Montag, 17. November 2014

Frank-Walter Steinmeier leistete Beihilfe zur Folter

Kein Eingeständnis WASHINGTON/BERLIN Quelle: german-foreign-policy vom 14.11.2014 Deutschlands zentraler NATO-Verbündeter räumt offiziell die Anwendung von Folter nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein. Wie zwei Vertreter des US-Außenministeriums vor dem UN-Ausschuss gegen Folter bestätigt haben, hat die US-Regierung „Verhörmethoden“ einsetzen lassen, „die jeder aufrichtige Mensch für Folter halten würde“; man habe „eine rote Linie überschritten, und wir übernehmen die Verantwortung dafür“. Die Stellungnahme, die freilich gänzlich ohne Konsequenzen bleibt, sei „das bislang formellste Eingeständnis“ Washingtons im internationalen Rahmen, bestätigen US-Medien. Vergleichbare Äußerungen der Bundesregierung bleiben aus, obwohl Berlin ab Oktober 2001 nicht nur über die CIA-Praktiken informiert war, sondern sie auch mit der Weitergabe von Informationen über Verdächtige stützte, Verschleppungsflüge von deutschem Territorium tolerierte und selbst de facto Nutzen aus Folter zog. Politisch in letzter Instanz verantwortlich für die damalige, zentrale Menschenrechte verletzende Geheimdienstkooperation war der Chef des Bundeskanzleramts. Er leitet heute das Auswärtige Amt.*** Das bislang formellste Eingeständnis Die Vereinigten Staaten räumen offiziell die Anwendung von Folter nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein. „Vor etwas mehr als zehn Jahren“ habe die US-Regierung „Verhörmethoden“ einsetzen lassen, „die jeder aufrichtige Mensch für Folter halten würde“, sagte am Mittwoch Tom Malinowski, der für Menschenrechte zuständige Abteilungsleiter im US-Außenministerium, vor dem UN-Ausschuss gegen Folter in Genf. „Bedauerlicherweise“ sei man damals „den eigenen Werten nicht gerecht geworden“, bestätigte Mary McLeod, eine Rechtsberaterin des Ministeriums: „Wie Präsident Obama bereits eingeräumt hat, haben wir eine rote Linie überschritten, und wir übernehmen die Verantwortung dafür.“ Bei den Äußerungen handelt es sich, wie US-Medien bestätigen, um „das bislang formellste Eingeständnis dieser Tatsache“ im internationalen Rahmen.[1] Allerdings betrifft das Eingeständnis nur einen Teil der Maßnahmen, die Menschenrechtler als Folter kritisieren. Auch bleiben Konsequenzen für die Täter weiterhin aus. NATO-Geheimbeschlüsse Konsequenzen bleiben weiter auch für diejenigen aus, die in Deutschland Verantwortung für die mehrjährige bundesdeutsche Zuarbeit zu Verschleppung und Folter von Verdächtigen durch US-Behörden tragen (german-foreign-policy.com berichtete [2]). Entsprechende Kooperationsmaßnahmen gehen mutmaßlich zurück auf Geheimabsprachen, die im unmittelbaren Umfeld des formellen Beschlusses über den NATO-Bündnisfall vom 4. Oktober 2001 getroffen wurden. An jenem Tag verpflichteten sich sämtliche NATO-Mitglieder unter anderem auf eine enge Geheimdienstkooperation im Rahmen des „Anti-Terror-Krieges“, auf die Gewährung von Blanko-Überflugrechten und -Landeerlaubnissen für US-Flugzeuge aller Art und auf diverse weitere Schritte. Dick Marty, einst als Sonderberichterstatter des Europarats mit der Angelegenheit befasst, musste sich im Verlauf seiner Recherchen von den Brüsseler Militärbehörden bestätigen lassen, dass ein Teil der damaligen NATO-Übereinkünfte der Öffentlichkeit auf Dauer verborgen bleiben soll. Marty folgerte aus seinen Recherchen, die NATO-Geheimbeschlüsse vom 4. Oktober 2001 hätten wohl die Voraussetzung für die Verschleppung von Verdächtigen in Foltergefängnisse in aller Welt geschaffen. Den Beschlüssen stimmten sämtliche NATO-Mitglieder zu – auch Deutschland.[3] In die Operationen einbezogen Berlin ist damals nicht nur zu allgemeiner Zustimmung bereit gewesen, es hat auch in einem intensiven Austausch mit US-Stellen gestanden. Die Details dieses Austauschs sind nach wie vor nur in Ansätzen bekannt. Der ehemalige CIA-Europachef Tyler Drumheller hat schon vor Jahren bestätigt, sich im Oktober 2001 in Europa aufgehalten und auch „bei Uhrlau im Kanzleramt gesessen“ zu haben. Ernst Uhrlau, später – von Dezember 2005 bis Dezember 2011 – Präsident des BND, war damals als Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung mit den CIA-Aktivitäten befasst. Sein unmittelbarer Vorgesetzter hieß Frank-Walter Steinmeier, von 1999 bis 2005 Chef des Bundeskanzleramts. Drumheller erinnert sich: „Die Hauptsorge unserer Verbündeten war: Unilaterale US-Aktionen auf europäischem Boden, Terroristen abfischen ohne ihre Genehmigung, um die dann in einen Drittstaat zu schicken“. Auf diese Einwände hin habe er „versprochen, unsere Verbündeten bei Operationen einzubeziehen“.