Wolfgang J. Koschnick
19.12.2015
Die meisten PPP-Projekte für die öffentliche Hand wesentlich teurer als eine Eigeninvestition
In vielen Städten und Gemeinden haben die Lokalpolitiker
in ihrem grenzenlosen Mangel an wirtschaftlichem Sachverstand
überdimensionierte Protzbauten hingestellt, die sich nicht rechnen.
Selbst in kleinsten Gemeinden haben sie im ruhmsüchtigen Streben, sich
selbst ein weithin sichtbares Denkmal zu setzen, geradezu großstädtische
Schwimmbäder und Wellness-Oasen in die Landschaft geklotzt.
Die hatten von Anbeginn an keinerlei wirtschaftliche
Zukunft, kamen erst gar nicht aus der Verlustzone heraus und brachten
den betroffenen Gemeinden über Jahre hohe Betriebskosten. Jahrelang
schossen die Gemeinden Millionenbeträge aus ihren ohnehin schon
ausgezehrten Kassen zu, um den kommunalen Protz am Leben zu erhalten.
Am Ende mussten sie die Monumente ihrer eigenen
Gigantomanie wieder verkaufen. Doch da die Dinger auf dem Markt keinen
angemessenen Preis erzielen können, ging das nur zum symbolischen Preis
von einer Mark oder – später – einem Euro.
So hat sich um die unökonomisch wirtschaftenden
Gemeinden herum inzwischen eine ganze Branche etabliert, die von deren
betriebswirtschaftlichem Dilettantismus profitiert. Sie kauft große
Schwimmbäder, Freizeitzentren und Wellness-Zentren für so gut wie
überhaupt kein Geld auf, baut sie professionell komplett um und
entwickelt für sie hochprofitable Geschäftsmodelle.
Das Problem ist nur: Die Kommunen haben die Protzbauten
zuvor für Millionenbeträge gebaut und verkaufen sie nach oft vielen
verlustreichen Jahren wieder für weniger als einen Apfel und ein Ei.
Die Firmen, die diese Bauten kaufen, bekommen also auf
Kosten der Steuerzahler wahre Prachtobjekte zum Preis von praktisch
null, bauen sie hochprofessionell um, gestalten sie rentabel und lassen
sich dann weiterhin von der Gemeinde üppige Geldbeträge als Zuschüsse
zum Unterhalt zahlen. Den Betreiberunternehmen ist daraus kein Vorwurf
zu machen. Sie retten wirtschaftlich ja noch, was Kommunalpolitiker
versaubeutelt haben.
Aber warum müssen sich Gemeinden immer wieder diesen
Luxus leisten, dass ihre Politiker erst einmal Projekte mit
Millionenkosten in den Sand setzen, die dann von freien Unternehmen
wieder saniert werden müssen und trotzdem ohne kommunale Zuschüsse nicht
betrieben werden können?
Die Antwort fällt nicht schwer: Es ist der sattsam
bekannte Systemfehler. Die repräsentativen Demokratien leisten sich den
Luxus, als Entscheider ignorante Dilettanten mit Hang zur Großmannssucht
zu halten, die regelmäßig Steuergelder verprassen.
Um dieses Manko wieder auszubügeln, setzen sie
neuerdings private Unternehmen oder PPP-Partnerschaften ein, die immer
noch viel kosten, aber etwas von betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen
verstehen.
Bleibt die Frage: Warum der Luxus der dilettantischen
Entscheider, wenn die nichts taugen? Und warum muss man erst
Millionenverluste machen, die dann nochmal öffentliche Zuschüsse
erfordern?
Nirgendwo tritt der blanke Irrsinn politischer
Entscheidungen in den entwickelten repräsentativen Demokratien
unverhüllter zutage als beim angeblich so genialen Finanzierungsmodell
der Public-Private Partnerships (PPP), bei dem die öffentliche Hand mit
privaten Investoren zusammenarbeitet, um öffentliche Bauvorhaben zu
verwirklichen. Klingt harmlos, ist aber eine abgefeimte Lumperei.
Die Schuldenbremse wird systematisch ausgehebelt
Da haben die gewählten Repräsentanten erst die
öffentlichen Finanzen so gründlich ruiniert, dass sie sich gezwungen
sehen, rigide Sparprogramme zu fahren und eine europaweite
Schuldenbremse zu verordnen.
