Dossier
“
Seit
dem frühen Freitagmorgen (15.05.2020) protestieren etwa 150 Erntehelfer
bei einem großen Spargelbetrieb in Bornheim. Die grötenteils
rumänischen Landarbeiter weigern sich, in die Busse zu steigen, die sie
zu den Spargelfeldern bringen sollen. Stattdessen rufen sie “Money,
money!” Sie fordern also Geld. Und das soll teilweise so vehement
gewesen sein, dass der Betriebsleiter fürchtete, die Lage könnte außer
Kontrolle geraten. Die daraufhin alarmierte Polizei Bonn rückte
daraufhin mit 20 Beamten an. Der Einsatzleiter der Polizei sagte dem WDR
nach dem Einsatz, dass die Arbeiter höhere Löhne wollen. Der
Betriebsleiter sei aber nicht bereit, das Geld zu zahlen. Trotz des
Streites seien die Wogen aber geglättet. Die Polizei ist inwischen nicht
mehr vor Ort. Die Proteste der Feldarbeiter gehen nach wie vor weiter.
Eine rumänische Erntehelferin sagte dem WDR, dass einige Helfer nach
einem Monat Arbeit nur zwischen hundert und dreihundert Euro bekommen
hätten. Das sei zu wenig. Die Helfer wollen deshalb streiken, bis die
Forderungen nach mehr Geld erfüllt sind. Der Spargelbetrieb steht seit
einigen Wochen unter der Leitung eines Insolvenzverwalters…”
Meldung von Norbert Hiller vom 15.5.2020 beim WDR – siehe für aktuelle Berichterstattung die
FAU Bonn bei Twitter und hier weitere Informationen dazu:
- Spargel-Ritter-Prozess: Gericht unterbreitet Vergleichsangebot für rumänische Erntehelfer: Stundenlohn von zehn Euro
“Vor dem Bonner Arbeitsgericht haben die Verhandlungen über Lohnnachforderungen von rumänischen Erntehelfern
gegen den unter Insolvenzverwaltung stehenden Bornheimer Betrieb
Spargel Ritter begonnen. Am Freitag gab es einen ersten Gütetermin mit
dem Bonner Rechtsanwalt Harald Klinke, der zusammen mit Anwalt Stefan
Hübner Erntehelfer vertritt, sowie einem Vertreter der mit der
Insolvenzverwaltung betrauten Rechtsanwaltskanzlei Schulte-Beckhausen
und Bühs. Dieser Termin, bei dem es um die Forderungen eines Mandanten
ging, könnte womöglich eine Blaupause für weitere Verfahren sein. Wie
Klinke dem General-Anzeiger sagte, habe der Richter folgenden
Vergleichsvorschlag unterbreitet: Für die rumänischen Erntehelfer solle
ein Stundenlohn von zehn Euro zugrunde gelegt werden. Dazu solle ein
Betrag für den Zeitraum zwischen Einstellung der Ernte und dem
eigentlichen Ende der Arbeitsverträge kommen, ein sogenannter
Annahmeverzugslohn. So wird der Lohn bezeichnet, den Arbeitnehmer
erhalten, wenn sie ihre Arbeitskraft einem Arbeitgeber anbieten, dieser
sie aber nicht annimmt. Von dem individuell berechneten Betrag würde
laut Klinke bereits ausgezahltes Geld abgezogen. Er müsse nun mit seinem
Mandanten Rücksprache zu dem Vorschlag halten, sagte Klinke. (…) In den
nächsten Wochen finden weitere Gütetermine am Arbeitsgericht statt.“ Artikel von Christoph Meurer vom 10.07.2020 beim General-Anzeiger online
- Verschweigen, verdrängen, ignorieren. Die Ausbeutung
osteuropäischer Wanderarbeiter*innen findet wenig Aufmerksamkeit – in
Bornheim war das anders. Was folgt daraus?
“… Als juristischer Nachklapp der Ereignisse in Bornheim bleiben
jetzt noch rund 150 bis 200 Einzelverfahren um ausstehenden Lohn. Die
FAU prüft mit Anwalt Harald Klinke außerdem, ob der Insolvenzverwalter
Andreas Schulte-Beckhausen kriminell handelte. Er hatte gemeinsam mit
Andreas Willems (Adwin Consulting GmbH) per Video zunächst auch deutsche
Erntehelfer*innen angeworben und ihnen einen Stundenlohn von 10 Euro in
Aussicht gestellt. Seine massenhafte Anwerbung aus Rumänien – trotz
Pleite – wirkt wie Betrug, die Unterbringung mindestens sittenwidrig. Es
bleiben zudem – kurz skizziert – folgende Lehren: Erstens:
In Deutschland existiert eine Schattenarmee, die wesentliche Teile der
Produktion stemmt. Arbeiter*innen aus Osteuropa sind anzutreffen in den
Bereichen Landwirtschaft, Fleisch-Industrie, Schiffbau (Meyer-Werft),
Reinigung, häusliche Pflege, Bau-Industrie. Die Arbeits- und
Wohnbedingungen dieser Menschen – meist Werkverträge, Leiharbeit,
Saisonarbeit – sind weitgehend unbeachtet und unbekannt. Der
industrielle Rassismus besteht vor allem in systematischer
Ungleichbehandlung, Ausbeutung, Rechtsnihilismus und Vertuschung. Zweitens:
Wir dürften uns nicht durch liberale Multi-Kulti-PR täuschen lassen,
die für Ausbeuter*innen wie den Schweine-Baron Clemens Tönnies und viele
andere inzwischen zum guten Ton gehört. Der industrielle Rassismus hat
nichts gegen Ausländer*innen, solange sie brav den Platz einnehmen, der
für sie vorgesehen ist. Für die Masse sieht er einen Platz ganz unten in
der Verwertungskette vor. Drittens: Diese industrielle
Schattenarmee und das verschämte Verschweigen ihrer Existenz – obwohl
es eigentlich alle wissen (können) – hat ihre direkten Vorläufer in der
Zwangsarbeit, die im 1. Weltkrieg begann und im 2. Weltkrieg
perfektioniert wurde. Danach kamen die »Fremdarbeiter«, die zu
»Gastarbeitern« wurden. Heute: Werkverträge, Leiharbeit, sachgrundlose
Befristung. Das Verschweigen, Verdrängen, Ignorieren ist eine
überlieferte Verhaltensweise. Viertens: Die Grundlage
des industriellen Rassismus ist die Zerstörung vormals intakter
Regionen: de-industrialisierte, bankrotte, privatisierte und von
Land-Grabbing betroffene EU-Regionen vor allem Bulgariens und Rumäniens.
Viele Obdachlose und Bettler*innen in deutschen Städten dürften eine
Vorgeschichte als Wanderarbeiter*innen haben, die vom System angesogen,
ausgepresst und wieder ausgespuckt wurden. Da sie als
EU-Staatsbürger*innen Freizügigkeit genießen, haben sie zwar einerseits
ein Recht hier zu bleiben, genießen aber andererseits viel weniger
Aufmerksamkeit und Sympathie als Geflüchtete. Fünftens:
Die Behörden greifen nicht ein. Sie sehen zu, auch wenn offensichtlich
rechtswidriges Verhalten, Straftaten und sogar organisierte Kriminalität
selbst für Laien schon erkennbar sind. Zudem sind wichtige
Kontrollinstanzen systematisch unterversorgt mit Personal und
Ressourcen. Die Folge sind Rechtsnihilismus, Straflosigkeit bis hin zu
mafiösen Strukturen. Sechstens: Die EU ist ein hoch
aggressives Gebilde, kein fortschrittliches Projekt. Sie verschleiert
ihren ausbeuterischen, rassistischen Charakter durch Methoden der Soft
Power. Und schließlich: Wo wohnen die Wanderarbeiter*innen? Der erste
Schritt, um die Verhältnisse irgendwann verändern zu können, besteht im
Sichtbarmachen – wie in Bornheim etwa durch die Lokalpresse geschehen.
In Zukunft wären Eigenrecherche und Kartografierung vonnöten. Die
Peripherie ist derzeit unerforscht: Ostwestfalen, Niederrhein, Bornheim
und so weiter. Der Schritt muss dann sein: Kontaktaufnahme mit Hilfe von
Muttersprachler*innen. Es bleibt abzuwarten, ob der Bornheimer
Spargelstreik nur ein heller Moment in der Corona-Krise war, der durch
das unwahrscheinliche Zusammentreffen günstiger Faktoren möglich wurde.
