Am Donnerstag sollte sich der Bundestag in erster Lesung mit der Verlängerung von vier Bundeswehrmandaten befassen. Während die Debatte um die weitere Beteiligung am NATO-Einsatz »Resolute Support« in Afghanistan nachmittags stattfand, war die Erörterung zu den drei weiteren auf die späten Abendstunden terminiert.
Zunächst sollte es um die Fortsetzung des Engagements im Rahmen der UN-Missionen in der westsudanesischen Provinz Darfur und im Südsudan gehen. Und erst nach Mitternacht stand der NATO-Einsatz im Mittelmeer, »Sea Guardian«, auf der Tagesordnung. Die deutsche Beteiligung daran soll bis zum 31. März 2020 fortgesetzt werden.
Allerdings hat das Engagement der Bundeswehr bei Letzterer bislang letztlich keinerlei Ergebnis gezeitigt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die »nd« vorliegt. Offizieller Zweck der seit 2016 laufenden Operation ist die Überwachung des Mittelmeerraums und die Bekämpfung von Terrorismus und Waffenschmuggel. Im Rahmen der Mission dürfen bis zu 650 deutsche Soldaten ins Einsatzgebiet entsendet werden. Momentan befinden sich aber nur 176 mit dem Einsatzgruppenversorger »Bonn« dort auf Patrouillenfahrt.
Der Antwort der Regierung zufolge war die Bundeswehr im Rahmen von »Sea Guardian« bislang weder an der Rettung Geflüchteter noch an der Festsetzung von Schleusern, Waffenschmugglern oder Terroristen beteiligt. In Teilen ihrer Stellungnahme verweist sie auf frühere Auskünfte. Doch auch darin wird die Zahl der Einsätze mit null angegeben.
Der LINKE-Abgeordnete Michel Brandt, der die Anfrage initiiert hatte, stellte am Donnerstag gegenüber »nd« fest: »Die NATO-Operation Sea Guardian ist gescheitert.« Es sei wiederholt betont worden, es gehe dabei auch um die Rettung von Menschen. Tatsächlich diene die Lagebilderstellung durch die deutschen Militärs nur der Weitergabe von Informationen an die EU-Grenzagentur Frontex, die EU-Anti-Schleuser-Operation EUNAVFOR MED (»Sophia«) und an libysche Kooperationspartner, konstatierte Brandt. »Die Operation dient also lediglich der militärischen Abriegelung der Festung Europa«, sagte er. Das lehne die LINKE klar ab. »Stattdessen fordern wir die Einsetzung einer EU-weiten zivilen Seenotrettung, die sofortige Beendigung der Zusammenarbeit mit der sogenannten libyschen Küstenwache und die Unterstützung und Entkriminalisierung ziviler Organisationen bei ihren Rettungseinsätzen«, so Brandt.
Über die brutalen Misshandlungen, Vergewaltigungen und die Lebensgefahr, der Geflüchtete ausgesetzt sind, wenn sie in libyschen Gewässern von der »Küstenwache« aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht werden, ist die Bundesregierung informiert. Auch das geht aus ihrer Antwort hervor. Nach ihrer Kenntnis werden »mit Stand Ende November 2018 knapp 5000 Flüchtlinge und Migranten von libyschen Behörden unter teilweise menschenunwürdigen Zuständen in sogenannten staatlichen Detention Centers festgehalten«. Vermutlich weitaus mehr Menschen seien in von »Milizen und Kriminellen« betriebenen »privaten« Lagern interniert, wo sie »häufig auch wirtschaftlich ausgebeutet« würden. Weiter teilt die Bundesregierung unter Verweis einen Bericht der UN-Unterstützungsmission in Libyen vom Dezember 2018 mit, dass Flüchtlinge und Migranten in dem Land »grundsätzlich dem Risiko von willkürlicher Haft, Folter, sexueller Gewalt, Zwangsarbeit und Tötung ausgesetzt« sind.
Dennoch halten sowohl der deutsche Staat als auch die EU an der Kooperation mit den Libyern bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität und bei der Seenotrettung fest. Ihrer Verantwortung bei der Rettung Geflüchteter kämen die zuständigen Stellen in dem nordafrikanischen Land »grundsätzlich nach«, behauptet die Bundesregierung. Weiter setzt sie sich nach eigenen Angaben »regelmäßig und hochrangig gegenüber der libyschen Regierung sowie der libyschen Küstenwache für die Einhaltung internationaler humanitärer und Menschenrechtsstandards« ein.
Zudem, teilt die Regierung mit, unterstütze man das UN-Flüchtlingshilfswerk bei der »Evakuierung« Geflüchteter in Drittländer. Darüber hinaus helfe man der Internationalen Organisation für Migration bei der Ermöglichung der »freiwilligen Rückkehr« Betroffener in ihre Herkunftsländer.
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