Freitag, 28. Juni 2013

„Es ist überfällig, dass Deutschland mit seinen Partnern darüber diskutiert, die syrischen Rebellen mit Ausrüstungslieferungen bis hin zu Waffen zu unterstützen.“

Führungsmacht Deutschland BERLIN german-foreign-policy.com vom 24.06.2013 – Der maßgebliche militärpolitische Think-Tank Berlins veranstaltet heute und morgen eine Strategiekonferenz unter Mitwirkung führender deutscher Massenmedien. Für die Tagung der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) sind Referate der Bundesminister für Verteidigung, Äußeres und Finanzen angekündigt; die Veranstaltung wird von der staatsfinanzierten „Deutschen Welle“ live übertragen. Zu den behandelten Themen zählen die Sicherung der Versorgung Deutschlands mit Rohstoffen und der Ausbau der deutschen „Führungsmacht“ in Europa. Diskutieren will man außerdem über „Spezialkräfteeinsätze“, „Drohnenkampf“ und „gezielte Tötungen“ sowie über die „Vernetzung“ staatlicher Stellen und privater Unternehmen zur weltweiten Durchsetzung „deutscher Interessen“. Entsprechend stellt sich die Rednerliste der Veranstaltung dar: Hier finden sich unter anderem der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, und der Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank, Klaus-Peter Müller. Müller gilt als Initiator des seit 2007 stattfindenden „Celler Trialogs“ zwischen Politik, Bundeswehr und Industrie. Dort wurde zuletzt eine deutliche Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen deutschen Streitkräften und Unternehmen gefordert. Deutsches Forum Sicherheitspolitik Wie die in Berlin beheimatete Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) mitteilt, veranstaltet sie heute und morgen zum ersten Mal ihr „Deutsches Forum Sicherheitspolitik“. Die Konferenz wird sich laut Ankündigung mit den „strategischen Konsequenzen für Deutschland“ befassen, die sich nach Ansicht des bundeseigenen Think-Tanks aus aktuellen „globalen Veränderungen“ ergeben. Als solche gelten der BAKS „Klimawandel“, „Migrations- und Flüchtlingsströme“ sowie die „Verknappung von Ressourcen“.[1] Vorgesehen sind Referate des Bundesverteidigungsministers Thomas de Maizière (CDU), des Außenamtschefs Guido Westerwelle (FDP) und des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU). Moderiert wird die Tagung von Redakteuren führender deutscher Massenmedien; vertreten sind unter anderem die „Ressortleiter Außenpolitik“ der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Stefan Kornelius und Klaus-Dieter Frankenberger. Nicht nur durch ihre Einbindung dürfte eine starke propagandistische Außenwirkung erzielt werden: Der Staatssender „Deutsche Welle“ überträgt die Konferenz live in Bild und Ton. Kreislauf der Talente Der erste Teil der Veranstaltung wird sich mit aktuellen „sicherheitspolitischen Herausforderungen“ befassen, zu denen die BAKS neben „Cyber-Angriffen“, „islamistische(m) Terror“ und „organisierter Kriminalität“ auch die „Ressourcenversorgung“ Deutschlands zählt.[2] Vorgesehen ist ein Referat des Aufsichtsratsvorsitzenden der Commerzbank, Klaus-Dieter Müller, der bereits mehrfach Zusammenhänge zwischen den genannten Phänomenen hergestellt hat. Laut Müller „stammen über die Hälfte der weltweit produzierten metallischen Rohstoffe aus politisch instabilen Ländern“; das mache „Investitionen“ in die Ressourcenausbeutung zunehmend „unattraktiv“. Daher senke, „wer am Hindukusch Ausbildungslager für Terroristen aushebt“, auch die „allgemeine Prämie für Unsicherheit in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten“, erklärt der von der Bundeswehr hoch dekorierte Manager und Reserveoffizier (german-foreign-policy.com berichtete [3]). Müller gilt als Initiator des 2007 ins Leben gerufenen „Celler Trialogs“ zwischen Politik, Militär und Industrie, der Ende Mai dieses Jahres eine Neuauflage erfuhr. Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender des Rüstungskonzerns Rheinmetall, forderte dort eine deutliche Intensivierung der Zusammenarbeit von Streitkräften und Wirtschaft: „Der Austausch des Personals muss erleichtert werden.“[4] Ganz ähnlich hatte sich Pappergers Vorredner geäußert: In seiner Ansprache zum „Celler Trialog 2013“ bekannte sich Bundesverteidigungsminister de Maizière ausdrücklich zu einem „Kreislauf der Talente“ zwischen Unternehmen und Militär; davon hänge die „Zukunftsfähigkeit“ Deutschlands ab.[5] China stoppen Im zweiten Teil der BAKS-Konferenz soll laut Veranstaltungsprogramm diskutiert werden, welche militärpolitischen Implikationen sich daraus ergeben, dass Deutschland weltweit als „europäische Führungsmacht“ gilt.[6] Hierzu wird unter anderem der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, referieren. Ischinger, der beim Allianz-Konzern für die Pflege der Beziehungen zur Bundesregierung zuständig ist, hat sich erst unlängst dafür ausgesprochen, auf Seiten der Regierungsgegner in den syrischen Bürgerkrieg einzugreifen: „Es ist überfällig, dass Deutschland mit seinen Partnern darüber diskutiert, die syrischen Rebellen mit Ausrüstungslieferungen bis hin zu Waffen zu unterstützen.