Donnerstag, 30. Juli 2020

Fallen Werkverträge (leider nur) in der Fleischindustrie Corona zum Opfer?

Fall

Dossier

Coronavirus, die Hetze und der Ausnahmezustand: China im ShitstormCorona in der Fleischindustrie – überraschend? Seit Jahren sind die üblen Lebens- und Arbeitsbedingungen der überwiegend osteuropäischen Beschäftigten bekannt. Es ist höchste Zeit, die Ausbeutung und Gefährdung der Arbeiter in der Branche zu beenden. Was braucht es dazu? Mehr Kontrollpersonal in den Behörden, Schluss mit Werkverträgen, die neuen Standards für Unterkünfte einhalten…” – appelliert das #schlaglicht 19/2020 vom 14.05.2020 des DGB Niedersachsen externer Link (samt der Grafik “Entwicklung der FKS-Arbeitgeberprüfungen in der Fleischindustrie”) unter der Überschrift “Fleischindustrie & Corona: Die wahre Seuche heißt Ausbeutung – Werkverträge im Kerngeschäft verbieten”. Siehe hier speziell die Debatte um Werkverträge und zum Hintergrund unser Dossier: Corona-Infektionen: Politiker kritisieren Ausbeutung in Schlachthöfen – Verschärfung der Arbeitsschutzgesetze gefordert:
  • “Einzige Perspektive um aus dem Dilemma herauszukommen, ist das Verbot von Werkverträgen überall.” / Debatte um höhere Fleischpreise: Pflaster ohne Wundheilung New
    • Wird Tönnies bei den Werkverträgen tricksen? “Einzige Perspektive um aus dem Dilemma herauszukommen, ist das Verbot von Werkverträgen überall.”Die Coronakrise hat ein Schlaglicht auf schon lange bestehende Verhältnisse geworfen. Durch die massiven Coronaausbrüche in der Fleischindustrie ist diese nun in die Kritik geraten und sogar die langjährige Praxis der Werkverträge steht zur Disposition. Wir werden aufräumen mit diesen Verhältnissen” So Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angesichts der zahlreichen Covid-19 Fälle in den Schlachthöfen. Er kritisierte die Arbeits- und Wohnbedingungen der zumeist osteuropäischen LeiharbeiterInnen in der Fleischwirtschaft: “Wir dürfen als Gesellschaft nicht weiter zugucken, wie Menschen aus Mittel- und Osteuropa in dieser Gesellschaft ausgebeutet werden.” Zum Jahreswechsel soll angeblich gesetzlich Schluss gemacht werden mit der bisherigen Werkvertragspraxis.Auf diese Ankündigungen hat nun der größte europäische Fleischkonzern Tönnies reagiert. Tönnies wolle die bisher über Werkverträge Beschäftigten künftig in eigene Tochtergesellschaften integrieren. Die ersten 1.000 Arbeiter sollen bis September direkt bei Firmen der Gruppe angestellt werden, so Tönnies gegenüber dem „Westfalen-Blatt“. Viel verändern wird sich nichts, so die Auffassung von Dr. Rolf Geffken, Arbeits-, Wirtschaftsrechtler und Autor aus Hamburg, der auf das Beispiel VW verweist. Wir haben mit ihm gesprochen.” Interview vom 24. Juli 2020 beim Radio Dreyeckland externer Link
    • Debatte um höhere Fleischpreise: Pflaster ohne WundheilungDie Stimmen nach einer Fleischabgabe werden lauter – plötzlich reden alle von Tierwohl. Die ursprünglich grüne Forderung wird inzwischen auch von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, von Jochen Borchert (beide CDU), der eine Expertenkommission zum Thema leitet, und von Horst Seehofer (CSU) vertreten. Die Verantwortung für die politische Misere wird auf die Verbraucher abgewälzt. Der Ruf nach höheren Preisen impliziert, sie seien geizig und würden immer billigere Preise verlangen. Dabei wird übersehen, dass nicht die Nachfrage, sondern fehlgeleitete Agrarsubventionen und Effizienzsteigerungen zum Fleischpreis geführt haben. Es wird ignoriert, dass viele Menschen sich schlicht keine teureren Produkte leisten können. Jedem dritten Hartz-IV-Beziehenden fehlt etwa laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes Geld für vollwertiges Essen. Gemüse ist oft teuerer als Fleisch, wenn auch dies ein Produkt für Wohlhabende wird, hilft das nicht weiter. Die aktuelle Diskussion spielt soziale Fragen gegen ökologische aus. Das Herumdoktern in einem kranken System ist nicht mehr als ein fehlgeleiteter Versuch für eine gerechtere und nachhaltigere Produktion. Höhere Preise beheben weder die Ursache der Ausbeutung, noch führen sie zu ihrer Überwindung.” Kommentar von Lisa Ecke vom 27.07.2020 im ND online externer Link
  • Fleischwirtschaft hält Verbot von Werkverträgen für verfassungswidrig / Industrie droht mit Anstieg der Fleischpreise 
    • Verbot von Werkverträgen: Scharfe Regeln für Schlachthöfe: Arbeitsminister Hubertus Heil will auch andere Branchen prüfenDie Corona-Krise brachte die Zustände in Teilen der Fleischindustrie erneut ans Licht. Gesetzesverschärfungen stehen kurz bevor. Doch sind sie rechtens – und wird es dabei bleiben? (…) Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte der dpa: „Finger weg von einer allgemeinen Einschränkung von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung, wenn man nicht die Wirtschaft völlig abwürgen will.“ Werkverträge seien zum Beispiel für weite Bereiche des Handwerks, der Bauindustrie und des Anlagenbaus zwingend die Grundlage für ihre Wertschöpfung beim Kunden. „Die Verfehlungen Einzelner können nicht ein derart wichtiges Instrument zerstören.“ Heil versicherte: „Mein Ziel ist nicht, Werkverträge überall in der deutschen Wirtschaft zu verbieten.“ Werkverträge seien sinnvoll. „Wenn ein Industriebetrieb einen Handwerker beauftragt, eine Sicherheitsanlage einzubauen, ist das ein ganz normaler Werkvertrag.“…” Artikel von Basil Wegener und Andreas Hoenig vom 26.7.2020 in der Berliner Zeitung online externer Link
    • Industrie erwartet Anstieg der FleischpreiseDie deutsche Fleischwirtschaft hält das von der Bundesregierung geplante Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in ihrer Branche für verfassungswidrig und prognostiziert deutlich steigende Fleischpreise. In einer Stellungnahme des Sozialpolitischen Ausschusses der Branche zum Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) heißt es laut der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (NOZ), es sei nicht erklärbar, warum beim Portionieren und Verpacken von Käse künftig anderes Arbeitsrecht gelten solle als bei Wurst. Das Gesetz gehe zu weit und stelle eine “abstruse Ungleichbehandlung” gegenüber anderen Branchen dar, zitiert die “NOZ” weiter aus dem Schreiben. Die Fleischwirtschaft sei auch künftig auf Leiharbeiter angewiesen, um Produktionsspitzen etwa zur Grillsaison abfangen zu können. Würden Werkvertrag und Leiharbeit verboten, verteure das die Produktion. (…) In der Stellungnahme wird ein Branchentarifvertrag als Alternative genannt. Dieser “wäre das effektive Mittel, um Schlupflöcher für schwarze Schafe zu schließen”. In einem Branchentarifvertrag könnten dann auch Vorgaben zur Unterbringung von Leiharbeitern gemacht werden, was in einem Gesetz nicht möglich sei...” AFP-Meldung vom 25.07.2020 beim ZDF externer Link
  • [DGB] Gesetzentwurf Fleischindustrie: Fortschritt mit Verbesserungsbedarf / Arbeitgeber: Gesetz schießt übers Ziel hinaus / Experten warnen: Fleischkonzerne könnten Verbot von Werkverträgen umgehen 
    • [DGB] Gesetzentwurf Fleischindustrie: Fortschritt mit VerbesserungsbedarfMit dem Ziel besserer Arbeits- und Lebensbedingungen für die Beschäftigten in der Fleischindustrie hat Bundesarbeitsminister Heil jetzt einen Entwurf für ein Arbeitsschutzkontrollgesetz vorgelegt. Es sieht für weite Bereiche der Schlachtung und Fleischverarbeitung ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit vor sowie neue Regeln für die Beschäftigtenunterkünfte. Dazu sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Donnerstag in Berlin: „Die Verhältnisse in der Fleischindustrie sind ausbeuterisch. Gut, dass die Bundesregierung endlich auf diese menschenverachtenden Zustände reagiert, die an moderne Sklaverei grenzen und für Deutschland schlicht und ergreifend ein Skandal sind. Das ist ein erheblicher Fortschritt. In der Fleischindustrie brauchen wir endlich klare Verantwortlichkeiten für Arbeitsbedingungen, Gesundheitsschutz und Hygiene. Wenn das Verbot der Werkverträge wirken soll, muss es ausdrücklich auch konzerninterne Werkverträge und Leiharbeit verbieten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Fleischbarone Schlupflöcher nutzen, um neue ausbeuterische Strukturen zu erfinden – indem sie beispielsweise eigene Tochterunternehmen gründen. In den Betrieben muss es auch Betriebsräte und tariflich geregelte Arbeitsbedingungen geben. Nur so wird sich wirklich etwas ändern. Bei den Regelungen für die Unterkünfte gibt es aus Sicht des DGB Klärungs- und Nachbesserungsbedarf und auch eine Verantwortung der Länder bei der Umsetzung. (…) Rechtlich problematisch ist aus Sicht des DGB eine zeitliche Kopplung der Unterbringung der Beschäftigten an den konkreten Arbeitsvertrag. Das schafft ungewollte Abhängigkeiten der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Deshalb muss das Gesetz klarstellen, dass eine zeitliche Koppelung von Unterkunft und Arbeitsvertrag unzulässig ist.“” PM vom 23.07.2020 externer Link
    • [Arbeitgeber] Heils Gesetz für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie hat viele NebenwirkungenDas geplante Gesetz setzt die Arbeitsschutzbehörden unter Druck. Und es schießt aus Sicht der Arbeitgeber weit über das Ziel hinaus…” Artikel von Frank Specht vom 24.7.2020 im Handelsblatt online externer Link (im Abo) – wir werden ganz sicher bald mehr hören von der Abwehrfront
