Donnerstag, 2. August 2018

Justiz geht gegen Bottroper DKP-Ratsherrn vor, der Rechte von Beschäftigten verteidigt hatte

Transparenz soll strafbar sein


Von Markus Bernhardt
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Michael Gerber (DKP) war früher Betriebsrat des Handyherstellers »Benq« (Münster, 29.1.2011)
Der Bottroper Ratsherr der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) Michael Gerber muss sich heute mittag vor dem Amtsgericht der Ruhrgebietsstadt wegen angeblichen Geheimnisverrates verantworten. Gerbers vermeintliches Vergehen besteht darin, als Mitglied des Verwaltungsrats der Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung (BEST) öffentlich gemacht zu haben, dass 2016 in einer nichtöffentlichen Sitzung des Gremiums die jährliche tarifliche Erfolgsbeteiligung für die Beschäftigten um ein Drittel gesenkt wurde. Zugleich blieben die Bonuszahlungen für die beiden BEST-Vorstandsmitglieder mit immerhin 7.000 bzw. 6.500 Euro unangetastet.
Die DKP wertete die damalige Kürzung für die Beschäftigten als »Strafmaßnahme des Vorstandes gegenüber der Belegschaft«. Beschäftigte der städtischen BEST hatten sich zuvor mehrfach massiv bei der Partei über das Führungsverhalten des BEST-Vorstandes beschwert. Bereits Ende 2016 hatte Gerber in einem Artikel in der örtlichen DKP-Zeitung Bottroper Notizen personelle Konsequenzen im Vorstand gefordert, da sich bei der Entsorgungsfirma »eine unangemessene Kultur des Misstrauens und der unangemessenen Kontrolle gegenüber den Beschäftigten entwickelt« habe, wie es in dem Text heißt, der Gerber zur Last gelegt wird. Diesen Vorwurf hatte der DKP-Ratsherr auch in einem Interview, das er junge Welt gegeben hatte (siehe jW vom 13. Dezember 2016), wiederholt.
Die Staatsanwaltschaft Essen wertet dies »als eine unbefugte Veröffentlichung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses«, da Gerber der Behörde zufolge als Abgeordneter und Mitglied des Verwaltungsrates der BEST ein »Amtsträger« im Sinne des Paragraphen 203 des Strafgesetzbuches sei. Gerber selbst sieht dies erwartungsgemäß anders: »Ich verstehe mich als von der Bevölkerung gewählter kritischer Abgeordneter, der die Verwaltung zu kontrollieren hat. Ich bin damit kein Amtsträger und auch nicht in vergleichbarer Funktion tätig, wie Richter oder Beamte in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis«, stellte er in einer dieser Tage von der DKP veröffentlichten Erklärung klar. Aufgrund seines politischen Mandats fühle er sich »auch nicht in einem Dienst- oder Auftragsverhältnis der öffentlichen Hand untergeordnet«. »Das würde meiner Kontrollaufgabe und meinem Verständnis von der Tätigkeit eines Abgeordneten widersprechen«, so Gerber.
In dem gegen seine Person gerichteten Verfahren sieht er vielmehr den Versuch, einen »kritischen Ratsherrn und stadtbekannten Kommunisten mundtot zu machen«. Auch beobachte er im Rat der Stadt »immer mehr die Tendenz, dass unangenehme und unliebsame Entscheidungen in nichtöffentliche Sitzungen verlegt werden, um zu verhindern, dass die Bürgerinnen und Bürger – und damit auch meine Wählerinnen und Wähler – davon erfahren«. Dagegen habe er sich in seiner Ratstätigkeit immer gewandt. So hänge seine Glaubwürdigkeit als Abgeordneter auch davon ab, dass er seine Forderung nach Transparenz bei politischen Entscheidungen sehr ernst nehme.
Unterdessen dürfte der gegen den DKP-Politiker gerichtete Kriminalisierungsversuch nach hinten losgehen. So erfährt Gerber zunehmend Solidarität von Bottroper Bürgern. Die DKP Bottrop ruft zudem dazu auf, Michael Gerber beim Prozess vor Gericht zu begleiten. Die Verhandlung soll um 12 Uhr im Sitzungssaal 8, Gerichtsstraße 24–26, 46236 Bottrop beginnen.

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