Mittwoch, 3. Juni 2015
Gleitsichtbrille ist nicht im Hartz IV Regelsatz
Urteil: SG Mainz verpflichtet Sozialamt zur Kostenübernahme für Gleitsichtbrille
01.06.2015
Die Kosten für die Anschaffung einer Gleitsichtbrille sind nicht im Regelsatz enthalten. Das entschied das Sozialgericht Mainz in seinem Urteil vom 16. Dezember 2014 (Aktenzeichen: S 16 SO 8/14). Folglich ist der Leistungsträger zur Kostenübernahme verpflichtet. Über das Urteil berichtet der Arbeits- und Sozialrechtler Harald Thomé.
Kosten für Erstanschaffung einer Gleitsichtbrille als Beihilfe
Im verhandelten Fall steht der Kläger seit dem 1. Juni 2007 im Sozialhilfebezug nach SGB XII. Unter Vorlage eines augenärztlichen Attests beantragte er beim zuständigen Leistungsträger eine Erhöhung seines Regelsatzes, um die Kosten für eine Gleitsichtbrille zu decken, die alle vier Jahre fällig ist. Nach Angaben des Klägers sei es ihm nicht möglich die Beträge aus dem regulären Regelsatz zu bestreiten. Für die Erstanschaffung der Gleitsichtbrille beantragte er zudem die Gewährung einer Beihilfe gemäß § 34 SGB XII. Das Sozialamt lehnte die Anträge sowie die darauffolgenden Widersprüche ab.
In dem Gerichtsverfahren legte der Kläger dar, dass es sich bei der Gleitsichtbrille um erhöhte und atypischen Aufwendungen für die Gesunderhaltung handele, die gesondert vom Leistungsträger zu übernehmen seien. In diesem Zusammenhang verwies er unter anderem auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Aktenzeichen: BverfGE15, 175-260). Zudem führte der Kläger einen weiteren Beschluss (1BvL 10/12, 1BvL 12/12, 1BvL 1691/13) an, nach dem eine Unterdeckung bei der Anschaffung kostspieliger langlebiger Güter zu vermeiden sei. Laut § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII habe der Gesetzgeber darüber hinaus eine gesetzliche Grundlage für die Kostenübernahme von orthopädischen Schuhen geschaffen. Diese sei vergleichbar mit der Notwendigkeit einer Sehhilfe.
Das Sozialgericht folgte schließlich der Argumentation des Klägers und urteile: „Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Versorgung mit der begehrten Gleitsichtbrille. Dieser Anspruch ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII.“
Thomé weist daraufhin, dass es hier zwar um einen Fall aus dem Bereich der Sozialhilfe (SGB XII) geht, der Sachverhalt jedoch auch auf Hartz IV (SGB II) übertragbar ist.
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