Nach dem Krisentreffen
Von Katrin Küfer
Mit dem mittlerweile dritten Treffen zwischen Bundesverkehrsministerium und Bahn-Vorstand soll dem Chaos auf der Schiene begegnet werden. Es wird nicht das letzte gewesen sein
Foto: REUTERS/Michael Dalder
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Es war bereits das dritte Krisentreffen in einem Monat, zu dem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Vorstand der bundeseigenen Deutschen Bahn AG (DB) am Mittwoch geladen hatte. Und es dürfte nicht das letzte dieser Art in diesem Jahr gewesen sein. Verlautbarungen lassen darauf schließen, dass die Akteure in Politik und Bahntower nun mit voller Wucht mit den Auswirkungen ihrer eigenen Politik konfrontiert werden.
So hüllten sich die Akteure über Inhalte und Ergebnisse der Zusammenkunft weitgehend in Schweigen. Offenbar ging es darum, wie viele Finanzmittel aus welchen Töpfen aufgebracht werden sollen, um damit Investitionen für den hoch verschuldeten DB-Konzern zu stemmen. Beim vorigen Termin hatte der DB-Vorstand zugesagt, mit Einstellungen Personalengpässe zu beheben und mit Milliardenbeträgen für neue Fahrzeuge, ein besseres Baustellenmanagement und optimale Fahrgastinformationen zu sorgen. All dies werde aber »nicht von heute auf morgen klappen«, warnte DB-Chef Richard Lutz am Donnerstag vor hohen Erwartungen. »Einen Knopf, den man drücken muss, damit alles besser wird, den gibt es leider nicht.«
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sören Bartol sprach sich dafür aus, mehr Bundesmittel für Erhalt, Elektrifizierung und Digitalisierung des Schienennetzes bereitzustellen. Einen von einigen Politikern geforderten Verkauf der DB-Töchter Schenker und Arriva beurteilte der SPD-Mann zurückhaltend. »Was einmal verkauft ist, verdient für einen besseren Schienenverkehr in Deutschland kein Geld mehr.« Bartols Fraktionskollegin Kirsten Lühmann, Mitglied im DB-Aufsichtsrat, signalisierte ebenfalls Zustimmung zu einer weiteren Investititionshilfe für DB. »Wenn wir jetzt wieder Geld geben, dann kann das nur die letzte Geldspritze sein«, warnte sie gleichzeitig im Hessischen Rundfunk die Bahn-Chefs. Schließlich habe der Bund der DB bereits 2017 Geld zur Kapitalaufstockung gegeben und dafür das Versprechen erhalten, »den Laden wieder flottzumachen«.
Dass der Finanzbedarf der DB sehr hoch ist, machte auch Alexander Kirchner, Chef der DGB-Bahngewerkschaft EVG, am Donnerstag im »ARD-Morgenmagazin« deutlich. Die Schiene sei seit langem unterfinanziert, und der Investitionsbedarf liege bei gut 50 Milliarden Euro, so der Gewerkschafter. Ein ehrgeiziger Ausbau der Infrastruktur sei nötig, um das von der Regierung vorgegebene Ziel einer Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030 umzusetzen.
Kirchner widersprach dem aus den Reihen der Bundesregierung geäußerten Vorschlag zur Erhöhung der DB-Fahrpreise. Damit bezog er sich auf einen Vorstoß von Enak Ferlemann (CDU), der seit 2009 parlamentarischer Staatssekretär unter CSU-Verkehrsministern ist und als »Bahn-Beauftragter« der Bundesregierung gilt. Als Abgeordneter war dieser schon unter dem ersten Kabinett Merkel (2005–2009) maßgeblich an der Vorbereitung eines DB-Börsengangs beteiligt. Das Ziel, privates Kapital mit hohen Renditen anzulocken, löste einen starken internen Kostendruck und letztlich den Investitionsstau und das Chaos aus, das der DB jetzt zu schaffen macht. Der Börsengang wurde 2008 nach dem Einbruch der Weltwirtschaftskrise in letzter Minute ausgesetzt. Wenn Ferlemann heute dem damaligen DB-Chef Hartmut Mehdorn vorwirft, er habe »die Braut für den geplanten Börsengang hübsch gemacht«, so fällt dieser Vorwurf wie ein Bumerang auch auf Verkehrspolitiker wie Ferlemann und Bartol zurück, die seinerzeit in der Koalition den Börsengang gegen alle Kritik als »alternativlos« darstellten und dem Mehdorn-Management freie Hand ließen. »Die privatrechtliche, gewinnorientierte Organisationsform der Deutschen Bahn als Aktiengesellschaft ist gescheitert«, meinte der Abgeordnete Jan Korte (Linke) und forderte eine Wiederverstaatlichung und Weiterführung der DB als »öffentlich-rechtliches Unternehmen, das sich am Wohl der Allgemeinheit orientiert«.
Auch wenn Privatisierungsparolen derzeit unpopulär sind, gehört Ferlemann zur Phalanx derjenigen, die gebetsmühlenartig im Eisenbahnwesen eine »Trennung von Netz und Betrieb« und damit ein Privatisierungsmodell nach britischem Vorbild fordern. Damit findet der CDU-Mann bei den in Konkurrenz zur DB stehenden Privatbahnen und den liberalen Parteien FDP und Grüne Zustimmung. Dieses Modell läuft darauf hinaus, das defizitäre Schienennetz in staatlicher Hand zu führen und die Transport- und Servicegesellschaften unter dem Dach der heutigen DB in profitable Filetstücke aufzuteilen und in private Hände zu legen.
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