Mittwoch, 17. Dezember 2014

SPD und erster Weltkrieg: Vaterländische Disziplin

Die Reichstagsfraktion der SPD kam am 29.11.1914 zusammen und bereitete ihre Zustimmung zu weiteren Kriegskrediten vor. Inhalt und Ablauf der Sitzung trug ein Spitzel den Regierungsstellen zu. Dieser Bericht ist bisher unveröffentlicht geblieben Von Reiner Zilkenat (28.11.2014) Quelle: jungeWelt vom 30. Nov. 2014 Am 29. November 1914 versammelte sich die sozialdemokratische Reichstagsfraktion, um ihr Vorgehen bei der Verabschiedung neuer Kriegskredite am 2. Dezember zu beraten. Nachdem am 4. August 1914 alle SPD-Abgeordneten der ersten Gesetzesvorlage zur Gewährung von Kriegskrediten ihre Zustimmung erteilt hatten, waren innerhalb der Partei heftige Auseinandersetzungen ausgebrochen. Es zeigte sich, dass viele Genossinnen und Genossen für dieses Verhalten keinerlei Verständnis aufbringen konnten. Diejenigen Abgeordneten, die entgegen ihrer inneren Überzeugung, aber angesichts des »Fraktionszwanges«, am 4. August zugunsten der Kriegskredite votiert hatten, wollten zunächst kein zweites Mal dem Finanzierungsersuchen der kaiserlichen Regierung ihr Placet erteilen, um den begonnenen Krieg weiterführen zu können. In der Fraktionssitzung am 29. November prallten die gegensätzlichen Auffassungen aufeinander. Dass wir über präzise Kenntnisse zum Verlauf und zu den Inhalten der Diskussionen verfügen, verdanken wir einem anwesenden Informanten der Politischen Polizei. Offenkundig hat einer der Abgeordneten sogleich der Abteilung V des Berliner Polizeipräsidiums, die vor allem für die »Überwachung« der Arbeiterbewegung zuständig war, einen sechsseitigen Bericht übermittelt, der wegen seiner Brisanz am darauffolgenden Tage, dem 30. November, vom Polizeipräsidenten Traugott von Jagow an Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg weitergeleitet wurde. Um wen es sich bei dem Informanten handelte, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist es einer derjenigen Abgeordneten gewesen, die für die Unterstützung des Kriegskurses der Reichsregierung eintraten. Um »Deutschlands Existenz« Für die Fraktionsführung ergriff zunächst Philipp Scheidemann das Wort. Gemeinsam mit Hugo Haase bekleidete er seit dem Tode August Bebels am 13. August 1913 das Amt des Fraktionsvorsitzenden. Seine Ausführungen fasste der Autor des bislang unveröffentlichten Berichts wie folgt zusammen: »Als wir am 2. August und in den folgenden Tagen uns einig wurden, dem Reiche die Mittel zur Verteidigung des Landes und zur Behebung der eintretenden Not zu bewilligen, hatten wir alle den Wunsch, dass die nächste Tagung des Reichstages eine Friedenstagung sein möge. Aber neue Feinde sind auf dem Plan erschienen, um die deutsche Kultur zu vernichten. (Lebhafter Widerspruch und Beifall.) England und mit ihm die hörigen Trabanten des englischen Kapitals verstärkten die Reihen unserer Gegner vor dem 4. August. Wir kämpfen nicht gegen englische oder französische Kultur, wir kämpfen einzig und allein gegen die verbrecherische Politik der englischen Regierung. Wir kämpfen nicht gegen das russische Volk mit seiner Eigenart, aber wir kämpfen gegen den russischen Absolutismus und gegen die russische Kultur. (Zwischenruf Liebknecht: ›Sie sind wohl freiwilliger Regierungskommissar?‹ Der Protokollant vermerkt große Unruhe und stürmische Protestrufe)« Scheidemann fuhr fort: »Deutschlands Existenz steht auf dem Spiel. Wir wollen keinen Kampf bis zum Weißbluten, aber die Ententemächte und mit ihnen die irregeleiteten Führer unserer sozialistischen Parteien des feindlichen Auslandes erklären immer wieder, es gilt, Deutschland niederzuringen. Dagegen muss sich das deutsche Volk schützen. Und schützen kann es sich nur, wenn es der Regierung weiteres Vertrauen entgegenbringt und auch die Geldmittel nicht vorenthält, die Deutschland vor einer Invasion des Feindes behüten.