    • Experten warnen: Fleischkonzerne könnten Verbot von Werkverträgen umgehenNach neuen Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen gerät das Werkvertragssystem in die Kritik. (…) Gewerkschafter betrachten die politischen Bemühungen für ein Verbot von Werkverträgen zum 1. Januar 2021 in der Fleischindustrie mit großer Skepsis. Der Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) in der Region Oldenburg/Ostfriesland, Matthias Brümmer, fürchtet, dass viele Unternehmen das geplante Verbot durch die Gründung von Tochterfirmen umgehen werden. Dadurch würde erneut ein unübersichtliches Geflecht von Unternehmen entstehen, das nur schwer zu kontrollieren sei, sagte Kossen, der sich seit langem für die Rechte von Werkvertragsarbeitern einsetzt, am Dienstag dem „Evangelischen Pressedienst“: „Das ist dann der gleiche Mist wie mit den Subunternehmern und den Werkverträgen.“ (…) Brümmer betonte, die Arbeiter würden dann statt in fremden Subunternehmen in Tochterfirmen angestellt: „Alter Wein in neuen Schläuchen, die Ausbeutung wird bleiben“, sagte er dem Bremer „Weser-Kurier“. (…) Der Tönnies-Konzern hatte in der vergangenen Woche nach Medienberichten 15 Tochterfirmen gegründet. Dort sollen nach und nach Werkvertragsarbeiter fest angestellt werden. (…) Für den dänischen Gewerkschaftssekretär Jim Jensen ist der Streit um Werkverträge kaum nachvollziehbar. „In dänischen Schlachthöfen gilt seit mehr als 30 Jahren ein nationaler Tarif, der nicht unterschritten werden darf“, sagte er am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Tarif sehe als Minimum einen Stundenlohn von 20 Euro vor, der durch Zuschläge auf bis zu 27 Euro steigen könne. Ausnahmslos alle Mitarbeitenden seien in den Schlachthöfen fest angestellt. Das Fleisch sei an der Ladentheke nach Abzug der Mehrwertsteuer dennoch nicht teurer als in Deutschland. Auch international sei Dänemark wettbewerbsfähig. (…) Zwar versuchten auch in Dänemark die Arbeitgeber die Löhne zu drücken, um die Gewinne zu steigern. Doch sie scheiterten an der Macht der Gewerkschaften, unterstrich Jensen. In der Fleischindustrie seien nahezu 100 Prozent der Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder. Hinzu komme die Solidarität der anderen Gewerkschaften. Wenn es darauf ankomme, fahre kein Lastwagen mehr in die Fleischerei, oder es komme keine Elektriker zu notwendigen Reparaturen…” Beitrag vom 22. Juli 2020 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Streit über die Werkverträge: Was die Branche vom geplanten Verbot hält 
    Gewerkschafter fürchten, dass das System unter anderem Namen weiterläuft. Die Branche und Dienstleister warnen vor höheren Kosten und Personalnot. (…) Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will bis Ende Juli einen Gesetzentwurf zum Ende der Werkverträge in Kernbereichen der Schlachtindustrie vorlegen. Das Gesetz soll bis Jahresende in Kraft treten. Indes mehren sich kritische Stimmen, wie praktikabel das geplante Verbot ist. Unternehmen, Verbände und Gewerkschafter werfen der Politik einen gesetzgeberischen Schnellschuss vor – und warnen davor, dass alte Probleme nicht behoben werden, während neue dazukommen. „Wir fürchten, die Fleischindustrie behält das Konstrukt der Werkverträge bei – nur unter anderem Namen“, sagt Michael Brümmer von der Gewerkschaft NGG Oldenburg, einem Zentrum der deutschen Schweine- und Geflügelzucht. Dieselben Beschäftigten seien dann eben nicht über fremde Subunternehmen, sondern über Tochterfirmen oder übernommene Dienstleister angestellt: „Am ausbeuterischen System wird das nicht viel ändern.“ (…) Klar ist etwa, dass die Schlachtkonzerne weiter auf Personal aus Osteuropa angewiesen sein werden. „Wir haben umfangreiche Erfahrung mit dem Versuch, in Deutschland Personal zu rekrutieren. Das ist nicht möglich“, sagte ein Tönnies-Sprecher. Die Personalgewinnung müsse voraussichtlich weiterhin in Ländern wie Rumänien, Bulgarien oder Polen stattfinden. „Wir werden bei der Rekrutierung sicher auf bestehende Strukturen zurückgreifen, aber auch eigene aufbauen müssen“, so der Sprecher. Waren 2008 erst 16.767 Ausländer in der deutschen Fleischindustrie beschäftigt, stieg deren Zahl bis 2018 auf 53.478, ermittelte der Bundestag. Das sind knapp 30 Prozent. Nach Schätzung der Gewerkschaft NGG sind etwa 30.000 Menschen über Werkverträge beschäftigt. Rechtsanwalt Thomas Kuhn beschäftigt sich seit 20 Jahren mit Werkvertragsrecht. Zu seinen Mandanten gehören bei Tönnies tätige Dienstleister, darunter die Firma MGM, die selbst in der Kritik steht. Kuhn bestätigt: Die Fleischindustrie komme nicht ohne Osteuropäer aus. „Wenn sich überhaupt Deutsche melden, schmeißen sie den Job spätestens nach drei Tagen hin“, sagt der Jurist. Gleichzeitig könne Tönnies nicht auf Jahre mit den angekündigten Direktanstellungen planen. Denn auch unter diesen Arbeitern sei die Fluktuation hoch. „Viele kommen nur für eine begrenzte Zeit, manche verschwinden einfach von heute auf morgen.” (…) Branchenkenner befürchten, dass dubiose Personalanwerber weiterhin ihre Landsleute abzocken, indem sie beispielsweise Vermittlungsgelder fordern. MGM-Anwalt Kuhn meint: „Wenn alles einfach nur unter Direktanstellungen weiterläuft, wird sich nicht wirklich etwas ändern.” Will die Politik die Arbeitsbedingungen verbessern, sollte sie das seiner Meinung nach über einen Tarifvertrag oder eine gesetzliche Reduktion der produzierten Stückzahlen tun. Manch einer hält ein Verbot von Werkverträgen, das nur für die Fleischwirtschaft gilt, gar für verfassungswidrig. (…) Der Lohnkostenanteil in der Fleischindustrie ist allerdings gering. Gewerkschafter Brümmer schätzt, dass er nur bei rund fünf Prozent liegt. An einem Schwein, das rund 60 Kilo Fleisch hat, verdienen Werkvertragsfirmen nur etwa 1,03 Euro, zeigen Aussagen, die der NGG vorliegen. Trotzdem lohne sich das Geschäft für die Subunternehmen, so Brümmer. Die Margen in der Schlacht- und Zerlegebranche sind mit rund drei Prozent niedrig. Als Mitverursacher sieht der Gewerkschafter die mächtigen Handelsketten. „Der Handel ist der Preisdrücker.” Er sei wesentlich mitverantwortlich für die ausbeuterischen Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten in der Fleischbranche. Viele große Ketten – mit Ausnahme von Aldi – betreiben selbst Fleischwerke mit Werkverträglern…” Artikel von Katrin Terpitz und Michael Verfürden vom 16.7.2020 beim Handelsblatt online externer Link (im Abo)
  • Corona-Hotspot Fleischindustrie: Das Scheitern der Selbstverpflichtung 
    Die deutsche Fleischwirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten von einem Sektor mit vielen Kleinbetrieben zu einem industrialisierten Wirtschaftszweig mit wenigen Marktführern entwickelt. Die meisten Tätigkeiten, die eigentlich zum Kerngeschäft zählen, sind ausgelagert worden. Ziel war es, den mit der Osterweiterung der EU verfügbaren Pool billiger Arbeitskräfte auszuschöpfen und gleichzeitig die skandalösen Arbeitsbedingungen in undurchsichtigen Subunternehmerstrukturen zu verschleiern. Trotz zahlreicher Medienberichte über die haarsträubenden Arbeitsbedingungen und die Nichteinhaltung des Mindestlohns begnügte sich der Staat lange mit freiwilligen und sanktionsfreien Selbstverpflichtungen der Branche. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit fuhr bei Einführung des Mindestlohns sogar ihre Kontrollen zurück. Erst, als durch die unheilvolle Kombination schlechter Arbeits- und Wohnbedingungen mit hohen Infektionsraten mit Covid-19 im Frühjahr 2020 auch die allgemeine Gesundheit gefährdet wurde, verabschiedete das Kabinett einen Gesetzesentwurf, der das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch durch Werkvertragsnehmer ab dem 1.1.2021 untersagt und die Kontrollen verschärfen soll. Die neuen gesetzlichen Regelungen werden die Branche nur ändern, wenn dahinter auch ein ernsthafter staatlicher Umsetzungswille steht. Dazu muss der Kontrolldruck auf die Branche nachhaltig erhöht werden…” IAQ-Report 2020-07 von Gerhard Bosch, Frederic Hüttenhoff und Claudia Weinkopf externer Link
  • Engführung auf Werkverträge problematisch / Löhne drücken per Vertrag. Nicht nur in der Fleischindustrie sind Werkverträge ein Übel 
    • Wenn Tönnies & Co. ihre Arbeiter nicht mehr über Subunternehmen und Werkverträge ausbeuten würden, dann kostet das eine Handvoll Cent. Zugleich aber ist die Engführung auf Werkverträge problematisch“… »Anfang 2015 hatte Sigmar Gabriel – noch als Bundeswirtschaftsminister – das System der Ausbeutung in der deutschen Fleischindustrie als „Schande für Deutschland“ bezeichnet. Es ging vor allem um die oft desolaten Arbeits- und Wohnbedingen der osteuropäischen Werkvertragsarbeitnehmer. Daraufhin besuchte Gabriel das Tönnies-Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück und wurde von Firmenchef Clemens Tönnies persönlich durch die Produktion geführt. In der Folge einigten sich die sechs größten deutschen Fleischkonzerne unter Federführung von Gabriel und Tönnies auf eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Einhaltung sozialer Standards in der Fleischwirtschaft. Demnach sollten künftig auch alle Werkvertragsarbeitnehmer nach deutschem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht beschäftigt sein, die Zahl der Werkverträge reduziert sowie in die Unterkünfte investiert werden«, so das Politikmagazin „Panorama“. (…) Nachdem die miesen Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen – mal wieder und nun richtig massiv – hochgekocht wurden (weil diesmal nicht „nur“ diese Osteuropäer betroffen sind, sondern auch die einheimische Bevölkerung durch die Folgeprobleme der zahlreichen Corona-Infektionen), hat – wie bereits beschrieben – der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Situation dahingehend genutzt, nun endlich aufzuräumen in dieser Branche der Wiederholungstäter. Und er kann sich vieler Sympathien gewiss sein, wenn er ankündigt, man wolle das Werkvertragsunwesen mit den unüberschaubaren Subunternehmensketten für das Schlachten und für die Verarbeitung von Fleisch verbieten. Die Unternehmen sollen gefälligst eigene Beschäftigte anstellen und damit auch die damit verbundenen Arbeitgeberpflichten übernehmen. (…) Und zu welchem Ergebnis kommen den Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages? »Ein branchenbezogenes Verbot von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertragsgestaltungen in der Fleischwirtschaft würde nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weder das Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG noch unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung gegenüber Unternehmen anderer Wirtschaftszweige den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen.« An anderer Stelle hingegen findet man diesen Passus: Es müsse „gewissenhaft geprüft“ werden, »ob durch … weniger eingreifenden Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes bei Werkverträgen in der Fleischwirtschaft die festgestellten Missstände bereits behoben wurden oder absehbar behoben werden können. In einer solchen Situation könnte das in Rede stehende Verbot von Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen in diesem Wirtschaftszweig als unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG zu werten sein, der mithin nicht mehr verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre.« (…) Ich habe immer wieder die These vertreten, dass es sich bei vielen Werkverträgen in der Fleischindustrie in Wirklichkeit um unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung handelt. Dazu schreiben Elles und Strecker: »Es ist wahrscheinlich, dass ein Teil der Werkverträge die rechtlichen Anforderungen an solche Vertragsverhältnisse nicht erfüllen kann. Dies setzt nämlich voraus, dass der Subunternehmer die tatsächliche Kompetenz hat, einen Betrieb im Betrieb zu organisieren, er die Personalsteuerung und Gewährleistung übernimmt und anderes mehr. Kaum zu glauben, dass dies für die Hälfte aller Beschäftigten in den großen Schlacht- und Zerlegebetrieben gelten soll. Anstatt aber einem Missbrauch durch Schein-Werkverträge wirksam zu begegnen, will man die Vertragsmodelle an sich verbieten. Das ist so, als wollte man zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit die Selbständigkeit an sich abschaffen.« (…) Anselm Elles und Otto A. Strecker bilanzieren: »Beraten kann man Fleischunternehmen derzeit nur dahingehend, grundsätzliche und glaubhafte Innovationen in Geschäftsmodelle und Technologien auf den Weg zu bringen. Beides ist machbar, aber nicht kostenlos zu haben. Vertragsrechtliche Kosmetik zu betreiben, bei Beibehaltung der im Prinzip gleichen Arbeitsbedingungen, würde der Glaubwürdigkeit der Branche weiteren Schaden zufügen.« (…) Was würde eine Abschaffung der Werkverträge bringen – abgesehen von den durchaus erwartbaren positiven Effekten bei denen, die bislang gezwungen werden, unter diesen rechtlichen Restriktionen einer Erwerbsarbeit nachgehen zu müssen, die neben einer normalen Inanspruchnahme eben auch – wie viele Schlachtbetriebe in den vergangenen Jahren gezeigt haben – eine strukturelle Basis für Ausbeutung gerade ausländischer Arbeitskräfte darstellt, was man auch in anderen Bereichen, man denke hier an das Baugewerbe, beobachten muss? Neben der Tatsache, dass es für die Betriebe aufwändiger werden wird, weil sie eigenes Personal beschäftigen müssen und auch die bisherige Rekrutierung von Werkvertragsarbeitnehmern über teilweise mehr als dubiose zwischengeschaltete Subunternehmen, die im wahrsten Sinne des Wortes die personalpolitische Drecksarbeit erledigen, so nicht mehr funktionieren wird, bedeutet ein Festanstellungsmodell aufgrund der Besonderheit der Branche nicht automatisch eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Menschen in der Praxis. Das kann eine Folge sein, ist aber keine Zwangsläufigkeit. (…) Man kann erkennen, an wie vielen Stellschrauben man drehen und wie viele – in der heutigen Welt der durchoptimierten Produktion von Lebensmitteln kontrafaktische, weil – systemverändernde Eingriffe man vornehmen muss (vgl. zu den damit verbundenen Tiefen und Untiefen beispielsweise das Interview mit Maja Göpel, der Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen: Forscherin fordert Systemwandel in der Landwirtschaft externer Link). Das soll auf keinen Fall gegen eine Abschaffung von Werkverträgen in einer – von lobenswerten Unternehmensbeispielen abgesehen – Branche sprechen, die sich rückblickend als ausgesprochen veränderungsresistent erwiesen hat. Aber man muss davor warnen, wenn der Eindruck erweckt wird, wenn der Staat die Werkverträge hier abschaffen würde, dann wird das Ausgangsproblem beseitigt. Dazu müssten wie skizziert viel weitreichendere Veränderungen in der Fleischindustrie, aber auch in den vor- und nachgelagerten Bereichen vorgenommen werden. Und auch der Staat müsste endlich die notwendige Verantwortung übernehmen und das offensichtliche Staatsversagen in seinem hoheitlichen Kernbereich, also beim Arbeitsschutz, angehen und für eine effektive und deutlich ausgeweitete Kontrolle der Arbeitsbedingungen sorgen.“ Artikel von Stefan Sell vom 05.07.2020 bei Aktuelle Sozialpolitik externer Link
    • Löhne drücken per Vertrag. Nicht nur in der Fleischindustrie sind Werkverträge ein Übel“… Seit den 70er Jahren wurden in der Bundesrepublik ausländische Arbeitskräfte auf Werkvertragsbasis angeworben, Ende der 80er Jahre schloss die Bundesregierung mit mittel- und osteuropäischen Staaten Werkvertragsabkommen, vor allem, um den Bauboom nach der Wende mit Arbeitskräften abzusichern. Spätestens in diesen Jahren brachten Berichte über eklatante Missstände auf Baustellen Werkverträge in Verruf. Durch die Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, die den Aufbau eines Niedriglohnsektors förderten, schwenkten Unternehmen eine Zeit lang auf eine andere prekäre Beschäftigungsform um: die Leiharbeit. Gleichzeitig brachte die EU-Osterweiterung für die deutsche Wirtschaft neue Möglichkeiten, billige Arbeitskräfte aus Polen, Slowenien, Rumänien oder Bulgarien per Werkvertrag anzustellen. Der Anteil der Werkverträge nahm in dem Maße zu, so haben es Gewerkschaften beobachtet, wie Leiharbeit besser reguliert wird. (…) Was man darüber weiß, ist Beobachtungen von Gewerkschaften, Befragungen von Betriebsräten und Medienberichten zu verdanken. Und diese stützen den Verdacht, dass es sich bei Werkvertragsarbeit, die auf dem Betriebsgelände des »Kunden« erbracht wird, vielfach um Etikettenschwindel handelt, genauer um Betrug. Denn wenn Werkvertragsarbeitnehmer in die Arbeitsabläufe des Einsatzbetriebes eingegliedert sind, wenn dieser die Anlagen zur Verfügung stellt und Anweisungen etwa für Mehrarbeit erteilt, dann sind all das Hinweise, dass es sich in Wirklichkeit um verdeckte Leiharbeit handelt. Werkvertragsfirmen sind in dieser Form lediglich Vermittler von Arbeitskräften, ohne jedoch dafür zugelassen zu sein und ohne die damit verknüpften Rechte zu gewähren. »In der jetzigen Form führen Werkverträge und Leiharbeit zur Spaltung von Belegschaften in den Unternehmen und zu Mehr-Klassen-Gesellschaften in den Betrieben«, so ein Sprecher der IG Metall. Das bedroht auch die Stammbeschäftigten. Nicht nur, weil abgesicherte Arbeitsplätze verdrängt werden, sondern auch, weil die Mitbestimmung in mehrfacher Hinsicht ausgehöhlt wird: Je weniger Stammbeschäftigte, desto kleiner und weniger schlagkräftig der Betriebsrat, selbst wenn insgesamt die Zahl der Beschäftigten in einem Betrieb sogar gestiegen sein sollte. Zugleich sehen sich Betriebsräte mit der ständigen Drohung der Chefs erpresst, Werkvertragsbeziehungen auszuweiten, sollten sie sich irgendwo quer stellen. In der Fleischindustrie zwingen die unhaltbaren Zustände die Politik nun zum Handeln. Werkverträge, aber auch Leiharbeit sollen im Kernbereich der Fleischbranche verboten werden. Geht es nach Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, »noch in diesem Jahr«. Bereits im Juli will der Minister einen Gesetzentwurf vorlegen. Darauf richten sich die Hoffnungen. Zugleich ist Skepsis angebracht. Mehrere Gesetzesinitiativen reagierten direkt auf die Ausbeutung in der Fleischwirtschaft. Die bisherigen Maßnahmen reichten offenkundig nicht, um Missbrauch tatsächlich zu verhindern. Auch in anderen Branchen gab es gesetzliche Maßnahmen, um das Problem in den Griff zu bekommen. So war das Baugewerbe die erste Branche, in der 1996 ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag und Branchenmindestlohn auf alle nach Deutschland entsandten Arbeitskräfte ausgeweitet wurde. Immer fanden Unternehmen Schlupflöcher. (…) Hauptproblem ist und bleibt der Mangel an Kontrollen. Und wo sie stattfinden, verhindert ein undurchsichtiges Dickicht von Subunternehmen die Durchsetzung von Rechten…” Artikel von Ines Wallrodt vom 04.07.2020 im ND online externer Link
  • Corona-Ausbrüche auch in irischen, spanischen und britischen Schlachthöfen zwingen die EU zum Handeln / Bundesregierung: Tempo beim Verbot von Werkverträgen [auch Leiharbeit?] / [Arbeitsrecht] Die pandemische Verharmlosung des Werkvertrages 
    • Bundesregierung: Tempo beim Verbot von Werkverträgen [auch Leiharbeit?]“… Angesichts der Zustände in der Fleischindustrie will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil noch im Juli ein Gesetz zum Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit im Kernbereich der Branche vorlegen. Das sei “juristisch anspruchsvoll, aber machbar”, sagte er der “Welt am Sonntag”. Wenn es nach ihm gehe, könne das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten. Heil erklärte, er wolle das Thema auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli beginnt, auf die Tagesordnung setzen und verwies auf den außenpolitischen Schaden, der Deutschland durch den Skandal entstehe. Es gebe “in Europa erhebliche Diskussionen darüber, wie schlecht wir mit den rumänischen Landsleuten umgehen. Gleiches gilt in Bulgarien. Das müssen wir dringend ändern”, sagte der Sozialdemokrat. Die Kritik an Deutschland in der EU richtet sich indes auch gegen die wirtschaftlichen Folgen der Praxis der Werksverträge. Darauf wies EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit hin. Andere EU-Mitgliedsländer hätten bereits vor Jahren Beschwerden über die deutsche Fleischindustrie wegen unlauteren Wettbewerbs externer Link eingereicht, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Allerdings gebe es sozial schlecht abgesicherte und diskriminierte Saisonarbeiter nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Staaten, etwa in den Niederlanden oder in Südeuropa. (…) Der EU-Kommissar kündigte Leitlinien an, mit denen die Umgehung von EU-Sozialstandards europaweit verhindert werden solle…” Meldung vom 28.06.2020 bei tagesschau.de externer Link
    • Corona-Ausbrüche auch in irischen, spanischen und britischen SchlachthöfenCorona-Ausbrüche in Schlachthöfen sind kein rein deutsches Phänomen. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit will jetzt schnell handeln. Nach den Corona-Ausbrüchen in deutschen Schlachthöfen will die EU-Kommission jetzt rasch auf europäischer Ebene das Problem schlechter Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie angehen. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit sagte unserer Redaktion, die Kommission werde mit den EU-Staaten über das Problem schlecht abgesicherter Saisonarbeiter und die Umgehung von Sozialstandards sprechen. (…) Zu Corona-Ausbrüchen kommt es nicht nur in Schlachtbetrieben in Deutschland, sondern auch in anderen Staaten Europas. Das geht aus einer Übersicht der EU-Behörde für Krankheitsbekämpfung (ECDC) hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Danach wurden in den vergangenen Wochen in mehreren europäischen Staaten Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen und Fleischfabriken registriert – darunter in Irland mit insgesamt 560 betroffenen Beschäftigten, in Spanien mit rund 200 Mitarbeitern und in Großbritannien…” Artikel von Christian Kerl vom 28.06.2020 in der WAZ online externer Link
