Montag, 25. August 2014
Hunderte beteiligen sich an NPD-Aufmarsch in Bautzen
In Bautzen fand am gestrigen Samstag eine von der NPD organisierte Demonstration gegen ein im Ort befindliches Übergangsheim für Asylsuchende statt. An der Veranstaltung beteiligten sich nach Polizeiangaben fast 600 Personen. Lediglich 60 Menschen hatten sich am Nachmittag auf Einladung der Initiative “Bautzen bleibt bunt” im Stadtzentrum zu einem “interkulturellen Picknick” versammelt, um damit ein Zeichen gegen den rechten Aufmarsch zu setzen. An einer von der CDU und der Linken organisierten Demonstration nahmen im Anschluss an den Naziaufmarsch etwa 100 Menschen teil. Die Polizei, die mit mehreren hundert Einsatzkräften vor Ort war, zog am Abend ein positives Fazit: “den Versammlungsteilnehmern gelang [es], ihre Meinung und ihren Protest friedlich und ausschließlich mit demokratischen Mitteln zum Ausdruck zu bringen”. Zuvor hatte auf der Demonstration unter anderem NPD-Stadträtin Daniela Stamm aus dem Umfeld der von mehr als 2.500 Menschen unterstützten Facebookgruppe “Neues Bautzen” gegen die “Systempresse” gehetzt.
Schon seit einigen Monaten kommt es in der ostsächsischen Stadt immer wieder zu Protesten gegen die Flüchtlingsunterkunft in unmittelbarer Nähe zur Talsperre Bautzen. Federführend dabei ist eine Bürgerinitiative aus dem Stadtteil Burk. Mit ihren fadenscheinigen Begründung, dass für die zu erwarteten Asylsuchenden zu wenig Platz zur Verfügung steht, steht der nicht nur in Bautzen eilig ins Leben gerufene Zusammenschluss nicht alleine da. Auch der Bautzner Stadtrat Dieter Deutscher von der Linken zeigte sich nach Bekanntwerden der Pläne in einem Radiointerview skeptisch. Neben der großen Zahl von Flüchtlingen fürchtet er auch um die “Entwicklung” des Stausees als Naherholungsgebiet für die ortsansässige Bevölkerung. Die Unterbringung von geflüchteten Menschen, so scheint es, würde die Idylle da nur stören.
Erst Ende Juli war das Heim von einer NPD-Delegation im Rahmen ihres aktuell noch schleppend verlaufenden Landtagswahlkampfes besucht worden. Dazu ließen sie sich als angebliche “Nachkontrolle” zum “Heim-TÜV” vom Betreiber der Unterkunft die Räumlichkeiten und sanitären Anlagen zeigen. Anders verlief der geplante Besuch zweier Unterkünfte in Kamenz und im Dresdner Stadtteil Niederpoyritz, dort wurde die Gruppe jedoch von der Heimleitung direkt an der Tür abgewiesen. Als Reaktion auf die Aktion in Bautzen hatte der Präsident des Sächsischen Landtags, Matthias Rößler (CDU), Strafanzeige gegen NPD-Landeschef Holger Szymanski wegen Amtsanmaßung, des Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen sowie möglicher weiterer Vergehen bei der Staatsanwaltschaft Dresden gestellt. Die Verbreitung eines von der NPD angefertigten Films ließ der Betreiber des Hotels durch das Landgericht Berlin unterbinden.
Nachdem das Vorhaben, eine Unterkunft in einer ehemaligen Förderschule auf dem Schützenplatz einzurichten, scheiterte, bewarb sich nach einer europaweiten Ausschreibung mit dem Besitzer des Spreehotels lediglich ein möglicher neuer Betreiber in der Region. Er gab an, nach der Entscheidung sogar Morddrohungen erhalten zu haben. “Die rechte Bedrohung in Bautzen ist sehr viel stärker wie ich anfangs gedacht habe. Wir hatten in den ersten drei Wochen permanente Störungen.”, kommentierte er im ZDF die aktuelle Situation in Burk. Ein letzter Versuch, den Einzug mit rechtlichen Mitteln zu verhindern, scheiterte schließlich vor dem Dresdner Verwaltungsgericht, welches einen Eilantrag auf vorläufigen Rechtschutz am 17. Juli ablehnte. Doch nicht nur das umfunktionierte Hotel steht derzeit in der Kritik. So wurde erst vor wenigen Tagen die geplante Unterbringung von geflüchteten Menschen in einer Containersiedlung auf der Fabrikstraße Ziel einer Transparentaktion.
Auch die Pläne des Landkreises auf Grund der steigenden Zahl von Asylsuchenden ein ehemaliges Lehrlingswohnheim in Neukirch zu einer Flüchtlingsunterkunft mit Platz für bis zu 90 Menschen umzubauen, war in den letzten Wochen auf Widerstand in der Bevölkerung gestoßen. Im Augenblick leben im Landkreis Bautzen etwa 800 Asylbewerberinnen und Asylbewerber, ein Großteil davon in den Heimen in Kamenz, Bischofswerda und Hoyerswerda. Rund 100 von ihnen konnten bislang in Wohnungen untergebracht werden. Obwohl der Bedarf an Wohnraum gerade für asylsuchende Familien deutlich größer ist und auch die finanzielle Belastung für eine Unterbringung in den eigenen vier Wänden für den Landkreis geringer ist, finden sich laut Ordnungsamtsleiter René Burk derzeit kaum Wohnungsgesellschaften die bereit sind, Zimmer zur Verfügung zu stellen. Die Zuweisung erfolgt durch den Freistaat Sachsen nach einem festgelegten Schlüssel, darin wurde dem Landkreis Bautzen für das laufende Jahr die Unterbringung von insgesamt bis zu 800 Asylsuchenden angekündigt.
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