Dienstag, 19. August 2014
Solidaritätskundgebung in Berlin: 21. August, 11-14 Uhr
Sanamadougou und Sahou müssen bleiben: Landraub stoppen – in Mali und überall sonst!
Die BewohnerInnen der beiden Dörfer Sanamadougou und Saou in Mali sind dringend auf politische und praktische Unterstützung angewiesen – und das sofort. Seit 2009 wurden ihre Flächen Stück für Stück von einem Großinvestor geraubt, jetzt sehen sich die BewohnerInnen mit der für sie völlig neuen Erfahrung von Hunger konfrontiert.Vor diesem Hintergrund hat das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact in einem ersten Schritt den Kauf von 10 Tonnen Hirse im Wert von 2.500 Euro als direkte Soli-Unterstützung ermöglicht – eine Menge, die allerdings nur drei bis vier Wochen reichen dürfte. Darüber hinaus rufen wir zu einer Protestaktion vor der malischen Botschaft und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf – in Verbindung mit einer demnächst beginnenden Faxkampagne:
Donnerstag, 21. August 2014, 11-14 Uhr
Kundgebung vor der malischen Botschaft: Kurfürstendamm 72, U-Bahnhof Adenauerplatz
Im Anschluss Kundgebung vor dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Stresemannstr. 94
Sanamadougou und Sahou haben in den letzten Jahren weit über Mali hinaus Bekanntheit erlangt. Sie stehen stellvertretend für das knallharte Geschäft mit Acker-, Weide- und Waldflächen, das auch in dem westafrikanischen Sahelland boomt. Sie sind zudem Ausdruck davon, dass bäuerlicher Widerstand selbst in vergleichsweise liberal regierten Ländern wie Mali oftmals brutal unterdrückt wird.
Begonnen hat es im Juni 2010, damals hat der malische Großinvestor Modibo Keita im Rahmen eines insgesamt 27.400 Hektar-Deals die für die Agroforstwirtschaft von Sanamadougou und Saou unverzichtbaren Karitébäume abgeholzt – und das obwohl die Flächen der beiden Dörfer noch nicht einmal zu seinem per Geheimvertrag erstandenen Landimperium gehörten. Im weiteren Verlauf ließ er zwei große Kanäle bauen und hinderte die Bauern und Bäuerinnen zunehmend daran, ihre eigenen Felder zu bestellen. Im Gegenzug hat er selber begonnen (wenn auch mit äußerst mäßigem Erfolg), Kartoffeln und andere Kulturen im agroindustriellen Stil anzubauen, was im Übrigen bei der lokalen Bevölkerung zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den massenhaften Einsatz von Pesitziden geführt hat.
Die BewohnerInnen von Sanamadougou und Sahou haben sich von Anfang an auf sämtlichen Ebenen zur Wehr gesetzt – inklusive Demonstrationen, Sit-Ins, öffentlichen Appellen und juristischen Klagen. Doch die Konsequenzen waren dramatisch: Ungesetzliche Inhaftierungen, nächtliche Überfälle durch staatliche Sicherheitsorgane, Vergewaltigungen, Zerstörungen von Häusern, verschleppte Gerichtsprozesse etc. Im Zuge hiervon ist eine ältere Frau ums Leben gekommen, zahlreiche Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, hinzu kommen Fehlgeburten, ungewollte Schwangerschaften im Zuge von Vergewaltigungen und ähnliche traumatisierende Gewalterfahrungen.
Heute ist die Situation zugespitzter denn je – vor allem durch den Hunger, welcher mittlerweile das gesamte Dorf fest im Griff hält und somit abhängig von der Unterstützung durch Nachbardörfer oder einzelne Familienmitglieder in Bamako bzw. in der Migration macht. Die Alternative ist insofern klar: Entweder es gelingt, die politisch Verantwortlichen noch stärker unter Druck zu setzen als bislang, oder die Menschen müssen gehen, wobei zur Verdeutlichung hinzugefügt sei, dass allein seit vergangenem Mai 23 Haushalte Sanamadougou verlassen haben.
