Mittwoch, 3. Juni 2015
Viele Erwerbslose rutschen direkt in Hartz IV
Prekäre Beschäftigung: Bei kurzzeitiger Beschäftigung besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I
01.06.2015
Normalerweise hat jeder, der seinen Job verliert und zuvor in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I). Voraussetzung für den Bezug von ALG I ist jedoch eine mindestens einjährige Beschäftigungsdauer. Folglich rutschen viele, die nur kurzzeitig einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgegangen sind, unmittelbar in Hartz IV (Arbeitslosengeld II, ALG II). Die Grünen fordern nun eine Reform zugunsten kurzzeitig Beschäftigter.
Trotz Einzahlen in die Arbeitslosenversicherung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I
Aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Frage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer geht hervor, dass fast jeder vierte Arbeitnehmer, der seinen Job verliert, Hartz IV erhält. Denn bei einer kurzzeitigen Beschäftigung besteht kein Anspruch auf ALG I. Dieser Ungerechtigkeit – schließlich zahlt jeder sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ab dem ersten Tag der Arbeitsaufnahme in die Arbeitslosenversicherung ein – wollen die Grünen nun mit einer Verkürzung der Arbeitsdauer, um anspruchsberechtigt zu sein, begegnen. Bisher gilt einer Beschäftigungsdauer von mindestens zwölf Monaten innerhalb von zwei Jahren, um sechs Monate Anspruch auf ALG I zu haben. Zukünftig sollen Erwerbslose Pothmer zufolge früher ALG I beziehen und bereits nach vier Monaten, in denen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt wurden, zwei Monate ALG I beziehen können. Die Anspruchsdauer soll sich mit der Dauer der Beschäftigung erhöhen. Auf diese Weise würde das steuerfinanzierte Hartz IV-System entlastet, so die Grünen-Politikerin.
„Für nahezu jeden Vierten, der arbeitslos wird, besitzt die Arbeitslosenversicherung keine Schutzfunktion mehr", erläutert die Fraktionsexpertin für Arbeitsmarktpolitik gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. „Im Zuge der Digitalisierung und der Entstehung neuer Beschäftigungsformen wird dieser Trend zunehmen."
Im vergangenen Jahr rutschen rund 625.000 Menschen nach dem Verlust ihres Job unmittelbar in Hartz IV. Insgesamt wurden 2,65 Millionen Beschäftigte erwerbslos. Pothmer zufolge sind insbesondere kurzfristig und prekär Beschäftigte betroffen. (ag)
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