“ Ansonsten habe man „in der Nach-Assad-Welt keine Freunde mehr in Syrien“.[7] Ähnlich hatte sich Ischinger mit Blick auf den Bürgerkrieg in Mali geäußert und einen „Kampfeinsatz der Bundeswehr“ als Option „kluge(r) Krisenaußenpolitik“ bezeichnet.[8] Als Moderator des zweiten Konferenzteils, der dazu dienen soll, „Deutschlands sicherheitspolitische Interessen“ zu definieren, fungiert der FAZ-Redakteur Klaus-Dieter Frankenberger.[9] Der Journalist plädiert für enge politisch-militärische Bindungen an die USA – mit dem Ziel, den „Aufstieg eines dynamischen und selbstbewussten China“ zu stoppen (german-foreign-policy.com berichtete [10]). Die „Führungsverantwortung“ Deutschlands zeigt sich laut Frankenberger dabei konkret darin, südeuropäische Krisenländer wie Griechenland finanzpolitisch „unter Kuratel“ zu stellen; nur so könne die EU im weltweiten Konkurrenzkampf gegen die „Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ bestehen.[11] Deutsche Leitmedien Im Anschluss an den zweiten Teil der BAKS-Konferenz ist eine Podiumsdiskussion über „ethische Aspekte deutscher Sicherheitspolitik“ geplant. Dort soll unter anderem über „Spezialkräfteeinsätze“, „Drohnenkampf“ und „gezielte Tötungen“ gesprochen werden.[12] Zu den Teilnehmern zählen gleich zwei führende Vertreter sogenannter deutscher Leitmedien – Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur des öffentlich-rechtlichen Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), und Stefan Kornelius, Ressortleiter Außenpolitik der „Süddeutschen Zeitung“. Von beiden sind keine kritischen Stellungnahmen zum Thema zu erwarten, da sie sich bereits mehrfach als Ideologen und Propagandisten der offiziellen deutschen Außen- und Militärpolitik hervorgetan haben. Als Ende Juli 2011 ein ultrarechter Attentäter in Norwegen 77 Menschen ermordete, sprach Theveßen, der dem ZDF als „Terrorexperte“ gilt, noch nach Bekanntwerden der Tathintergründe von einem „islamistischen“ Anschlag.[13] Kornelius, der für seine Berichterstattung über das von einem deutschen Offizier angeordnete Massaker von Kunduz zum „Journalisten des Jahres 2009“ gekürt wurde, verteidigte öffentlich das Kriegsverbrechen, bei dem 142 afghanische Zivilisten ums Leben kamen. Die Hamburger Körber-Stiftung zitiert ihn mit der Aussage, es grenze an „Ironie, dass nach der Bombardierung ausgerechnet Deutschland, das sich so lange den Vorwurf der an Feigheit grenzenden Zurückhaltung habe gefallen lassen müssen, nun übermäßiger Aggressivität bezichtigt werde“.[14] Über die Rechtsanwälte, die bis heute vor Gericht um eine angemessene Entschädigung für die Opfer des Luftangriffs streiten müssen, schrieb er, diese hätten sich ihre Mandate beschafft „wie amerikanische Schadenersatz-Jäger“.[15] Zur Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) lesen Sie bitte auch Ein Feuerring um China, Ein Feuerring um China (II), Operativ auf der Höhe, Umfassend – vernetzt – strategisch, Cyberwar 2.0, Der nächste heiße Krieg, Wirtschaftskriege, Integrierter Ansatz, Nur noch rechtshistorisch bedeutsam, Exklusive Ansprechstellen, Bär und Drache, Ein neues Machtzentrum, Ansprechstellen, In die Zange nehmen, Strategic Community undEffizienzsteigerung. [1] Ein entsprechender Ankündigungstext fand sich noch bis zum 20.06.2013 auf der Webseite der BAKS (www.baks.bund.de), wurde dann jedoch entfernt. [2] Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Sicherheitspolitik in Zeiten der Globalisierung – strategische Konsequenzen für Deutschland. 24. und 25. Juni 2013 (Programm) [3] s. dazu Schulterschluss [4] Rüstungsbranche will mehr Exporte; www.moz.de 23.05.2013 [5] Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière MdB, am 22. Mai 2013 im Rahmen des Celler Trialogs in Celle – „Politik – Bundeswehr – Wirtschaft: Kooperation oder Konkurrenz“; www.bmvg.de 24.05.2013 [6] Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Sicherheitspolitik in Zeiten der Globalisierung – strategische Konsequenzen für Deutschland. 24. und 25. Juni 2013 (Programm) [7] EU-Ausbilder für Rebellen; Der Spiegel 10/2013 [8] Deutsche Mali-Politik: Ischinger kritisiert Berlins Kampftruppen-Tabu; www.spiegel.de 15.01.2013 [9] Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Sicherheitspolitik in Zeiten der Globalisierung – strategische Konsequenzen für Deutschland. 24. und 25. Juni 2013 (Programm) [10] s. dazu Der alte Westen [11] Klaus-Dieter Frankenberger: Niemand kann als Solitär gut leben; Frankfurter Allgemeine Zeitung 30.09.2011. Siehe dazu auch Weniger Demokratie wagen (II) [12] Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Sicherheitspolitik in Zeiten der Globalisierung – strategische Konsequenzen für Deutschland. 24. und 25. Juni 2013 (Programm) [13] Stefan Niggemeier: Wer solche Experten kennt, braucht keine Laien; www.faz.net 24.07.2011 [14] Rückblicke 2009 – Deutschlands Selbstbetrug in Afghanistan; www.koerber-stiftung.de 16.09.2009 [15] Stefan Kornelius: Deutscher Ablasshandel; www.sueddeutsche.de 17.05.2010

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