    • Die pandemische Verharmlosung des Werkvertrages: Die herrschende “Arbeitsrechtswissenschaft” auf AbwegenProf. Frank Bayreuther aus Passau darf in der neuesten Ausgabe der “Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht” (NZA) folgendes schreiben: “Ein Verbot des Abschlusses von Werkverträgen…… greift massiv in die Grundrechte (!) der nachfragenden Unternehmen (!) und noch intensiver in die der potentiellen Anbieter ein” (also der zutiefst seriösen Sub- Sub- Subunternehmer, RG). Und weiter: “Die Entscheidung eines Unternehmers, einen bestimmten Arbeits – oder Produktionsschritt durch Dritte (!) erbringen zu lassen (also die SPALTUNG DER BELEGSCHAFT DES BETRIEBES, statt der vom Bundesarbeitsgericht als konstitutivem Element der Betriebsverfassung hervorgehobenen EINHEIT DER BELEGSCHAFT, RG) ist…. ein elementarer Bestandteil der durch Art. 12 und 14 GG abgesicherten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit”…. Nach dieser Logik ist offenbar das gesamte Arbeitsrecht n u r gewährt, sofern es die angebliche “unternehmerische Entscheidungsfreiheit” unberührt läßt. Daß das Arbeitsrecht umgekehrt gerade per se die EINSCHRÄNKUNG DIESER VERMEINTLICHEN FREIHEIT darstellt kommt dem Herrn Professor nicht in den Sinn. Doch keine Ausrede ohne “Gipfel”: Natürlich müssen auch noch die Opfer des Werkvertragswahns vor sich selbst geschützt werden, denn: “Es kommt hinzu, daß bislang entsandte Kräfte keineswegs immer zum Abschluß von dauerhaften Arbeitsverträgen mit inländischen Auftraggebern bereit sind”. Natürlich: Die Werkvertragsbeschäftigten w o l l e n gar keinen Schutz. Solch Unsinn ist kein Zufall. Allerdings nimmt die mit angeblicher Regelungswut getäuschte Öffentlichkeit solche “Stimmen” ungern zur Kenntnis. Bereiten sie doch die spätere “Umbiegung” der Normen im Interesse der Unternehmen vor. Geradezu kreativ wird es wenn sich der Autor zu den medizinischen Dimensionen des Problems äussert (…) Wie gesagt: Die Opfer sind Schuld. So einfach ist das. In e i n e m aber kann dem Professor nur zugestimmt werden: Es wäre kaum plausibel, warum die Regelung erst im Januar 2021 in Kraft trete solle, weil es angesichts der augenblicklichen Lage doch erforderlich sei, umgehend zu handeln und zwar notfalls mit wesentlich schärferen (!) Mitteln des öffentlichen Gewerbe- und Gesundheitsrechts (sprich: Betriebsstillegungen)…. (NZA 2020, 773-776)…” Kommentar vom 28.6.2020 von und bei Rolf Geffken externer Link
  • Corona-Hotspot Schlachthof: Fleischkonzerne deuten Verzicht auf Werkverträge an – NGG: “Das sind Nebelkerzen” 
    „Das sind Nebelkerzen und der untaugliche Versuch, die angekündigten gesetzlichen Vorschriften zur Abschaffung von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischwirtschaft zu verhindern.“ So hat Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die heutige Ankündigung der Fleischkonzerne Tönnies, Westfleisch und Wiesenhof (PHW Gruppe), künftig auf Werkverträge zu verzichten, kommentiert. „Gut klingende Absichtserklärungen haben wir von dieser Branche schon viele gehört – geändert hat sich nichts. Das Ergebnis sehen wir heute: Mindestens 1,500 Menschen haben sich alleine nur bei Tönnies unverschuldet mit dem Corona-Virus infiziert. Hunderttausende Menschen leiden unter einem neuen Lockdown, die Wirtschaft in den betroffenen Kreisen liegt brach. Freiwillige Lösungen haben in der Fleischindustrie noch nie funktioniert und werden nicht funktionieren: Die Arbeits- und Lebensbedingungen in der deutschen Schlacht- und Zerlegeindustrie werden sich nur mit scharfen und engmaschig kontrollieren Gesetzen bessern.“ NGG-Pressemitteilung vom 23.06.2020 externer Link
  • Werkverträge in der Fleischindustrie abschaffen? Das vordergründige Skandal-Management der Bundesregierung – Lügen inbegriffen 
    “… Gute Absicht. Aber glaubwürdig? Seit vielen Jahren sind die Arbeits-Unrechts-Verhältnisse in den Fleischkonzernen am Standort Deutschland bekannt: bei Tönnies, Vion, Danish Crown, Westfleisch, Müller Fleisch, Böseler Goldschmaus usw. Da hatte die deutsche Niedriglöhnerei der Hartz-Allparteien-Koalitionen, ob von Schröder/SPD oder Merkel/CDU geführt, kräftig mitgeholfen. Ausländische Schlachtkonzerne wie Danish Crown aus Dänemark und Vion aus den Niederlanden verlegten Betriebe in den führenden Arbeits-Unrechts-Staat Deutschland, um mithilfe der noch heftigeren Ausbeutung ausländischer Arbeiter das Billigfleisch europa- und weltweit exportieren zu können. Das wurde immer wieder heftig kritisiert, allerdings nie von den Bundesregierungen und auch nicht von den Landesregierungen in NRW, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Bayern, wo die Fleischindustrie konzentriert ist. (…) Die neuen Eckpunkte von 2020 verweisen auf das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Es geht auf die Entsende-Richtlinie der Europäischen Union zurück. (Richtlinie 1996/71, seitdem in Deutschland mehrfach überarbeitet, zuletzt 2019). Es regelt die Arbeitsbedingungen ausländischer Beschäftigter im Inland in ausgewählten neun Branchen wie Bau, Gebäudereinigung, Briefdienste, Sicherheit und auch in Fleischbetrieben. Und zwar für Beschäftigte, die „vorübergehend“ tätig sind und aus EU-Staaten „entsandt“ werden. Hier haben die Bundesregierungen die EU-Richtlinie eingeschränkt: Die Fleischindustrie wurde erst ganz spät in die Liste aufgenommen, und durch die Liste werden die Geltungsbereiche eingeschränkt, nicht alle entsandten Arbeiter sind gemeint. Die Formulierungen sind zudem gewollt schwammig, also eigentlich untauglich. Sie widersprechen den elementarsten Anforderungen an die Rechtssicherheit von Gesetzen. Deutsche Variante des Rechtsstaats: So heißt es in § 1, dass es „angemessene Mindestarbeitsbedingungen“ geben soll. Gleichzeitig soll aber auch „der Wettbewerb“ gewährleistet sein durch „faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen“. Für die ausländischen Arbeiter sollen also nicht die üblichen Bedingungen gelten, wie in der EU-Richtlinie vorgesehen, sondern es gelten „angemessene Mindest-Bedingungen“. Hier wird gesetzlich das Tor für Ausnahmeregelungen weit geöffnet, und dafür, dass sie auf jeden Fall unterhalb der sonstigen Standards liegen. „Angemessen“ – woran gemessen? Das bestimmen Tönnies, Vion, Danish Crown, Westfleisch & Co. Jedenfalls bestimmen das „Angemessene“, wie wir seit zwei Jahrzehnten wissen, nicht die Arbeiter aus Bulgarien, Polen, Rumänien, Ungarn, Moldau, Ukraine. Die hätten sicherlich gern etwas mehr, wenn man sie fragen würde. Aber sie werden nicht gefragt. Die würden auch gern weniger für das Bett im Mehrbettzimmer bezahlen, wenn man sie fragen würde. Die würden auch gern ihre wöchentlichen 20 Überstunden bezahlt kriegen, wenn man sie fragen würde, oder, was meinen Sie? Und warum bleiben sie stumm, warum werden sie stumm gehalten im Rechtsstaat, in dem die Meinungsfreiheit so ein alleroberster Wert ist? Und auch deren Vermittler, die Werkvertragsfirmen, unterwerfen sich den Vorgaben von Tönnies & Co. Omertà. Und das Entsendegesetz zielt auf „vorübergehende“ Arbeit. Wie lange das „vorübergehend“ dauert, bleibt schwammig. Die Arbeiter sollen also von vornherein nicht einen Dauer-Arbeitsplatz bekommen. Vielmehr sollen sie nach Gebrauch bzw. Verbrauch unter „Mindest“-Standards wieder abhauen, zurückgeschickt werden, ausgetauscht werden. Je nachdem, wie lange sie es in der engen, teuren Massenunterkunft des deutschen Un-Rechtsstaats aushalten. (…) Clemens Tönnies hat jetzt nach der Infektionswelle schon signalisiert: Wir sind einverstanden – keine Werkverträge mehr, auch keine Leiharbeit, sondern Direktanstellung! Die Fleischindustrie braucht sich nur umzusehen im Arbeits-Unrechts-Staat Deutschland. Da gilt völlig legal die sachgrundlose Befristung. Der Unternehmer braucht nicht anzugeben, warum ein Arbeitsvertrag befristet ist, auf ein Jahr, auch auf zwei Jahre, auf drei Jahre. Oder wie es in der Hotelreinigung üblich ist: Unter den geschlossenen Augen der gesetzesfreudigen Bundesregierungen werden Verträge etwa über 20 Wochenstunden abgeschlossen. Weil aber die Arbeit pro Stück – sprich pro gereinigtes Zimmer – zu erledigen ist, kann da schon mal eine 25- oder 30-Stunden-Woche herauskommen. Im Vertrag steht zwar hochkorrekt der geltende Mindestlohn und die gendermäßige Formulierung. Aber durch die notwendig höhere Stundenzahl wird der Mindestlohn unterlaufen. Auch das Schlachten und Zerlegen von Schweinen, Rindern und Hühnern lässt sich pro Stück vergeben. (…) Zudem sollen Verletzungen des neuen Gesetzes wie im Arbeitnehmer-Entsendegesetz nicht als Straftat behandelt werden, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit. Bestenfalls also Kavaliersdelikte mit Bußgeld aus der Futterkasse, falls mal ein Aufsichtsbeamter vorbeikommen sollte. Die EU selbst übt keine Kontrolle auf dem Gebiet der Arbeitsrechte aus. Sie überlässt die Kontrolle den nationalen Behörden – wohlwissend, dass die im Wesentlichen als Komplizen der Unternehmer handeln bzw. nicht handeln. (…) Die Kehrseite der „vorübergehenden“ Wanderarbeit als Dauerzustand: Das Reservoir in den unterentwickelt gehaltenen neuen EU-Staaten soll erhalten bleiben. Zeitlich begrenzte Billigarbeit in den reichen EU-Gündungsstaaten, wie auch mit den Spargelstechern und sonstigen Saisonarbeitern praktiziert – gleichzeitig werden die armen EU-Staaten in Osteuropa in volkswirtschaftlicher Unterentwicklung gehalten. So bleibt das erpressbare, stumme Reservoir für die mobile, austauschbare Reservearmee erhalten. So wird auch die Lüge von den diversen „Facharbeiter-Lücken“ ständig weiter alimentiert. Wenn sich die Bundesregierung nicht aus den EU-Regularien und EU-Praktiken verabschiedet, werden auch Tönnies & Co wie bisher ihren in den Richtlinien garantierten Wettbewerbsvorteil immer irgendwie erhalten können, mit neuen Umgehungs-Konstrukten und mit Billigung und Förderung von sich unwissend gebenden Dauer-Rechtsbrechern. (…) Die Beratungsstellen gehen nicht offensiv in die Betriebe, sondern warten auf verängstigte Werkvertragler, die es wagen, sich an die Beratungsstellen zu wenden. Die Beratung der wenigen Betroffenen beschränkt sich auf das Unmittelbare. Aber die individuelle Stärkung für den Gang vor Gericht oder die kollektive Stärkung etwa durch praktische Heranführung an die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft werden in diesem Gewerkschaftsprojekt nicht gefördert. Betriebsratsgründung? Noch nie gehört. Die in der Schlachtindustrie praktizierten Rechtsbrüche werden von den DGB-Beratungsstellen nicht zur Anzeige gebracht – einmal, 2017, wurden zwei Arbeiter gegen die Tönnies-Werkvertragsfirma Besselmann vor Gericht vertreten, eine Ausnahme. Dass der Status als Werkvertragler ein Rechtsbruch, ein Betrug ist, weil es sich in Wirklichkeit um Leiharbeiter handelt – keine Kampagne beim DGB…” Artikel von Werner Rügemer vom 7. Juni 2020 bei gewerkschaftsforum.de externer Link
