Montag, 24. Juni 2019

Rechte und rassistische Gewalt stehen in doppelter Tradition: Ihrer eigenen Banden und ihrer Entschuldigung durch Behörden und Medien


Gegen Nazis - nicht nur in Wuppertal!„… Was diese drei Beispiele verbindet, ist das Muster der Berichterstattung, das sich in der alten Bundesrepublik erst nach den Anschlägen von Mölln und Solingen etwas abschwächte, im Osten im Prinzip bis heute Bestand hat. Die Neigung, eindeutig rechte, rassistische, menschenfeindliche Gewalttaten ihres ideologischen Kerns zu befreien – der organisierte rechte Angriff auf Leipzig-Connewitz aus dem Jahr 2016, er wird noch immer gern als Hooliganrandale verbrämt. Das Ergebnis solcher Verharmlosung? Die tatsächliche rechte Bedrohung verschwindet hinter sozialisatorischen Konflikten, Alkohol und jugendlicher Orientierungssuche. Nichts, was neu wäre oder Bestand haben könnte und deshalb nicht aufrütteln muss. Und es lässt, weil rassistische Tatmotive insbesondere im Osten oft übertüncht werden, die Rezipienten überrascht zurück, wenn nach Freital, Heidenau und Pegida plötzlich die Rede von rechten und rassistischen Traditionslinien ist. Wo sollen die herkommen, wenn in der Zeitung so etwas nie berichtet wurde? Schnell entsteht deshalb der Eindruck, der Osten werde in die rechte Ecke geschoben. Am Ende kommen dann Erzählungen auf, wonach Ostdeutsche und Migranten ähnliche Abwertungserfahrungen machen würden. Das ist zynisch im Angesicht der Täter-Opfer-Verhältnisse…“ – aus dem Beitrag „Rassistische Traditionslinien“ von Michael Lühmann am 19. Juni 2019 in neues deutschland online externer Link über eine Haltung, die gerade angesichts der aktuellen Gewaltwelle zunehmend durchsichtig wird… Zur aktuellen rechten Gewalt- und Drohwelle und der Fortsetzung der Beschönigung drei weitere Beiträge:
  • „Die falschen Vorstellungen von rechtsextremem Terror“ von Johannes Radke und Toralf Staud am 19. Juni 2019 bei der Zeit online externer Link zu wirklichen Traditionen: „… Terrorgruppen in diesem Sinne entstanden in Deutschland erst ab Ende der 1960er-Jahre, doch Vorläufer gab es schon in den ersten Nachkriegsjahren. In den 1950er-Jahren etwa erlaubte es der verbreitete Antikommunismus Altnazis und Veteranen der Waffen-SS, unter dem Deckmantel des rechtsgerichteten Bundes Deutscher Jugend (BDJ) eine paramilitärische Kampftruppe aufzubauen. Finanziert wurde dieser Technische Dienst (TD) des BDJ vom US-Geheimdienst CIA. Bei einem Einmarsch der Russen sollten die Partisanen in “kleinen unabhängigen Einheiten” Widerstand leisten. Rechtsradikale galten dabei den Amerikanern als besonders zuverlässig. Sie durften Waffendepots anlegen, auf US-Übungsplätzen schießen, spurenloses Töten, Vernehmungs- und Foltermethoden trainieren und galten als deutscher Arm der Nato-Geheimarmee Gladio/Stay Behind, die während des Kalten Krieges in ganz Westeuropa bestand und mit rechtsextremen Terrorakten in mehreren Ländern, vor allem in Italien, in Verbindung gebracht wird…“
  • „„Rechter Terror ist Realität““ am 20. Juni 2019 in der taz online externer Link ist ein Interview von Erik Peter mit Canan Bayram, in dem die Grünen-Abgeordnete unter anderem zu igrer Reaktion auf den Mord an Walter Lübcke und eigenen Erfahrungen ausführt: „… Mich hat das erschaudern lassen. Mein erster Gedanke war, dass es einen rechten Tathintergrund gibt. Das Bedrohungspotential ist noch mal gestiegen. / Wie konnten Sie sich gleich so sicher sein? / Ich sitze in all diesen Sitzungen. Im Verteidigungsausschuss zu Uniter, im Innenausschuss zu diversen rechtsextremen Strukturen. Ich kenne das NSU-Netzwerk. Das war nicht so klein, wie es gemacht wurde, und ist nach dem Tod der beiden Uwes und Beate Zschäpes Inhaftierung nicht verschwunden. Ebenso wenig wie Combat 18 oder Blood & Honour. Rechter Terror ist Realität. (…) Zu meiner Zeit als Berliner Abgeordnete hatte mir das LKA Schutz angeboten. Aber da fühle ich mich eher bedroht. Wenn man das Uniter-Netzwerk sieht, diese ganzen Spezialeinheiten, in denen teilweise gedacht wird, man müsse das deutsche Volk vor den Politikern schützen, dann ist mehr Polizeischutz nicht die Antwort. Ich weiß, dass es vereinzelt Polizisten gibt, die mich hassen. „Wenn die Bayram mal auf unseren Schutz angewiesen ist, dann überlegen wir uns das“, heißt es dort. Das hat auch mit meinem Engagement für den Erhalt von Freiräumen zu tun…“
  • „Wenn die Täter sich virtuell zusammenrotten“ von Ronen Steinke und Christian Wernicke am 20. Juni 2019 in der SZ online externer Link über die Drohungen gegen PolitikerInnen unter anderem: „… Ganz anders ist nun der Klang dieser neuen Drohungen. Die Sprache der E-Mail, die die beiden Politiker Reker und Hollstein um 2.30 Uhr in der Nacht zum Mittwoch erhalten haben, ist an Drastik kaum zu überbieten. Von “Mord” ist da die Rede, von “Genickschüssen” auch gegen andere Politiker, gegen Familienangehörige und Freunde, und von der endgültigen “Auslöschung” jüdischen und muslimischen Lebens. “Und Sie”, heißt es an die Kölner Oberbürgermeisterin und den Altenaer Bürgermeister gewandt, “werden ihnen beste Gesellschaft beim Sterben leisten.” Die NS-Verherrlichung, der Rassismus – sie werden hier nicht mehr verbrämt, sondern offen zelebriert. Das anonyme Schreiben trieft vor Ideologie, “Sieg Heil und Heil Hitler!” heißt es zum Abschluss. Die E-Mail gehört zu einer schon länger anhaltenden Serie solcher Drohungen, schon mehr als 200 davon mit anonymen Absendern wie “Staatsstreichorchester” sind seit April 2018 an Personen bundesweit gegangen, auch an Bundestagsabgeordnete. Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte die Koordination der Ermittlungen übernommen, weil dort die meisten Menschen betroffen sind. Aber ermittelt wird weiter gegen unbekannt. Und jetzt, da diese Tatserie Henriette Reker und Andreas Hollstein erreicht hat, ist auch bereits klar: Es sind mehrere Täter, die sich zusammengerottet haben, zumindest virtuell…
  • „Betroffene werden informiert“ von Christina Schmidt am 17. Juni 2019 in der taz online externer Link über Drohungen die keineswegs ausschließlich PolitikerInnen betreffen: „… Seit vergangenem Freitag haben mehrere Personen in Mecklenburg-Vorpommern Post vom Bundeskriminalamt bekommen. „Zeugenladung“ steht darin als Betreff. Und dann die Straftat, wegen der ermittelt wird: „Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.“ Es geht um rechtsextremistische Terrorpläne. Wie nach einer Sitzung des Landesinnenausschusses in Mecklenburg-Vorpommern am vergangenen Donnerstag bekannt wurde, sollen 29 Personen betroffen sein. Die Ermittler werfen einem Anwalt aus Rostock und einem Kriminalpolizisten aus West-Mecklenburg vor, Listen angelegt zu haben mit Politikern, Aktivisten, Personen aus dem linken Spektrum. Die, so der Vorwurf, wollten die beiden Männer an einem Tag X töten. Was in dem Brief nicht steht: Die Zeugen werden nicht nur geladen, weil sie etwas über die geplante Tat wissen könnten. Sie gehören zu denjenigen, die auf der Liste gestanden haben. (…) „Ich erwarte eigentlich schon von einem Innenminister, der ja auch Landtagskollege ist, Antworten darauf, wie man mit solchen Listen umgeht“, sagt Eva-Maria Kröger von der Linkspartei. „Wir haben mehrfach nachgefragt, wer da draufsteht, aber keine Informationen bekommen. Das finde ich äußerst problematisch.“ Sie ist eine von mehreren Abgeordneten des Landtags, die nun vorgeladen wurde. Auch Personen, die Jan-Hendrik H. nach eigener Auskunft nicht persönlich kennen, wurden nun vorgeladen…“

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