Montag, 6. Januar 2020

Böhse Gedanken und ein netter Onkel


– Zum Jahreswechsel ein paar besinnliche Worte vom Altkanzlerkandidaten –
Fast hätte ich mich verarschen lassen. Wäre reingefallen auf das ewige Versprechen: »Heute ackern wie blöde – übermorgen die Früchte genießen!« Die Lüge, mit der Millionen Tag für Tag wie ferngesteuert FREIWILLIG an die Arbeitsfront stürmen, weil sie der bloßen Behauptung Glauben schenken, daß MORGEN wichtiger ist als HEUTE. Aber hallo Welt, fick Dich, nicht mit mir! Ich will nicht jeden Morgen schlechtgelaunt aufstehen, die Zähne zusammenbeißen und hoffen, daß alles gut wird, wenn ich mich nur hart genug anstrenge! Sondern fröhlich genau das tun, was ich liebe. Und wenn ein Onkel diese Lebenshaltung unterstützt, dann sage ich nicht nein.
Giftige Gedanken hatten sich auf leisen Füßen Anfang des Jahres in meine Träume geschlichen. Ich war gerade 58 geworden, mein Buch war unter die Leute gebracht, und die Frage WAS JETZT? stand auf dem Zettel. Der Blick aufs Konto machte mir schlechte Laune, die Arbeit für PUNKFOTO brachte wenig ein, im Brief von der Rentenversicherung las ich, daß mir ab 67 eine Rente von 278 Euro zustünde. Ich muß was tun, dachte ich, ich will kein Opfer sein.
Irgendwann kam mir die Idee: PUNKFOTO abschalten und die kommenden 9 Jahre hart als Programmierer durcharbeiten! Ordentlich Asche machen und doch sparsam leben, so daß ich damit später die karge Rente aufbessern kann und finanziell nicht total auf dem letzten Loch pfeife! Verdammt, was für ein genialer Plan!
Ich erspare Dir Details darüber, was ich im Laufe des Jahres erlebt habe. Wie ich jeden Morgen mit klarem Schlachtplan aufgestanden bin und im Laufe des Tages die Laune in den Keller ging: Hände an die Hosennaht, neues Wissen in die Birne schaufeln, Gespräche mit »Headhuntern«, »Recruitern« und anderen Personalberatern, die überall nach IT-Fachkräften herumwühlen, während gleichzeitig einige meiner Freunde und Bekannten vom Krebs oder anderen Nettigkeiten aufgefressen wurden.
All das hat mir mächtig die Laune verdorben. Bis ich eines Tages checkte, daß mein Plan Scheiße ist. Weil Arbeit immer noch Scheiße ist. Weil mir der ganze bescheuerte Plan nichts nutzt, wenn er mir die besten Jahre klaut und ich zu guter Letzt vielleicht aus den Latschen kippe. Hey – JETZT bin ich noch fit und munter und krieche nicht wie Methusalix durch die Gegend. Soll ich mir wirklich diese Zeit, mein Leben, mit NEUN JAHREN DURCHKNÜPPELN versauen, damit ich mir später als Greis einen erstklassigen Rollator leisten kann? Bin ich denn total bescheuert? NEIN!
Ich erinnerte mich an den durchaus positiven Unterbau von NO FUTURE: Wir wollten uns nicht mit einem Mix aus Angst, Drohungen und herrlichen Zukunftsversprechen ins FUNKTIONIEREN bringen lassen! Welche Gründe könnte es für uns alte Säcke denn geben, noch einmal was an dieser Einstellung zu ändern?
Ich weiß, daß ich in dieser Situation nicht allein bin. Vielleicht hast Du genauso lächerliche Rentenansprüche wie ich, weil Dir ein fester Job immer ein Graus war und Du Dich lieber freiberuflich, per Schwarzarbeit oder über Staatsknete durchgewurschtelt hast. Oder Du hast Party gemacht bis zum Untergang – oder kurz davor.
Wir alle haben immer ganz genau gewußt, was Sache ist und was kommt, also sollten wir uns das Jammern schenken, auch wenn wir jetzt oder später den Preis dafür zahlen. Laßt uns lieber weiterhin alles fürs HEUTE geben, denn das Ende wird so oder so häßlich. Das gilt übrigens auch für die, die sich ein Reihenhäuschen oder eine Eigentumswohnung erspart haben, um dort später als Greis in der eigenen Scheiße zu liegen, während einem Pflegekräfte (nicht nur) das Tafelsilber klauen. Manchmal machen auch Ärzte im Armanianzug Tabula rasa, wie ich neulich erfahren durfte.
Ich jedenfalls mache weiter wie immer: Schreiben, Bands und andere idiotische Projekte, irgendwelche Jobs, die mich nicht allemachen. Dazu PUNKFOTO, solange mich wenigstens eine Handvoll Leute dabei finanziell unterstützt. Darunter übrigens ein BILD-Journalist, der seit über zwei Jahren jeden Monat 25 Euro abdrückt. Und ein Musiker der Böhsen Onkelz, der gerade erst vor ein paar Tagen ein paar Hundert Euro gespendet hat – vielen Dank!
Ja, das finde ich klasse, ich nehme gerne Kohle von den BÖSEN! Auch vom Jobcenter, der Bertelsmann-Stiftung, Coca Cola und Donald Trump. Aber auch, sagen wir mal, von den Ärzten oder den Hosen. Tja, nur leider wollen die PUNKFOTO nicht unterstützen, was fürn Ärger!
Falls Du aber selbst VIEL VIEL BÖSER als die Genannten sein willst, dann überweise einfach ein paar Millionen für das verdammt noch mal geilste Punk-Fotoarchiv des Universums! Ja, ich meine DICH, gib Dir ’nen Ruck, sei kein Geizkragen und mach‘ GENAU JETZT Kohle locker. Die letzte böse Tat des Jahres –
z.B. via Paypal: spenden.respekt@jugendkulturen.de
oder Banküberweisung: GLS Bank, Konto-Inhaber: Respekt! – Die Stiftung, IBAN: DE13 4306 0967 1126 1636 00
Und immer hübsch das Stichwort »PUNKFOTO« dazuschreiben, sonst stecken sich die Kohle andere in die Tasche!
Den RICHTIG BÖSEN STEUERTRICKSERN unter Euch sei gesagt, daß die Kohle an eine gemeinnützige Stiftung geht, will heißen, Ihr könnt sie als Spende von der Steuer absetzen. Der Staat hat dann weniger Kohle für Panzer, Polizeibeamte und Kindergärten – ist das nicht GROSSARTIG?! Mehr hier!
Weil ich aber weiß, daß die Leute lieber GUT sein wollen und deshalb nicht so einen Scheiß wie PUNKFOTO unterstützen, warte ich weiter darauf, daß mir irgendeine reiche Witwe ihre Millionen vermacht, und wenn das nicht geschieht, wundere Dich nicht, wenn ich Dir eines Tages – bekleidet nur mit einem Laibchen – über den Weg laufe. Ich versuche mich dann nämlich als Sterntaler und hoffe darauf, daß mir funkelnde Goldstücke von ganz oben in den Schoß fallen. Also ohne daß ich mich dafür verbiegen muß.
Ich meine das wirklich so. Es wird alles gutgehen. Bis es dann eines Tages nicht mehr gutgeht. So what? Heute schon gelacht?
Viel Spaß beim Rutschen ins neue Jahr – es liegt ja zu Silvester genügend Kotze auf Bürgersteigen, Bahnhofstreppen und in Szeneklos bereit!
Ahoi –
Karl
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