Dienstag, 19. August 2014
Warum sich der Brandenburger AfD-Spitzenkandidat über seine EU-Abgeordneten aufregt
Zittern an der Prozenthürde
Neulich war Alexander Gauland sehr ungehalten. Er hatte sogar die Schnauze richtig voll, ja, er wollte am liebsten alles hinwerfen. Das ist eine gewisse Drohung, wenn man Spitzenkandidat einer Partei für die Landtagswahl ist. Gauland, lange Zeit Parteikader in der hessischen CDU, will die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD) in den Potsdamer Landtag führen. Er darf sich da berechtigte Hoffnungen machen, denn Umfragen sehen seine Partei bei fünf bis sechs Prozent.
Nun aber musste er doch mal seinen Frust darüber loswerden, dass die meisten AfD-Europaabgeordneten mit Parteichef Bernd Lucke und Parteivize Hans-Olaf Henkel an der Spitze im Europarlament einer Resolution zustimmten, in der Russland für die Eskalation in der Ostukraine verantwortlich gemacht wird und schärfere Sanktionen begrüßt werden. Das findet Gauland »völlig falsch«, wie er der ebenfalls rechtskonservativen Wochenzeitung »Junge Freiheit« anvertraute. Gauland beruft sich bei seinem Unmut auf einen Parteitagsbeschluss, wonach die AfD Sanktionen gegen Russland nicht zustimmen werde, und auf ein Vorstandsvotum, zunächst die Aufklärung des Flugzeugabsturzes über der Ukraine abzuwarten.
Hinter Gaulands Ärger dürfte aber auch die Befürchtung stecken, dass die Brandenburger Wähler allergisch auf all zu hartes Russland-Bashing reagieren könnten. Die emotionale, auch durch eigene Erfahrung geprägte Sicht auf Osteuropa und Russland ist in Ostdeutschland nun mal eine andere als im Westen; hinzu kommt, dass Unternehmen in den neuen Bundesländern jede Menge wirtschaftliche Beziehungen in Richtung Osten unterhalten, dass mit schärferen Sanktionen die Angst um Arbeitsplätze verbunden ist. Das betrifft in starkem Maße auch Brandenburg. Nicht umsonst und keineswegs zufällig ist der ehemalige Ministerpräsident Matthias Platzeck jetzt Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums. Wie sein Vorgänger Manfred Stolpe engagiert er sich im Petersburger Dialog.
Für die AfD sind die anstehenden Landtagswahlen in drei ostdeutschen Ländern nach dem Erfolg bei der Europawahl eine Chance, sich als dauerhafte politische Kraft festzusetzen. Sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen und in Thüringen bewegt sich die Rechtsaußen-Partei um die fünf Prozent. Der Wahlerfolg ist also keineswegs sicher; jede störende Kleinigkeit kann zum Stolperstein werden. Deshalb findet jemand wie Alexander Gauland die Entscheidung seiner EU-Abgeordneten alles andere als lustig. wh
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