Dossier
„
Heute
versammelten sich viele Beschäftigte der Zuckerverarbeitungsanlage in
Haft ,Tappeh Sugar Cane Company, zusammen mit Arbeitern benachbarter
Fabriken vor dem Gebäude der Verwaltung. Sie fordern die Auszahlung
offenstehender Löhne, die Erneuerung der Versicherungen, die
Wiedereinstellung von entlassenen Arbeitern. Vor allem verlangen sie die
Bestrafung der wegen Betrug vor Gericht stehenden ehemaligen Chefs und
die Beendigung der Privatisierung“ – so die
Meldung „Zuckerarbeiter verlangen Bestrafung ehemaliger Chefs“ am 15. Juni 2020 bei den Rote Fahne News über den Beginn der neuerlichen Proteste bei der seit langem umkämpften Zuckerfabrik Haft Tappeh. Siehe dazu weitere Meldungen:
- Der Streik der iranischen Zuckerarbeiter bei Haft Tappeh
geht in die fünfte Woche – Demonstration unter der Losung „Wir haben
Hunger“
Am 27. Streiktag des am 14. Juni 2020 begonnen erneuten Streiks der Haft
Tappeh-Belegschaft in südiranischen Sush gab es erneut eine breite
Protestdemonstration, an der sich auch viele Menschen aus der Stadt
beteiligten. Dabei werden die Kritiken an Behörden und Verantwortlichen
immer lauter, die bisher nichts unternommen haben, um die Forderungen
der Menschen zu erfüllen – die zur Demonstration unter der Losung „Wir
haben Hunger“ aufriefen. In der Meldung „SW Iran sugarcane workers hold 27th day of strike action for wages“ am 11. Juli 2020 bei Iran Wire
wird außerdem berichtet, dass der im Zuge der Privatisierungspolitik
des Mullah-Regimes zum Besitzer des Unternehmens gewordene Omid
Assadbeigi – der gegenwärtig ein Gerichtsverfahren wegen
Währungsmanipulation hat – vor Gericht aussagte, er habe den Gouverneur
der Region bestochen (was dieser sofort bestritt), ein Grund mehr für
die streikenden Zuckerarbeiter, die Forderung nach Rücknahme der
Privatisierung nachdrücklich weiterhin zu vertreten. Siehe dazu auch
einen Beitrag, der nochmals eine kurze Skizze der Geschichte dieses nun
langen, erneuten Kampfes darstellt:
- „Iran: Solidarität mit dem Streik bei Haft Tappeh“ von Lukas Zöblein am 03. Juli 2020 bei Solidarität skizziert die Geschichte dieses Kampfes so: „… Die
Privatisierung im Jahr 2015 hatte brutale Folgen. Die Belegschaft wurde
von 7000 auf 4000 verkleinert. Videos des Streiks im Jahr 2018 zeigten,
wie die Arbeiter*innen riefen: „Brot, Jobs, Freihei, Räteverwaltung!“
Diese Forderungen waren nicht nur ein direkte Angriff gegen das Regime,
sondern auch gegen die prokapitalistischen Oppositionskräfte. Bei diesem
Streik kämpften die Arbeiter*innen, um die teilweise monatelang nicht
ausgezahlten Löhne. Die sofortige Auszahlung aller ausstehenden Löhne
ist dieses Mal wieder eine der zentralen Forderungen, neben Fragen der
Sozialversicherung. Um dem Betrug bei der Lohnauszahlung und dem
Einbehalten der Sozialversicherungen entgegen zu wirken, ist es
notwendig, dass die Bücher des Unternehmens offen gelegt werden und
dieses enteignet und unter demokratische Kontrolle und Verwaltung der
Beschäftigten gestellt wird. Außerdem kämpfen sie für die
Wiedereinstellung ihrer entlassenen Kolleg*innen. Unter diesen befinden
sich auch Esmaeil Bakhshi und Ali Nijati, die beide für ihre
innerbetriebliche gewerkschaftliche Aktivität entlassen wurden. Würde
Haft Tappeh wie oben vorgeschlagen unter demokratischer Kontrolle und
Verwaltung der Beschäftigten stehen, würde es solche Entlassungen im
Sinne des iranischen Regimes und denen durch dieses vertretenen