Afrique-Europe-Interact steht schon seit längerem im Kontakt mit Sanamadougou und Sahou, unter anderem haben in diesem Jahr zwei Delegationsreisen in die 280 Kilometer nordöstlich der Hautpstadt Bamako gelegenen Dörfer stattgefunden (zuletzt in einer aus malischen und europäischen AktivistInnen gemischt zusammengesetzten Gruppe). Das ist der Grund, weshalb wir nunmehr als transnationales Netzwerk aktiv werden möchten. Denn es reicht nicht, wie es in den letzten Jahren oftmals passiert ist, vor allem Besuche in betroffenen Dörfern abzustatten, Studien zu erstellen oder medial zu informieren (so unentbehrlich die hierbei gewonnenen Kenntnisse sind). Denn von derartiger Öffentlichkeitsarbeit lassen sich nationale und internationale Großinvestoren allenfalls ansatzweise beeindrucken, gerade in einem Land wie Mali, wo der Staat seit 2003 mindestens 540.000 Hektar Boden verkauft und über weitere 379.000 Hektar Vorverträge abgeschlossen hat (Stand: Mai 2011). Gefragt ist stattdessen praktische Unterstützung: Dazu gehören im Falle von Sanamadougou und Sahou in einem ersten Schritt Nahrungsmittel – weshalb hiermit auch ausdrücklich um Spenden für die bereits auf Schuldenbasis erstandenen 10 Tonnen Hirse gebeten sei (Konto: siehe unten). Zum anderen ist es erforderlich, den politischen Druck zu erhöhen. Denn es gibt – wie schon gesagt – massiven Widerstand seitens der BewohnerInnen. Doch dieser muss von außen gestärkt werden, vor allem muss alles dafür getan werden, dass es nicht erneut zu Übergriffen durch die Gendarmerie oder Nationalgarde kommt.
Mit der Kundgebung möchten wir daher die malische Botschaft auffordern, entsprechend aktiv zu werden, nicht zuletzt mit Blick darauf, dass es im Jahr 2013 bereits einen Beschluss der damaligen Übergangsregierung in Mali gegeben hat, wonach Modibo Keita die entsprechenden Flächen zurückzugeben habe (ein Akt, dessen Umsetzung wiederum in den Verantwortungsbereich des Gouverneurs von Segou fällt). Demgegenüber möchten wir die deutsche Bundesregierung nicht nur auffordern, ihren Einfluss geltend zu machen und sich im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit für eine Rückgabe des geraubten Landes an Sanamadougou und Sahou einzusetzen. Vielmehr sollte Deutschland auch sämtliche Maßnahmen einstellen, die Landgrabbing ermöglichen bzw. begünstigen – wie zum Beispiel die im Rahmen der europäischen Biodieselrichtlinie vorgesehenen Beimischungsquoten von Agrotreibstoffen.
Weitere Informationen zu Landgrabbing – mit Schwerpunkt Afrika und Mali – finden sich auf unserer Webseite. Zudem werden ab dem 16. August, ebenfalls auf unserer Webseite, ein europäischer Appell gegen die Zerstörung von Sanamadougou und Sahou, ein Protestbrief an die malische Botschaft und die Bundesregierung sowie weitere Hintergrundinformationen zu Sanamdougou zur Verfügung stehen (wobei es zu letzterem in der französischen Version der Webseite bereits zahlreiche Informationen gibt):
www.afrique-europe-interact.net
Spenden an Afrique-Europe-Interact sind steuerlich absetzbar, sie können online über unsere Webseite oder auf folgendes Konto getätigt werden. Als Dankeschön schicken wir (sofern uns die Postadresse gemailt wird) das im Mai 2014 erschienene Buch des an Afrique-Europe-Interact beteiligten Flüchtlingsaktivisten Emmanuel Mbolela zu: Mein Weg vom Kongo nach Europa. Zwischen Widerstand, Flucht und Exil. Mandelbaum Verlag 2014, 196 Seiten (mit einem Vorworf von Jean Ziegler)
Konto:
Name: Globale Gerechtigkeit e.V.
Kontonummer: 2032 237 300
Bank: GLS Gemeinschaftsbank
BLZ: 430 609 67
IBAN: DE67 4306 0967 2032 2373 00*
BIC: GENODEM1GLS
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