[4] Treffen Drumhellers Aussagen zu, dann hatte Berlin beste Kenntnisse über die geplanten US-Maßnahmen und wurde in der einen oder anderen Form einbezogen. Folterverhöre Deutsche Behörden haben tatsächlich nicht nur Informationen an US-Stellen weitergeleitet, von denen einige den unmittelbaren geheimdienstlichen Zugriff auf Verdächtige und ihre Verschleppung ermöglichten. Sie sind, wie Zeugen berichten, sogar selbst in Verhöre involviert gewesen, in deren Rahmen offenkundig gefoltert wurde. Dies betrifft Verhöre in Damaskus und in Beirut im Jahr 2002. Wie ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundeskanzleramts berichtete, intensivierten Berlin und Damaskus im Laufe des Jahres 2002 ihre geheimdienstliche Zusammenarbeit – und erhielten dabei zunächst Verhörprotokolle eines deutschen Staatsbürgers, der in einem berüchtigten syrischen Foltergefängnis einsaß. Über die Haftbedingungen in Syrien war sich Berlin damals vollständig im Klaren. „Schon im normalen Polizeigewahrsam sind Misshandlungen an der Tagesordnung“, teilte beispielsweise das Auswärtige Amt in seinem „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien“ vom 7. Oktober 2002 mit: „Insbesondere bei Fällen mit politischem Bezug“ – dies war bei dem inhaftierten deutschen Staatsbürger gegeben – „wird (häufig bevor Verhöre überhaupt beginnen) physische und psychische Gewalt eingesetzt“. Dessen ungeachtet entsandte Berlin Mitarbeiter deutscher Geheimdienste und der Polizei in der Zeit von Oktober bis Dezember 2002 nach Damaskus und Beirut, um dort Verhörergebnisse abzugreifen. Mindestens einer der damals nach Nahost delegierten deutschen Beamten hat sich bei seinen Vorgesetzten über offensichtliche Hinweise auf Folter beschwert; Reaktionen blieben aus (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Politisch verantwortlich Sofern damals Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) involviert waren, lag die Verantwortung in letzter Instanz beim Bundesinnenministerium unter Otto Schily (SPD). Sofern es sich um Aktionen des Bundesnachrichtendienstes handelte, war politisch der damalige Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung zuständig bzw. in letzter Instanz dessen damaliger Vorsitzender, der Chef des Bundeskanzleramts und heutige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Vor drei Jahren hat der Menschenrechtskommissar des Europarats Aufklärung über die bis heute vertuschte Verwicklung auch bundesdeutscher Stellen in die Verbrechen des „Anti-Terror-Kriegs“ verlangt – vergeblich.[6] Bis heute in Kraft Der NATO-Bündnisfall, dessen Ausrufung mit der Verabschiedung der erwähnten NATO-Geheimbeschlüsse einherging, ist bis heute in Kraft.[7] Ob das auch für die Geheimbeschlüsse gilt, die mutmaßlich die Grundlage für die Verschleppung und die Folter von Verdächtigen bildeten, ist nicht bekannt. Weitere Informationen zu Verschleppung und Folter im „Anti-Terror-Kampf“ finden Sie hier: Die Folterer, Und warten noch immer, Interview mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,„Abgrundtiefe Doppelzüngigkeit“, Abgleiten in die Barbarei, Interview mit Dr. Max Stadler,Ohne Gericht, ohne Urteil, Letzte Warnung, Größte Gefährdungen, Transatlantische Verbrechensausbeute, Steinmeier und seine Komplizen, Hundertneunzig Zentimeter Länge, Abgleiten in die Barbarei (II), Oktober 2001, Deutsch-syrischer Herbst, Geprüft und vernommen, Schweigeboykott, Ohne Konsequenzen, Wichtiger als Menschenrechteund Die Phase der gezielten Tötungen. [1] Charlie Savage: U.S. Tells U.N. Panel of Steps to Revise Interrogation Policy. www.nytimes.com 12.11.2014. [2] S. dazu Wo ist Haydar Zammar?, Wer ist „Sam“, der deutsche Foltergesandte?, Nach Recht und Gesetz und Transatlantische Verbrechensausbeute. [3] Committee on Legal Affairs and Human Rights: Secret detentions and illegal transfers of detainees involving Council of Europe member states: second report. S. dazu Oktober 2001. [4] Ex-CIA-Mann belastet deutsche Kollegen; www.stern.de 11.03.2008. S. dazu Oktober 2001. [5] S. dazu Die Folterer, Und warten noch immer und Deutsch-syrischer Herbst. [6] S. dazu Wichtiger als Menschenrechte. [7] S. dazu Der NATO-Bündnisfall. *** Frank-Walter Steinmeier war als Chef des Bundeskanzleramtes damals zuständig für die deutsche Hilfe für die Folterer der CIA. Deshalb hat er wohl auch keine Berührungsängste sich neben ukrainischen Faschisten ablichten zu lassen. (Red. K-online)

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