« Scheidemanns Rede, die von Stellungnahmen konservativer und bürgerlicher Politiker und Publizisten kaum zu unterscheiden war, wurde mit »Beifall und Zischen« quittiert. Innerhalb der Fraktion jedoch war seit dem 4. August die Zahl der Abgeordneten angewachsen, die eine derartige Argumentation und eine darauf basierende Zustimmung zu neuen Kriegskrediten strikt ablehnten. Unter ihnen befand sich Georg Ledebour, seit 1913 Mitglied des Fraktionsvorstandes, der auf der Sitzung als erster das Wort ergriff. Ledebour hatte bereits am 3. August dem Vorschlag von Scheidemann und der Mehrheit der Fraktionsmitglieder widersprochen, am kommenden Tag im Plenum des Reichstages zugunsten der Kriegskredite zu stimmen. Er unterwarf sich allerdings wie Karl Liebknecht und die anderen widerstrebenden Genossen der »Fraktionsdisziplin«. Nun, am 29. November 1914, fand er deutliche Worte gegen die Befürworter des Krieges und dessen Finanzierung durch eine Bewilligung weiterer Kriegskrediten. Er erklärte auch im Namen seiner Gesinnungsgenossen: »Das deutsche Volk, die deutsche Arbeiterklasse ist zu schade, um für die Zwecke des Imperialismus abgeschlachtet zu werden. Durch die Zustimmung und Unterstützung einer imperialistischen Politik schmieden wir unserem Volke neue Ketten. Wir, d. h. die deutsche Regierung, führen keinen Kampf zur Abwehr des Feindes und zur Befreiung des deutschen Volkes, sondern einen Kampf um die Macht, um die Weltherrschaft des deutschen Kapitalismus.« Der Informant der Politischen Polizei vermerkt in seinem Bericht, dass die Ausführungen Ledebours mit »Beifall, Unruhe und Zwischenrufen« aufgenommen worden seien. Nachdem die Abgeordneten Eduard Bernstein gegen und Albert Südekum sowie Wolfgang Heine für die Zustimmung zu neuerlichen Kriegskrediten plädiert hatten, ergriff Karl Liebknecht das Wort. Seine Ausführungen gingen allerdings im Lärm der Kriegsbefürworter unter. Für den Informanten der Politischen Polizei war es deshalb unmöglich, seiner Argumentation zu folgen. Auch die Bemühungen Hugo Haases und des Abgeordneten Gustav Hoch aus Darmstadt, ihn in Ruhe anzuhören, blieben ohne Erfolg. Letzterer versuchte es mit den Worten: »Jeder Genosse hat das Recht, seine Meinung hier zu vertreten, auch wenn sie Ihnen nicht lieb ist.« Doch auch er konnte nicht ausreden und wurde niedergeschrien. Am Ende der Tagung wurde abgestimmt, ob am 2. Dezember die Fraktion zugunsten der Kriegskredite votieren soll. 29 der insgesamt 110 Reichstagsabgeordneten lehnten dies ab, die übrigen 81 Mitglieder der Fraktion stimmten für die Annahme der Vorlage. Unter den Opponenten befanden sich neben Liebknecht und Ledebour Wilhelm Dittmann (Frankfurt a. M.), Arthur Stadthagen (Berlin), Fritz Zubeil (Berlin) und Ewald Vogtherr (Stettin). Bei der Abstimmung im Plenum des Reichstages am 2. Dezember 1914 war es jedoch allein Karl Liebknecht, der unter tumultartigen Szenen gegen die neuen Kriegskredite stimmte, wobei es ihm jedoch verwehrt wurde, an das Rednerpult zu treten und seine Beweggründe der Öffentlichkeit mitzuteilen. Der sogenannte Fraktionszwang hatte ein weiteres Mal bewirkt, dass oppositionelle Genossen gegen ihre Überzeugung votierten. Doch mittlerweile hatten sie Mittel und Wege gefunden, um in Wort und Schrift ihre abweichenden Auffassungen zum Kurs der