Dienstag, 1. Oktober 2019

Kein Urteil im Berufungsprozess der drei in Frankreich inhaftierten Nürnberger


28.09.19
soliWir dokumentieren im Folgenden die Pressemitteilung des Solikreis zum Berufungsverfahren:
*Kein Urteil im Berufungsprozess der drei in Frankreich inhaftierten Nürnberger – Prozess wird am 17.10. fortgesetzt – Anwälte beklagen massive Verfahrensfehler – Gerichtsgebäude durch Polizei gewalttätig geräumt.*
Am heutigen Freitag fand im französischen Pau das Berufungsverfahren der drei in Frankreich inhaftierten Nürnberger statt. Auf knapp 30 Seiten monierte die Verteidigung, bestehend aus Alice Becker, Raphael Kempf und Arié Alimi bereits zu Beginn massive Verfahrensfehler bei den bisherigen Vorgängen. Bis in den frühen Abend tagte das Gericht, ein Urteil fiel jedoch nicht. Die Weiterführung des Prozesses wurde auf den 17. Oktober vertagt.
Bis dahin verbleiben die drei jungen Nürnberger in Haft. Nach der Verhandlung ging die anwesende Polizei mit massiver Gewalt gegen die ProzessbeobachterInnen vor und drängte sie unter Einsatz von Pfefferspray aus dem Gerichtsgebäude. Bereits zu Beginn bot sich den ProzessbeobachterInnen ein martialisches Bild von Polizeiabsperrungen und- Präsenz rund um den Gebäudekomplex. Die Angeklagten wurden mit Handschellen und über einem Dutzend Beamter in den Gerichtssaal verbracht. „Auf die Anwesenden machte es den Eindruck, der französische Staat schaffe hier eine Szenerie, die darauf angelegt war, die drei jungen Menschen zu Terroristen zu stilisieren “, meint Christiane Brand aus dem Presseteam des Nürnberger Solikreises, der über den Tag stetig Kontakt zu den angereisten Angehörigen und FreundInnen hielt. Eine Solidaritätskundgebung vor dem Gericht erklärte den dreien ihre Unterstützung und auch die angereisten Eltern der drei sprachen zu den DemonstrantInnen.
Ein Presseteam des bayerischen Rundfunk ist gemeinsam mit den Angehörigen nach Pau gereist und berichtete in einer Live-Zuschaltung über das Verfahren. Der öffentliche Druck hatte das heutige Verfahren wahrscheinlich erst ermöglicht da ein Berufungsprozess laut Aussage der französischen Anwälte im Normalfall erst nach mindestens drei Monaten statt findet. Ein solche schnelles Berufungsverfahren hätten sie in ihrer Laufbahn noch nicht erlebt. „Selbst wenn man das mehr als umstrittene Gesetz der Präventivhaft in Frankreich zu Grunde legt, fand in diesem Fall eine massive Rechtsbeugung statt,“ beanstandet auch Christiane Brand aus dem Presseteam des Solikreises das Verfahren an sich.
„Das Gesetz ist darauf ausgelegt, Menschen auf dem Weg zu einer Aktion oder ähnliches zu kriminalisieren, in diesem Fall geschah das jedoch bereits Tage vor dem G7 Gipfel in Biarritz und erfordert somit noch einmal mehr politischen Willen zur Konstruktion einer Straftat als ohnehin schon.“ Auch die Anwälte konstatieren in ihrem Plädoyer „ (…) dass jungen Menschen ihre politischen Ideen vorgeworfen werden. Nichts anderes ist das heute.“
Arié Alimi, einer der Verteidiger, geht noch einen Schritt weiter: „Es gibt eine Kontinuität zwischen dem Vichy-Regime und dieser Republik und diese Kontinuität sind die Gesetze.“
Letztlich klärt das Gericht am heutigen Freitag weder die Frage, ob bei einem der Angeklagten überhaupt die Berufung Gültigkeit hat, noch ob die von den VerteidigerInnen forcierte Annullierung des Erstverfahrens erwogen wird und auch nicht den Antrag auf Haftprüfung. All das wurde auf den 17. Oktober vertagt. Für die drei Angeklagten bedeutet das auch weiterhin der Verbleib in Haft.
Nach Ende des acht Stunden andauernden Prozesstermins verließen die ProzessbeobachterInnen den Saal. Laut deren Angaben wurde eine Parole angestimmt. Dies nahm die anwesende Polizei zum Anlass, die Prozess-Öffentlichkeit unter ihnen auch Angehörige und Freunde, mit körperlicher Gewalt und unter Einsatz von Pfefferspray aus dem Gerichtsgebäude zu drängen. Die Eltern schildern diese Polizei-Aktion als „Alptraum“. Sie sei als bloße Rechtfertigung durchgeführt worden um das martialische Aufgebot seitens der Staatsgewalt zu legitimieren.

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