  • Arbeitsrechtlerin über Fleischindustrie: „Die Arbeitnehmer sind machtlos“
    “[taz: Frau Brors, eine Verschwiegenheitspflicht etwa zum Gehalt, wie von der Deutschen Schlacht und Zerlegung (DSZ) in Bad Bramstedt gefordert, steht ja in vielen Arbeitsverträgen. Was ist denn daran problematisch?] Christiane Brors: Verschwiegenheitsklauseln sind üblich und auch zulässig, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat. Das gilt aber nicht für das Gehalt und allgemeine Dinge, die der Arbeitnehmer im Betrieb kennenlernt. Das ist viel zu weitgehend. Mit berechtigtem Interesse sind Betriebsgeheimnisse gemeint, mit denen der Arbeitnehmer nicht zur Konkurrenz laufen darf. (…) [Warum schreiben die dann so was rein?] Dass Klauseln verwendet werden, die rechtswidrig sind, passiert schon mal im Arbeitsrecht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese Vertragswerke oft nicht angegriffen werden und Arbeitnehmer nicht klagen. Benutzt werden solche Vertragswerke auch, um Arbeitnehmer einzuschüchtern. (…) [Wie kann man sich wehren?] Die Arbeitnehmer sind da relativ machtlos. Wenn sich der Arbeitnehmer weigert, mehr zu arbeiten, kann er in der Praxis unter Druck gesetzt und mit einem Rausschmiss bedroht werden. Das wird bei vielen Arbeitnehmern dazu führen, dass sie die Rechte, die sie haben, gar nicht geltend machen. (…) [Der Gesetzgeber ist in den vergangenen Jahren auf die Probleme aufmerksam geworden. Woran hapert es noch?] Der Gesetzgeber hat überlegt, Werkverträge in diesem Bereich zu verbieten. Das ist der falsche Weg. Man müsste darauf achten, dass die gesetzlichen Arbeitsbedingungen eingehalten und kontrolliert werden – am besten mit einer verpflichtenden und transparenten Arbeitszeitkontrolle, die von den Behörden überwacht wird. Dazu müsste noch ein höherer Mindestlohn kommen sowie Überstundenzuschläge. [Was müsste wer dafür tun?] Man könnte einen Tarifvertrag abschließen, der für allgemeinverbindlich erklärt wird. Damit hätte man auch Leute erfasst, die nicht in der Gewerkschaft sind. Der Gesetzgeber sollte das anstoßen. Wenn die Tarifvertragsparteien das nicht hinbekommen, müsste die Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz geregelt werden. Der EuGH hat Deutschland ohnehin dazu verpflichtet, eine objektive, verlässliche und zugängliche Arbeitszeiterfassung einzurichten.“ Interview von Gernot Knödler mit Christiane Brors vom 11.06.2020 in der taz online externer Link
  • Wie weiter gegen das System Tönnies? Mit Betriebsinspektoren und gewerkschaftlicher task-force! 
    “… Jetzt, in der Corona-Krise, entdeckt Arbeitsminister Heil (SPD), daß das Werkvertragssystem Schuld ist an den Corona-Ansteckungen in der Fleischbranche. Er plant, das Gesetz abzuschaffen. Damit würde es zum ersten Mal seit Jahrzehnten einen radikalen Vorstoß von SPD-Seite geben für die Interessen von ArbeiterInnen. Ob Minister Heil das gelingen wird angesichts der Macht der Fleischbarone, der CDU/CSU und FDP, ist noch unklar. Ob statt der Abschaffung nur ein fauler Kompromiß rauskommt! Was tut jetzt not, was fordern wir? Prälat Peter Kossen schrieb: „So wie im Schlachthof die Tierkörper laufend auf Parasiten untersucht werden, so muss eine Arbeitskontrollbehörde die Betriebe und Subunternehmer ständig auf Ausbeutung und Sklaverei untersuchen.“ Er schlug den Einsatz von Betriebsinspektoren vor. Diese müßten Vollmachten haben, die bisher auf viele Institutionen und Behörden verteilt sind. Diese Betriebsinspektoren müssten „scharfe Hunde“ sein, die zu beißen vermögen. Die sich nicht kaufen oder bestechen lassen. Die Fleischkonzerne müssen verpflichtet werden, allen ausländischen Arbeitnehmern akzeptablen Wohnraum bei Arbeitsaufnahme zur Verfügung zu stellen. Auch das muß kontrolliert werden. Weiter ist es notwendig, daß die Gewerkschaften task-forces einrichten, die sich sofort um jeden Fall kümmern, wo Beschäftigte wie Dreck, entwürdigend, behandelt werden. In diesen task-forces müssen überzeugte und kämpferische KollegInnen eingesetzt werden, für die es ein Herzensanliegen ist, für humane und zivile Verhältnisse in der Fleischindustrie zu sorgen. Es müssen Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet werden, die zuständig sind für die Fleischindustrie, für das Werkvertragssystem – wo es noch besteht. Aktion./.Arbeitsunrecht hatte schon vor Jahren Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Fälle von union busting (besonders durch spezialisierte und von den Firmenleitungen angeheuerte Anwaltskanzleien) gefordert. Diese könnten für beide Sachgebiete zuständig sein. Und es ist dann Aufgabe von Initiativen – wie es sie schon gibt – , also von uns, die Betriebsinspektoren und die task-forces durch Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen, ihnen den Rücken zu stärken…“ Beitrag vom 09.06.2020 bei Jour Fixe – Gewerkschaftslinke Hamburg externer Link
  • Verbot von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassungen – nur in den Großschlachtereien und erst ab 2021 (Beschluss und Reaktionen)  
    • Fleischindustrie: Sie werden wie »Wegwerfmenschen« behandelt 
       Das Leben hat in Fleischfabriken keinen Wert. Nicht nur das der Tiere. Es herrschen unmenschliche Zustände. Eine Handvoll Schlachtkonzerne beutet Tausende Arbeitsmigranten aus. Pfarrer Peter Kossen über moderne Sklaverei — mitten in Deutschland. (…) Jacobin sprach mit Peter Kossen über die Arbeitsbedingungen, vor welchen Problemen Arbeitsmigrantinnen stehen und was die katholische Soziallehre von Karl Marx lernen kann. Der katholische Pfarrer aus Lengerich setzt sich seit Jahren für die Rechte von Arbeitsmigranten in der Fleischindustrie ein. (…) [Wie sind Arbeitsmigrantinnen mit Werkverträgen versichert?] Die meisten dieser Arbeiterinnen und Arbeiter sind mittlerweile nach deutschem Recht sozialversicherungspflichtig angestellt und damit auch krankenversichert. Das ist, wenn man so will, besser geworden in den letzten Jahren. Das war schon mal ungeklärter, als die Menschen über Entsendung kamen. Mein Bruder beschreibt, dass viele sich aber nicht krankschreiben lassen wollen, bei Schnittverletzungen oder Krankheiten, weil sie einfach klare Ansagen gekriegt haben, dass jemand, der zu oft krank geschrieben wird, seinen Job verliert. [Wenn es jetzt tatsächlich so sein wird, dass es diese Werkverträge ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr gibt und die Arbeitsmigrantinnen zu Festangestellten werden, wie schätzt Du die Chancen der Gewerkschaften ein, diese Menschen zu organisieren? Und mit welchen Barrieren sind Gewerkschafterinnen generell konfrontiert?] Ich habe in den letzten Jahren sehr gerne mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zusammengearbeitet, weil ich die Menschen auch engagiert für die Situation der Nichtmitglieder erlebt habe. Zunächst einmal sind die Gewerkschaften für ihre Mitglieder da und vertreten sie, aber gerade die NGG hat das meines Erachtens auch weiter gesehen und sich weiter engagiert. Sie haben tatsächlich in den letzten Jahren auch neue Mitglieder gewonnen, auch unter Arbeitsmigranten. Sicher nicht in der Masse, aber sie haben welche gewonnen. Eine Schwierigkeit ist, dass Leute aus Rumänien und Bulgarien Gewerkschaften aus der Heimat, wie auch viele andere Behörden, als korrupt kennen, jedenfalls nicht als hilfreich und deshalb Gewerkschaften gegenüber sehr skeptisch sind. Von daher wird man sehen müssen. Das wäre natürlich sehr zu begrüßen, wenn die Arbeitsmigranten, sobald sie in Festanstellung kommen, sich auch gewerkschaftlich organisieren…“ Interview von İlker Eğilmez mit Peter Kossen vom 03.06.2020 bei Jacobin externer Link
    • [Projekt „Refugees@work“] Göttinger Wissenschaftler fordern: Schluss mit Werkverträgen in Schlachthöfen
      “Das Soziologische Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) fordert, beruhend auf Ergebnissen eines Forschungsprojektes, die umstrittenen Werkverträge für Mitarbeiter in Schlachtbetrieben abzuschaffen. (…) Maßgeblich verantwortlich für schlechte Arbeitsbedingungen seien das Werksvertragssystem, in dem die Arbeiter stecken. Befunde des SOFI-Projekts „Refugees@work“ externer Link, bei dem auch Betroffene befragt wurden, zeigten, wie fehlende Ansprüche auf Leistungen der Sozial- und Krankenversicherung für ost- und südeuropäische Migrantinnen und Migranten den Druck verstärken, die Arbeit zu (fast) allen Bedingungen anzunehmen. „Viele der von uns Befragten machen den Job in der Zerlegung oder Industriereinigung, weil sie durch Sozial- und Aufenthaltsrecht gezwungen sind, quasi jede Arbeit anzunehmen“, sagt Dr. Peter Birke. „Eine unbürokratische und sanktionsfreie Gewährung von Leistungen der Grundsicherung sowie ein Zugang zu Wohnraum und Gesundheitsversorgung ist deshalb notwendig.“ (…) Den Vorschlag, Werkverträge zu verbieten, sehen die Forscherer positiv: „Werkvertragsvergabe führt dazu, dass weder die auftraggebenden Unternehmen noch die Subunternehmen Verantwortung für Arbeitsschutz und die Einhaltung rechtlicher Standards übernehmen. Ein Verbot wäre von daher nur konsequent“, sagt Prof. Dr. Nicole Mayer-Ahuja, Leiterin des Projekts und Direktorin des SOFI. (…) Die Projekt-Ergebnisse verdeutlichen auch, wie wichtig Beratung und Unterstützung bei Ämtergängen ist: „Die Befragten kümmern sich um ihre Anliegen und treten für ihre Rechte ein. Das Bild des wehrlosen Opfers ist falsch. Auch nähmen die Betroffenen gerne Hilfe durch Experten in Anspruch. Dieses Beratungsangebot sei auszuweiten, wie auch ein ständiges Monitoring der Arbeits- und Lebensbedingungen in der niedersächsischen Fleischindustrie notwendig erscheint…“ Artikel von Thomas Kopietz vom 27.05.2020 in Hessische Niedersächsische Allgemeine online externer Link, siehe auch:
      • Zur geplanten Reform der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie 
        “Das vom Bundeskabinett beschlossene „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischindustrie“ externer Link verspricht gewerkschaftliche Kernforderungen zu erfüllen. Ob damit die konkreten Arbeitsbedingungen der, vor allem aus Osteuropa stammenden, Arbeiter_innen grundlegend verbessert werden, bleibt allerdings offen. (…) Zwar greift dieses Vorhaben eine Grundforderung der Gewerkschaften auf, doch die Probleme für die Arbeiter_innen gehen weit darüber hinaus externer Link. Da die über Werkverträge Beschäftigten meist eigens für die Arbeitsstelle aus Osteuropa einreisen, sind sie auf die Bereitstellung von Unterkunft und Mahlzeiten durch den Arbeitgeber angewiesen. Zwar bekommen die Arbeiter_innen offiziell meist den Mindestlohn, doch bleibt der faktische Lohn nach diesen obligatorischen und systematisch überhöhten Abgaben an den Arbeitgeber deutlich unter diesem. Doch eine notwendige gesetzliche Regelung der Mindeststandards der Unterbringung wird die Bundesregierung lediglich „prüfen“. Eine tiefgehende, wissenschaftliche Analyse der Lage osteuropäischer Arbeiter_innen in der Fleischindustrie bietet die im Januar 2020 erschienene Studie von Peter Bierke und Felix Blum externer Link  vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen. Sie beleuchtet verschiedene Arbeitsprozesse der Arbeiter_innen in der Fleischindustrie und wie diese zu je spezifischen Ausbeutungsverhältnissen aber auch Widerstandsmomenten führen. Dadurch, dass die Arbeiter_innen nicht nur der Prekarität der Arbeitsbedingungen, sondern auch des Aufenthaltsrechts unterworfen sind, bleiben die Autoren der Studie pessimistisch was ein mögliches Ende der Werk- und Leihverträge anbelangt (…) Es ist zu beachten, dass es sich lediglich um einen Beschluss des Kabinetts handelt, also der gesamte Gesetzgebungsprozess noch aussteht. Besonders von den Unionsparteien und einzelnen Landesregierungen ist dabei heftiger Widerstand zu erwarten. Dass es sich bei dem Beschluss um eine reine Absichtserklärung handelt, deren gesetzliche Ausgestaltung und praktische Umsetzung noch völlig unklar ist, betont auch Stefan Sell: „Das wird vielen nicht schmecken, wenn es konkret wird.“ Es steht also zu befürchten, dass die Bundesregierung hofft, die momentane öffentliche Aufmerksamkeit nach diesem Aufschlag auszusitzen. (…) Durch den Streik der rumänischen Saisonarbeiter_innen in Bornheim und die Corona-Ausbruchsherde in der Fleischindustrie, bekommen die Arbeitsbedingungen osteuropäischer Arbeiter_innen momentan medial erhöhte Aufmerksamkeit. Ob diese auch wirklich zu grundlegenden Verbesserungen führt, ist dagegen noch lange nicht gesichert – trotz dieses viel beachteten Kabinettsbeschlusses. Abgesehen davon, dass der konkrete Gesetzgebungsprozess noch aussteht, betrifft der Beschluss vor allem das Arbeitsrecht und lässt strukturelle Benachteiligungen, die die Arbeiter_innen als Migrant_innen oder Geflüchtete haben, außer Acht.“ Beitrag der Studierendenzeitschrift diskus externer Link (ohne Datum)
    • [Fleischwirtschaft will gegen die Auflagen vorgehen] Lohndumping mit Werkverträgen 
      Nach den Coronafällen in der Fleischbranche will die Bundesregierung dort jetzt Werkverträge über Subunternehmen verbieten. Sind nun auch Billiglöhne in anderen Branchen bald Geschichte? Auch beim Bau, in der Logistik oder der Gebäudereinigung kritisieren Gewerkschaften seit Jahren, dass der Tariflohn umgangen und Arbeitnehmer über Subunternehmen ausgebreitet werden. Trotzdem wollen Union und Wirtschaftsverbände kein grundsätzliches Verbot dieser Praxis. Und auch die Fleischwirtschaft will gegen die neuen Auflagen von Bundesarbeitsminister Heil jetzt vorgehen und klagen.” Beitrag in der Sendung Westpol am 24.05.2020 beim WDR externer Link 
    • Werkverträge soll es in der Fleischindustrie nicht mehr geben. Ab dem kommenden Jahr. Vorhang wieder runter vor der Schlachthausszenerie. Aber Fragezeichen bleibenAm Ende war es dann doch zu viel. Trotz eines enormen Drucks ganz unterschiedlicher Lobbyisten konnte die Entscheidung, die Werkverträge in der Fleischindustrie zu verbieten und weitere Auflagen zu verhängen, nicht mehr aufgehalten bzw. deutlich verwässert werden. Auf den ersten Blick ist das vor dem Hintergrund der nun wirklich desaströsen Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen des Landes ein Erfolg, der gar nicht so wahrscheinlich war. Gerade deshalb ist das wirklich ein Erfolg, den es in weiteren Schritten zu sichern gilt. (…) Es sind Eckpunkte, die im weiteren Gang der Dinge mit Leben gefüllt werden müssen. Aber immerhin findet man in den zehn Punkten diesen zentralen Beschluss, der nur noch schwer wieder aus der Welt zu bekommen ist: »Ab dem 1. Januar 2021 soll das Schlachten und die Verarbeitung von Fleisch in Betrieben der Fleischwirtschaft im Sinne des § 6 Absatz 10 Arbeitnehmer-Entsendegesetzes nur noch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des eigenen Betriebes zulässig sein. Damit wären Werkvertragsgestaltungen und Arbeitnehmerüberlassungen nicht mehr möglich. Bei der Ausgestaltung ist auf eine rechtssichere Branchenabgrenzung zu achten, die sicherstellt, dass eine gesetzliche Regelung nur Unternehmen trifft, deren Kerngeschäft Schlachten und Fleischverarbeitung ist. Für Betriebe des Fleischerhandwerks ist eine gesonderte Betrachtung möglich. Es sind ahndende Regelungen gegen Verstöße vorzusehen.« Man sollte bei aller berechtigten Freude über den nun gefassten Beschluss aber mit der zugleich vor allen Gesetzgebungsverfahren angezeigten Skepsis hinsichtlich dessen, was am Ende hinten rauskommt, darauf hinweisen, dass 1.) es ein Verbot geben soll, 2.) das Verbot erst ab dem 1. Januar des kommenden Jahres in Kraft treten soll 3.) und dass der der Ausgestaltung auf eine „rechtssichere“ Branchenabgrenzung geachtet werden soll. Der Hinweis auf eine „rechtssichere“ Branchenabgrenzung ist mit Sicherheit nicht en passant in den Beschluss gerutscht, sondern verweist auf eine derzeit offene Frage: Auf welcher Rechtsgrundlage und mit welcher expliziten Begründung entzieht man den Unternehmen der hier im Mittelpunkt stehenden Branche an sich rechtlich zulässige Instrumente wie den Werkvertrag und die Arbeitnehmerüberlassung, die aber in anderen Branchen weiterhin in Gebrauch sein dürfen und werden? Man könnte an dieser Stelle auf die Idee kommen, dass man hier an eine Analogie zu einem Verbot der Leiharbeit in einer ganz bestimmten Branche gedacht hat, der einzigen Branche, in der die Arbeitnehmerüberlasung explizit untersagt worden ist: dem Baugewerbe. Und wenn man sich die Entstehungsgeschichte dieses Verbots in Erinnerung ruft, dann wird durchaus eine Parallele zur Fleischindustrie erkennbar (…) Das Verbot der Leiharbeit im Baugewerbe war gleichsam eine Notbremse, die man gezogen hat, um die betroffenen Arbeitnehmer, aber auch die korrekt agierenden Bauunternehmen zu schützen. Man kann sich gut vorstellen, dass das als Blaupause herangezogen wird, wenn es um die rechtliche Ausgestaltung dessen geht, was in den Eckpunkte nunmehr vereinbart wurde. Die Eckpunkte enthalten weitere Vereinbarungen, die ebenfalls vor allem als Soll-Formulierungen daherkommen und einer rechtlich sauberen Präzisierung bedürfen…” Beitrag vom 21. Mai 2020 von und bei Stefan Sell externer Link
    • Clemens Tönnies fordert fairen WerkvertragBundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat angekündigt, in der Fleischbranche „aufräumen“ zu wollen. Deshalb hat die Bundesregierung Maßnahmen beschlossen, um die Bedingungen in den Betrieben zu verbessern. Nun hat sich das Unternehmen Tönnies zu dem Thema geäußert. n einer Mitteilung erklärt die Rheda-Wiedenbrücker Unternehmensgruppe, dass man im Dialog mit NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) und Heil eine konsequente und konstruktive Neuregelung von Werkverträgen ins Spiel bringen wolle. (…) Konkret schlägt der Unternehmer fünf Punkte vor: 1. Abschaffung von Werkverträgen auf Basis der A1-Arbeitnehmerentsendung. Das heißt: deutsches Arbeitsrecht und deutsche Sozialversicherung für alle Beschäftigten. 2. Abschaffung von undurchsichtigen Sub-Sub-Konstruktionen. Ausschließlich Werkverträge unter zwei Partnern bleiben zulässig: Auftraggeber und Auftragnehmer. 3. Erweiterung der Durchgriffshaftung des Auftraggebers auf die Verhältnisse des Wohnraums, der Auftraggeber haftet für eine menschenwürdige und wirtschaftlich faire Unterbringung aller Beschäftigten. 4. Die Ausgestaltung der Wohnraum-Verhältnisse sowie die der Werkverträge in Bezug auf die faire Behandlung der Arbeitnehmer wird durch eine unabhängige Stelle / Zertifizierungs-Organisation (TÜV/SGS o.a.) zwingend überwacht. 5. Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns in der Branche auf 12 Euro brutto pro Stunde. Tönnies bietet der Bundesregierung an, seine Fachexpertise in den Gesetzgebungsprozess einzubringen. (…) Ein generelles Verbot von Werkverträgen nur in einer Branche, der Fleischwirtschaft, hätte große wirtschaftlichen Risiken für die deutsche Agrarwirtschaft zur Folge…” Artikel vom 22.05.2020 in Die Glocke online externer Link – eine gewichtige Lobby-Stimme zu dokumentieren. Für die Aktivitäten von Tönnies siehe die gefühlte Hälfte unserer Berichterstattung in der Rubrik Fleischbranche
    • Kabinettsbeschluss Strenge Regeln und Verbote für FleischbrancheDas Bundeskabinett hat nach den jüngsten Corona-Ausbrüchen in der Fleischindustrie nach Informationen von tagesschau.de ein Verbot von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassungen in der Branche beschlossen, das von kommenden Jahr an in Kraft treten soll. In der Kabinettsvorlage heißt es: “Ab dem 1.1.21 soll das Schlachten und die Verarbeitung von Fleisch in Betrieben der Fleischwirtschaft […] nur noch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des eigenen Betriebes zulässig sein. Damit wären Werkvertragsgestaltungen und Arbeitnehmerüberlassungen nicht mehr möglich. […] Für Betriebe des Fleischerhandwerks ist eine gesonderte Betrachtung möglich. […]” Im Klartext bedeutet das, dass keine Leiharbeiter mit Werkverträgen – auch keine aus Billiglohnländern – mehr zum Einsatz kommen dürfen. Betroffen sein werden allerdings lediglich Unternehmen, deren Kerngeschäft das Schlachten und die Fleischverarbeitung sind: also vor allem Großbetriebe. Das Fleischerhandwerk mit seinen vielen kleinen Betrieben bleibt von der Neuregelung ausgeschlossen. (…)Damit die neuen Vorschriften in der Branche auch eingehalten werden, soll es schärfere und häufigere Kontrollen geben. Wie aus Regierungskreisen verlautete, sollen die Arbeitgeber auch zu einer digitalen Arbeitszeiterfassung verpflichtet werden. Das Bußgeld für Arbeitszeitverstöße wird laut Kabinettsentwurf auf bis zu 30.000 Euro verdoppelt…” Meldung vom 20.05.2020 bei tagesschau.de externer Link, siehe dazu:
      • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2020): Eckpunkte „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft“ externer Link  Berlin, 20.05.2020
      • „Aus dem Kabinettsbeschluss muss ein Gesetz werden“. NGG begrüßt Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie als MeilensteinZum heutigen Beschluss des Bundeskabinetts zu Eckpunkten eines „Arbeitsschutzprogramms für die Fleischwirtschaft“ hat Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), erklärt: „Wir begrüßen, dass das Bundeskabinett heute schärfere Regeln für die Fleischindustrie beschlossen hat und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wie angekündigt ‚in der Branche aufräumen‘ will. Der Beschluss ist ein sehr guter Anfang, damit der Missbrauch von Werkverträgen in der Fleischindustrie und die Ausbeutung der in Sub-, Sub-Subunternehmen ausgebeuteten Werkvertragsbeschäftigten beendet werden kann. Laut Kabinettsbeschluss soll das Schlachten und Zerlegen ab 2021 nur noch mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des eigenen Unternehmens zulässig sein. Dieses angekündigte Verbot kommt der Beseitigung eines Krebsgeschwürs gleich. Richtig und wichtig ist es, dass schärfer kontrolliert wird und die Kontrollen sich auch auf die Wohnungen und Unterkünfte erstrecken. Dringend notwendig ist es, die Kontrollkapazitäten in den Bundesländern, die teilweise kaputtgespart worden sind, wieder aufzustocken. Mit einer digitalen Zeiterfassung kann auch endlich dem Betrug bei den Arbeitszeiten ein Ende gesetzt werden. Jetzt gilt es, diesen Beschluss im Gesetzgebungsverfahren Eins zu Eins umzusetzen. Wir warnen die CDU/CSU-Fraktion davor, diesen Kabinettsbeschluss im Bundestag zu schleifen oder zu verwässern.“” NGG-Pressemitteilung vom 20. Mai 2019 externer Link
      • Werkverträge abschaffen alleine reicht nichtDamit sich wirklich etwas in der Fleischindustrie bewegt, braucht es auch dauerhaften öffentlich Druck, meint Elmar Wigand (…)Weil sich die Bürger im Kreis Coesfeld eine kollektive Ausgangssperre einfingen – aufgrund einer Infektionswelle bei Westfleisch externer Link -, empörten sie sich auf einmal über katastrophale Arbeitsbedingungen und Wohnverhältnisse von Migranten. Dass in dieser plötzlichen Empörung eine gewisse Heuchelei liegt externer Link, sollten wir derweil großzügig behandeln. Weil das Interesse für Werkverträge eine unverhoffte Chance ist. Zwar sollte das Ausmisten nicht bei der Fleischindustrie halt machen externer Link, aber irgendwo muss man anfangen und da ist es klug, sich den größten und übelsten Sektor heraus zu greifen. Aber wir dürfen nicht vergessen: In der Landwirtschaft, dem Reinigungsgewerbe, dem Bau und vielen Zulieferbetrieben der Autoindustrie ist es nicht viel besser. Osteuropäer*innen sind überall dort anzutreffen, wo es industrielle Drecksarbeit zu machen gibt externer Link. In diesen Branchen sind durch EU-Osterweiterung und Hartz-Gesetze riesige Bereiche ohne Betriebsräte und Tarifverträge, ohne behördliche Kontrollen entstanden. Hier grassiert ein Rechtsnihilismus, von dem die meisten braven Bürger nur eine leise Ahnung haben (wollen). Es ist darüber hinaus sogar sehr gut, dass Heil und Laumann nicht nur von einzelnen »schwarzen Schafen« und »Missbrauch von Werkverträgen« reden – oder wie manche NGOs »WerkFAIRträge« fordern – , sondern die Werkverträge generell abschaffen wollen. Denn rund um das Konstrukt Werkvertrag wuchert ein sozialschädlicher und moralisch verkommener Dschungel aus mafiösen Sub-Unternehmern und betrügerischen Generalunternehmern. Leider haben die wenigsten begriffen, dass es sich bei den so genannten Werkverträgen in Wirklichkeit um ein riesiges Betrugsmanöver handelt. Tatsächlich hätte der Staat den Sumpf auch ohne Gesetze und Sonderregeln längst austrocknen können. Die angeblichen »On-Site-Werkverträge« sind bei Licht betrachtet nur juristisch verbrämte illegale Arbeitnehmerlassung. Weder Clemens Tönnies, der größte Alligator im Schlachthof-Sumpf, noch seine Subunternehmer geben sich große Mühe, diese Tatsache zu kaschieren. Hinzu kommt der Straftatbestand des systematischen Mietwuchers. Hier wird das wahre Problem deutlich: Ermittlung, Strafverfolgung und Kontrollen finden nicht statt. Staatsanwaltschaften bleiben untätig, Arbeitsschutz-Abteilungen der Bezirksregierungen, Gewerbeaufsicht und Zoll sind unterbesetzt. Solange aber einzelne Kriminelle nicht empfindliche Strafen ereilen, ist keine grundlegende Änderung zu erwarten…” Kommentar von Elmar Wigand vom 20.05.2020 im ND online externer Link
      • Kabinettsbeschluss kann Missstände an großen Schlachthöfen wirksam bekämpfen – jetzt kommt es auf Umsetzung an. Germanwatch: Guter Tag für Schutz der Beschäftigten – Landwirtschaftsministerin Klöckner nun am ZugGermanwatch-Pressemitteilung vom 20.05.2020 externer Link
      • Infektionsherd Fleischindustrie: Corona und das Ausbeutungssystem LeiharbeitHeute, am Tag des Erscheinens dieses Blogbeitrags, hat das Bundeskabinett das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der fleischverarbeitenden Industrie externer Link beschlossen. Das hier dokumentierte Interview mit dem Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Mittelbaden-Nordschwarzwald u. Mannheim-Heidelberg Elwis Capece ist bereits eine Woche alt und erschien zuvor am 8. Mai auf marx21.de externer Link und konnte diese neue Situation noch nicht mitreflektieren…” Beitrag vom 20. Mai 2020 von express im Blog corona-at-work.de externer Link
  • NGG: „Bundesregierung muss endlich handeln!“ – Schlachthöfe: Corona-Kabinett verschiebt Beratungen über Arbeits- und Gesundheitsschutz“„Es ist völlig unverständlich, dass das Corona-Kabinett die Beratung über die Lage in deutschen Schlachthöfen verschiebt“, hat Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), heute kritisiert. „Sämtliche Fakten über die unhaltbaren und menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der mit Werkverträgen in deutschen Schlachthöfen Beschäftigten liegen seit Monaten und Jahren auf dem Tisch. Schlachthöfe sind inzwischen Hotspots der Coronavirus-Pandemie. Die Bundesregierung muss endlich handeln, um Beschäftigte und die Bevölkerung zu schützen.“ Freddy Adjan wiederholte die Forderungen der Gewerkschaft NGG: – Verbot von Werkverträgen im Kernbereich unternehmerischer Tätigkeit. Den Fleischkonzernen muss es unmöglich gemacht werden, Kernaufgaben wie das Schlachten und Zerlegen von Tieren an billige und teilweise dubiose Fremdfirmen auszulagern. Sie müssen gezwungen werden, Verantwortung für das zu übernehmen, was in ihrem Auftrag und auf ihrem Firmengelände passiert. – Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die Zustände in den Massenunterkünften gehören endlich scharf kontrolliert und die aufgedeckten Missstände effektiv verfolgt. – Für Unterkünfte und Wohnungen von Werkvertragsbeschäftigten müssen klare und bestenfalls bundeseinheitlichen Regelungen gelten. Die Unterkunftskosten müssen nach Maßgabe der Sachbezugsverordnung berechnet werden. – Notwendig ist der Abschluss eines brancheneinheitlichen Mindestlohntarifvertrags, der ein menschenwürdiges Leben und eine angemessene Unterkunft ermöglicht. Die Gewerkschaft NGG unterstütze den Vorschlag, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Corona-Kabinett zum Beschluss vorgelegt habe und der der NGG bekannt sei, ausdrücklich. Es sei dringend nötig, „endlich aufzuräumen“, wie es Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angekündigt hat. Adjan erinnerte daran, dass Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) eine Politik der „Null-Toleranz“ angemahnt habe und „den Sumpf austrocknen“ wolle. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel habe in der vergangenen Woche im Bundestag von „erschreckenden Nachrichten aus der Fleischindustrie“ gesprochen und Handeln gefordert. „Handeln sie jetzt!“, so die Forderung von Freddy Adjan.“ NGG-Pressemitteilung vom 18.05.2020 externer Link, siehe zum Hintergrund:
    • Corona in der Fleischindustrie – CSU blockiert Konzept für Schlachthöfe“Eigentlich wollte die Bundesregierung heute beschließen, wie die Zustände in den Schlachthöfen verbessert und damit die Fleischindustrie stärker reguliert werden kann. In mehreren Schlachthöfen war es in den vergangenen Tagen zu massenhaften Corona-Infektionen der Arbeiter gekommen. Grund: die schlechten Hygienebedingungen und Unterkünfte. Doch das Konzept von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), das er heute im Corona-Kabinett präsentierte, liegt erst einmal auf Eis. Nach ZDF-Informationen blockiert die CSU. (…) Heil schlägt vor, dass Schlachthöfe und die Unterbringung der Arbeitnehmer häufiger kontrolliert werden. Bußgelder sollen verdoppelt werden. Außerdem sollen die umstrittenen Werkverträge verboten werden: Schlachten und das Verarbeiten von Fleisch sollen nur noch von Mitarbeitenden des eigenen Betriebs erlaubt sein. Damit könnten diese Arbeiten nicht mehr an Subunternehmen vergeben werden. Dumpinglöhne und miserable Unterbringung zu Wuchermieten für Arbeitskräfte, meist aus Osteuropa, sind derzeit die Folge. (…) Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kritisiert die Verschiebung des Beschlusses als “völlig unverständlich”, so der Vize-Vorsitzende Fredy Adjan. Die Fakten über die “menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen” lägen seit Jahren auf dem Tisch. “Schlachthöfe sind inzwischen Hotspots der Corona-Pandemie”, sagt Adjan. Die Bundesregierung müsse endlich handeln…“ Beitrag von Kristina Hofmann vom 18.05.2020 beim ZDF externer Link
  • Verbot für Werkverträge in Schlachthöfen: Überfällig aber unwahrscheinlich – ruft dennoch die Bauernlobby hervor 