Wünschenswert wäre das Gegenteil: Eine neue Welle sozialer Kämpfe in
dieser Richtung. Lernen wir Rumänisch!“ Artikel von Elmar Wigand vom 15.06.2020 bei analyse&kritik online
- [WDR-Reportage am Bsp. Bornheim] Erschreckende Einblicke in die Erntehelfer-Branche
“Es waren Bilder, die deutschlandweit Schlagzeilen gemacht haben:
rumänische Erntehelfer protestieren vor dem Spargel- und Erdbeerhof
Ritter in Bornheim. Angeblich, weil sie zu wenig Lohn erhalten hätten.
Der Betrieb ist pleite. Der Insolvenzverwalter erklärt aber gegenüber
dem WDR und General-Anzeiger, dass alle Erntehelfer vertragsgemäß
bezahlt worden seien. (…) Und auch der Zoll taucht mehrfach auf dem Hof
auf. Interne Papiere, die dem WDR vorliegen, belegen, dass es eine
Durchsuchung auf dem Hof in Bornheim und auch im Einfamilienhaus der
Ritters in Bonn gegeben hat. Den Erntehelfern soll Lohn vorenthalten
worden sein, so dass sie nicht nach Hause fahren konnten. Im Bericht
heißt es, Zitat: “In Zusammenhang mit verzögerten Lohnzahlungen wurden
die Beschuldigten und der Rechtsanwalt auf den Nötigungstatbestand
hingewiesen, da Arbeitnehmer wegen der fehlenden Entlohnung nicht in ihr
Heimatland abreisen können.“ Noch brisanter dürfte für die Eheleute
Ritter der Fund eines Stoffbeutels mit Stempeln und Siegeln sein. Die
Erntehelfer dürfen in Deutschland in einem Zeitraum von 90 Tagen pro
Jahr sozialversicherungsfrei arbeiten. Ursula Heß sagt, auf dem Hof habe
es ein eigenes System gegeben. Mit den Stempeln aus Rumänien sollen
Formulare gefälscht worden sein, um diese Regel zu umgehen. Rumänische
Erntehelfer dürfen unter bestimmten Voraussetzungen in einem Zeitraum
von 90 Tagen pro Jahr sozialversicherungsfrei in Deutschland arbeiten.
Ursula Heß hat die Anmeldung der Rumänen auf Anweisung von Sabine Ritter
bearbeitet. Sie sagt, auf dem Hof habe es ein eigenes System gegeben:
“Die fahren dann nach Hause nach ihren 90 Tagen, weil sie auch die
Familie mal sehen möchten und kommen dann mit nem anderen Ausweis und
anderen Papieren aber selber wieder und sind dann halt unter anderem
Namen wieder für 90 Tage hier.” Auch mit diesem Vorwurf haben wir Claus
Ritter konfrontiert, aber keine Antwort erhalten. Offenbar wusste er,
wie brisant der Fund der Siegel und Stempel war. Laut Zollbericht hat er
noch während der Zollkontrolle versucht, die Stempel zu entsorgen –
ohne Erfolg. Nach Informationen von WDR und General-Anzeiger ermittelt
die Staatsanwaltschaft Bonn bereits seit zwei Jahren gegen die Eheleute
Ritter wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug.“ Reportage von Tobias Al Shomer vom 08.06.2020 bei WDR
- Letzte Arbeiter*innen reisen ab / Erntehelfer verlassen
Unterkünfte in Bornheim – Anzeige gegen den Insolvenzverwalter wegen des
Verdachts des Betruges
- Streik in Bornheim: Letzte Arbeiter*innen reisen ab
“Eine gute Woche Streik mit Schweiß, Tränen, Jubel und
Frust neigt sich dem Ende entgegen. Die letzten Arbeiter*innen reisen ab
– ob nach Rumänien oder zu neuen Jobs. Die Versprechungen des
rumänischen Konsulats sich um Arbeitsvermittlung und Ausreisen zu
kümmern wurden nur rudimentär eingehalten. Die FAU blieb hingegen aktiv
und solidarisch, vermittelte gemeinsam mit zahlreichen
Unterstützer*innen und in ständiger Absprache mit den Arbeiter*innen
neue Arbeitsplätze und Rückreisemöglichkeiten. Wir bleiben in Kontakt,
um die jeweiligen individuellen Lösungen begleiten zu können. Jetzt
steht zum Einen eine lange, intensive Phase juristischer Prozesse um die
Lohnforderungen an. (…) Wir bedanken uns ganz besonders bei unseren
Dolmetscher*innen, die schier Unglaubliches geleistet haben und es uns
ermöglichten jederzeit in einen Dialog mit den Arbeiter*innen treten zu
können. Und wir bedanken uns bei allen für die verschiedensten Formen
von Unterstützung, ob durch FAU-Syndikate, durch internationale
Vernetzungen oder einfach spontane Solidarität; sei es durch schiere
Zeit, die investiert wurde, durch Spenden von Wasser, mit Verpflegung,
Pavillons, Tischen, Büromaterial, Geldmitteln, guten Tips, Kontakten und
so vielem mehr. Wir sind bewegt von der tiefen Solidarität und von dem
Eindruck, einen Teil dazu beigetragen zu haben, dass Arbeiter*innen sich
ihrer Ausbeutung nicht mehr hilflos ausgeliefert sehen…” Pressemitteilung vom 25. Mai 2020 von und bei der FAU Bonn
- Erntehelfer verlassen Unterkünfte in Bornheim – Anzeige gegen den Insolvenzverwalter wegen des Verdachts des Betruges
“Die letzten Erntehelfer haben am Montagnachmittag die
Container bei Spargel Ritter in Bornheim verlassen. Einige von ihnen
kehren nach Rumänien zurück, andere haben neue Arbeitgeber gefunden.
Unterdessen hat die Partei Die Linke den Insolvenzverwalter angezeigt.
(…) Dass die Erntehelfer ihre Unterkünfte spätestens am Montag räumen
sollten, war Teil der Absprache zwischen dem rumänischen Generalkonsulat
und dem Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen. Der Betrieb
Spargel Ritter ist insolvent. Schulte-Beckhausen beendete vergangene
Woche die Ernte und kündigte am Dienstag die Arbeitsverträge der 234
Helfer. Damit endeten nach der Rechtsauffassung des Insolvenzverwalters
auch die Mietverträge. „Es wird aber niemand vom Hof gejagt“, sagte ein
Sprecher Schulte-Beckhausens. Es geschehe nichts ohne Absprache, von
einer „Zwangsräumung“ könne keine Rede sein. Ein Vertreter der
Gewerkschaft Freie ArbeiterInnen Union (FAU) sieht dies anders: Bei
Mietverträgen seien gesetzliche Fristen einzuhalten. Man könne die Leute
nicht von heute auf morgen auf die Straße setzen. Auch am Montag waren
einige FAU-Vertreter an der Unterkunft, um die Stadt Bornheim zu
informieren, falls es zu Unstimmigkeiten bei der Abreise kommen sollte.
Doch es lief alles friedlich ab, es herrschte eine gelöste Stimmung
unter den Helfern. (…) Klage hat auch der Bundestagsabgeordnete
Alexander Neu (Die Linke) aus dem Rhein-Sieg-Kreis bei der
Staatsanwaltschaft Bonn gegen den Insolvenzverwalter erhoben. Neu
erklärt: „Ich habe Anzeige wegen des Verdachts des Betruges, der
Vorenthaltung von Arbeitsentgelt und der vorsätzlichen oder fahrlässigen
Körperverletzung erstattet. (…) Die Arbeitsrechtskanzlei Decruppe in
Köln führt in der Anzeige aus: „Da es sich um gewerbsmäßiges,
massenhaftes und auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Vorgehen des
Insolvenzverwalters handelt und hunderte von Saisonarbeitern hierdurch
in wirtschaftliche Not gebracht wurden, dürfte ein besonders schwerer
Fall des Betruges gegeben sein.“ Wegen möglicher Straftaten und der
Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen sollen der Zoll und die
Sozialversicherungsträger in die Ermittlungen einbezogen werden. Gegen
die Erntehelfer sei systematisch intransparent und einschüchternd
vorgegangen worden…” Artikel von Hans-Peter Fuss vom 25. Mai 2020 im Generalanzeiger online
- Spargel Ritter in Bornheim – Rechtswidrige Räumung droht!
