Donnerstag, 30. Juli 2020

Racial Profiling


Dossier

Racial ProfilingAls racial profiling (auch „ethnisches Profiling“ genannt) bezeichnet man das Handeln von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten, wenn dieses auf allgemeinen Kriterien wie Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und nationaler Herkunft einer Person basiert. Kritiker fordern, dass sich Verdachtsmomente nur auf das Personenverhalten und auf objektive Beweise gründen sollten. Das racial profiling wird dem institutionellen Rassismus zugeordnet. Der Ausdruck entstammt der US-amerikanischen Kriminalistik…” (Wikipedia) – auch in Deutschland wird es ausgeübt! Siehe dazu:
  • [Deutsches Institut für Menschenrechte] Stellungnahme zu Racial Profiling: Bund und Länder müssen polizeiliche Praxis überprüfen New
    “Das Deutsche Institut für Menschenrechte empfiehlt Bund und Ländern, ihre polizeiliche Praxis mit Blick auf Racial Profiling zu überprüfen. “Die Methode des Racial Profiling ist grund- und menschenrechtswidrig”, erklärte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. “Eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit polizeilicher Praxis sollte im Rechtsstaat selbstverständlich sein.” Denn das Gewaltmonopol des Staates sei nur wegen seiner Bindung an Grund- und Menschenrechte legitim, so Rudolf weiter. “Eine diskriminierungsfreie polizeiliche Praxis ist deshalb auch im Interesse der Polizei. Sie ist auf das Vertrauen aller Menschen in unserer Gesellschaft angewiesen.” Der Gesetzgeber sowie die Innenministerien und Polizeiführungen sollten deshalb alles in ihren Kräften Stehende tun, um Racial Profiling zu erkennen und zu verhindern. “Was unter Racial Profiling als grund- und menschenrechtswidrige Praxis zu verstehen ist und welche Grenzen das Verbot rassistischer Diskriminierung polizeilichem Handeln setzt, ist hier wesentlich”, sagte Hendrik Cremer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts und Autor einer heute veröffentlichten Stellungnahme des Instituts zu Racial Profiling. “In der Bundesregierung, in den Innenministerien wie auch in der Polizei werden derzeit Positionen vertreten, die ein unzureichendes Verständnis des im Grundgesetz und zahlreichen Menschenrechtsverträgen verankerten Verbots rassistischer Diskriminierung erkennen lassen”, so Cremer weiter. Nach Ansicht des Instituts befördern auch polizeiliche Ermächtigungsnormen die polizeiliche Praxis des Racial Profiling. Ein Beispiel für eine solche gesetzliche Grundlage sei Paragraf 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes, der bereits explizit vom UN-Ausschuss gegen rassistische Diskriminierung (CERD) sowie von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats kritisiert worden sei…” Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom 24. Juli 2020 externer Link zur Stellungnahme: Racial Profiling: Bund und Länder müssen polizeiliche Praxis überprüfen externer Link 
  • Bundesregierung plant Studie zu Racial Profiling: Institut für Menschenrechte fordert explizites Verbot der Praxis / Wir müssen unabhängig erforschen, wie die Polizei politisch tickt
    • Bundesregierung plant Studie zu Racial Profiling: Institut für Menschenrechte fordert explizites Verbot der Praxis“… Details zur geplanten Studie, über die zuerst die »Welt« berichtete, wurden noch nicht genannt. Das Studiendesign stehe im Einzelnen noch nicht fest, sagte der Innenministeriumssprecher. Der Sprecher des Justizministeriums erläuterte, eine solche Studie sei Deutschland auch von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz empfohlen worden. (…) Trotz des verfassungsmäßigen Verbots gibt es immer wieder Vorfälle, bei denen sich die Polizei dem Vorwurf des »Racial Profiling« aussetzt. Der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurden seit ihrer Schaffung im Jahre 2006 insgesamt 200 solcher Fälle gemeldet. Daten der Bundespolizei weisen aber auf ein viel höhere Dunkelfeld hin. 2018 etwa hatten die Beamten fast 2,3 Millionen Mal Personen kontrolliert, die Trefferquote dabei war sehr gering. Nur in 2,3 Prozent der Kontrollen wurde ein Gesetzesverstoß oder eine Straftat festgestellt. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hatte bereits 2013 eine Studie zum Racial Profiling veröffentlicht, in der konkrete Gesetzesänderungen vorgeschlagen werden. Unter anderem setzt sich das Institut für eine Streichung eines Absatzes im Bundespolizeigesetz ein, das Kontrollen zur Verhinderung unerlaubter Einreisen unter anderem an Bahnhöfen erlaubt. In der Praxis bedeute das eine Auswahl nach Hautfarbe oder anderen äußeren Merkmalen, hieß es zur Begründung. Das aktuelle Studienvorhaben begrüßte das Institut grundsätzlich, forderte aber gleichzeitig, dass unabhängige Wissenschaftler dabei die Möglichkeit haben müssten, die bestehende Polizeipraxis zu untersuchen. Von entscheidender Bedeutung sei außerdem, dass bei Konzeption und Ausführung Rassismusbetroffene oder deren Vertretungen mitwirken können, sagte der damalige Studienautor Hendrik Cremer dem epd. Er forderte auch eine gesetzliche Verankerung des Verbots von Racial Profiling…” Meldung vom 11. Juni 2020 bei neues Deutschland online externer Link, siehe dazu:
    • Rassismus und Rechtsradikalismus: Wir müssen unabhängig erforschen, wie die Polizei politisch tickt“… Noch heute löst die nicht besonders gewagte Feststellung, dass es „latenten Rassismus innerhalb der Sicherheitskräfte“ gibt, einen Sturm der Empörung aus – wenn sie aus dem Munde einer SPD-Vorsitzenden kommt. Dabei beschreibt Saskia Esken nur, was offensichtlich ist. Latent, das heißt nach dem Duden: „vorhanden, aber [noch] nicht in Erscheinung tretend; nicht unmittelbar sichtbar oder zu erfassen“. Genau hier liegt das Problem: Wir wissen als Gesellschaft nicht, wie rassistisch die Institution Polizei ist. Wir wissen nicht, ob Rechtsradikalismus, antidemokratische oder autoritäre Einstellungen überproportional zur Gesamtgesellschaft in der Polizei vertreten werden. Umgekehrt gibt es sehr viele Indizien, die darauf hinweisen, dass es ein Problem gibt. (…) Polizeien und Innenminister aus Ländern und Bund haben sich seit Jahren mit Händen und Füßen gegen Studien unter Polizist:innen zu diesen Themen gewehrt. Die Verhinderung solcher Untersuchungen und das empörte Wegschieben aller Vorwürfe haben den Eindruck erweckt, dass es etwas zu verbergen gibt. Eine der wenigen Studien zum Thema beauftragte das Innenministerium in Hessen: Darin wurde „vergessen“, die Bereitschaftspolizei zu befragen – also ausgerechnet die überwiegend jungen Polizist:innen, die bei Demonstrationen eingesetzt werden. (…) Keine Institution des Staates darf einen uneingeschränkten Vertrauensvorschuss genießen oder gar ein Anrecht auf bedingungslosen Rückhalt haben, wie es konservative Innenpolitiker, Polizist:innen und ihre Gewerkschaften immer wieder postulieren. In einer Demokratie müssen wir die Probleme der staatlichen Institutionen erforschen, damit wir wissen, wie wir darauf angemessen reagieren können. Wir können als Demokratie nicht zulassen, dass Institutionen ein politisches Eigenleben entwickeln, das sich im schlimmsten Fall sogar gegen die Demokratie selbst richten kann. Das gilt insbesondere für Institutionen, die das Gewaltmonopol innehaben. Lasst endlich unabhängige und repräsentative Studien zu.” Kommentar von Markus Reuter vom 11. Juni 2020 bei Netzpolitik.org externer Link