Partei- und Fraktionsführung zu publizieren. »Klassenkampf ist die Losung« Karl Liebknecht legte seine Haltung zum »Hurrapatriotismus« der Scheidemann und Co. unter anderem auf einer Versammlung der SPD in Berlin-Neukölln im Januar 1915 dar. Er setzte sich hier mit dem »Argument« auseinander, dass die »Volksstimmung« in den ersten Augusttagen eine ablehnende Haltung der Sozialdemokratie zum Krieg nicht möglich gemacht habe: »Die johlende, kreischende, rasende Menge, die die Straßen füllte, die allem, was ausländisch war oder schien, die Kleider zerriss und mit Misshandlungen zu Leibe ging, musste jedem Sozialdemokraten abschreckend sein. Keine Pressfreiheit, keine Versammlungen, keine Möglichkeit, mit dem Volke in Berührung zu kommen!« Und er fuhr fort: »Aber selbst, wenn die große Masse des Volkes die Kreditbewilligung heischte: die Sozialdemokratie wird solche Massenstimmungen zwar stets gebührend berücksichtigen, ihnen aber nicht kritiklos folgen. (…) Keine Volksstimmung verdient geringere Beachtung als jener Zustand künstlich erzeugter Raserei, der zur Rechtfertigung der Kreditbewilligung herangezogen wird.« Der von den Kriegsbefürwortern bemühten »Argumentation«, die Verweigerung der Kriegskredite hätte das Verbot der Partei und die Zerstörung ihrer Organisation bewirkt, hielt er entgegen: »Eine Organisation, und wäre sie die riesenhafteste an Zahl und materiellen Mitteln, die im entscheidenden Moment versagt, ist damit zusammengebrochen. Eine oppositionelle Kampforganisation, die sich im entscheidenden Moment freudig der Regierungskuratel unterstellt und unter der Pickelhaube des Belagerungszustandes wohnlich einrichtet, hat aufgehört, als oppositionelle Kampforganisation zu existieren.« Und Liebknecht schloss mit den Worten: »Klassenkampf ist die Losung des Tages. Klassenkampf nicht erst nach dem Kriege. Klassenkampf während des Krieges. Klassenkampf gegen den Krieg. Nimmt die Partei nicht heute, während des Krieges, den Kampf auf, so wird man auch an ihren Kampfgeist nach dem Kriege nicht glauben, weder in den Arbeitermassen noch in den Reihen ihrer Gegner. Jetzt gilt es, sich zu bewähren.« Die oppositionellen Kräfte in der Sozialdemokratie wurden von der Partei- und Fraktionsführung immer wieder mit einem »Argument« konfrontiert, das sie in den Augen ihrer Anhängerschaft herabsetzen sollte: Sie seien »disziplinlos« und würden demokratisch zustande gekommene Beschlüsse der Mehrheiten in den Parteigremien außer acht lassen. Rosa Luxemburg setzte sich mit diesen demagogischen Anschuldigungen in einem Artikel der Sozialdemokratischen Korrespondenzauseinander. Popanz Parteidisziplin Der Anlass ihres Beitrags war das Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion zugunsten der Kriegskredite am 2. Dezember 1914. Luxemburg arbeitete zunächst den spezifischen Charakter von Disziplin in revolutionären Organisationen heraus. Sie schrieb, dass die »militärische wie die kapitalistisch-industrielle Disziplin auf dem äußeren Zwang beruhen, die sozialdemokratische auf freiwilliger Unterordnung«. Als weiterer und entscheidender Aspekt komme hinzu, dass für die Parteimitglieder die Möglichkeit bestehen müsse, ihren Willen kundzutun. Dies sei aber unter den Bedingungen des Belagerungszustandes nicht möglich: »Wie die Partei heute über die Reichstagssitzung des 4. August und des 2. Dezember denkt, ist bis jetzt und bleibt wahrscheinlich noch eine geraume Zeit unbekannt. Nur die Auffassung von 110 Reichstagsabgeordneten und drei bis vier Dutzend Redakteuren hat sich bis jetzt öffentlich kundgetan. In einer demokratischen Partei wie der unseren ist maßgebend die Ansicht und der Wille nicht einer Handvoll Literaten, Parteibeamter oder Parlamentarier, sondern der großen Mehrheit der Proletarier, der Millionen, die nach reiflicher Prüfung, nach offener eingehender Diskussion ihre Entschlüsse fassen.« Und weiter: »Heutzutage, ohne Pressfreiheit, ohne Versammlungsrecht, ohne freies, ungehindertes Parteileben und öffentliche Meinung, ist es der großen Masse der Genossen völlig unmöglich, ihre Auffassung zum Ausdruck zu bringen. (…) So bleibt die Tatsache, dass seit dem Ausbruch des Krieges fortlaufend schwerste Disziplinbrüche begangen werden, die die Sozialdemokratie ihrer bisherigen Richtung, ihrer Physiognomie, ihrer Ziele zu berauben geeignet sind. Disziplinbrüche, die darin bestehen, dass einzelne Organe der Partei, anstatt dem Gesamtwillen, d. h. dem Parteiprogramm, zu dienen, auf eigene Faust diesen Gesamtwillen beugen.« Angesichts der Reduktion parteiinterner Willensbildung auf diejenige innerhalb der Reichstagsfraktion, unter Missachtung programmatischer Dokumente der SPD und einschlägiger Parteitagsbeschlüsse war die Berufung auf die Parteidisziplin von seiten der Kriegsbefürworter reine Demagogie und Heuchelei. »Keine Gruppe von hundert Genossen«, so schrieb Rosa Luxemburg zutreffend, »möge sie eine Ortsversammlung, ein Konsumverein oder eine parlamentarische Fraktion sein, hat in einer demokratischen Partei wie der Sozialdemokratie die Befugnis, den einzelnen zum Verrat an der Partei zu zwingen.« Doch seit der Zustimmung zu den Kriegskrediten am 4. August 1914 hatte die Mehrheit im Parteivorstand und in den Redaktionsstuben sozialdemokratischer Zeitungen unübersehbare Zeichen gesetzt. SPD-Zeitungen für Soldaten Letztere, schon seit einiger Zeit in den Händen opportunistischer Kräfte, öffneten ihre Spalten beflissen den Bekundungen »patriotischer Gesinnung« und der »Kriegsbegeisterung«. Das führte auch dazu, dass bereits am 28. August 1914 die bürgerliche Vossische Zeitung erfreut melden konnte, dass künftig sozialdemokratische Blätter im Heere zugelassen seien. Sie könnten auch an Frontsoldaten versandt werden. Nur einen Tag später stellte der reaktionäre »Reichsverband gegen die Sozialdemokratie«, »angeregt« durch eine Initiative des Reichskanzlers, seine Tätigkeit ein. Sein Vorstandsmitglied Ernst von Heydebrand und der Lasa, zugleich Vorsitzender der Deutschkonservativen Partei, Mitglied des Reichstages und des Preußischen Abgeordnetenhauses, begründete dies wie folgt: »Bei Kritik oder Tadel wird man niemals vergessen können, dass der Gegner einst das deutsche Vaterland mit verteidigt hat.« Noch kurz zuvor, am 8. Mai 1914, hatte es in der »Festgabe« desselben Verbandes, anlässlich seines zehnjährigen Bestehens, geheißen: »Täuschen wir uns nicht, dass wir mit der Sozialdemokratie nicht wie mit einer landsmannschaftlichen Partei in ruhiger Diskussion sind; sie lebt mit uns im Kriege, und sie wird losschlagen, gerade so gut wie die Franzosen, sobald sie sich stark genug dazu fühlt. (…) Die Hoffnung, die irregeleiteten Massen auf den Boden des Gegenwartsstaates zurückzuführen, muss vorerst aufgegeben werden.