Montag, 17. November 2014
Infrastrukturfonds: Extraprofite durch die Hintertür
16.11.14 - Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel verfolgt seit einiger Zeit den Plan sogenannter Infrastrukturfonds: Der Staat ist hoch verschuldet, während Banken und Versicherungen nicht wissen, wie sie das viele Geld sinnvoll anlegen sollen. Kann die Investitionslücke bei der Infrastruktur nicht mit privatem Kapital geschlossen werden? Eine perfekte "Win-Win-Situation"?
Sigmar Gabriel (SPD) hat sich jedenfalls mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bereits verständigt und eine "Expertenkommission" eingesetzt. In dem scheinbar "unabhängigen" Gremium sitzen unter anderem Jürgen Fitschen von der Deutschen Bank, Helga Jung von der Allianz-Versicherung und Torsten Oletzky von der Ergo-Versicherung. Als Leiter der Kommission wurde Professor Marcel Fratzscher eingesetzt, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Er hat sich öffentlich für "Privatisierungen von Autobahnen" eingesetzt ("Die WELT", 30. August 2014). In Kürze soll die Kommission ihre Vorschläge vorlegen.
Tatsache ist, dass es der Regierung nicht in erster Linie um marode Straßen in den Städten geht. Dann müsste sie nur den Kommunen genug Geld lassen, damit die Infrastruktur saniert werden kann. Der Staat kommt zurzeit fast zum Nulltarif an Kredite, während privates Kapital natürlich hohe Rendite erzielen will. Es geht vor allem um Großprojekte, bei denen die Bauindustrie, aber auch das Finanzkapital Maximalprofite machen kann.
Die Dramaturgie ist so einfach wie "irrsinnig", so der SPD-Bundestagsabgeordnete Swen Schulz in "Gemeingut in BürgerInnenhand – Faktenblatt 16". Erst verhängt der Staat eine "Schuldenbremse" und versperrt sich so den Zugang zu billigem Geld. Dann ändert man das Grundgesetz, in dem der Bundesbesitz an Autobahnen und Bundesstraßen festgeschrieben ist. Die Große Koalition hat die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Und dann verhökert man den Bau und Unterhalt von Straßen, Brücken und Tunnels an Konsortien, bei denen "bis zu einem Drittel des Etats für Kapitalkosten aufgewendet werden muss" ("Die ZEIT" vom 11. September 2014). Die Extraprofite holen sich die Betreiber schließlich über (höhere) Gebühren herein. Selbst der Bundesrechnungshof hat im Juni ein vernichtendes Urteil über Öffentlich-private Partnerschafts-Projekte im Straßenbau gefällt. Laut seinem Gutachten summierten sich bei sieben geprüften öffentlich-privaten Straßenbau-Maßnahmen Mehrkosten von 1,9 Milliarden Euro gegenüber der „konventionellen Realisierung“.
Fritz Hofmann, Stadtratsmitglied in Eisenach, unterstützt eine Bürgerinitiative gegen den Neubau einer Bundesstraße in der Nähe: "Gegen den Willen von zwei Drittel der Einwohner von Wutha-Farnroda plant der Bund einen Neubau der B 19 an Eisenach vorbei durch den Thüringer Wald für 200 Millionen Euro. Allein die Unterhaltungskosten des drei Kilometer langen Tunnels unter dem Rennsteig würden jährlich eine halbe Million Euro verschlingen. Das ist das Zehnfache dessen, was für alle maroden Brücken von Eisenach zusammen im Jahr zur Verfügung steht. In dem Fall ist noch völlig unklar, wie das umweltschädliche Projekt finanziert werden soll. Wenn es über ein ÖPP-Modell (Öffentlich-Private Partnerschaft) abgewickelt würde, kämen natürlich noch die Profite der Banken oben drauf."
Gabriel, Schäuble und Dobrindt haben diese Idee der Infrastrukturfonds nicht erfunden. Auch auf dem aktuellen G20 Treffen der wirtschaftsstärksten Ländern in Australien waren solche Infrastrukturfonds eines der Zauberwörter. ÖPP-Projekte, auch Public-Private-Partnership (PPP) genannt, treiben die Vergesellschaftung der Investitionen auf die Spitze. Unter den Machtverhältnissen des staatsmonopolistischen Kapitalismus wird so der gesamte Reichtum der Gesellschaft zur Profitmaximierung einer Handvoll Monopole geplündert. In einer sozialistischen Gesellschaft, nach der Beseitigung der Diktatur des internationalen Finanzkapitals, wird der gesellschaftliche Reichtum zum Nutzen der gesamten Gesellschaft angewendet.
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