  • Berliner Landes-Antidiskriminierungsgesetz: Meilenstein in der Bekämpfung von Racial Profiling und struktureller Diskriminierung 
    “In Berlin wurde gestern das erste Landes-Antidiskriminierungsgesetz (LADG) externer Link Deutschlands beschlossen. (…) Das Gesetz richtet sich somit auch explizit gegen Racial Profiling und Diskriminierung durch die Polizei. (…) Das Gesetz ist nicht zuletzt auch das Ergebnis jahrzehntelanger Bestrebungen von Verbänden und zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen in und um Berlin. ndo-Vorstandsmitglied Armaghan Naghipour dazu: „Mit dem ersten Landes-Antidiskriminierungsgesetz Deutschlands geht Berlin einen historischen Schritt hin zur Abschaffungstruktureller Diskriminierung und nimmt seine Verantwortung als Hauptstadt der Vielfalt ernst.“ Das LADG schließt Schutzlücken, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Bundesgesetz offengelassen hat. Gleichzeitig bleiben kopftuchtragende muslimische Frauen trotz LADG weiterhin struktureller Diskriminierung ausgesetzt: durch das sogenannte Berliner Neutralitätsgesetz wird ihnen der Zugang zu öffentlichen Ämtern weiterhin systematisch verwehrt. Hier bedarf es dringender Nachbesserung. Deutschland hat sich verpflichtet, internationale Menschenrechte einzuhalten und wirksamen Schutz vor allen Formen der Diskriminierung zu bieten – uneingeschränkt für alle. Die neuen deutschen Organisationen begrüßen daher den Vorstoß, den Berlin mit dem LADG macht. Gleichwohl gibt es auf dem Gebiet des Antidiskriminierungsrechts noch einige Hürden, die zu nehmen sind. Die Vorsitzende der ndo, Ferda Ataman, betont: „Die deutsche Gesellschaft ist super divers, der Schutz vor Diskriminierung muss selbstverständlich sein. Andere Bundesländer sind jetzt aufgefordert, ebenfalls Landes-Antidiskriminierungsgesetze einzuführen. Wir brauchen überall wirksamere und umfassendere Maßnahmen gegen Diskriminierung“…” Pressemitteilung vom 5. Juni 2020 von und bei neue deutsche organisationen externer Link
  • Die gefährlichen Orte in Berlin: Da, wo sich der institutionelle Rassismus austobt… 
    Die Polizist*innen können durch ihre Sonderbefugnisse an vermeintlich »gefährlichen Orten«, die sich in der Regel weniger durch ihre Gefährlichkeit als durch einen hohen Anteil migrantischer Bevölkerung auszeichnen, tun und lassen, was sie wollen. Weder müssen sie sich rechtfertigen noch müssen sie dokumentieren, wen sie aus welchen Gründen eigentlich kontrollieren. Wer sich ein wenig mit den rechten Umtrieben innerhalb der Berliner Polizei beschäftigt, kann sich denken, welche Menschen von der Staatsgewalt ins Visier genommen werden: Richtig, es ist nicht der weiße Bauarbeiter mit Thor-Steinar-Klamotten, der biertrinkenderweise Migrant*innen beschimpft, sondern die Migrant*innen selbst, die, ohne etwas getan zu haben, aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert werden. An der Kriminalität ändert sich dadurch wenig, dafür wird die Zugänglichkeit von Orten der sozialen Begegnung für nicht-weiße Menschen massiv eingeschränkt. Für diese Schikane gibt es einen Namen: institutioneller Rassismus. In den USA und in Großbritannien ist die Diskriminierung durch Racial Profiling zumindest offiziell verboten, in Deutschland leider nicht…“  – aus dem Beitrag „Das Problem heißt Rassismus“ von Marie Frank am 13. Mai 2019 in neues deutschland externer Link, worin aber auch ein sehr freundlicher Kommentar zum Senat angehängt ist…
  • Einsicht nach fünf Jahren: Bundespolizei erkennt kurz vor Gerichtstermin ‚Racial-Profiling‘ als rechtswidrig an 
    Überraschende Wendung: Kurz vor dem Gerichtstermin hat die Bundspolizei die Rechtswidrigkeit einer vor fünf Jahren durchgeführten verdachtsunabhängigen Personenkontrolle zugegeben. Experten fordern jetzt Maßnahmen.
