Träfe der Titel »Vom Briefkasten in den Papierkorb« zu, gäbe es das Buch von Elke Lang (E. L.) nicht. Als Kunstkoryphäe bekam Lothar Lang (L. L.) unendlich viele Einladungen zu den Eröffnungen von Kunstausstellungen, von denen er die meisten in den Papierkorb entsorgte und dennoch viele aufgehoben und manche sogar bewahrt hat, selbst wenn er die Einladungen nicht wahrgenommen hatte. So sammelte er einen dokumentarischen Schatz, auf den er zurückgreifen konnte, als er unter anderem jahrzehntelang regelmäßig Kunstkritiken für die Weltbühne oder die Marginalien schrieb. Da »sein ästhetisches Urteil an den Meistern der Klassik und der Moderne in erster Linie Europas geschult« war, hat er »nur die Einladungen aufgehoben, die für ihn persönlich wichtig waren« (E. L.) und die in ihrer Vielfalt in der quadratischen Broschur an 72 Beispielen im guten Druck zu bewundern sind. Alle im Buch versammelten Kunstfreunde besaßen seine freundschaftliche Solidarität, besonders die Erfurter Ateliergemeinschaft (1963–1974) mit Toni Mau, Roger Loewig, Albertz Wigand, Robert Rehfeldt, Hermann Glöckner oder in Westberlin die »Galerie Nierendorf« und die »Kleine Weltlaterne«, eine Kneipe in Kreuzberg, oder die »Galerie S Ben Wargin«. Die kleinen Galerien in Westberlin gaben Lang zudem die Anregung zu seinem Kunstkabinett und den auf seine Initiative aufbauenden Kulturbund-Galerien in der DDR. Lang wollte »einen Beitrag zur Verständigung zwischen Ost und West auf kulturellem Gebiet leisten« (E. L.) und seinen künstlerischen Anspruch über die Grenzen behaupten. In diesem Sinne brachten sich die Galerien im Kulturbund, in Produktionsbetrieben (Fliesenwerk Boizenburg) und den staatlichen Museen in Eisenach, Altenburg, Dresden, Berlin, Leipzig mit ein.
Zu Langs eigenen Ausstellungseröffnungen am Institut für Lehrerweiterbildung gingen Einladungen über die Post an Kunstfreunde heraus, die sie besonders aufbewahrten, wie ich von einem Freund, einem ehemaligen Studenten von Lothar Lang, weiß. Er zeigte mir 1967 die mit erlesener Grafik bestückte Kostbarkeit vom Kunstkabinett Berlin-Pankow – mit einer Lithographie von Gerhard Altenbourg (s. S. 31) und Text von Lothar Lang. Von diesem wichtigen Künstler, siebenfach im Buch vertreten, hatte L. L. alle Einladungen aufbewahrt, so auch die der Altenburger Ausstellung zu Altenbourgs 60. Geburtstag, zu der Dieter Gleisberg nobel einlud.
Von den Einladungen aus dem Nachlass von L. L. wurden für das vorliegende Buch solche aus der Zeitspanne von 1964 bis 1989 ausgewählt, die nach E. L.s allerdings fraglicher Periodisierung »eine abgeschlossene Epoche in der Kunstgeschichte sowohl der DDR als auch der BRD darstellt«.
Einladungen seien »frankierte Hoffnungen«, eine wunderbare Definition von Jan Tabor für die Ausstellung »Die Kunst der Einladung« (documenta IX, 1992), auf die E. L. zurückgriff und die sie erweiterte, weil sie noch mehr sind: die Behauptung von Kunstpositionen, manchmal einzige Dokumentation der Ausstellung, mit Auskunft über den Redner, mit persönlichen Zeilen, die von besonderer Bedeutung für den Künstler und den Ausstellungsort sprechen, und bei »kleinen privaten Stuben- und Ateliergalerien in der DDR« oft einen Hinweis geben auf »Staatsverdrossenheit« (E. L.).
Zu der ersten Einladung im Buch von 1964 zu Wieland Förster im Institut für Lehrerweiterbildung, Berlin-Weißensee, legte ich, zu diesem Alpha ein gewisses Omega, die Einladung von 2018 zur Ausstellung »… rasch wächst das dürre Gras Vergessen«, Wieland Förster und Heinrich von Kleist, im Kleist-Museum Frankfurt (Oder), mit den handschriftlichen Zeilen von Förster: »[…] Nach Geistkämpfen steht die Ausstellung, eine Frucht 50-jähriger, immer dem Leben und den Menschen dienender Arbeit. Mit 88 und vielen Opfern sage ich: Ich komme nicht mit leeren Händen. Wer jetzt das Beispiel nicht sieht ist im Banne dunkler Mächte: Es ist Zeit. Ihr W. Förster«. In dieser inständigen Aufforderung, die früheren künstlerischen Leistungen zu würdigen, steht auch das Buch von Elke Lang und dem Verleger Jens Henkel.