“Seit dem 15. Mai 2020 befindet sich ein Teil der
Belegschaft der Claus und Sabine Ritter GbR in Bornheim im Streik um die
Auszahlung der ihnen zustehenden Löhne. Nach sechs Tagen Streik und
einer Lohnauszahlung für einen Teil der rumänischen Arbeiter*innen,
verkündete am 21. Mai die rumänischen Arbeitsministerin bei einem Besuch
vor Ort, sie habe sich mit dem verantwortlichen Insolvenzverwalter
Schulte-Beckhausen auf ein Drei-Punkte-Programm verständigt. Dieses
beinhalte die Auszahlung aller noch offenen Lohnansprüche, die
Organisierung der Heimreise von Arbeiter*innen auf Kosten der
rumänischen Regierung sowie die Vermittlung von Arbeiter*innen an andere
Höfe mit Hilfe des Bauernverbandes. Nachdem am 22. Mai weitere Löhne
ausgezahlt wurden, brach ein Teil der Arbeiter*innen auf, um die
Arbeits- und Unterbringungsbedingungen in anderen Betrieben zu prüfen.
Andere Arbeiter*innen haben die Heimreise angetreten. Ein dritter Teil
der Belegschaft verblieb in der von Security kontrollierten kasernierten
Containeranlage, in der die rumänischen und einige polnische
Beschäftigte untergebracht sind. Alle rumänischen Arbeiter*innen bei
Ritter sind derzeit im Besitz jeweils eines gültigen Arbeits- und eines
Mietvertrages. Weder wurden bislang von der Firma Claus und Sabine
Ritter GbR die Arbeitsverträge gekündigt, noch erfolgte die notwendige
schriftliche Kündigung der Werkswohnungsverträge unter Einhaltung der
dafür vorgesehenen gesetzlichen Fristen. Die Arbeiter*innen sind somit
nach wie vor reguläre Mieter*innen der Wohnanlage Am Ühlchen 17 in
Bornheim, mit allen aus dem deutschen Mietrecht entstehenden Rechten…” Pressemitteilung vom 25. Mai 2020 von und bei der FAU Bonn
- FAU Bonn prüft Anstrengung von 180 Gerichtsverfahren gegen
Insolvenzverwalter des seit einer Woche bestreikten Spargelbetriebs in
Bornheim / nun droht illegale Räumung aus der Unterkunft / …
- Nun droht illegale Räumung aus der Unterkunft
“Arbeiter*innen aus dem #StreikBornheim, mit ungekündigten
Mietverträgen, sollen aktuell von der Security des Firmenbosses
Schulte-Beckhausen illegal aus der Unterkunft geräumt werden. Die auf
Betreiben der Arbeiter*innen gerufene Polizei bleibt untätig. Support
erwünscht” Meldung der FAU am 23.5. bei Twitter und die vorläufige Entwarnung bis Montag durch die FAU Bonn am 23.5. : “Gewerkschafter*innen
der FAU Bonn haben mit Unterstützung eines Anwalts gegen die Räumung
interveniert. Außerdem wurde das Konsulat und die Stadtverwaltung
informiert. Die Räumung ist Ausgesetzt, die Leute dürfen bis Montag in
den Unterkünften bleiben.”
- „Und hierfür haben sie uns Unterkunftskosten berechnet!“
“Die Erntearbeiter*innen des Spargel- und Erdbeerhofes
Ritter werden seit etlichen Jahren hinter der Umzäunung einer
Containeranlage auf der Straße „Am Ühlchen“ in Bornheim untergebracht.
Diese zweistöckigen Wohnblocks bestehen pro Etage aus jeweils rund 30
Schlafräumen, wenigen Dusch- und Toiletteneinheiten, einem Lagerraum und
einem Wasch- und Trockenraum. Drei solcher Blocks stehen auf dem
Gelände, eingeklemmt zwischen einer Bahnlinie und einer
Wasseraufbereitungsanlage. (…) Im Verlauf des am 15. Mai 2020 begonnenen
Streiks der Arbeiter*innen forderte die FAU vom Betreiber des Spargel-
und Erdbeerhofes den Zutritt zur Unterbringung ihrer
Gewerkschaftsmitglieder. Dieser wurde ihr mit der Begründung verweigert,
es handele sich nicht um Betriebsgelände. Faktisch leben die
Arbeiter*innen wie in einem Gefängnis, abgeschirmt von einer Security,
die keinerlei Besuche hineinlässt und die Arbeiter*innen daran hindert,
Freunde oder Bekannte in ihren Wohnräumen zu empfangen. Die ganze
Situation erinnert an die berüchtigten Wohnheime der
Wanderarbeiter*innen in China, in denen sie auf den Fabrikgeländen
eingesperrt werden, um sie zu kontrollieren und jeden Widerstand zu
verhindern. In Bornheim werden die Erntearbeiter*innen von dieser
abgeriegelten und bewachten Unterkunft mit ausgedienten Linienbussen zur
Arbeit auf den Feldern abgeholt und wieder zurückgebracht. Sie können
zwar in ihrer Freizeit die Unterkunft verlassen und da viele von ihnen
mit dem eigenen PKW angereist sind, fahren auch viele zum Einkaufen aus
dem Lager heraus. Aber am Ort ihrer Unterbringung während ihrer Arbeit
in Deutschland haben sie keine Möglichkeit, gesellige Abende oder
Grillfeste zusammen mit Menschen von außerhalb zu veranstalten. Faktisch
pendeln sie so von der Arbeit auf den Feldern, wo sie von Aufsehern und
Vorarbeitern überwacht und angetrieben werden, zu einer knastähnlichen
Unterkunft, wo ihnen die Security am Tor ständig ihre strikte Abtrennung
von der hiesigen Gesellschaft vor Augen führt. Es ist ein rassistisches
Lager- und Arbeitsregime, auf dem die Produktion von Spargel und
Erdbeeren in Deutschland beruht. Um den Zustand ihrer Unterkünfte zu
dokumentieren, haben Arbeiter*innen von Spargel Ritter sie mit einem Video-Clip sichtbar
gemacht. Was auf diesen Bildern zu sehen ist, macht schnell deutlich,
warum die Zustände offenbar nicht überprüft werden oder an die
Öffentlichkeit gelangen sollten. Ein Blick in die Wohn- und Schlafräume
zeigt die ganze Problematik der Unterbringung der Erntearbeiter*innen
auf…” Bericht vom 24. Mai 2020 von und bei der FAU Bonn
- Der Streik bei Spargel Ritter: Der wilde Streik der
rumänischen Feldarbeiter*innen in Bornheim zeigt, dass auch im System
rassistischer Überausbeutung Kämpfe möglich sind
“… Während die Isolation der Wanderarbeiter*innen meist
dazu führt, dass diese Überausbeutung weitgehend ignoriert wird, konnte
der Bornheimer Fall bundesweit Aufsehen erregen. Der Montag war ein
schwieriger Tag, wie die FAU Bonn twitterte: »Ein krasser Tag geht
zuende. Auch wenn wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein können: Dass
überhaupt Löhne von ein paar hundert Euro bezahlt wurden, ist eine
Panikreaktion des Klassenfeindes. Morgen ist Runde 2.« Am Dienstag
trafen sich die Feldarbeiter*innen und Solidarisierende zu einer
weiteren Kundgebung, diesmal in der Bonner Innenstadt, direkt vor dem
Büro des Insolvenzverwalters. Von dort ging es zum rumänischen
Generalkonsulat, wo eine Delegation von zehn Arbeiter*innen empfangen
wurde. Der Konsul mahnte die Arbeiter*innen zu Ruhe und Besonnenheit.