Kapitalist*innen nicht mehr geben. Weiterhin gehört die Forderung nach
einer Gefängnisstrafe für Assadbeigi, dem CEO von Haft Tappeh und
Rostami, einem Mitglied des Kontrollrats von Haft Tappeh, zum
Forderungskatalog der Streikenden. Aber die Arbeiter*innen dürfen sich
nicht auf die Gerichte des Regimes verlassen. Diese lassen nicht
grundlos immer wieder Gewerkschafter*innen einsperren und foltern. Im
Kern vertreten diese Gerichte die Interessen des Regimes und damit der
iranischen Kapitalisten, zu denen auch diese beiden gehören…“
- Demonstration bezeugt massive Streik- und Aktionsbeteiligung – trotz wachsender Einschüchterungsversuche
Am Mittwoch, dem 24. Juni 2020 – dem zehnten Streiktag der neuen
Bewegung – hat die Belegschaft der Zuckerfabrik Haft Tappeh eine
Demonstration durch die Umgebung der Fabrik und über das Werksgelände
organisiert. Dabei haben sie abermals ihre Forderungen verbreitet und
ihre Entschlossenheit unterstrichen, den Streik fortzuführen, bis die
Forderungen erfüllt sind. Der Tweet „Les ouvriers ont manifesté dans l’enceinte de l’entreprise“ am 25. Juni 2020 im Twitter-Kanal von Autonomie Ouvrière
ist ein kurzer Videobericht von dieser Demonstration, aus dem deutlich
wird, dass die Streik- und Aktionsbeteiligung nach wie vor massiv ist,
trotz wachsender Einschüchterungsversuche – wie etwa offen verkündeten
Todesurteilen des Mullah-Regimes gegen Demonstranten, die sich im
Vorjahr an den Massenprotesten beteiligt hatten und harten Strafen gegen
streikende Belegschaften anderer Betriebe. Siehe dazu auch eine
Meldung über die Urteile gegen streikende Arbeiter anderer
privatiisierter Unternehmen:
- „Hier, ils ont été condamnés par un tribunal à un an de prison“ am 25. Juni 2020 im Twitter-Kanal von Solmaz
berichtet von den Urteilen gegen Arbeiter des Azarab-Werkes in Arak,
die im letzten Jahr gestreikt hatten – für Lohnauszahlung und gegen
Privatisierung. 42 von ihnen wurden dafür nun zu jeweils einem Jahr
Gefängnis verurteilt.
- Der erneute Streik der iranischen Zuckerarbeiter in der
zweiten Woche: “Wir streiken weiter, bis unsere Forderungen erfüllt
sind”
Auch in der neuen Woche, die im Iran am Sonntag begann, wurde der Streik
von Tausenden Zuckerarbeitern von Haft Tappeh für ihre Lohnauszahlung
und die Rücknahme der Privatisierung des Unternehmens fortgesetzt –
weiterhin mit starker Unterstützung umliegender Betriebe. In dem Tweet „Haft Tappeh has entered its 7th day of strike“ am 22. Juni 2020 im Twitter-Kanal der Socialist Middle East
wird das Video von einer Kundgebung der streikenden Belegschaft knapp
kommentiert (und deutlich gemacht, dass man auch mit Maske streiken
kann), bei der Sprecher der Belegschaft ihre Forderungen erneuerten und
betonten, man werde so lange kämpfen, bis diese Forderungen erfüllt
seien. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Videobericht vom
Sonntag, 21. Juni:
- „New Haft Tappeh strike“ am 15. Juni 2020 bei der SZAC
ist die Übersetzung einer Meldung über den Streikbeginn, die vom Haft
Tappeh Sugar Cane Company workers’ independent channel bei Telegram
verbreitet worden war. Darin wird sowohl unterstrichen, dass sich auch
Arbeiterinnen und Arbeiter benachbarter Werke an der Aktion beteiligten,
als auch die Forderung nach „Rückgabe von allem, was den Arbeitern
gestohlen wurde“ hervor gehoben.
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