»Vom Briefkasten in den Papierkorb. 72 Einladungen zu Kunstausstellungen zwischen 1964 und 1989 aus dem Nachlass von Lothar Lang«, herausgegeben mit einführendem Essay von Elke Lang, edition burgart, 108 Seiten, über 72 Abbildungen, 24,50 €. Noch bis Mitte März ist im Literaturkabinett Altes Moorbad, Ulmenstraße 15, Bad Saarow, die Ausstellung »Vom Briefkasten in den Papierkorb« mit Einladungen zu Kunstausstellungen zwischen 1964 und 1989 zu sehen.
Zu Langs eigenen Ausstellungseröffnungen am Institut für Lehrerweiterbildung gingen Einladungen über die Post an Kunstfreunde heraus, die sie besonders aufbewahrten, wie ich von einem Freund, einem ehemaligen Studenten von Lothar Lang, weiß. Er zeigte mir 1967 die mit erlesener Grafik bestückte Kostbarkeit vom Kunstkabinett Berlin-Pankow – mit einer Lithographie von Gerhard Altenbourg (s. S. 31) und Text von Lothar Lang. Von diesem wichtigen Künstler, siebenfach im Buch vertreten, hatte L. L. alle Einladungen aufbewahrt, so auch die der Altenburger Ausstellung zu Altenbourgs 60. Geburtstag, zu der Dieter Gleisberg nobel einlud.
Von den Einladungen aus dem Nachlass von L. L. wurden für das vorliegende Buch solche aus der Zeitspanne von 1964 bis 1989 ausgewählt, die nach E. L.s allerdings fraglicher Periodisierung »eine abgeschlossene Epoche in der Kunstgeschichte sowohl der DDR als auch der BRD darstellt«.
Einladungen seien »frankierte Hoffnungen«, eine wunderbare Definition von Jan Tabor für die Ausstellung »Die Kunst der Einladung« (documenta IX, 1992), auf die E. L. zurückgriff und die sie erweiterte, weil sie noch mehr sind: die Behauptung von Kunstpositionen, manchmal einzige Dokumentation der Ausstellung, mit Auskunft über den Redner, mit persönlichen Zeilen, die von besonderer Bedeutung für den Künstler und den Ausstellungsort sprechen, und bei »kleinen privaten Stuben- und Ateliergalerien in der DDR« oft einen Hinweis geben auf »Staatsverdrossenheit« (E. L.).
Zu der ersten Einladung im Buch von 1964 zu Wieland Förster im Institut für Lehrerweiterbildung, Berlin-Weißensee, legte ich, zu diesem Alpha ein gewisses Omega, die Einladung von 2018 zur Ausstellung »… rasch wächst das dürre Gras Vergessen«, Wieland Förster und Heinrich von Kleist, im Kleist-Museum Frankfurt (Oder), mit den handschriftlichen Zeilen von Förster: »[…] Nach Geistkämpfen steht die Ausstellung, eine Frucht 50-jähriger, immer dem Leben und den Menschen dienender Arbeit. Mit 88 und vielen Opfern sage ich: Ich komme nicht mit leeren Händen. Wer jetzt das Beispiel nicht sieht ist im Banne dunkler Mächte: Es ist Zeit. Ihr W. Förster«. In dieser inständigen Aufforderung, die früheren künstlerischen Leistungen zu würdigen, steht auch das Buch von Elke Lang und dem Verleger Jens Henkel.
»Vom Briefkasten in den Papierkorb. 72 Einladungen zu Kunstausstellungen zwischen 1964 und 1989 aus dem Nachlass von Lothar Lang«, herausgegeben mit einführendem Essay von Elke Lang, edition burgart, 108 Seiten, über 72 Abbildungen, 24,50 €. Noch bis Mitte März ist im Literaturkabinett Altes Moorbad, Ulmenstraße 15, Bad Saarow, die Ausstellung »Vom Briefkasten in den Papierkorb« mit Einladungen zu Kunstausstellungen zwischen 1964 und 1989 zu sehen.
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