Samstag, 15. September 2018
Zur Kritik des Politizismus
"Wer ein Medikament zu sich nimmt, informiert sich über die
Nebenwirkungen. Sie können den beabsichtigten Nutzen infragestellen.
Nicht anders verhält es sich beim Politisieren. Allerdings ist die
Aufmerksamkeit für dessen Probleme bislang vergleichsweise wenig
verbreitet. Das Politisieren ist schon im Ansatz verdreht, wenn es die
subjektlosen Strukturen der kapitalistischen Ökonomie verkennt. Nicht
nur in Verschwörungstheorien wird die These vertreten, „die
Herrschenden“ könnten über die grundlegenden Gesellschaftsstrukturen
bestimmen. (...) Gewiss existieren staatliche Eingriffe zur
Optimierung oder Stützung der Verwertungsbedingungen von Kapitalien
sowie zur im Rahmen des Systems möglichen Korrektur von
Fehlentwicklungen. Dieses staatliche Instrumentarium ist jedoch nicht
zu verwechseln mit der Möglichkeit, die kapitalistische Ökonomie
regieren zu können im Sinne von Zwecken, die mit ihr nicht konform
sind. (...) Dass das politische Bewusstsein erst von den ihm zugrunde
liegenden gesellschaftsformationsspezifischen Strukturen der
Produktions- und Reproduktionsverhältnisse aus begriffen werden kann,
ist für begeisterte Politikinsider und solche, die es werden wollen,
ein hinderlicher Gedanke. Politikenthusiasten und diejenigen, die von
der Politik leben wollen (...) meiden folgerichtig die Kritik am zur
bürgerlichen Gesellschaft passenden Horizont von Politikern wie der
Teufel das Weihwasser. (...) Ein für den Politizismus zentrales
Missverständnis betrifft das Verhältnis von Struktur und Handlung im
Kapitalismus. Es bildet ein schwieriges und bislang in der Diskussion
häufig unbewältigtes Problem..." Artikel von Meinhard Creydt vom
September 2018 (pdf) - wir danken dem Autor!
http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2018/09/Creydt_Politizismus.pdf
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