Sie sollten zu ihren Unterkünften zurückkehren und abwarten – denn der
Konsul stehe mit der rumänischen Arbeitsministerin Violeta Alexandru in
Kontakt, die sich zu diesem Zeitpunkt auf Einladung der deutschen
Agrarministerin Julia Klöckner in Berlin befinde. Ihre zweite Station
nach Berlin sei zufälligerweise sowieso Bonn, so der Konsul, wo sie sich
mit dem Bauernverband treffen würde. Mittwoch tauchte die Ministerin
dann tatsächlich bei den Unterkünften auf. Nach einem langen Gespräch
mit den rumänischen Arbeiter*innen – bei dem keine
Gewerkschaftsvertreter*innen zugelassen waren – verkündete sie, dass
»alles geregelt« sei: Der Insolvenzverwalter hätte ihr zugesichert, die
Zahlungen voranzutreiben, und ihr Ministerium würde die kostenlose
Rückkehr nach Rumänien oder, in Absprache mit dem deutschen
Bauernverband, den Wechsel in einen anderen Betrieb organisieren. Nach
ihrer Abfahrt holten Busse Gruppen von jeweils zehn Arbeiter*innen zur
Auszahlung an einem unbekannten Ort ab. Die Unterstützer*innen konnten
aber zusammen mit den Arbeiter*innen durchsetzen, dass bei allen
Auszahlungen ein Rechtsanwalt und Dolmetscher*innen dabei waren, nur
mussten sie zuvor ihre Handys abgeben. Da diesem dubiosen
Auszahlungsverfahren nicht zu trauen war, fuhren Unterstützer*innen den
Bussen zu den »unbekannten Orten« hinterher, woran eine sichtlich
desorientierte Polizei sie teilweise zu hindern versuchte. Es kam zu
absurden Verfolgungsjagden in Wildwestmanier über die Erdbeerfelder, bis
die Busse dann auf irgendeinem Feld in der brennenden Sonne anhielten
und Lohnzahlungen stattfanden. Der Rechtsanwalt sorgte dafür, dass die
Arbeiter*innen keine Aufhebungsverträge unterschrieben, und viele
erteilten ihm die Vollmacht, ihre Lohnansprüche gerichtlich zu
überprüfen. Die FAU formulierte es am Mittwochabend so, dass das
Minimalziel erreicht worden sei. Dass sich nicht alle der Arbeiter*innen
aus Rumänien und einige wenige aus Polen an dem Streik beteiligten,
beruht auf der Spaltung durch unterschiedliche Verträge. Die
Arbeiter*innen mit Verträgen bis September statt nur bis Juni und mit
dem Versprechen auf höhere Löhne sahen durch den Streik ihre
Arbeitsverträge gefährdet und kritisierten die entstandene Unruhe. (…)
Die rumänischen Feldarbeiter*innen waren zunächst auf sich allein
gestellt. Ihr Aufschrei rief solidarische Linke auf den Plan – allen
voran die FAU. IG BAU? DGB? Landtagsabgeordnete? Fehlanzeige! Mit kaum
Geld und wenig Ressourcen schaffte es die FAU Bonn, trotz schwieriger
Übersetzungsverhältnisse, die Arbeiter*innen bei jedem Schritt zu
unterstützen – ein Paradebeispiel konkreter Solidarität. Dieser Kampf
zeigt vor allem, dass sich auch Prekäre und Unorganisierte wehren
können. Diese Erfahrung gibt Mut für die Zukunft. Und es bleibt
abzuwarten, ob diejenigen, die jetzt über den Bauernverband an andere
Höfe vermittelt wurden, nicht den Streikvirus auf andere Felder tragen.
In Rumänien haben alle großen Tageszeitungen über den Streik in Bornheim
berichtet. Auch das könnte das Selbstbewusstsein und die
Anspruchshaltung der Saisonarbeiter*innen stärken…” Artikel von Alice Claire, Christian Frings und John Malamatinas vom 21. Mai 2020 beim ak online
- FAU Bonn prüft Anstrengung von 180 Gerichtsverfahren gegen
Insolvenzverwalter des seit einer Woche bestreikten Spargelbetriebs in
Bornheim / weitere alternative Arbeitgeber ebenfalls unzumutbar
- Gewerkschaft prüft Anstrengung von 180 Gerichtsverfahren
gegen Insolvenzverwalter des seit einer Woche bestreikten
Spargelbetriebs in Bornheim
“Die Gewerkschaft FAU Bonn prüft derzeit die Eröffnung von
etwa 180 Gerichtsverfahren gegen den Insolvenzverwalter des Bornheimer
Spargelunternehmens Ritter. Dort begann letzten Freitag ein Streik von
hunderten rumänischen Erntearbeiter*innen, da der Bonner
Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen ihre Löhne für bereits
geleistete Arbeitsstunden zurückhielt. Im Laufe der Woche wurden den
meisten Arbeiter*innen geringe Teile ihres Lohnes ausgezahlt. Zur
Durchsetzung ihrer Ansprüche vermittelte die FAU ihnen Anwälte und
übernahm die gewerkschaftliche Vertretung einer Betriebsgruppe. Die
Gewerkschaft rechnet damit, insgesamt etwa 180 einzelne Verfahren
anstrengen zu werden, teilte sie auf einer Pressekonferenz mit. „Eine
Mandantin hat nur 20% ihres Lohnes bekommen. Die Barauszahlung fand in
Wild-West-Manier auf einem Parkplatz statt und nur nach massiven
Interventionen konnte ich sie dort auch vor Ort anwaltlich begleiten.
Der Insolvenzverwalter will den Angestellten das ihnen zustehende Geld
nicht bezahlen. Deswegen werden wir in allen Fällen vor Gericht gehen,
denn in der Landwirtschaft werden insbesondere ausländische Fachkräfte
viel zu oft rechtswidrig behandelt“, so Rechtsanwalt Stefan Hübner,
welcher die Gewerkschaft FAU berät und über hundert Erntearbeiter*innen
anwaltlich vertritt. „Durch den Streik und den öffentlichen Druck
konnten wir diese Woche erreichen, dass viele Leute wenigstens einen
Teil ihres Geldes bekommen haben. Auch eine drohende Obdachlosigkeit von
hunderten Personen konnte abgewendet werden. Der Insolvenzverwalter
wollte sie aus ihren Container-Unterkünften schmeißen, wenn sie die
Teilauszahlung des Lohnes annehmen. Wir haben hier vor Ort schon viel
erreicht und werden auch vor Gericht gewinnen“, sagt FAU-Pressesprecher
Erik Hagedorn…” Pressemitteilung der FAU Bonn vom 22. Mai 2020
- @FAUBonn am 22.5.: “Eine weitere Gruppe von Arbeiter*innen aus
#Bornheim besuchte eben mit einem Deligierten und einem FAUista
#ErdbeerhofSchumacher in #Erftstadt. Die dortigen Zustände und der
zugeknöpfte Boss hielt die Arbeiter*innen trotz ihrer Zwangslage davon
ab, dort eine Stelle anzunehmen.”
- @FAUBonn am 22.5.: “Für einen Einblick, wie es um die
hygienischen Zustände in den Unterkünften in #Bornheim aussieht: Laut
der Aussage eines Ordnungsamtlers sind in einem Container von knapp zehn
Toiletten nur noch eine überhaupt benutzbar!“
- Enough Radio: Interview mit FAU-Gewerkschafter*in über den anhaltenden Streik der Erntearbeiter*innen in Bornheim
“Am Dienstag haben wir mit einem FAU-Gewerkschafter*in über
der Streik der Erntearbeiter*innen in Bornheim gesprochen. Am Dienstag
haben wir mit einem FAU-Gewerkschafter*in über der Streik der
Erntearbeiter*innen in Bornheim gesprochen.” Interview vom 21. Mai 2020 von und bei Enough 14
- Teilerfolg für Feldarbeiter in Bornheim
“Lohnabhängige wurden in »Wildwest-Manier« ausgezahlt. Rumänische Arbeitsministerin bietet Perspektive…” Chronologie von Sebastian Weiermann vom 21.05.2020 beim ND online
- Bornheim: Gewerkschaft bereitet Klagen vor
“Am heutigen Donnerstag den 21.05.2020 bereiten sich die
Saisonarbeiter*innen des insolventen Spargelguts Ritter in Bornheim auf
die Weiterreise zu anderen Arbeitsstellen oder in ihre Heimat vor.
Vertreter des Arbeitgebers Dr. Andreas Schulte-Beckhausen von der
Kanzlei Schulte-Beckhausen und Bühs in Bonn hatten für den Vortag eine
Räumung der Wohneinheiten angekündigt. Diese wurde aufgrund öffentlichen
Druckes ausgesetzt. Vor Ort befand sich heute auch ein Stand der
Gewerkschaft Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU). An diesem
wurden die Arbeitsunterlagen von über hundert Arbeiter*innen gesichtet.
Die Gewerkschaft wird Klagen auf den Weg bringen, um noch ausstehende
Löhne einzufordern. Zwar wurden am Mittwoch Löhne ausbezahlt, die es den
Arbeiter*innen zumindest ermöglichen ihre Heimreise zu organisieren.
Aber auch diese Zahlungen entsprechen nicht den Summen, die aufgrund der
Verträge der Arbeiter zu erwarten wären. Die Gewerkschaft hat mehrere
Anwälte eingeschaltet um die Forderungen der Arbeiter*innen vor Gericht
durchzusetzen. Für Freitag, 10.00 Uhr ist eine Pressekonferenz
angesetzt, in der nach den Ereignissen der letzten Woche Bilanz gezogen
wird…” Pressemitteilung der FAU Bonn vom 21. Mai 2020
- Aufstand der Armen: Erntehelfer demonstrieren für Lohn
“In Deutschland stranden – das könnte rumänischen
Saisonarbeitern bei Bonn drohen, deren Betrieb pleite gegangen ist. Es
geht um nicht ausgezahlten Lohn, mangelnde Kommunikation und die Angst,
nicht nach Hause zu können…” Reportage von Stephanie Höppner vom 20.05.2020 bei der Deutschen Welle
- Bornheim: Lohnauszahlung in Wildwest-Manier / Rumänische
Arbeitsministerin schaltet sich ein – Insolvenzverwalter versteckt sich /
Erntehelfer aus Bornheim können auf anderen Höfen arbeiten – lehnen
aber gleich schlechte Bedingungen ab
- Bornheim: Lohnauszahlung in Wildwest-Manier
“Am heutigen Mittwoch, den 20.05.2020, finden auf dem
insolventen Spargelgut Ritter in Bornheim bei Bonn wieder
Lohnauszahlungen statt. Die Arbeiter*innen werden dazu von der
Firmenleitung des Insolvenzverwalters Dr. Andreas Schulte-Beckhausen in
Gruppen von je 10 Personen aufgeteilt und mit 10 Bussen an 10
verschiedene, nicht genannte Orte verbracht. Jeder dieser Busse wird
begleitet von Security aus dem Rockermilieu. Dem Anwalt der Freien
Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) wurde Zutritt zum ersten Bus und
zur ersten Lohnauszahlung gewährt. Nach Angaben des Einsatzleiters der
Polizei soll der Anwalt im Anschluss zusammen mit dem Beauftragten der
Firma zu den weiteren Lohnauszahlungen gebracht werden. Weiteren
Vertreter*innen der Gewerkschaft wurde der Zugang verweigert. Bei
der Abfahrt der Busse versuchte die Polizei, durch eine Blockade der
Straße, zu verhindern, dass Fahrzeuge der Gewerkschaft die Busse zu den
Auszahlungsstellen begleiten. Die FAU Bonn verurteilt diese Art und
Weise der Lohnauszahlung in Wildwest-Manier, unter den Augen der
Security des Unternehmers aber ohne gewerkschaftliche Begleitung…” Pressemitteilung der FAU Bonn vom 20. Mai 2020
- Spargelstreik Bornheim: Rumänische Arbeitsministerin schaltet sich ein – Insolvenzverwalter versteckt sich
“Die Auseinandersetzung zwischen den streikenden
Arbeiter*innen und der Insolvenzverwaltung des Spargelgut Ritter setzte
sich am Dienstag den 19.05.2020 fort. Die Arbeiter*innen zogen vor die
Kanzlei der Insolvenzverwalter Schulte-Beckhausen und Bühs und hielten
dort mit der FAU Bonn eine Kundgebung ab. Dabei wollten sie den
Insolvenzverwalter mit ihren Lohnforderungen konfrontieren. Dieser war
jedoch nicht anzutreffen, die Kanzlei war verwaist. Lediglich auf einem
Zettel in der Tür wurde gebeten auf unangemeldete Besuche zu verzichten.
Die Arbeiter*innen hielten dennoch eine kämpferische Kundgebung ab und
machten ihrem Ärger über die kriminellen Zustände Luft, indem sie immer
wieder „Mafia! Mafia!“ riefen. Danach zog die Demonstration zum
rumänischen Konsulat in Bonn. Dort kamen sie mit dem Konsul ins
Gespräch, der ihnen seine Unterstützung versicherte. Die rumänische
Ministerin für Arbeit und Soziales Victoria Violeta Alexandru befindet
sich gerade auf Deutschlandreise, um sich über die Arbeitsbedingungen
rumänischer Saisonarbeiter zu informieren. Sie wurde über die Situation
in Bornheim informiert und wird am Mittwoch eintreffen, um sich ein Bild
der Lage zu verschaffen. Wie die FAU Bonn in Erfahrung bringen konnte,
liegt in dem Containerdorf von SpargelRitter gegenwärtig eine Person die
sich bei einem Unfall auf dem Betriebsgelände verletzt hat. Sie wurde
im April operiert und ist seitdem weitgehend bewegungsunfähig. Sie kann
nicht lange sitzen, es ist unklar, ob Krankengeld ausgezahlt wird. Wir
fordern daher: Auszahlung des Krankengeldes, medizinische Versorgung und
eine Rückreise der verletzten Person per Flugzeug. Peter
Zeisig, Aktivist der FAU Bonn: „Die Farce bei Spargel Ritter muss jetzt
beendet werden. Die Löhne müssen ausbezahlt werden, Kranke müssen
ordentlich versorgt werden. Es ist unerträglich, dass dieser Zustand
andauert.“” Pressemitteilung vom 20. Mai 2020 von und bei der FAU Bonn
- [FAU Bonn] Unsere Forderungen
“Als mehrheitlich vertretene Gewerkschaft in ihren Betrieb
stellen wir im Namen der auf dem Betriebsgelände untergebrachten
Arbeitnehmer*innen folgende Forderungen: 1.Allen
Arbeitnehmer*innen werden 3 Monatslöhne ausgezahlt. Der Monatslohn
orientiert sich an 30 Arbeitsstunden pro Woche, vergütet zu 9,35 pro
Stunde. 2. Alle Arbeitnehmer*innen die dies wünschen, werden bei der Weitervermittlung an andere Betriebe unterstützt. 3. Allen
Arbeiter*innen die dies wünschen, wird eine Rückreise in ihre
Heimatorte organisiert. Die Kosten der Rückreise werden vom Arbeitgeber
übernommen. Bei Arbeitnehmer*innen bei denen dies medizinisch angezeigt
ist, werden die Kosten eines Krankenrücktransports übernommen. 4. Allen Arbeiter*innen steht für Krankheitstage ein Krankengeld zu. Diese stellt sich als reguläre Lohnfortzahlung dar.” Basisgewerkschaft Freie Arbeiter*innen Union Bonn am 20. Mai 2020
- Erntehelfer aus Bornheim können auf anderen Höfen arbeiten
“Der Streik von Erntehelfern bei Spargel Ritter in Bornheim
hält auch am Mittwoch an. Die rumänische Arbeitsministerin macht sich
selbst ein Bild vor Ort. Die Spargelernte ist derweil eingestellt. (…)
Bei dem Besuch der Ministerin geht es um die Zukunft der Arbeiter. Denn
Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen, der die Geschäfte führt
und der dem ehemaligen Chef Claus Ritter Hausverbot erteilt hat, hat die
Ernte vorzeitig abbrechen lassen. Zunächst die Spargelernte, da diese
sich während der Corona-Krise mangels Restaurants als Abnehmern nicht
gelohnt habe. Dass es nun auch mit der Ernte der Erdbeeren vorbei ist,
liegt einem Sprecher von Schulte-Beckhausens Kanzlei zufolge daran, dass
er die Sicherheit auf den Feldern nicht mehr gewährleisten könne.
Deshalb habe er die „Reißleine“ gezogen. (…) Rumäniens Arbeitsministerin
Alexandru sprach am Mittwoch erst einmal hinter verschlossenem Tor mit
den Erntehelfern. Diese geben einzelne Gesprächsfetzen über den Zaun
weiter, wo sie von Dolmetschern an die Menge aus Gewerkschaftern,
Journalisten und Aktivisten übersetzt werden. Einer der Aktivisten ist
Erich Mocanu. Der Mann mit den rumänischen Wurzeln lebte laut eigener
Aussage 17 Jahre in Bonn, ehe es ihn in den Süden Deutschlands gezogen
hat. Mocanu ist nach eigenen Angaben Gründer des Vereins „Auch Engel
brauchen Schutzengel“, der sich für Menschen in Not, insbesondere für
Rumänen, einsetzt. Wegen der Coronavirus-Pandemie sei die Situation auf
den Höfen eskaliert, sagt er. In Bornheim komme das Problem der
Insolvenz noch dazu. Die Lohnzahlungen, so zeigt sich Mocanu überzeugt,
passten „vorne und hinten nicht“. Für die Medienvertreter gibt es
Informationen aus erster Hand erst, nachdem sich das Tor nach etwa
anderthalb Stunden wieder öffnet. Alle Arbeiter könnten auf anderen
Höfen weiter arbeiten, sagt Alexandru. Umgesetzt werde dies mit Hilfe
des Deutschen Bauernverbands. Präferenzen der Erntehelfer mit Blick auf
ihren Einsatzort würden berücksichtigt. Wer lieber nach Hause wolle,
bekomme von Schulte-Beckhausen Unterstützung bei der Rückreise…” Artikel von Sven Westbrock vom 20. Mai 2020 im General Anzeiger online , siehe aber auch:
- “Update zur Betriebsbesichtigung gestern Abend bei einem
potentiellen neuen Arbeitgeber: Die Unterkünfte sind auch dort
katastrophal und daher hat sich die Gruppe dagegen entschieden, dort zu
Arbeiten. #Bornheimstreik #Bornheim” Meldung von @FAUBonn am 21.5. bei Twitter
- Erntehelfer: Weiter Kritik an Arbeitsbedingungen – Botschafter und Arbeitsministerin fordern Besserung
“… Nach den Protesten auf dem Spargelhof bei Bonn meldete
sich in der Causa der Botschafter Rumäniens in Berlin, Emil Hurezeanu,
zu Wort. Er versicherte, dass die Arbeiter ihren Lohn erhalten würden,
gegebenenfalls vom Staat Deutschland. Die Corona-Krise spiegele ein
chronisches Problem, die Ungleichheit auf dem europäischen Arbeitsmarkt,
wider. Protestierende wären zum Rumänischen Konsulat in Bonn gekommen
und hätten mit Arbeitsministerin Violeta Alexandru gesprochen…” dpa-Meldung vom 20. Mai 2020 in der Allg. deutschen Zeitung für Rumänen
- Analyse zu dem Betrieb aus Bornheim: Wie Spargel Ritter in seine wirtschaftliche Lage geriet
“Rücklagen gab es bei Spargel Ritter in Bornheim offenbar
keine. Der Insolvenzverwalter berichtet den Gläubigern von
unternehmerischen Fehlentscheidungen und fehlendem Eigenkapital…” Eine Analyse von Claudia Mahnke vom 20. Mai 2020 im General Anzeiger online
- [Video] Wilder Streik von Erntehelfer*innen in Bornheim
“Das was wir am 18. Mai beim wilden Streik der
Erntehelfer*innen in Bornheim bei Bonn erlebt haben, lässt sich schwer
in Worte fassen. Auch dieses Video kann nur einen kleinen Eindruck von
dem herausragenden Charakter dieses Kampfes trasportieren. Die
unmenschliche Behandlung der Bosse den Arbeiter*innen gegenüber. Auf der
anderen Seite die unglaubliche Wut der Arbeiter*innen über diese
Zustände. Die Erschöpfung nach Tagen der Auseinandersetzung, die
unendlichen Stunden unter der Prallen Sonne, die sich überschlagenden
Ereignisse, die sich stendig verändernde Situation und dann noch die
Klassenverräter*innen Cops die ihre Funktion erfüllen und damit auf der
Seite der Bosse stehen. Von uns gibt es hier diesmal keine Analyse,
keine Auswertung, keine weiteren Überlegungen und keine großen Worte –
nur Anerkennung für die Genoss*innen der FAU was sie in diesem Kampf
leisten. Sowie die Hoffnung, dass die kleine Gegenmacht von unten die
sich hier auftut den Forderungen der Arbeiter*innen zum Durchbruch
verhelfen, dass durch diesen Kampf am Ende ein realer materieller Effekt
für alle steht. Die gewonnenen Erfahrungen der Solidarität und der
Selbstermächtigung lassen sich sowieso nicht mehr nehmen… HOCH MIT DENEN
DIE KÄMPFEN!” Video von Die Plattform Ruhr vom 20.05.2020 bei youtube
- [20. Mai] Spargelstreik Bornheim geht weiter –
Insolvenzverwalter kündigt Vertreibung aus den Wohncontainern an –
Rumänische Arbeitsministerin eingeschaltet / Spendenaufruf: Unterstützt
die Erntearbeiter*innen in ihrem Kampf um Lohn und Würde!
- Spargelstreik Bornheim geht weiter – Rumänische Arbeitsministerin eingeschaltet
“Die Auseinandersetzung um nicht ausgezahlte Löhne zwischen
streikenden Arbeiter*innen und der Insolvenzverwaltung des Spargelgut
Ritter in Bornheim bei Bonn setzte sich am gestrigen Dienstag fort. Seit
Freitag streiken mehrere Hundert überwiegend rumänische
Ernte-Arbeiter*innen. Gestern hielten sie mit Unterstützung der
Gewerkschaft FAU eine Kundgebung vor die Bonner Kanzlei der
Insolvenzverwalter Schulte-Beckhausen und Bühs ab. Dabei forderten sie
die unverzügliche Auszahlung ihres vertraglich abgesicherten Lohnes. Sie
machten ihrem Ärger über die kriminellen Zustände mit „Mafia!
Mafia“-Sprechchören Luft. Danach zogen sie mit einer
Demonstration zum rumänischen Konsulat in Bonn. Dort kamen sie mit dem
Konsul ins Gespräch, der ihnen seine Unterstützung versicherte. Die
rumänische Ministerin für Arbeit und Soziales Victoria Violeta Alexandru
wurde über die Situation in Bornheim informiert und wird am heutigen
Mittwoch eintreffen, um sich vor Ort persönlich ein Bild der Lage zu
verschaffen. Wie die Gewerkschaft FAU Bonn in Erfahrung bringen konnte,
liegt in einem Containerdorf von SpargelRitter, in dem über 200 Personen
untergebracht sind, gegenwärtig eine Person die sich bei einem Unfall
auf dem Betriebsgelände verletzt hat. Sie wurde im April operiert und
ist seitdem weitgehend bewegungsunfähig. Die Gewerkschaft fordert die
Auszahlung eines Krankengeldes, medizinische Versorgung und eine
Rückreise der verletzten Person per Flugzeug. Erik Hagedorn, Sprecher
der FAU Bonn, dazu: „Bei SpargelRitter sehen wie die Ausbeutung in der
deutschen Landwirtschaft wie unter dem Brennglas. Die sofortige
Auszahlung der Löhne ist das Mindeste. Danach müssen die unhaltbaren
Lebens- und Arbeitsbedingungen von Saisonarbeiter*innen verbessert
werden. Jeder Mensch hat das Recht auf einen fairen Lohn und ein Leben
in Würde.“ Auch am heutigen Mittwoch werden die Spargelarbeiter*innen
ihren Streik fortsetzen. Wir informieren auf Twitter laufend über den
aktuellsten Stand der Dinge. Der Insolvenzverwalter kündigte an, ab
heute die weitere Nutzung der Wohncontainer zu untersagen. Zu einer
Pressekonferenz und weiteren Protestaktionen werden wir gesondert
einladen. Wir bitten auf Grund der dynamischen Situation um Flexibilität.” FAUD-Newsletter am 20.5.2020 per e-mail, siehe dazu:
- “Morgen [20.5.] ist der Stichtag an dem die Arbeiter*innen aus
der Unterkunft verwiesen werden sollen. Wenn ihr also könnt, schaut bei
unserem Streikposten bei der Unterkunft vorbei. Wir werden den ganzen
Tag präsent sein.” FAU Bonn bei Twitter: @FAUBonn
- Streik von Erntehelfern: »Skandalös, was in unserem Land möglich ist«
“Ausbeutung auf deutschem Spargelhof: Osteuropäische
Erntehelfer wehren sich gegen schlechte Bezahlung. Ein Gespräch mit Erik
Hagedorn (…) Am Montag hatten wir noch gedacht, den Arbeitskampf
beenden zu können, da es am Abend Lohnzahlungen gab. Bei genauem
Hinsehen stellten sich diese aber als lächerlich heraus. Die Person, die
es am schlimmsten traf, erhielt nach Abzug der Kosten für ihre
Unterkunft und das Essen fünf Euro! Andere wurden mit 50 oder 150 Euro
abgespeist – wobei es sich um den Arbeitslohn für etwa zwei Wochen
gehandelt haben soll. Manche schuften schon seit einem Monat dort. Die
höchste uns bekannte ausgezahlte Summe in einem Einzelfall beträgt 1.200
Euro, andere haben dagegen noch keinen Lohn erhalten. Genaueres wissen
wir nicht, weil die Berechnungen völlig intransparent sind. Das
Unternehmen Ritter ist seit Mitte Februar insolvent. Verantwortlich für
das Auszahlen und den Betrieb ist der Insolvenzverwalter Andreas
Schulte-Beckhausen. Am Dienstag waren wir mit mehr als 100
FAU-Gewerkschaftern, Streikenden und Unterstützern vor dessen Kanzlei in
Bonn und haben eine Demo zum rumänischen Konsulat gemacht. Wir werden
die Öffentlichkeit informieren, was hier vor sich geht. Diese Menschen
wissen nicht einmal, wie sie ihre Heimreise bezahlen sollen. (…) In den
Verträgen der Leiharbeiterinnen und -arbeiter steht, dass sie pro Kiste
geerntete Erdbeeren 3,35 Euro erhalten. Sie mussten sich allerdings
selbst notieren, wie viele sie abgegeben haben. 13 Euro pro Tag sollten
ihnen abgezogen werden: für Unterbringung in Containern, Strom, Wasser
und Essen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter sind sich aber nicht sicher,
wieviel sie für all das tatsächlich zahlen müssen. Mündlich sei ihnen
mehrfach mitgeteilt worden, die Kosten wären gestiegen. Unserer Meinung
nach werden sie übel ausgebeutet. Die FAU hat nun viel Papierkram zu
erledigen. Wir müssen bilanzieren, wieviel Geld die einzelnen jeweils
bekommen müssen. [Werden die Arbeiter nun gefeuert?] Nach unserer
Information hat der Insolvenzverwalter entschieden, die Ernte
abzubrechen und die Arbeit einzustellen. Die Menschen aber haben
teilweise bis Mitte Juni befristete Arbeitsverträge. Entsprechender
Arbeitslohn wurde ihnen zugesichert. Daran muss er sich halten. Das
wollen wir durchsetzen. (…) Wir konnten Mut machen, das Rückgrat
stärken. Arbeiterinnen und Arbeiter weigerten sich, Aufhebungsverträge
zu unterschreiben, die sie wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht mal
hätten verstehen können. Wir konnten auch durchsetzen, dass die
Lohnzahlungen im Beisein unseres Anwalts stattfanden. Er vereinbarte,
dass durch das Annehmen des Lohns keine weiteren Ansprüche verwirkt
werden…” Interview von Gitta Düperthal in der jungen Welt vom 20.05.2020 – Erik Hagedorn ist Sprecher der Basisgewerkschaft Freie Arbeiterinnen- und Arbeiterunion (FAU)
- Wir erinnern dringend an den Spendenaufruf (s.u.)
- Kundgebung vor der Insolvenz-Kanzlei Schulte-Beckhausen in
Bonn nach skandalösen “Lohnauszahlungen” am Vortag / Spendenaufruf:
Unterstützt die Erntearbeiter*innen in ihrem Kampf um Lohn und Würde
- Spendenaufruf: Unterstützt die Erntearbeiter*innen in ihrem Kampf um Lohn und Würde
“Nachdem die Arbeiter*innen bisher nur unvollständig
bezahlt wurden, entschlossen sie sich diese Situation nicht mehr hin zu
nehmen. Die FAU Bonn unterstütz diesen Kampf um Lohn und Würde vor Ort
seitdem die Arbeiter*Innen am Freitag spontan in den Streik getreten
sind. Leider waren wir im verlaufe des Konfliktes gezwungen auch
juristischen Beistand zu organisieren. Um diesen zu bezahlen, die
Kolleg*innen in ihrem Kampf weiter aktiv unterstützen zu können und um
den Kolleg*innen über die ökonomische Krise, die der Insolvenzverwalter
zu verantworten hat hinweg zu helfen, benotigen wir eure Spenden. Ihr
könnt diese ab sofort auf dieses Konto überweisen: FAU, IBAN: DE25 3506
0386 1112 5200 05, BIC: GENODED1VRR, Verwendungszweck: Spargel Ritter” Aufruf der FAU Düsseldorf , dem wir uns anschließen
- Arbeitskampf bei Spargel Ritter – Weiter gehts! Laufende Berichterstattung der FAU Düsseldorf . Wir verweisen auf und empfehlen die laufende Berichterstattung auf Twitter durch: FAU Bonn , Dennis Pesch , Bilder von und bei die plattform . Eine Zusammenfassung der Twitter-Threads gibt es bei Klassegegenklasse – siehe auch #BornheimStreik #bn1905 #Bornheim #SchulteBeckhausenPayTheWorkers
- Ausgebeutet, gestreikt, gekündigt: Feldarbeiter protestieren gegen Hungerlöhne, miese Unterkünfte und Versorgung
“… Eine Arbeiterin ergreift das Wort. Sie erzählt, dass sie
seit dem 18. April auf dem Hof im Rheinland arbeitet. Ausgezahlt wurden
ihr dafür bisher gerade mal 170 Euro. Jetzt soll sie vor die Tür
gesetzt werden. Die Gastronomie nehme keinen Spargel mehr ab, für die
Ernte von Erdbeeren könne man sie nicht gebrauchen. Ob, wann und wie sie
und die anderen Arbeiter ausbezahlt werden, ist ungewiss. (…) Das
Familienunternehmen, für das die Rumänen arbeiten, ist bereits seit
Mitte Februar insolvent. Was im Betrieb geschieht, entscheidet
Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen. Er behauptete gegenüber
dem »Bonner Generalanzeiger«, die Arbeiter seien selbst schuld am
schlechten Zustand der Unterkünfte. Sie hätten verhindert, dass
Reinigungskräfte putzen könnten. Er habe deshalb Sicherheitsleute
engagiert, damit geputzt werden könne. Seit Samstag seien die Container
sauber. Aktive der FAU wollen sich davon am Montag selbst ein Bild
machen. Doch Schulte-Beckhausen verweigert den Vertretern der
anarchosyndikalistischen Gewerkschaft den Zutritt zu den Unterkünften.
Begründung: Er müsse erst klären, ob die Container zum Betriebsgelände
gehören. (…) Am Mittag stehen FAU-Aktivisten und Erntehelfer am
Hofeingang. Die Arbeiter haben Verträge für drei Monate unterschrieben.
Diese sollen nun vorzeitig aufgehoben werden. Die in ihnen vermerkte
Kündigungsfrist beträgt nur einen Tag. Die Frauen und Männer sind auf
die Einkünfte von drei Monaten angewiesen. Die FAU möchte helfen, doch
die Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter gestaltet sich schwierig.
Gegen 15 Uhr spitzt sich die Situation zu. Plötzlich heißt es, die
Auszahlung der ausstehenden Löhne solle auf dem Hof stattfinden. Etwa
100 Personen laufen daraufhin vom Containerdorf zum Hof. Dort erwartet
sie eine Polizeikette, auch zwei Sicherheitsmänner sind da. Geld soll es
nur für Menschen geben, die auf einer ominösen Liste stehen, heißt es.
Gewerkschaftern und einem von der FAU engagierten Anwalt wird der Zugang
zum Ort der Lohnauszahlung zunächst verweigert. Später darf der doch
dabei sein. Am späten Nachmittag einigt man sich auf Zahlungen in Höhe
von 600 bis 700 Euro für die bisher geleistete Arbeit. Die FAU und der
Anwalt streben außerdem eine arbeitsrechtliche Klärung an, ob weitere
Ansprüche bestehen.” Bericht von Sebastian Weiermann aus Bornheim am 18.05.2020 im ND online
- [Demo am Montag, 18. Mai 2020, 9:00 Uhr in Bornheim] Geld
her! Solidarität mit den Erntehelfer*innen im Bornheimer
Spargelstreik!
- Aufruf zur Demonstration für morgen 9 Uhr, Am Ühlchen 53332 Bornheim
“… Am Dienstag müssen die Erntehelfer*innen ihr Unterkünfte
verlassen und müssen zusehen, wo sie bleiben. Die ca. 250 Personen
stehen vor der Obdachlosigkeit und stehen kurz davor, ohne das dringend
benötigte Geld für sich und ihre Familien heimreisen zu müssen. Aus
Protest wurde die Arbeit am Freitag niedergelegt. Diesen Protest
unterstützen wir und fordern euch alle auf, an diesem Protest
teilzunehmen! Wir solidarisieren uns mit den Arbeiter*innen und fordern
gemeinsam mit den Arbeiter*innen die Auszahlung der zustehenden Löhne.
Weiterhin wehren wir uns gegen die ausbeuterische, menschenunwürdige
Unterbringung und Versorgung der Beschäftigten. Wir rufen zur
Unterstützung und zur Selbstorganisation aller in vergleichbaren
Situationen auf, denn Bornheim ist kein Einzelfall…” Aufruf der FAU Bonn vom 17. Mai 2020
- “Treffpunkt: Montag, 18. Mai 2020, 9:00 Uhr | Am Ühlchen 19,
53332 Bornheim | RB 48 / Haltestelle Roisdorf-Bornheim (2,4 km Fußweg) |
KVB Linie 18 / Haltestelle Bornheim (1,5 km Fußweg) Bringt Brot, Käse
und Saft und andere Lebensmittel-Spenden mit!” Aufruf der Aktion Arbeitsunrecht im Beitrag vom 17.5.2020 :
“Geld her! Bornheimer Spargelstreik: Rumänische Erntehelfer wehren
sich. Demo Montag 9:00” mit weiteren Infos und Hintergründen zur
Insolvenz bei Ritter
- “Aktuell werden die Arbeiter*innen bei Spargel Ritter einzeln in
ein Büro gebeten. Darin sind 2 Anwälte die sie unter Druck setzen einen
Aufhebungsvertrag zu unterschreiben den sie vorher nicht lesen durften…” Laufende Berichterstattung der FAU Bonn bei Twitter – neueste Meldung am 18.5. : “Alle
Arbeiter*innen haben den Ort der “Lohnauszahlung” ziemlich angepisst
verlassen. Buchhalterin weiterhin in Büro eingeschlossen.”
- Siehe auch: Erik Hagedorn von der @FAUBonn erzählt worum es beim
Streik der Feldarbeiter bei Spargel Ritter in #Bornheim geht.
#BornheimStreik. Video bei Twitter
- Spargel Ritter verweigert Gewerkschaftern den Zutritt
“Kritik an Bedingungen für Erntehelfer: Spargel Ritter
verweigert der „Freien Arbeiterinnen Union“ Zutritt zu den Unterkünften
in Bornheim. Gewerkschafter wollen heute protestieren. Der
Sicherheitsdienst des insolventen Gemüse-Anbauers Spargel Ritter hat am
Sonntag Mitglieder der Freien Arbeiterinnen Union (FAU) daran gehindert,
die Unterkünfte der Erntehelfer in Bornheim zu besichtigen. Nach
Berichten von massiven Missständen mit Blick auf Unterbringung,
Verpflegung und Schutz vor dem Coronavirus wollten sich die
Gewerkschafter selbst ein Bild von der Situation im Containerdorf an der
Kläranlage machen. Rechtlich ist die Gewerkschaft dazu auch berechtigt,
da drei Erntehelfer Mitglied seien, so FAU-Sprecher Erik Hagedorn. Nach
Rücksprache mit einem Anwalt für Arbeitsrecht habe man sich jedoch
dagegen entschieden, die Polizei hinzuzuziehen, da von dieser keine
Hilfe zu erwarten sei. Am heutigen Montagmorgen wollen er und seine
Kollegen vor der Unterkunft der rumänischen Arbeiter demonstrieren und
nochmals versuchen, sich Zugang zu verschaffen. (…) Mit Unterstützung
einer Dolmetscherin berichteten dem General-Anzeiger am Sonntag zwei
Arbeiterinnen davon, dass sie für April lediglich 50 beziehungsweise 105
Euro erhalten hätten – Beträge, bei denen es sich eigentlich nur um
Vorschüsse handeln kann. Für Mai seien sie noch gar nicht bezahlt
worden. Dass sie für das Erdbeer-Pflücken im Akkord bezahlt werden, ihre
deutschen Kollegen aber einen festen Stundenlohn von zehn Euro
bekommen, stört die rumänischen Frauen nicht. Wichtig ist ihnen, dass
sie ihren Lohn überhaupt bekommen. Am heutigen Montag soll es laut
Gewerkschaft so weit sein. Für 8 Uhr morgens sei eine Auszahlung der
Arbeiter angesetzt worden. Hagedorn und seine Kollegen wollen dann
wieder vor Ort sein und gegen die Bedingungen bei Spargel Ritter
demonstrieren…” Artikel von Sven Westbrock und Christoph Meurer vom 18. Mai 2020 im Generalanzeiger Bonn online
- FAU Bonn übernimmt Vertretung der streikenden Spargelbäuer*innen in Bornheim
“Seit Freitag befinden sich Saisonarbeiter*innen bei
Spargel Ritter in Bornheim im Ausstand. Der Hauptgrund ist ein
Vertragsbruch des Arbeitgebers, der sich bisher weigert, ausstehende
Löhne zu zahlen. Arbeiter*innen haben nun das Allgemeine Syndikat der
FAU Bonn beauftragt, ihre Interessen zu vertreten. Die Lage der
Arbeiter*innen ist bedrohlich: Ihnen wurde angekündigt, dass bis
Dienstag die Unterkünfte verlassen müssen. Sie haben nicht einmal genug
Geld, um in ihre Heimat zurückzukehren. Sie stehen also vor der
Obdachlosigkeit. Neben den fehlenden Löhnen beklagen die
Arbeiter*innen verrottetes Essen, mangelhafte Corona Schutzmaßnahmen
sowie Überfüllung und fehlendes Warmwasser. Der Arbeitgeber verstößt
nicht nur durch Vorenthaltung des Lohns gegen geltendes Recht: aktuell
verweigert der Sicherheitsdienst Gewerkschaftsangehörigen den Zugang zum
Betriebsgelände. Erik Hagedorn, Sprecher der FAU Bonn: „Trotz Corona
und Insolvenz hat man diese Menschen aus Rumänien hier her geholt, um
Spargel und Erdbeeren zu ernten. Nun prellt man sie um ihren Lohn und
droht ihnen mit Obdachlosigkeit. Das ist blanke Menschenverachtung.“
Spargel Ritter ist insolvent. Der Insolvenzverwalter ist der
Rechtsanwalt Dr. Schulte-Beckhausen in Bonn.” Pressemitteilung vom 17. Mai 2020
- Arbeitskampf gegen Spargel Ritter
“Seit Freitag, dem 15. Mai 2020 befinden sich zahlreiche
Arbeiter*innen die bei Spargel Ritter als Erntehelfer*innen malochen im
Streik. Wie diverse Medien berichtet haben, geht es neben ausstehenden
Löhnen auch um die Unterbringung in unbeheizten Containern und
unvollständige oder gar fehlende Schutzausrüstung und Aufklärung über
Corona-Pandemie-Schutzmaßnahmen. Die FAU Bonn ist seit Freitagabend mit
den Kolleg*Innen im Kontakt und unterstütz aktiv ihren Kampf…” Beitrag vom 17.5.2020 bei der FAU Düsseldorf , siehe auch Bericht vom Besuch in #Bornheim der FAU Bonn bei Twitter
- Felder blieben Freitag leer: Erntehelfer bei Spargel Ritter protestieren gegen Missstände
“Erntehelfer des Erdbeer- und Spargelhofs Ritter in
Bornheim haben am Freitag die Arbeit niedergelegt. Vor einer Unterkunft
protestierten die Arbeiter gegen Lohnausfall und die Zustände in der
Unterkunft – auch mit Blick auf die Corona-Pandemie. Die Felder an der
Bornheimer Brehmstraße sind verwaist. Auf dem angrenzenden Hof des insolventen Landwirtschaftsbetriebs Spargel Ritter
dagegen haben sich am Freitagvormittag einige Männer und Frauen
versammelt. Aufs Feld würden sie erst morgen wieder gehen, machen sie
deutlich. Weitere Ausführungen scheitern an der Sprachbarriere. Denn die
Gruppe gehört zu den etwa 240 rumänischen Saisonarbeitern, die in dem
Betrieb derzeit helfen, die Ernte einzufahren. Möglich ist ein
Gespräch dafür kurz zuvor mit der 29-jährigen Erntehelferin Rozalia
Sotri. Zwar stammt sie ebenfalls aus Rumänien, spricht aber fließend
Deutsch, weil sie seit elf Jahren in der Bundesrepublik lebt. „Leute,
die gestern ihren Lohn bekommen haben, haben nur 100 bis 200 Euro
bekommen“, berichtet Sotri. Für einen Monat Arbeit, den sie und ihre
Kollegen geleistet hätten, sei das zu wenig. Auch sie habe bisher nur
drei der versprochenen vier Vorschusszahlungen bekommen, die auch noch
zu niedrig ausgefallen seien. Ausbleibender Lohn ist Sotri zufolge nicht
das einzige, was den Protest der Arbeiter hervorgerufen hat. So
berichtet sie von schimmeligem Brot und Salami mit abgelaufenem
Haltbarkeitsdatum, die als Verpflegung ausgegeben worden seien. Ein
anderer, inzwischen ehemaliger Mitarbeiter spricht von ähnlichen
Missständen bei der Verpflegung. Bei der Unterbringung gibt es laut
Sotri ebenfalls Probleme. In dem ausgerechnet neben einer Kläranlage
gelegenen Containerdorf teile sie sich ein Zimmer mit drei anderen –
Frauen und Männern. Um nachts nicht zu frieren, habe sie sich auf eigene
Kosten eine Elektro-Heizung anschaffen müssen…” Artikel von Sven Westbrock und Axel Vogel vom 15. Mai 2020 beim beim General-Anzeiger online
- Siehe zum Hintergrund auch unser Dossier: Erntehelfer: “Wenn man die Leute anständig behandelt, kommen sie auch”
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