Den Anfang machte der Politiker selbst. „Ich werde 108.000 Pesos
(ca. 4900 Euro) monatlich verdienen, das sind etwa 40 Prozent des
Gehalts, das der amtierende Präsident erhält“, erklärte der
angehende Staatschef vor einigen Tagen. Die Hubschrauber und
Flugzeuge der Regierung sollen verkauft, Auslandsreisen erheblich
reduziert und das Vertrauenspersonal um 70 Prozent gesenkt werden.
Gutverdiener müssen künftig sparen. „Wir werden die Löhne hoher
Amtsträger, die bislang über 1.000.000 Pesos jährlich erhalten, um
die Hälfte kürzen“, stellte der 64jährige klar.
Bei seinen Anhänger kommen die Maßnahmen gut an. Sie klingen nach
Aufrichtigkeit sowie Gerechtigkeit, und dafür wurde López Obrador
gewählt. Viele haben genug von Politikern, die vor allem auf das
schnelle Geld aus sind. Doch darüber hinaus werfen die
wirtschaftspolitischen Entwürfe des künftigen Präsidenten einige
Fragen auf. So plant er den intensiven Aufbau von
Sonderwirtschaftszonen (ZEE) im Süden des Landes. „Wir werden
diese Zonen so intensiv unterstützen, wie es nötig ist“, erklärte
die Morena-Parteipräsidentin Yeidckol Polevnsky, „das
Unternehmertum fordert das schon lange“.
Steuern runter für den ländlichen Aufschwung
Das Projekt hat bereits die noch amtierenden Regierung ins Leben
gerufen. Steuerstreichungen und billige Arbeitskräfte sollen
Investoren in die armen, agrarisch geprägten Regionen locken und
für wirtschaftlichen Aufschwung sorgen. Doch bei vielen Linken und
indigenen Gemeinden, der Basis von López Obrador, stoßen die ZEE
auf scharfe Kritik. Schon jetzt hätten Megaprojekte das soziale
Netz zerstört, die Umwelt vergiftet und soziale Rechte verletzt,
kritisiert die im südlichen Bundesstaat Oaxaca ansässige
Nichtregierungsorganisation Educa. Mit den ZEE werde diese
Verwüstung im Interesse der politischen Elite und des Kapitals
fortgesetzt. Educa befürchtet, dass die Projekte über die Köpfe
der Indigenen hinweg durchgesetzt werden und zu gewalttätigen
Eskalationen zwischen den Gewinnern und den Verlierern der
Industrialisierung führen.
Auch der Wirtschaftsberater Carlos Brown Solá glaubt nicht daran,
dass die ZEE eine nachhaltige Entwicklung fördern. Es gehe darum,
niedrig qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Das werde nicht
dafür sorgen, dass die Menschen sich fortbilden. „Firmenbesitzer,
die von auswärts kommen, werden viel verdienen, während die
lokalen Arbeitskräfte prekäre Löhne erhalten“, befürchtet Solá.
Auf jeden Fall werden die ZEE-Pläne mit López Obradors Versprechen
kollidieren, die Rechte der indigenen Bevölkerung zu respektieren.
Der künftige Präsident setzt auch in anderen Regionen verstärkt
auf private Investoren. Entlang der Grenze zu den USA soll 30
Kilometer breiter Streifen entstehen, in dem die Steuern gesenkt
und an die Abgaben in den angrenzenden US-Bundesstaaten angepasst
werden. López Obrador erhofft sich damit einen Schub für die
technologische und produktive Entwicklung, sprich für die
Schaffung von Arbeitsplätzen. „Das wird der letzte Vorhang sein,
um Arbeiter auf unserem Territorium festzuhalten“, schrieb er in
einem Brief an den US-Präsidenten Donald Trump.
AMLOs Politik stößt auf Wohlwollen bei Trump
Kaum gewählt, setzte sich der Morena-Politiker mit seinem
künftigen Kollegen aus dem Norden in Verbindung. Auch Trump
behandelt den Mexikaner, als wäre dieser bereits im Amt. So trafen
hochrangige Vertreter der US-Regierung bei ihrem letzten Besuch in
Mexiko neben dem amtierenden Staatschef Enrique Peña Nieto auch
Minister des künftigen Kabinetts. Eine enge Beziehung würde ihn
„sehr glücklich“ machen, ließ US-Präsident wissen. Man darf ihm
das glauben. López Obrador will die ländliche Entwicklung fördern,
damit niemand mehr in die USA migrieren muss. Und er will die
Löhne deutlich anheben. Beide Ziele sind im Interesse Trumps.
Doch mit Blick auf die Neuverhandlung des Freihandelsvertrag
zwischen den USA, Kanada und Mexiko (Nafta) äußert sich der
US-Präsident weiterhin nicht eindeutig. Trump und López Obrador
drängen zwar auf eine baldige Einigung, der US-Politiker verband
seinen Willen allerdings mit einer Drohung. Entweder man einige
sich schnell, oder er müsse einen grundlegend anderen Weg
einschlagen, schrieb er seinem mexikanischen Kollegen. „Zweiteres
erscheint mir zwar nicht wünschenswert, aber für die USA und ihre
Steuerzahler wäre es wesentlich nutzbringender.“
Was Trump mit diesem Satz genau meinte, bleibt sein Geheimnis.
Für Mexiko bleibt der Rüpel aus dem Norden jedenfalls ein
unberechenbarer Partner. Zugleich ist das Land aber wirtschaftlich
von den USA abhängig. 80 Prozent aller Exporte gehen über den Rio
Bravo. López Obrador will diese Abhängigkeit reduzieren. So will
er die Erdölförderung und -verarbeitung stärken, damit Mexiko
keinen Treibstoff mehr aus den USA kaufen muss. Die sechs
existierenden Raffinerien sollen auf Vordermann gebracht und
mindestens eine neue Anlage gebaut werden. Massive Erhöhungen des
Benzin- und des Strompreises, wie sie die Bürger in den letzten
Jahren hinnehmen mussten, werde es nicht mehr geben, verspricht
López Obrador.
Optimistisch gibt er sich auch mit Blick auf das
Bruttosozialprodukt: „Wir erwarten, dass es um vier Prozent
jährlich steigt, doppelt so viel wie in der neoliberalen Periode.“
Der Internationale Währungsfonds ist zurückhaltender. Die Behörde
hat ihre Mexiko-Prognose für 2019 nach der Wahl von López Obrador
von 3 auf 2,7 Prozent Wirtschaftswachstum reduziert.
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