Montag, 27. März 2017

NEWROZ danach

21.03.17
soliNach dem beeindruckenden und erfolgreichen diesjährigen Newroz-Fest mit beachtlicher medialer Aufmerksamkeit, soll es Polizeiaussagen zufolge wegen des Zeigens von Fahnen, Plakaten oder des Rufens verbotener Parolen zur Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 20 Vereinsgesetz (Zuwiderhandlungen gegen Verbote) kommen. Grundlage ist das PKK-Betätigungsverbot von 1993, unter das sämtliche aus der PKK hervorgegangenen Organisationen (Kadek, Kongra-Gel, KCK etc.) inklusive deren Symbole subsumiert wurden. Diesen Verbots“katalog“ hat der Bundesinnenminister durch Erlass vom 2. März 2017 – nicht zufällig vor Newroz - um weitere neun Symbole erweitert. Somit beträgt die Gesamtzahl der inkriminierten Darstellungen derzeit 33.


Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hat die Polizei am Samstag auf Festnahmen, Personenfeststellungen oder Beschlagnahmungen eigentlich verbotener Symbole verzichtet, aber darauf hingewiesen, dass umfassend gefilmt worden sei und die Videos im Nachhinein ausgewertet werden würden.
Das ist zwar absolut nicht neu, doch vor dem Hintergrund der ministeriellen Verfügung wird konsequenter vorgegangen trotz ständiger Klagen der Polizei- und Justizbehörden wegen Überforderung und mangelnder Personalkapazitäten.

Wir wollen nachfolgend allen, die eventuell von strafrechtlicher Verfolgung betroffen sein könnten, einige Hinweise und Informationen geben:

Der erste Schritt ist, dass jemand eine LADUNG als Beschuldigte/r oder Zeuge/Zeugin von der zuständigen Polizeibehörde erhält. Der Aufforderung, zu einem bestimmten Termin zu erscheinen, muss NICHT nachgekommen werden; es ist nicht einmal eine Absage erforderlich.

Wir empfehlen stattdessen, einen Anwalt/eine Anwältin aufzusuchen, der/die Akteneinsicht beantragen kann. Das weitere Vorgehen wird sich dann daraus ergeben.
Wegen der Vermittlung von Anwälten/Anwältinnen können sich Betroffene entweder an AZADÎ oder die örtliche Rote Hilfe-Gruppe wenden. Wichtig ist, uns über ein Verfahren zu informieren.

Betroffene können sich hinsichtlich der Beteiligung an Anwaltsgebühren an AZADÎ wenden; Geldstrafen können wir jedoch grundsätzlich nicht übernehmen.

In sehr vielen Fällen – so unsere langjährige Erfahrung – werden Verfahren nach dem Vereinsgesetz von Staatsanwaltschaften eingestellt oder im Falle von Gerichtsverfahren, oft auch von Richter*innen. Bei Jugendlichen wird häufiger mit der Verwarnung eingestellt, künftig nicht mehr „auffällig“ zu werden. Es können aber auch Sozialstunden angeordnet oder – wenn es schlecht verläuft – Geldstrafen verhängt werden. Schlimmstenfalls kann ein Gericht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verhängen.

Alles in allem: Erst mal abwarten, viele Tees trinken und cool bleiben.


Mit vielen Grüßen
Monika Morres
AZADÎ e.V.

20. März 2017

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen