Der Ehemann der in der Türkei angeklagten deutschen Journalistin und Übersetzerin Meşale Tolu darf das Land verlassen. Ein Gericht in Istanbul hob die Ausreisesperre gegen Suat Çorlu auf. Der Prozess wegen Terrorvorwürfen gegen das Ehepaar wurde auf den 10. Januar vertagt.
Gegen die aus dem bayerischen Neu-Ulm stammende Tolu läuft derzeit ein Verfahren, in dem sie sich wegen der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation – gemeint ist die linksextreme MLK – sowie Terrorpropaganda verantworten muss. Tolu hat die Vorwürfe, für die sie mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden könnte, stets bestritten. Die Bundesregierung wirft der Türkei vor, Tolu und weitere Deutsche – darunter zwischenzeitlich auch den Welt-Reporter Deniz Yücel und den Menschenrechtler Peter Steudtneraus politischen Gründen eingesperrt zu haben.
Im Frühjahr 2017 war die 33-Jährige zusammen mit ihrem kleinen Sohn festgenommen worden. Sieben Monate später wurde sie per Gerichtsbeschluss aus der Haft entlassen, durfte die Türkei aber nicht verlassen. Die Ausreisesperre wurde dann Mitte August überraschend aufgehoben, nachdem sie das Istanbuler Gericht noch Ende April zunächst bestätigt hatte. Tolu und ihr Sohn durften die Türkei verlassen, ihr Mann aber musste in der Türkei bleiben.

Tolu reiste erneut nach Istanbul

Zur Fortsetzung des Prozesses war Tolu aus Deutschland wieder in die Türkei eingereist – im vollen Bewusstsein, dass sie dort jederzeit wieder festgenommen werden kann. "Dies sind die Risiken, die ich eingehe", sagte sie dem rbb. "Ich denke aber, dass die Chancen für die Aufhebung der Ausreisesperre für meinen Mann dadurch erhöht werden." Die Entscheidung dazu sei ihr nicht leichtgefallen. "Aber es ist natürlich sehr wichtig, dass mein Sohn auch seinen Vater wieder bei sich hat. Und deswegen muss ich zurückfahren."
Nach eigenen Worten rechnet Tolu nicht mit einem Freispruch. "Ich werde immer wieder für meinen Freispruch kämpfen, aber ich weiß, dass sehr viel politisch entschieden wird", sagte sie dem rbb. "Ich denke, es wird auf eine Haftstrafe hinauslaufen im Endeffekt."
Nach offiziellen Angaben befinden sich derzeit sieben Deutsche aus "politischen Gründen" in türkischer Haft. Darunter ist der 73-jährige Enver Altayli, der seit nunmehr einem Jahr ohne Anklageschrift in Einzelhaft sitzt. Nach Angaben seiner Familie ist er gesundheitlich angeschlagen. Zuletzt wurden Dennis E. im südtürkischen Hatay sowie Ilhami A. in der osttürkischen Provinz Elazığ festgenommen. Beiden wird vorgeworfen, über soziale Medien Propaganda für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbreitet zu haben. Die Organisation steht in der EU, den USA und der Türkei auf der Terrorliste. 
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/mesale-tolu-tuerkei-journalistin-terrorvorwurf-fortsetzung-prozess