    Anfang Januar 2014 fuhr der Wissenschaftler Dr. Andreas S. (Name geändert), der aus einer deutsch- indischen Familie stammt, mit dem Zug von Kempten nach München. In der Nähe von Kaufbeuren stiegen Bundespolizeibeamte zu und führten bei Herrn Dr. S. anlasslos eine sogenannte verdachtsunabhängige Personenkontrolle durch. Im Waggon kontrollierten die Beamten keine weiteren Personen. Der Betroffene, der bereits wiederholt ähnliche Erfahrungen gemacht hatte, vermutete, wegen seiner Hautfarbe kontrolliert worden zu sein (Racial Profiling). Hierdurch fühlte er sich diskriminiert. Außerdem rügte er einen Verstoß der maßgeblichen Vorschrift im Bundespolizeigesetz für Personenkontrollen gegen Vorgaben des Europarechts und legte Klage beim Verwaltungsgericht München ein. Das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts München wurde nach drei Jahren und einer Verzögerungsrüge des Klägers gefällt. Das Verwaltungsgericht konnte damals keine Rechtswidrigkeit erkennen. Der Kläger beantragte die Zulassung der Berufung. Darüber sollte am 8. April 2019 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verhandelt werden. Doch es kam nicht dazu. Kurz vor der Verhandlung teilte die Bundespolizeidirektion München mit, dass „die von ihren Beamten durchgeführte Personalienfeststellung des Klägers vom 07.01.2014 sowie der unmittelbar fernmündlich durchgeführte Personalienabgleich rechtswidrig waren.“ (…)Vera Egenberger, Geschäftsführerin des Büros zur Umsetzung von Gleichbehandlung e. V. (BUG), erklärt: „Der Einsicht der Bundespolizeidirektion München müssen Taten folgen. Die interne Verwaltungsvorschrift der Bundespolizei BRAS 120 muss nun zügig ergänzt werden, um den Bundespolizeibeamten eine klare Orientierung zu geben, unter welchen Bedingungen sie verdachtsunabhängige Personenkontrollen wegen der möglichen illegalen Einreise durchführen dürfen.“ Wenn nicht, sei das Eingeständnis eine reine Vermeidungsstrategie, um die Sachlage einer höchstrichterlichen Einschätzung zu entziehen
    …” Beitrag vom 11.4.2019 beim Migazin externer Link
  • Racial Profiling ist struktureller Rassismus? Auch. Und auch: Erlebter Polizei-Rassismus 
    „… Das hat zwar auch mit dem Rassismus der Polizist_innen zu tun, rassistischer Polizeigewalt liegt aber vor allem ein strukturelles Problem zugrunde, dass über die (rassistischen) Einstellungen individueller Polizist_innen hinaus geht. Gesetzliche Regelungen wie § 22 Abs. 1a BPolG und § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, sind die Rechtsgrundlage für Racial Profiling, sie ermöglichen verdachtsunabhängige Kontrollen und Befragungen. Vor allem der Phararagraph 22 Abs. 1 erlaubt der Bundespolizei lediglich eine Befragung von Reisenden in Zügen, Bahnhöfen und Flughäfen und nur in tatsächlichen Verdachtsmomenten auch eine Identitätsfeststellung. Die Realität sieht jedoch so aus, dass vor allem Schwarze Menschen unmittelbar aufgefordert werden sich auszuweisen. Dies stellt einen klaren Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz dar und wurde entsprechend von mehren Verwaltungsgerichten entsprechend untersagt. Die Kampagne „Ban Racial Profiling: Gefährliche Orte abschaffen“, an der die ISD maßgeblich und initiativ beteiligt ist, wird durch viele antirassistische, migrantische sowie Schwarze Organisationen getragen und wendet sich gegen die polizeiliche Praxis, einige Gebiete zu „kriminalitätsbelasteten Orten“ zu erklären. An diesen Orten ist die Polizei mit Sonderrechten ausgestattet, und das hat zur Folge, dass migrantische und nicht-weiße und vor allem Schwarze Menschen gezielt kontrolliert werden. Die Abschaffung dieser völlig intransparenten Einstufungen ist das vornehmliche Ziel...“ – aus dem Beitrag „Schwarze Perspektiven auf institutionellen Rassismus“ von Bafta Sarbo und Tahir Della (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. – ISD) bereits 2018 bei berlin rechtsaußen externer Link, aus dem beide Dimensionen polizeistaatlichen Rassismus deutlich werden
  • Racial Profiling – Oberverwaltungsgericht NRW erklärt Personenkontrolle am Bahnhof Bochum für rechtswidrig 
    Am heutigen Dienstag, dem 7. August 2018, verhandelte das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster einen Fall von ‚racial profiling‘ (Az. 5 A 294/16). Ein Schwarzer Deutscher war am Bahnhof Bochum einer verdachtsunabhängigen Personenkontrolle unterzogen worden. Er fühlte sich rassistisch diskriminiert und legte Klage gegen die Bundespolizei ein. Die Verhandlung endete mit einem Erfolg des Klägers und der Aufhebung des erstinstanzlich zum Teil klageabweisenden Urteils. Das Gericht verurteilte die Kontrolle des Klägers als Diskriminierungsverstoß. (…) Bei der Verhandlung wurde durch das Oberverwaltungsgericht klargestellt, dass die Hautfarbe auch als lediglich ein Kriterium unter mehreren grundsätzlich keine Rolle bei der Auswahl der zu kontrollierenden Person spielen darf. Deswegen war die Kontrolle des Klägers als nicht verfassungsgemäß einzustufen. Der Kläger äußerte: „Ich bin sehr froh über die heutige Entscheidung. Zwar glaube ich nicht, dass derartige Kontrollen nun aufhören, das Urteil ist jedoch ein großer Schritt in die richtige Richtung.“ Der Anwalt Sven Adam schätzt ein: „Mit dem heutigen Urteil hat das OVG deutlich gemacht, dass das Verbot rassistischer Diskriminierung bei Polizeikontrollen streng beachtet werden muss. Deswegen hat die Bundespolizei heute verloren und das ist erfreulich. Wenn das Gericht allerdings – wenngleich unter strengen Voraussetzungen – Ausnahmen von diesem Verbot andeutet, werden wir in weiteren Verfahren auch gegen solche Ausnahmen kämpfen, damit Kontrollen anhand der Hautfarbe aufhören.“ (…) Seit 2011 wurden vermehrt Klagen bei Verwaltungsgerichten verhandelt, die die Praxis des ‚racial profiling’ hinterfragen. Die gerichtliche Einschätzung geht zunehmend dahin, solche  verdachtsunabhängigen Personenkontrollen, aufgrund der Hautfarbe – auch wenn dies nur ein Kriterium unter mehreren darstellt – als nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 3 GG) vereinbar, einzustufen.” Pressemitteilung vom 07.08.2018 von und bei der Anwaltskanzlei Sven Adam externer Link – wir gratulieren zum Urteil!
  • [Polizeikontrollen und Racial Profiling] 2,3 Prozent Trefferquote: Bundespolizei kontrolliert fast nur Unschuldige – Trotz geringer Trefferquote will Bundesregierung verdachtsunabhängige Kontrollen nicht abschaffen 
    “… Fast 2,3 Millionen Mal hat die Bundespolizei im vergangenen Jahr Personen kontrolliert. Dabei hat sie nur wenige Gesetzesverstöße und Straftaten aufgedeckt. Um bei Polizeikontrollen Racial Profiling – Kontrollen nur oder hauptsächlich aufgrund der Hautfarbe – zu verhindern, fordern EU, Betroffenenvertreter und auch deutsche Gerichte, konkretere Vorgaben für Polizisten, wann und wie Reisende und Verdächtige kontrolliert werden können. Doch dazu sieht die Bundesregierung keinerlei Veranlassung. Das zeigt die Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Ulla Jelpke, die dem »nd« vorliegt. (…) Die meisten entdeckten Verstöße beziehen sich auf das Aufenthaltsgesetz, im