« Ein weiteres Mittel, um die innerparteiliche Opposition mundtot zu machen, bestand in der »Übernahme« von Zeitungen und Redakteursstellen unbotmäßiger Journalisten durch die Kriegsbefürworter. Besonderes Aufsehen erregte die Einsetzung des »patriotisch« gesinnten Wilhelm Keil als Chefredakteur der in Stuttgart erscheinendenSchwäbischen Tagwacht im November 1914, die bis dahin von linken Sozialdemokraten redigiert worden war. Allerdings konnte nicht verhindert werden, dass gemäß eines Beschlusses der Stuttgarter SPD künftig ein eigenständiges Mitteilungsblatt, das die Tradition der Schwäbischen Tagwacht fortführen sollte, herausgegeben wurde. Zum wichtigsten Publikationsorgan der Sozialchauvinisten gerieten die Sozialistischen Monatshefte, die bereits seit der Jahrhundertwende in ihren Artikeln für die Unterstützung der imperialistischen Außen-, Kolonial- und Flottenpolitik geworben hatten. Jetzt machte sich hier schrankenloser Chauvinismus breit. Es seien an dieser Stelle nur zwei Beispiele von vielen angeführt. Der Reichstagsabgeordnete Rudolf Quessel schrieb in der Ausgabe vom 13. August 1914: »Ein furchtbares Schicksal droht der Nation. Von Ost, West und Nord stürmen die Feinde heran, sie niederzuwerfen. Das Volk, das im Reich des Geistes die herrlichsten Bauwerke errichtete, dessen gewaltige sittliche Kraft den modernen Sozialismus geboren, soll jetzt die Beute von Völkern werden, deren Anlagen und Begabungen nirgendwo begeistertere Anerkennung fanden als auf deutscher Seite. Was die Feinde Deutschlands planen, ist eine Versündigung an der Kultur und der Menschheit überhaupt, die nimmermehr so hoch hätte steigen können, wenn deutsche Geistesarbeit ihr nicht den Weg empor gebahnt hätte. (…) Wer dieses Volk niederwerfen und für alle Zeiten ohnmächtig machen will, trachtet danach, alle menschlichen Zukunftshoffnungen zu vernichten.« Der Herausgeber derSozialistischen Monatshefte, Joseph Bloch, schreckte in derselben Ausgabe nicht davor zurück, den völkerrechtswidrigen Angriff und die Okkupation Belgiens zu legitimieren: »Deutschland kann mit ruhigem Gewissen in den Krieg ziehen. Es wollte niemandem in seinem innerlich berechtigten Wirken stören, es kämpft nur um die Möglichkeit zu leben und zu geben. Auch hier stand die wahre Ethik gegen das kodifizierte Recht. Die Durchbrechung der international garantierten Neutralität Belgiens war eine Rechtsverletzung, aber moralisch gerechtfertigt, obgleich England dadurch einen Vorwand bekam, der es ihm gestattete, die Durchführung seiner lange vorher bestimmten Pläne nun auch noch als Wahrung des Rechts hinzustellen.« Fast wortgleiche Äußerungen waren in bürgerlichen Schriften zu lesen, sie ähneln sogar denjenigen alldeutscher Provenienz. Die Zäsur vom 2. Dezember Ein letztes Mal gelang es den Kriegsbefürwortern in der Reichstagsfraktion mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der »Fraktionsdisziplin« alle, bis auf Karl Liebknecht, hinter sich zu scharen. Bei der Abstimmung über eine dritte Kriegsanleihe am 20. März 1915 votierte zusammen mit Liebknecht auch Otto Rühle gegen die Gesetzesvorlage. Dreißig weitere SPD-Abgeordnete hatten vor dem Votum den Plenarsaal verlassen. Die Versuche der sozialdemokratischen Partei- und Fraktionsführung, ihre Politik, die auf die Unterstützung der Reichsregierung, die Entfaltung von Propaganda zugunsten des Krieges und auf das offene Einschwenken auf eine von Nationalismus geprägte Ideologie orientiert waren, ohne Verluste durchzusetzen, scheiterte. 1915 begannen die ersten Aktivitäten, die schließlich zur organisatorischen Trennung der Genossinnen und Genossen um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie anderer konsequenter Sozialisten von den opportunistischen und kriegsbegeisterten Kräften in der Führung der Sozialdemokratie führten. Rainer Zilkenat schrieb am 29.10 in der junenWelt über die Einverleibung der lothringischen Schwerindustrie durch deutsches Kapital im Oktober 1914

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen