Die Beschäftigten der Warenhauskette
Real wehren sich mit Warnstreiks gegen vom Unternehmen angestrebte
Kürzungen der Entgelte und Urlaubsansprüche. Am Freitag legten
Real-Beschäftigte in Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Bayern die
Arbeit nieder. In der vergangenen Woche waren bereits Filialen in
Nordrhein-Westfalen und Hessen bestreikt worden.
Auslöser
der Auseinandersetzung ist der Ausstieg der Metro-Tochter Real aus der
Tarifbindung im Juni. In der Folge setzte das Unternehmen mit 38 000
Beschäftigten die im Sommer mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi
tarifvertraglich vereinbarten Lohnerhöhungen im Einzelhandel von 2,5
Prozent nicht um. Auch die ab Mai 2016 vorgesehene zweite Erhöhung von
zwei Prozent will das Unternehmen nicht auszahlen. Die Warenhauskette
möchte einen Haustarifvertrag mit Verdi abschließen, der unter anderem
das Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Abendzuschläge, Arbeitszeiten und die
Tarifstruktur neu regeln soll.
Was das bedeutet,
ist aus Sicht der Gewerkschaft klar: Geringere Entgelte, längere Arbeit,
weniger Urlaub. Das Unternehmen bestreitet das auch gar nicht. Die
Personalkosten bei Real lägen um bis zu 30 Prozent höher als in
konkurrierenden Warenhäusern, was langfristig nicht tragbar sei, sagte
Real-Chef Didier Fleury im September.
Mehr Geld für Aktionäre
Konkrete
Forderungen hat die Geschäftsführung zwar noch nicht formuliert, klar
ist aber, dass die Pläne für die Beschäftigten teuer werden könnten. Sie
haben einiges zu verlieren: Nach dem Manteltarifvertrag, der bis zum
Abschluss einer neuen Vereinbarung weiterhin gilt, werden für
Arbeitszeiten zwischen 18.30 und 20 Uhr Spätöffnungszuschläge von 20
Prozent, nach 20 Uhr von 55 Prozent gezahlt. Als Weihnachtsgeld zahlt
Real laut Verdi 62,5 Prozent eines Monatslohns, das Urlaubsgeld liegt
abhängig vom Arbeitsvertrag um die 1200 Euro, bei einem Urlaubsanspruch
von sechs Wochen pro Jahr. All diese Leistungen will die
Arbeitgeberseite auf den Prüfstand stellen.
Zudem
soll die jahrzehntealte Tarifstruktur den veränderten
Arbeitsanforderungen und Tätigkeitsprofilen angepasst werden. Über eine
solche Neuordnung verhandeln die Tarifparteien auf Bundesebene bereits
seit mehr als zehn Jahren vergeblich: Während der Einzelhandelsverband
einige Tätigkeiten auch schlechter als bisher eingruppieren möchte,
wehrt sich Verdi gegen solche Abstufungen.
Die
Aussichten, zumindest einen Teil der Arbeitgeberforderungen abwehren zu
können, stehen recht gut. „In einigen Real-Märkten haben wir einen
Organisationsgrad von bis zu 90 Prozent“, sagt der in NRW für den
Einzelhandel zuständige Gewerkschaftssekretär Heino Georg Kassler. Das
Kostenargument des Unternehmens kontert er mit dem Hinweis auf die
Anhebung der Dividende um elf Prozent, die der Vorstand für Aktien des
Mutterkonzerns Metro beschlossen hatte. Zudem werde das Unternehmen
Führungskräften zum Jahreswechsel voraussichtlich wieder Boni gewähren.
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