Freitag, 12. April 2013

Verurteilung wegen »Castor? Schottern!«

Rechtsmittelstaat Von Arnold Schölzel jungeWelt vom 10.04.2013 Als die Bundeswehr 1999 von SPD und Grünen in den ersten deutschen Angriffskrieg nach 1945 Richtung Jugoslawien geschickt wurde, erstatteten nicht wenige Juristen in Karlsruhe Anzeige gegen Bundesregierung und Kanzler. Laut Grundgesetz und Strafgesetzbuch stehen Angriffskriege unter Strafe. Die Kläger erhielten Bescheid: Nicht die Führung eines Angriffskrieges, sondern nur dessen Vorbereitung sei verboten.Als Bundeskanzlerin Angela Merkel am 2. Mai 2011 in Berlin vor die Presse trat, erklärte sie: »Ich freue mich darüber, daß es gelungen ist, Bin Laden zu töten.« Sie teilte mit, US-Präsident Barack Obama bereits »unseren Respekt für diesen Erfolg und die gelungene Kommandoaktion« übermittelt zu haben. Es ist nicht bekannt, daß gegen sie Ermittlungen wegen öffentlicher Billigung einer Straftat aufgenommen wurden. Denn rechtswidrig war die Ermordung ohne Prozeß und Urteil auf ein Territorium außerhalb der USA. Angesichts des Rangs der Kanzlerin in der politischen Hierarchie läßt sich annehmen, daß die beiden Sätze als Aufforderung zur Begehung ähnlicher Straftaten zu verstehen waren. Der Friedensnobelpreisträger und Jurist im Weißen Haus läßt jedenfalls exzessiv jährlich Hunderte pakistanische und afghanische Zivilisten per Drohnen abschlachten. Die Ziellisten, ließ er im US-Präsidentschaftswahlkampf 2012 ausrichten, zeichne er persönlich jeden Dienstag ab. Der deutsche Verteidigungsminister erklärte Drohnen kürzlich für »ethisch neutrale Waffen«, und die EU ist inzwischen auch Friedensnobelpreisträger. Als ein deutscher Oberst mit Lügen US-Piloten dazu veranlaßte, am 4. September 2009 weit über 100 afghanische Zivilisten, die sich um steckengebliebene Tanklaster versammelt hatten, ohne die verlangte Vorwarnung mit Bomben zu vernichten, wurde er von der deutschen Justiz nicht belangt. Seine kürzliche Beförderung zum General wird offenbar von ihr nicht als Billigung einer Straftat gewertet. Gleiches dürfte für den Verteidigungsminister a. D. Karl Theodor zu Guttenberg gelten, der in der vergangenen Woche im Wall Street Journal die Bundesregierung aufforderte, mit Planungen für eine Unterstützung Israels »nach möglichen Luftangriffen auf Iran« zu beginnen. Es darf gewettet werden: Die deutsche Justiz sieht darin keine Aufforderung, einen Angriffskrieg vorzubereiten. Die Verurteilung des linken Bundestagsabgeordneten Jan van Aken wegen Unterzeichnung einer Absichtserklärung der Kampagne »Castor? Schottern!« gestern in Lüneburg erscheint vor diesem Hintergrund folgerichtig. Wer sich gegen Krieg, Neonazis und die deutsche Atommafia, deren Hinterlassenschaft dieses Land noch mehr Geld kosten dürfte als in allen Steueroasen der Welt liegt, wendet, muß verurteilt werden. Wir haben schließlich einen Rechtsmittelstaat.

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