    • Bauernverband kritisiert Verbot für Werkverträge in Schlachthöfen’Nach Corona-Ausbrüchen in mehreren Schlachthöfen will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die arbeitsrechtlichen Bestimmungen in der Fleischindustrie deutlich verschärfen. Ein Beschlussvorschlag des Arbeitsministeriums sieht ein weitgehendes Verbot von Werkverträgen in Schlachtbetrieben vor. Der Bauernverband lehnt die Pläne ab – und auch in der Union deutet sich Widerstand anDer Deutsche Bauernverband lehnt das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geplante Verbot von Werkverträgen in Schlachthöfen externer Link ab. “Es ist zu befürchten, dass ein pauschales Verbot von Werksvertragskonstruktionen die Corona-Situation in den Betrieben und Unterkünften nicht verbessert”, sagte der Generalsekretär Bernhard Krüsken dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND)(…) Ein Beschlussvorschlag des Arbeitsministeriums für das so genannte “Corona-Kabinett” am kommenden Montag sieht ein weitgehendes Verbot von Werkverträgen in Schlachthöfen vor. Künftig solle das Schlachten und die Verarbeitung von Fleisch in Betrieben der Fleischwirtschaft “nur noch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des eigenen Betriebes zulässig sein”, heißt es in der Beschlussvorlage. Damit seien Werkvertragsgestaltungen und Arbeitnehmerüberlassungen nicht mehr möglich…” Artikel von Andreas Niesmann und Marina Kormbaki vom 16.05.2020 bei RND externer Link, siehe zum Hintergrund:
    • Nach vielen Corona-Infektionen: Arbeitsminister wollen Werkverträge in der Fleischindustrie erschwerenNach den Corona-Infektionen in Schlachthöfen bereiten Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und sein NRW-Amtskollege Karl-Josef Laumann (CDU) gemeinsam schärfere Regeln und Auflagen für die Branche vor. (…) Nun wollen beide Minister gemeinsam gegen die Missstände in der Branche vorgehen. “Wir sind uns einig: Hier müssen wir aufräumen. Denn wir riskieren durch das Verhalten einiger schwarzer Schafe eine zweite große Infektionswelle”, sagte Bundesarbeitsminister Heil dem SPIEGEL. Die vergangenen Tage hätten das Ausmaß deutlicher gemacht. Viele Beschäftigte arbeiteten “nicht nur zu miesen Löhnen und Arbeitsbedingungen, sondern werden auch in Absteigen zusammengepfercht, in denen Abstand und grundlegende Hygienemaßnahmen kaum möglich sind”. Die unwürdigen Bedingungen für die Arbeitnehmer, die auch gefährlich für die Allgemeinheit seien, müssten beseitigt werden. (…) Beide Minister wollen die Regelungen zu Werkverträgen ändern und künftig klare Verantwortungsketten bei den Konstruktionen der Zusammenarbeit von Firmen mit Sub-Unternehmen verankern. “Die gängigen Werkvertrags-Varianten lassen zu viele Schlupflöcher”, sagte Heil. (…) Beide Minister wollen darüber hinaus eine digitale Arbeitszeiterfassung und erhebliche Bußgelder gegen Arbeitsrechtsverstöße. Zudem müssten den Betriebsräten Mitbestimmungsrechte beim Einsatz von Werkvertragsfirmen eingeräumt werden. Die Zustände in der Fleischwirtschaft seien “weder mit einem christlichen Menschenbild noch mit der sozialen Marktwirtschaft vereinbar”, so Laumann. “Meine Geduld ist am Ende.”…“ Artikel von Markus Dettmer vom 15.05.2020 beim Spiegel online externer Link
  • Arbeitsunrecht TV: Werkverträge abschaffenarbeitsunrecht TV #05 vom 15. Mai 2020 – Video bei youtube externer Link  – mit einem Interview mit Laura vom Bündnis Gemeinsam gegen die Tierindustrie externer Link, das über Pfingsten (29. – 31. Mai 2020) Proteste gegen die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, Tierleid und Ressourcenverschwendung in der Tierindustrie plant
  • [Werkverträge in der Fleischindustrie] Ein Gesetz, das krank machtIn der deutschen Fleischindustrie schuften osteuropäische Beschäftigte mit Werkverträgen – wie es die CSU wollte. (…) Schlimm, diese Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, heißt es jetzt aus der Politik. Viel Interessanter als Empörungsroutinen ist die Frage nach den Ursachen. Die aus Osteuropa stammenden Schlachthofarbeiter sind in Deutschland meist per Werkvertrag beschäftigt, also formal selbstständig. Damit haben sie keine Rechte eines normalen Arbeitnehmers, aber dummerweise auch nicht die Freiheiten eines Selbstständigen. Für die Schlachthöfe ist das eine prima Win-Situation, für die Beschäftigten bedeutet es das Gegenteil. In den Knebelverträgen ist meist auch die Unterkunft festgelegt – Massenbehausungen, für deren oft überhöhte Kosten die Arbeiter aufkommen müssen. Werkverträge sind in der Theorie eine praktische Sache. Wenn zum Beispiel eine Bäckerei ihr IT-System aufmöbeln will, schließt sie einen Werkvertrag mit einer IT-Spezialistin, weil die Bäckerei es selbst nicht leisten kann. Seit Jahren aber werden Werkverträge nicht nur in der Fleischindustrie massenhaft missbraucht, um Personalkosten zu drücken. Möglich ist dies durch eine Gesetzeslücke, die auch bei einer Reform von 2017 nicht geschlossen wurde. (…) Das konnte geschehen vor dem Hintergrund, dass sich die breite Öffentlichkeit für die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den unteren Etagen der Arbeitswelt nur wenig interessiert. Seit Coesfeld wissen hoffentlich die Letzten: Menschenwürdige Arbeitsbedingungen schützen vor Krankheit und am Ende sogar vor Tod.” Kommentar von Gunnar Hinck vom 10.5.2020 in der taz online externer Link
  • NGG: Forderungen zur Eindämmung von Corona in Schlachthöfen, u.a. „Verbot von Werkverträgen im Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit“„Wir fordern, dass nun unverzüglich und ausnahmslos alle Beschäftigten der Schlacht- und Zerlegeindustrie auf eine Corona-Infektion getestet werden.“ Diese und weitere Sofortmaßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus in der Fleischindustrie hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in einem Schreiben an die Bundestagsfraktionen und die Bundesministerien für Arbeit und Soziales, Wirtschaft und Energie und Ernährung und Landwirtschaft externer Link  formuliert und schnelles Handeln eingefordert. Es gelte, die „beschämenden und menschenverachtenden Zustände“ in der deutschen Fleischindustrie „jetzt und auf Dauer“ zu regulieren. Konkret fordert die Gewerkschaft NGG unter anderem das „Verbot von Werkverträgen im Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit“. So soll es den Fleischkonzernen unmöglich gemacht werden, selbst Kernaufgaben wie das Schlachten und Zerlegen von Tieren an billige und teilweise dubiose Fremdfirmen auszulagern. Dazu sagte Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der NGG: „Die Konzerne müssen gezwungen werden, Verantwortung für das zu übernehmen, was in ihrem Auftrag und auf ihrem Firmengelände passiert. Die Corona-Krise macht einmal mehr deutlich, wie überfällig es ist, dass Politik und Behörden durchgreifen und nicht auf die Einsicht oder freiwillige Lösungen der Konzerne vertrauen. Die Fleischindustrie ist erwiesenermaßen reformunwillig und von Grund auf krank. Eine erste Therapiemaßnahme ist das Verbot von Werkverträgen, eine zweite sind Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die Zustände in den Massenunterkünften gehören endlich scharf kontrolliert und die aufgedeckten Missstände effektiv verfolgt.“ Die Gesundheit der Beschäftigten müsse geschützt und die bereits infizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestmöglich unterstützt werden. Auch hier seien Unternehmen und Behörden dringend gefordert, so Adjan…“ NGG-Pressemitteilung vom 13.05.2020 externer Link
  • Heil will in Fleischbranche “aufräumen”Schlachthöfe als Corona-Hotspots, prekär untergebrachte Leiharbeiter: Die Bundesregierung macht Druck auf die Fleischbranche. Arbeitsminister Heil kündigte neue Regeln an, auch Kanzlerin Merkel äußerte Kritik. Nach den Coronavirus-Infektionen in mehreren Schlachtbetrieben hat Arbeitsminister Hubertus Heil Konsequenzen angedroht. “Wir werden aufräumen mit diesen Verhältnissen”, sagte der Sozialdemokrat in einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Das Corona-Kabinett werde am kommenden Montag neue Maßnahmen beschließen. Heil kritisierte die oft prekären Arbeits- und Wohnbedingungen ausländischer Leiharbeiter in der Fleischwirtschaft: “Wir dürfen als Gesellschaft nicht weiter zugucken, wie Menschen aus Mittel- und Osteuropa in dieser Gesellschaft ausgebeutet werden.” Der Minister betonte, das derzeitige Subunternehmertum in der Branche sei die “Wurzel des Übels”. Er warb dafür, grundsätzlich über die weit verbreiteten Werksverträge nachzudenken. Darüber hinaus machte sich Heil für bundesweit verbindliche Kontrollquoten stark…” Meldung vom 13.05.2020 bei tagesschau.de externer Link – abwarten….
  • Zustände in der Fleischindustrie: Werkverträge oder illegale Arbeitnehmerüberlassung?Verdacht auf Schein-Werkverträge + Mietwucher: Was unternehmen Staatsanwaltschaften, Hauptzollamt und Arbeitsministerien? Rechtliche Grundlage der Werkverträge ist bei näherer Betrachtung äußerst dubios. Kriminogenes System der Fleischindustrie führt zu erhöhter Infektionsgefahr. (…) Alles spricht nach unseren Recherchen dafür, dass es sich in der Realität gar nicht um Werkverträge handelt sondern der Sache nach um Arbeitnehmerüberlassungsverträge (also verdeckte Leiharbeit bzw. Schein-Werkverträge). Das hätte weitreichende Auswirkungen, da nach unserer Kenntnis keiner der Werkunternehmer die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat. Wir hätten es hier also mit einem kriminellen System zu tun, das sowohl die Arbeiter schädigt als auch — über Hinterziehung von Sozialabgaben und Steuern — das Gemeinwesen. Bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung bestände gegenüber dem Werkunternehmer ein Anspruch auf denselben Lohn wie die Stammbelegschaft ihn erhält (Equal pay, Gleicher Lohn für gleiche Arbeit), darüber hinaus bestände sogar ein Anspruch auf Einstellung gegenüber dem Schlachthof selbst, da dessen Vereinbarung mit dem Werkunternehmer nichtig wäre. Wir haben diesen Sachverhalt dem zuständigen Hauptzollamt sowie dem NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) schon im Februar 2020 über unseren Anwalt Erberhard Reinecke mitgeteilt; bisher haben wir allerdings keine Kenntnis, ob die zuständigen Behörden aktiv geworden sind und welche Schritte sie ggf. eingeleitet haben…” Pressemitteilung der Aktion gegen Arbeitsunrecht vom 12. Mai 2020 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=172780


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