vergangenen Jahr waren das 41 509. Damit liegt die Trefferquote beim Aufspüren von Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz bei unter zwei Prozent. Die Innenpolitikerin Jelpke fordert deswegen die Abschaffung verdachtsunabhängiger Kontrollen. Der »mageren Ausbeute« der Kontrollen stünden »gravierende Grundrechtseingriffe« gegenüber. (…) »In keinem einzigen Fall ist die Bundespolizei bisher bereit, einzugestehen, dass eine Kontrolle rassistisch motiviert war«, kritisiert Jelpke. Die Bundespolizei verweigere sich »hartnäckig einer Auseinandersetzung mit Rassismus in den eigenen Reihen« “ Beitrag von Moritz Wichmann unter Mitarbeit von Fabian Hillebrand vom 18. Mai 2018 bei neues Deutschland online externer Link
  • [Audiointerview] Millionenfache, oft rassistische Polizeikontrollen z.B. in Zügen im Dreiländereck waren rechtswidrig 
    Der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof hat am heutigen Mittwoch ein wegweisendes Urteil gegen das sogenannte racial-profiling bekanntgegeben, also gegen Kontrollen einzig aufgrund der Hautfarbe. Ein Deutscher mit dunkler Hautfarbe war während einer Geschäftsreise im Zug zwischen Baden-Baden und Offenburg von Bundespolizeibeamten einer sogenannten „verdachtsunabhängigen“ Personenkontrolle unterzogen worden. Außer ihm waren im Sichtfeld des Betroffenen keine weiteren Personen kontrolliert worden. Er klagte gegen die Polizeikontrolle. Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hatte die Polizei sich zur Begründung der Kontrolle auf die sogenannte Schleierfahndung gestützt. Doch das Gericht stufte diese Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz als europarechtswidrig ein. Und das sah nun in der Berufungsverhandlung auch der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof so. Über die Bedeutung des Urteils haben wir mit dem Anwalt des Klägers, dem Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam gesprochen, der immer wieder erfolgreich Klagen gegen racial profiling führt.” Interview von Fabian vom RDL mit Sven Adam vom 21. Februar 2018 beim Audioportal Freier Radios externer Link Audio Datei (Audiolänge: 10:27 Min.). Siehe dazu auch: Teilerfolg gegen Racial Profiling. Gerichtsentscheidung könnte helfen, rassistische Praxis weiter zurückzudrängenArtikel von Moritz Wichmann vom 23.02.2018 beim ND online externer Link
  • Wie man gefährliche Orte schafft – und abschafft 
    Vor einer Woche veröffentlichte das Berliner Polizeipräsidium auf Wunsch der Berliner Koalition zehn der sog. kriminalitätsbelasteten Orte (kbOs). Die Brisanz der Berichte von Betroffenen über Racial Profiling an diesen Orten bleibt bestehen. Zahlreiche antirassistische Berliner Organisationen und Initiativen haben sich daher zusammengetan, um die Landesregierung mit einer gemeinsamen Kampagne daran zu erinnern, Racial Profiling abzuschaffen und die polizeiliche Befugnis zur anlass- und verdachtsunabhängigen Kontrolle an den kbOs zurückzunehmen“  – aus dem Beitrag „Ban! Racial Profiling. Gefährliche Orte abschaffen“ am 16. Juni 2017 bei linksunten.indymedia externer Link, worin auch noch angekündigt wird: „Neben einer Pressekampagne werden wir eine Postkartenaktion starten um unsere Wut den Verantwortlichen auf den Schreibtisch zu bringen und zu zeigen, dass wir viele sind. Auch ein rechtliches Gutachten ist geplant, um den Druck zu erhöhen. Denn egal ob »gefährlicher Ort« oder »kriminalitätsbelasteter Ort«: Racial Profling bleibt Rassismus und der muss gestoppt werden!“ und auf Webseiten mit weiteren Informationen verwiesen wird.
