Zeit, in der die deutsche Bourgeoisie das Proletariat schon mehr fürchtete, als sie den Adel hasste, als sie begann, nicht mehr Freiheit, sondern Herrschaft zu wollen, war Bismarck der Mann, der das Bündnis aus deutschem Militäradel und Bourgeoisie schmiedete. Mit diesem Bündnis gründete er Deutschland durch Kriege und zerstörte die Hoffnungen auf ein demokratisches Deutschland. Er verstand, dass es die Gewalt ist, die Klasseninteressen, also auch die seiner Klasse, durchsetzt. Selbst formulierte er es so:

Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen – sondern durch Eisen und Blut.“

Hochgehalten wird an ihm, dass er sich gegen die Kolonialinteressen der deutschen Bourgeoisie gewehrt habe. Oft wird dafür folgendes Zitat angeführt:

Ihre Karte von Afrika ist ja sehr schön, aber meine Karte von Afrika liegt hier in Europa. Hier liegt Russland, und hier liegt Frankreich, und wir sind in der Mitte; das ist meine Karte von Afrika.“

Dieses Zitat ist aber in keinster Weise irgendeine Kritik an den Interessen der deutschen Bourgeoisie, sondern schlicht die Behauptung, dass die Priorität die Durchsetzung deutscher Interessen gegen die beiden konkurrierenden Mächte Russland und Frankreich sein müsse. Dies hielt ihn aber nicht davon ab, 1884 die Westafrika-Konferenz in Berlin abzuhalten und mit den anderen Kolonialmächten die Aufteilung Afrikas zu besprechen.

In Bezug auf die europäische Diplomatie Bismarcks wird gerne hervorgehoben, dass alles so friedlich abgelaufen sei unter ihm (wenn man von den ganzen Kriegen für die Reichsgründung absieht). Diese Stilisierung Bismarcks zum Quasi-Pazifisten ist nicht nur lächerlich wegen der Kriege unter seiner Führung, sondern auch wegen der Gründe seiner Bündnispolitik:

Wenn ich arbeitsfähig wäre, könnte ich das Bild vervollständigen und feiner ausarbeiten, welches mir vorschwebt: nicht das irgendeines Ländererwerbs, sondern das einer politischen Gesamtsituation, in welcher alle Mächte außer Frankreich unser bedürfen und von Coalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zu einander nach Möglichkeit abgehalten werden.“

Es ging ihm nicht um das hohe Gut des Friedens, sondern er sah in einem Frieden die deutschen Interessen besser bedient als in einem Krieg, in dem das Deutsche Reich hätte verlieren können, was es zuvor durch Krieg gewonnen hatte. Er wollte eine Situation, in der alle außer Frankreich von Deutschland abhängig sind, und somit zu Zugeständnissen an Deutschland gezwungen sind, und die Widersprüche zwischen den anderen Mächten so zugespitzt werden, dass sie sich nicht gegen Deutschland verschwören können.

Ein Loblied, das gerne auf ihn gesungen wird, ist, dass er den deutschen Sozialstaat geschaffen habe. Aber das war bloß das Zuckerbrot zu seiner Peitsche. Bismarck führte den Sozialstaat als Mittel zur Herstellung eines relativen sozialen Friedens ein, um die Massen zu beruhigen, während er mit den Sozialistengesetzen versuchte, die damalige Vorhut der Arbeiterklasse in Deutschland organisatorisch zu zerschlagen. Der sogenannte Sozialstaat ist ein Mittel der Bourgeoisie im Klassenkampf und keine Arbeiterbeglückungsmaschine. Jeder, der schon mal auf einem Arbeitsamt war, weiß das auch – aber bürgerliche Historiker und Journalisten offenbar nicht.

Ein unwürdiges Gedenken für das beste Deutschland aller Zeiten?

Diejenigen, die Bismarck kritisieren, tun dies gerne in dem Gestus, dass es unzeitgemäß sei, ihm zu huldigen. Bismarck der Arbeiterfeind, Bismarck der Kriegstreiber, Bismarck der Junkerfreund, Bismarck der Kolonialpolitiker, Bismarck der Kaisertreue. Das passt doch gar nicht zu unserem demokratisch-liberalen, sozial-marktwirtschaftlichem Deutschland, oder?

Bismarck war kaisertreu und Junkerfreund. Deutschland, wie es von Bismarck mit Eisen und Blut geschmiedet wurde, schuf die soziale Grundlage für den deutschen Nationalcharakter, das heißt für preußischen Untertanengeist und Beamtentum. Eine Nation, für die das Militär die Schule der Nation war, in der die Beamten und Vorarbeiter in den Fabriken meist ehemalige Offiziere waren. Eine Nation, die nicht durch eine demokratische Revolution konstituiert wurde, sondern durch einen Angriffskrieg unter der Führung von Militäradel und Bourgeoisie, die sich miteinander verschworen haben, weil sie das Proletariat mehr fürchteten als sie einander hassten. Dieser Nationalcharakter hat sich durch zwei Weltkriege, Faschismus, Befreiung, Revisionismus an der Macht, und den Klassenkampf selbstverständlich gewandelt, aber der Kern wurde damals gelegt, und der deutsche Spießer, der nach oben buckelt und nach unten tritt, ist uns erhalten geblieben. Und unsere regierenden Bourgeois sind heute vielleicht nicht mehr kaisertreu, aber reaktionär alle mal. Und im Jobcenter hat sich der preußische Tonfall auch erhalten.

