Dienstag, 14. Juli 2020
Verfassungsbeschwerden gegen Neuregelung zur Tarifkollision gescheitert - ist die Beschwerdeablehnung der 3. Kammer des Ersten Senats rechtswidrig?
"Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit
heute veröffentlichtem Beschluss drei Verfassungsbeschwerden nicht zur
Entscheidung angenommen, die sich gegen die Neuregelung zur
Tarifkollision nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11.
Juli 2017 in § 4a Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 des Tarifvertragsgesetzes
(TVG) wenden. Den Beschwerdeführenden, zwei Gewerkschaften und einem
Dachverband von Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, geht der
Schutz gegenüber größeren Gewerkschaften durch die neue Regelung nicht
weit genug. Sie müssen die aufgeworfenen Fragen jedoch zunächst von
den Fachgerichten klären lassen..." So beginnt die BVerfG-
Pressemitteilung zum lang erwarteten Urteil (siehe unten
umfangreicher). Armin Kammrad hält diese Entscheidung in seinem
Kommentar für uns vom 04. Juli 2020 (wir danken!) für rechtswidrig:
"... Faktisch steht damit eine höchstrichterliche Überprüfung noch
aus, ob das Tarifeinheitsgesetz nicht auch weiterhin verfassungswidrig
in das Koalitionsrecht eingreift, weil für die Beantwortung dieser
Frage bereits formal nicht die Kammer, sondern nur der Senat zuständig
ist. Dazu steht übrigens auch eine bereits beantragte Entscheidung des
EGMR noch aus. Denn die Kernfrage ist, ob das Tarifeinheitsgesetz
überhaupt in der von der Senatsmehrheit 2017 durchgewunkenen Form mit
der Koalitionsfreiheit nach Art. 11 EMRK vereinbar ist. Es gibt also
bisher keinen Grund für Minderheitsgewerkschaften sich nach dem
(ergänzten) Tarifeinheitsgesetz zu richten..." Siehe die
BVerfG-Pressemitteilung vom 2. Juli 2020 sowie den umfangreichen
Kommentar von Armin Kammrad
https://www.labournet.de/?p=175055
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