  • Sicherheitsfalle: Racial Profiling
    Aber auch viele Menschen, die nicht blond und blauäugig sind, sind Deutsche. Ein rassistisches Konzept von Nationalität ist noch immer tief in den Köpfen verankert. Wie dramatisch die Blindheit ist, die aus diesem Scheuklappendenken entsteht, wurde deutlich, als die NSU-Morde ans Licht der Öffentlichkeit kamen. Die einseitigen Ermittlungen führten dazu, dass die Täter unter den Migranten gesucht wurden, statt deutsche Nationalisten und Rassisten zu verdächtigen. Offene Ermittlungen ohne Vorurteile hätten viele Morde verhindern können. Nicht zu unterschätzen ist auch, welche Wirkungen solche Kontrollen haben. Sie bestätigen der Umwelt, dass schwarze Menschen und People of Colour verdächtig sind…“ Beitrag von Elke Steven in der SoZ Nr 2/2017 externer Link
  • Polizei und Rassismus. Über einen unschönen, aber unvermeidlichen Zusammenhang
    “… Polizeirassismus hat Gründe: Der gesetzliche Auftrag zur Sortierung der Bevölkerung in staatlich anerkannte Rechtspersonen mit Aufenthaltstiteln einerseits und unerwünschte, d. h. »illegale« Ausländer andererseits übersetzt sich in der Praxis der polizeilichen Durchsetzung notwendigerweise in einen ethnischen Selektions- und Verdächtigungsprozess. Polizisten müssen das staatlich gewünschte Sortieren anhand von äußeren Merkmalen verinnerlichen, wollen sie ihre Aufgabe »vor Ort« erfolgreich bewältigen. Bereits hier zeigt sich, dass die beliebte Forderung nach einer Trennung von gesetzgeberischem Auftrag und ethnisch diskriminierendem Verhalten für Polizisten praktisch unmöglich ist. Kein Wunder, dass Polizisten dabei die feinen Unterschiede zwischen dem rechtsstaatlich gebotenen Verdacht gegen Ausländer und der geächteten Vorverurteilung von Menschen aufgrund von Rasse, Religion und Herkunft nicht immer ganz sauber auseinanderhalten. Die Übergänge von der vorurteilsfreien und möglichst humanen Durchsetzung der auf Abschottung, Abschreckung und Abschiebung orientierten Flüchtlingspolitik über die Übersetzung derselben in ein Feindbild vom Asylsuchenden bis hin zu den Abgründen rassistischer Misshandlungen sind keinesfalls zufällig, aber auch nicht zwangsläufig. Rassismus bei der Polizei ist eine Déformation professionelle und folglich auch kein speziell deutsches Phänomen. Den Rassismus bei der deutschen Polizei gibt es deshalb auch ohne die »ewig gestrigen Kollegen« aus alten Zeiten, die der frühen Bundesrepublik bei der Durchsetzung der demokratischen und freien Ordnung des westdeutschen Kapitalismus gedient hatten. In ihr nämlich hat er seine aktuelle Grundlage!…” Artikel von Arian Schiffer-Nasserie, zuerst erschienen in der Jungen Welt vom 7. November 2014. Wir danken dem Autor!
  • Polizei-Kontrolle: Das Ende von Racial Profiling
    Eine groteske Kontrolle dunkelhäutiger Deutscher in einer Regionalbahn fordert eine richterliche Klarstellung heraus. Das Verwaltungsgericht Koblenz belehrt im Urteil die Bundespolizei, was eigentlich Einreise bedeutet. Die Folgen des Richtspruchs sind weitreichend – wenn er rechtskräftig wird…” Artikel von Joachim F. Tornau in der  fr online vom 7. November 2014 externer Link. Aus dem Text: “…Verdachtsunabhängige Kontrollen sind in Deutschland grundsätzlich nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen zulässig. Paragraf 22, Absatz 1a, des Bundespolizeigesetzes erlaubt jedoch das „Befragen“ von Bahnreisenden, wenn es dem Kampf gegen illegale Migration dient. So weit, so pauschal – und so umstritten, weil vor allem Menschen ins Visier geraten, die für die Streifenbeamten nicht „deutsch“ genug aussehen. Das Koblenzer Verwaltungsgericht aber verweist nun auf einen anderen, bislang kaum beachteten Passus des Paragrafen: Es darf nur in Zügen kontrolliert werden, von denen, wie es im Gesetzestext heißt, „auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt werden“. Und nach Ansicht des Gerichts kann davon bei einer fernab jeder Grenze verkehrenden Regionalbahn ganz offensichtlich nicht die Rede sein…”
  • Neue Verfahren gegen die Bundespolizei zu „racial profiling“ in Zügen und Bahnhöfen
    Das so genannte „racial profiling“, die Kontrolle von Menschen anhand äußerer Merkmale wie der Hautfarbe und anderer Zuschreibungen, wird die deutsche Justiz weiterhin beschäftigen. Erst im Oktober 2012 hatte des Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz mit einer Entscheidung europaweit für Aufsehen gesorgt, nach der die Kontrolle eines Studenten einzig wegen seiner „Hautfarbe“ nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar ist. Nun sind vor den Verwaltungsgerichten Stuttgart und Köln zwei neue Verfahren gegen die Bundespolizei anhängig – auch hier war wieder die „Hautfarbe“ der Kläger der Grund für die Kontrollen…” RAV- Pressemitteilung vom 18.12.13 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=68804

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