Bismarck war ein Arbeiterfeind. Er hat den Sozialstaat geschaffen und die Sozialistengesetze eingeführt. Und die heutige Bourgeoisie? Sie schikaniert das Volk mit Hartz IV. Sie prügelt linke Demonstrationen nieder. Sie verbietet die Organisationen der revolutionären Bewegung mit dem 129er Paragrafen. Sie terrorisiert die Massen mit der Hexenjagd nach G20 und der willkürlichen Anwendung des Landfriedensbruches, sodass schon das Demonstrieren an sich zur Straftat wird, wie im Rondenbarg-Prozess.

Bismarck war Kolonialpolitiker und hat Kriege geführt, um deutsche Interessen durchzusetzen. Was tat die Bundeswehr in Jugoslawien? Was tut sie in Afghanistan? Was tut sie in Mali? Was tut sie in Syrien? Was tut sie im Irak? Was tut sie im Libanon? Was tut sie am Horn von Afrika? Krieg ist auch heute ein notwendiger Weg für die deutsche Bourgeoisie, um ihre Interessen gegen andere Imperialisten und die Völker der Welt durchzusetzen. Und ganz Europa wird vom deutschen Kapital unterjocht und schwitzt für die Profite deutscher Banken und Konzerne; auch wenn es in den Medien keine große Rolle mehr spielt, sollte man die für deutsche Profite leidenden Massen in Griechenland nicht vergessen.

Wer vom Imperialismus nicht reden will, soll vom Kolonialismus schweigen. Denn ansonsten dient die Kritik an der Vergangenheit nur der Heiligsprechung der aktuellen deutschen Zustände. Und das ist nicht kritisch, das ist chauvinistisch.

Bismarck wird fallen, genauso wie der deutsche Imperialismus.

Rote Post #36

 


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NORDRHEIN-WESTFALEN

 

Krankenhausschliessung inmitten der Pandemie

Zum Jahreswechsel hat das St. Vincenz Krankenhaus in Essen-Stoppenberg seinen Betrieb eingestellt. Einige Monate vorher ist das Marienhospital in Altenessen geschlossen worden. Jetzt gibt es im Essener Norden nur noch ein Krankenhaus, das Philippusstift in Borbeck. Anstelle dass wie zuvor drei Krankenhäuser für die Versorgung der um die 200.000 Einwohner in den nördlichen Bezirken IV, V und VI bereitstehen, gibt es jetzt nur noch das eine.

Damit ist klar: Die Schließung der Krankenhäuser verschlechtert die Qualität der Gesundheitsversorgung im Norden der Stadt erheblich. Mit den Schließungen ist fast die komplette stationäre Behandlung in dem Teil der Stadt weggebrochen. So gibt es jetzt beispielsweise in keinem der Bezirke mehr eine Entbindungsstation, und Schwangere müssen einen weiten Weg bis zur nächsten Entbindungsstation auf sich nehmen. Als Patient aus dem Essener Norden muss man jetzt weitere Wege auf sich nehmen, um eine entsprechende Behandlung zu erhalten.

Dies sind auch die Sorgen der Leute in Stoppenberg. So erzählte eine Mutter, dass sie Angst davor habe, dass sich ihre Tochter bei einem Unfall verletzen könnte und keine rechtzeitige Versorgung möglich sei. Zwar soll der Rettungsdienst der Feuerwehr in Stoppenberg erhalten bleiben, aber das kann sich auch noch ändern. Anstelle ein Krankenhaus im Stadtteil zu haben, sind die nächsten Krankenhäuser jetzt das sieben Kilometer entfernte Uniklinikum im Stadtteil Frohnhausen oder das knapp acht Kilometer entfernte Philippussift in Essen-Borbeck. In akuten Notfällen wie bei Herzinfakten zählt jede Minute für lebensrettende Maßnahmen, durch längere Transportwege zu den Krankenhäusern wird so das Leben der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt.

Besonders wichtig waren die Krankenhäuser auch, weil auch die ambulante Versorgung, etwa die Dichte der Hausärzte und Praxen, in dieser Ecke der Stadt, wie häufig in den bevölkerungsreichen Arbeiterstadtteilen, völlig unzureichend ist. Der Großteil der Arztpraxen befindet sich im zentralen bzw. südlichen Teil der Stadt. Für Kranke bedeutet das längere Anfahrzeiten zu den Krankenhäusern und längere Wartezeiten. Darüber hinaus führt das Ausweichen der Menschen auf andere Krankenhäuser natürlich dazu, dass diese einer höheren Belastung ausgesetzt sind, was vor allem in der aktuellen Pandemie schnell zu einem großen Problem werden wird.

Dieser Einschätzung folgen auch viele Ärzte der Stadt Essen und haben sich in einem offenen Brief an die Stadt Essen sowie an die Landes- und Bundespolitik gewandt. Sie sagen, dass schon vor der Schließung ambulante Routine-Eingriffe nicht mehr völlig abgedeckt werden konnten. Als konkretes Beispiel ist die Schließung des Kreißsaales im Alfred-Krupp-Krankenhaus zu nennen. Über Weihnachten sei es dort zum Beispiel aufgrund des Personalmangels nicht möglich gewesen, die Sorgfaltspflicht gegenüber den Patientinnen zu gewährleisten, da es an Personal und Ausrüstung fehle. Mit der Schließung der Krankenhäuser verschärft sich diese Situation noch weiter.

Wieso also das Ganze? Natürlich wegen Geld. Die Contilia GmbH, die ein privater Krankenhausträger in Essen ist, besitzt nach der Schließung der beiden Krankenhäuser im Essener Norden noch sieben weitere Krankenhäuser und mehrere Pflegeeinrichtungen. Die Contilia gab eine Studie in Auftrag mit dem Ergebnis, dass die Krankenhäuser zu unwirtschaftlich seien, da es zu viele Krankenhäuser in Essen gebe. Das letzte Krankenhaus im Essener Norden soll deshalb zu einem Musterkrankenhaus und zum Zentrum der medizinischen Versorgung werden. Dafür wurden die Fachklinken dem Philippusstift angeschlossen. Doch die reguläre medizinische Gesundheitsversorgung schrumpft trotzdem weiter. Die Contilia ist also der Meinung, dass für ca. 40% der Bevölkerung von Essen ein Krankenhaus ausreichen soll. Anteilseigner der Contilia GmbH sind unterschiedliche katholische Stiftungen wie die „St. Elisabeth Stiftung Essen“. Diese besitzt 73% der Anteile an der Contilia GmbH und ist dem Bistum Essen, sprich der katholischen Kirche unterstellt. In ihren letzten Finanzbericht von Ende 2019 gab das Bistum Essen an, ein Vermögen von 373.200.000€ zu besitzen. Zusätzlich erhielt die Contilia zum Ausbau ihrer Infrastruktur 94.000.000€ vom Gesundheitsministerium in NRW. Die viel gepriesene „christliche Nächstenliebe“ im Leitbild der Contilia endet am Geldbeutel Kirche. So war es schon immer. Aus Profitgründen wird nun die Gesundheit eines großen Teils der Essener Bevölkerung aufs Spiel gesetzt; dass es dabei unsere Klasse besonders hart trifft, ist den Pfaffen des Bistums herzlich egal.

In Essen gab es seit Beginn der Pandemie bis Anfang Januar über 200 Tote in Verbindung mit dem Corona-Virus. Es hört sich irrwitzig an, dass in einer Pandemiesituation zwei Krankenhäuser in einer Stadt geschlossen werden. Heißt es doch von den Gesundheitsministern, es gebe zu wenig Kapazitäten im Bereich des Gesundheitsversorgung, besonders Pflegekräfte werden gesucht. Dieser Mangel an Kapazitäten wird dann als Begründung für die Einschnitte in unsere Grundrechte benutzt. Statt den Gesundheitssektor zu erweitern, sprich mehr Krankenhäuser zu bauen und mehr Pflegepersonal auszubilden, wurde eine ganze Reihe von Gesetzen erlassen und Beschlüsse getroffen, die der Polizei erlauben Versammlungen zu verbieten oder die Bewegungsfreiheit der Menschen einzuschränken. Wir sollen zu Hause eingesperrt werden, weil der Ausbau des Gesundheitssektor zu teuer sei. Dass die Contilia einen Teil des Personals auf die Straße setzt, ist umso zynischer. Auch wenn das Klinikpersonal schnell eine Anstellung in einem anderen Krankenhaus finden wird, ist es doch ein Ausdruck davon, dass es der Contilia mit der Schließung der Krankenhäuser nicht um Menschen, sondern um Profite geht.

Die Schließung der Krankenhäuser hat vor allem in Altenessen und in Stoppenberg Proteste ausgelöst. Die Bewohner der Stadtteile haben sich zusammengeschlossen und wollten nicht hinnehmen, dass man ihre Gesundheit und in Notfällen sogar ihr Leben aufs Spiel setzt. Immer wieder gab es Kundgebungen, offene Briefe und Bürgerbegehren. Das Ziel war die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung im Essener Norden. Die Stadt Essen hat diese Begehren abgelehnt, da ein Gutachten zu dem Schluss gekommen ist, dass die Gründung einer öffentlichen Krankenhausgesellschaft zu teuer sei. Die Koalition aus CDU und Grünen im Stadtrat hatte hingegen noch beteuert, den Wegfall der Krankenhäuser kompensieren zu wollen. Die Idee der Stadtverwaltung ist jetzt ein Krankenhaus- Neubau. Doch gibt es dafür keine konkreten Pläne oder Beschlüsse. Wann dieser Neubau beginnen soll, steht überhaupt noch nicht fest, und solange sind die Bewohner im Essener Norden darauf angewiesen, weite Strecken bei Notfällen in Kauf zu nehmen.