Doch kaum ist das unter Ächzen und Stöhnen gelungen,
suchen und finden sie gleich neue Schlupflöcher, um die eigenen
Sparprogramme und die selbst verhängte Schuldenbremse wieder
auszuhebeln. Und dabei verprassen sie, ohne zu zögern, Milliardenbeträge
öffentlicher Gelder.
Was für ein scheinheiliges Gesindel da doch operiert. Es
verhängt großmäulig in ganz Europa eine Schuldenbremse, lässt sich
dafür in den Medien grandios feiern und unterläuft sie dann ohne
Hemmungen, um weiterzuwursteln wie schon immer.
In der Öffentlichkeit inszenieren sie sich großspurig
als knallharte Sparkommissare, die ganz ohne Neuverschuldung auskommen.
Aber in Wahrheit greifen sie nur nach neuen Tricks, um im alten Trott
weiterzumachen. Und die haben sie in den Public-Private Partnerships
(PPP) auch längst gefunden, auf Deutsch Öffentlich-Private
Partnerschaften (ÖPP).
Bluten müssen dafür die Steuerzahler, und bei denen vor
allem die Steuerzahler künftiger Generationen. Wieder einmal hat man
einen miesen Trick gefunden, um den Generationen der Kinder die
ungelösten Probleme der Gegenwart aufzuhalsen.
Es ist das bekannte klassische Verhaltensmuster der
Politiker in den entwickelten repräsentativen Demokratien mit seiner
selbstzerstörerischen Eigendynamik. Die politische Kaste schert sich
einen feuchten Kehricht um das Wohl der breiten Bevölkerung und schreckt
nicht davor zurück, die öffentlichen Finanzen immer tiefer in den Sumpf
zu treiben.
Die vertraglich geregelte langfristige Zusammenarbeit
zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft galt eine Zeitlang als
Patentrezept. Mit der Begründung, dass der öffentlichen Hand mit diesem
Modell wieder finanzielle Freiräume geschaffen werden, fand das Konzept
Akzeptanz bei Gemeinderäten, Stadt-, Kreis-, Landtagen und im Bundestag.
Auf den ersten Blick wirkt das Prinzip geradezu
bestechend: Ein privater Investor baut auf eigene Kosten Autobahnen,
Bundesstraßen, Ministerien, Gefängnisse, Schulen oder große Pracht- und
Protzbauten wie die Elbphilharmonie in Hamburg und sorgt bis zu 30 Jahre
lang für den reibungslosen Betrieb.
Die politischen Institutionen brauchen zunächst kein
oder wenig Geld dafür bereitzustellen und sind scheinbar fein ‘raus.
Bund, Länder oder Kommunen stottern lediglich die laufenden Kosten ab,
die sie sonst selbst hätten investieren müssen.
Derzeit gibt es in Deutschland um die 250 solcher
Großprojekte. Da die öffentlichen Verwaltungen kein Geld mehr haben oder
meinen, nicht effizient genug zu wirtschaften, bieten sich ihnen
private Investoren als Partner an. Die öffentlichen Hände versprechen
sich von PPPs eine schnellere und kostengünstigere Realisierung
wichtiger Projekte.
Die Investoren hingegen haben genug Geld oder können es
beschaffen und sind auch in der Lage, betriebswirtschaftlich vernünftig
zu operieren. Allerdings müssen sie anders als die öffentlichen
Verwaltungen auch gute Gewinne machen. Und die lukrativen Verträge
werden ihnen oft auch noch ohne öffentliche Ausschreibung zugeschanzt.
Die öffentlichen Verwaltungen kommen erst einmal wegen
der Schuldenbremse an keine neuen Gelder heran, möchten sich in ihrer
grenzenlosen Ausgabefreudigkeit aber trotzdem nicht einschränken lassen.
Schließlich wollen die nächsten Wahlen gewonnen werden. Die
demokratische Politik braucht die permanente öffentliche
Selbstdarstellung in spektakulären Projekten und Aktionen. Die lässt
sich durch Stagnation und jahrelangen Baustopp kaum schaffen.
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