Samstag, 28. Januar 2017

Ein Blick hinter die sinkenden offiziellen Arbeitslosenzahlen

Ein Blick hinter die sinkenden offiziellen Arbeitslosenzahlen
Zentrale der Bundesargentur für Arbeit in Nürnberg (foto: Nicohofmann/CC BY-SA 3.0)
27.01.17 - „Niedrigste Arbeitslosenzahl seit 25 Jahren“ - unter dieser Überschrift feierte die Bundesregierung in letzter Zeit die aktuellen offiziell gemeldeten Arbeitslosenzahlen. Entgegen dem internationalen Trend gingen diese in Deutschland von etwa fünf Millionen 2005 auf 2,57 Millionen Ende Dezember 2016 zurück. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg zugleich von 39 auf 43,78 Millionen. Das hat verschiedene Gründe, die mit einer verschärften Ausbeutung der Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten sowie einer Vertiefung der chronischen Krise der bürgerlichen Familienordnung einhergehen.
Im Rechenschaftsbericht des ZK zum X. Parteitag der MLPD heißt es: „Die sinkende Arbeitslosigkeit hatte ihre Ursache in tief greifenden Veränderungen der Struktur des Arbeitslebens, der Familie und der Gesellschaft. Weil qualifizierte Arbeitskräfte zunehmend auswanderten und die Zahl der Geburten massiv zurückging, nahm die BRD-Bevölkerung von 2002 bis 2011 um 2,2 Millionen ab.“
Ein Hauptgrund ist die gleichzeitige Zunahme der Unterbeschäftigung, also von Teilzeit-, Leiharbeits- und Niedriglohnjobs, von denen die arbeitenden Menschen kaum noch leben können. 2015 arbeiteten 47 Prozent der Frauen Teilzeit – 2005 waren es noch 37 Prozent. Außerdem hat sich die Zahl der Leiharbeiter von 2004 bis September 2016 fast verdreifacht: von 339 000 auf 961 000. Insgesamt sank von 2000 bis 2015 die Zahl der Vollerwerbsarbeitsplätze von 25,3 auf 23,82 Millionen. Teilzeit- und Minijobs nahmen dagegen zu von 10,6 auf 14,82 Millionen. Zwei Drittel der 4,9 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigten sind Frauen.
Mit 58,998 Milliarden Arbeitsstunden blieb das Arbeitsvolumen 2015 wegen der Zunahme der Unterbeschäftigung sogar unter dem Wert von 1991 mit damals 38,63 Millionen Erwerbstätigen. Obwohl die Arbeitsproduktivität pro Stunde von 2000 bis 2015 um rund 18 Prozent stieg, sank bis 2013 das allgemeine Lohnniveau – der leichte Anstieg in den folgenden Jahren ist vor allem das Ergebnis einer niedrigen Inflationsrate und einer Belebung des gewerkschaftlichen Bewusstseins. Soziale Rechte wurden besonders bei Beschäftigten von Leihfirmen oder bei Firmen mit Werkverträgen abgebaut. Gleichzeitig ist in den Konzernbelegschaften der Gedanke gewachsen: „Wir sind eine Belegschaft“. Dazu hat auch die Kleinarbeit der MLPD beigetragen.
Eine Auswirkung der wachsenden Unterbeschäftigung und der Lohnsenkungen ist, dass Ende 2015 über 16 Millionen Frauen, Kinder und Männer in Armut lebten – ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland. Die Arbeitszeiten wurden weiter „flexibilisiert“, der Niedriglohnsektor ausgedehnt, Arbeitshetze nimmt zu. Eine Entwicklung, die an der Gesundheit der Belegschaften zehrt und auch direkte Auswirkungen auf Privatleben und Familien der Arbeiterinnen und Arbeiter hat.
Dazu kommt die ohnehin betriebene Manipulation der offiziellen Arbeitslosenstatistik. Zählt man zu der offiziellen Zahl der Arbeitslosen diejenigen hinzu, die in Fördermaßnahmen und ähnlichem stecken oder krank sind, sowie die über 58-Jährigen, die wegen über einjähriger Arbeitslosigkeit aus der Statistik gestrichen wurden, kommt man allerdings auf gegenwärtig real 3,5 bis 4 Millionen Erwerbslose. Alles andere als ein Erfolgsmodell der Merkel/Gabriel-Regierung.

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