Samstag, 15. September 2018

[Chiapas98] Bauern in Mexiko klagen über Wetterbeeinflussung durch Volkswagen (amerika21 v. 3.9.2018)

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, Mexiko-Stadt

Mexiko-Stadt.
 In Mexiko haben sich Landwirte über sogenannte Anti-Hagel-Bomben beschwert [2], die der deutsche Autobauer Volkswagen einsetzt, um Niederschläge zu verhindern. Dabei schieße die Volkswagen-Fabrik im mexikanischen Puebla über eine mehrere Meter große Kanone Geschosse mit einem Gasgemisch die Luft, deren Explosionen aufkommende Wolken vertreiben solle, um durch Hagel verursachte Schäden an fabrikneuen Autos zu vermeiden, heißt es seitens der Landwirte.
Seit mehr als 50 Jahren gehört die Volkswagenfabrik in Puebla fest zur viertgrößten Stadt Mexikos. Mit etwa 17.000 Mitarbeitern ist der deutsche Konzern der größte private Arbeitgeber in der Region und pflegt laut der Wirtschaftsjournalistin Patricia Gutiérrez der linksliberalen Tageszeitung La Jornada beste Beziehungen zu politischen Kreisen. Das gute Image, das VW in der Region genießt, hat jedoch zuletzt gelitten.
Seit VW die Technik zur Wetterbeeinflussung seit Anfang Mai dieses Jahres einsetzen soll, klagen Bauern aus verschiedenen Gebieten Pueblas über eine verheerende Dürre, die für viele von ihnen den Berichten zufolge einen Totalausfall der Ernte zur Folge hatte. Laut den Bauern seien mehrere tausend Hektar Anbaufläche von der extremen Trockenheit betroffen. Ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz der "Anti-Hagel-Bomben" und der Dürre ist von dritter Seite bislang jedoch nicht bestätigt worden und wird von einem lokalen Gutachten sogar in Zweifel gezogen.
"Seit Anfang Mai hat es für mehr als 60 Tage nicht geregnet," berichtet Oscar Huey, ein Bauer aus San Francisco Totimehuacán im Gespräche mit amerika21. Obwohl der Ort fast 30 Kilometer von der VW-Fabrik entfernt liegt, wollen die Bauern einen Zusammenhang zwischen der Dürre und dem Einsatz der Anti-Hagel-Geschosse von VW erkannt haben "Jedes Mal, wenn die Wolken vom Vulkan La Malinche kommen und unsere jahrzehntelange Erfahrung als Bauer uns sagt, dass es gleich regnet, schießt VW diese Bomben in die Luft und die Wolken lösen sich auf."
Auch im direkt neben der VW-Installationen gelegenen La Resurreción haben die Bauer mit der Dürre zu kämpfen. "Die meisten aus unserem Dorf leben von der Landwirtschaft. Natürlich hat es früher auch schon Dürren gegeben, aber so etwas haben wir noch nie erlebt," sagt der Landwirt Francisco Clemente Tlaxca im Amerika21-Interview. "Wir fordern Volkswagen dazu auf das, Abfeuern dieser Geschosse sofort einzustellen."
Der VW-Konzern bestreitet indes, dass die eingesetzte Technik für das Ausbleiben von Regen verantwortlich ist, hat aber mittlerweile eingelenkt, dass die Geschosse nur noch manuell und nicht mehr automatisch eingesetzt werden sollen. Zugleich will VW den Einsatz von Schutzplanen für den Parkplatz vorantreiben. Auch verweist der Autobauer auf bestehende Genehmigungen durch die zuständigen Behörden. "Diese Genehmigungen sind schön und gut, aber VW hält sich nicht dran," meint allerdings Rafael Ramírez Hernández, ein Lokalpolitiker der mexikanischen Arbeiterpartei (PT) aus dem direkt neben der VW-Fabrik gelegenen Cuautlancingo. "VW nutzt die Geschosse viel häufiger als zugelassen. Damit setzen sie das bisher eigentlich gute Verhältnis mit der lokalen Bevölkerung aufs Spiel."
Zwar heißt es in einer bisher unveröffentlichten Studie der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (UNAM), die amerika21 vorliegt, dass "keinerlei wissenschaftliche Beweise dafür existieren, dass Anti-Hagel-Kanonen überhaupt einen Effekt auf die Verringerung von Niederschlag wie Regen oder Hagel haben". Trotzdem sind die Bauern sich sicher, dass VW für die Dürre des Sommers verantwortlich ist. "Wir kennen den Regenzyklus ganz genau, denn wir haben unser ganzes Leben nach ihm gelebt," sagt Herón García Martínez.
Deshalb bereitet der Bauer aus San Francisco Totimehuacán eine Klage vor. "Wir fordern zunächst den sofortigen Stopp des Einsatzes der Anti-Hagel-Bomben von VW. Außerdem fordern wir ein Gutachten, dass VWs Verantwortlichkeit für die Dürre feststellt und dementsprechende Entschädigungszahlungen für unsere Ernteausfälle festlegt."
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Veröffentlicht auf amerika21 (https://amerika21.de)
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