Donnerstag, 4. Juni 2020

[IMI-List] [0565] Analyse: Polizeigesetz / Studie: Call of Duty / Artikel: Marine und Moria

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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0565 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

1.) der Hinweis auf die neue IMI-Studie zum Computerspielmegaseller
„Call of Duty: Modern Warfare“;

2.) neue IMI-Artikel, u.a. über die Aufrüstung der Marine und das
Flüchtlingslager Moria;

3.) ein Artikel zur Neufassung des baden-württembergischen Polizeigesetzes.


1.) Studie: Videospiel Call of Duty: Modern Warfare

Soeben wurde eine ausführliche kritische Studie über die Videospielreihe
„Call of Duty: Modern Warfare“ veröffentlicht. Mit über 70 Millionen
verkauften Exemplaren handelt es sich dabei um eine der wichtigsten
Spielreihen der Welt, weshalb es umso wichtiger ist, sich kritisch mit
den darin transportierten Inhalten auseinanderzusetzen.


IMI-Studie 2020/01
Ruf der Pflicht?
Politische und gesellschaftskulturelle Aussagen in den Videospielen der
CALL OF DUTY: MODERN WARFARE-First-Person-Shooter-Reihe
https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2020-1-COD.pdf
Michael Schulze von Glaßer (16. April 2020)

87 Milliarden US-Dollar Umsatz erwartet die Videospielbranche 2020 –
Tendenz für die nächsten Jahre weiter steigend. Dabei soll es in diesem
Jahr weltweit 3,55 Milliarden Videospieler*innen geben. Der größte Teil
davon spielt „Mobile Games“ – also meist kleine Spiele mit wenig Umfang
auf dem Smartphone. Doch auch „Core Games“ – Spiele, die etwa für die
Konsolen Microsoft „Xbox“ und Sony „Playstation“ sowie den PC entwickelt
wurden – spielen beim weltweiten Umsatz der Branche eine große Rolle.
Eine in diesem Zusammenhang wohl einflussreichste Video-Spielreihen ist
CALL OF DUTY bzw. die MODERN WARFARE Spiele, um die es im Folgenden
gehen wird. Einer generellen Einordnung zum Einfluss des Spieles folgt
eine detaillierte Beschreibung der (politischen) Inhalte der Spiele, die
abschließend einer Kritik unterzogen werden sollen.

Die ganze Studie zum hierunterladen:
https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2020-1-COD.pdf

INHALTSVERZEICHNIS

1. Millionenseller CALL OF DUTY
2. Die Spiele
2.1 CALL OF DUTY: MODERN WARFARE (2019)
2.2 CALL OF DUTY 4: MODERN WARFARE (2007)
2.3 CALL OF DUTY: MODERN WARFARE 2 (2009)
2.4 CALL OF DUTY: MODERN WARFARE 3 (2011)
3. Die Aussagen
3.1 Menschenrechte und Genfer Konvention
3.2 Die skandalöse Kein-Russisch-Mission
3.3 Intervention statt Souveränität
3.4 Feindbild Russland
3.5 US-Militär mit im Spiel
4. Mögliche Lösungsansätze
5. Das Fazit

Die ganze Studie zum hierunterladen:
https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2020-1-COD.pdf



2.) Neue IMI-Texte: Marine, Moria…

Im Mai soll die Fregatte Hamburg Kurs auf die indopazifische Region
setzen (sofern Corona keinen Strich durch die Rechnung macht), ein
deutliches Signal, dass sich auch die Marine zunehmend in die neuen
Großmachtauseinandersetzungen einbringen will, wie in einer neuen
IMI-Analyse herausgearbeitet wird.

Außerdem erschienen ist ein Artikel über die fürchterliche Situation im
griechischen Flüchtlingslager Moria. Der Artikel arbeitet heraus, dass
es ebenso nötig wie möglich ist, den betroffenen Menschen zu helfen,
weshalb sich Deutschland und die EU der unterlassenen Hilfeleistung
schuldig machen, da sie hier keinen Finger rühren.

IMI-Analyse 2020/19
Auf Kurs in die Großmachtkonkurrenz
Die Mobilmachung der Marine gegen Russland und China
http://www.imi-online.de/2020/04/14/auf-kurs-in-die-grossmachtkonkurrenz/
Jürgen Wagner (14. April 2020)

IMI-Standpunkt 2020/013
Gesundheit schützen! Militär abrüsten und Klimawandel stoppen!
Virtueller Ostermarsch 2020: Redemanuskript von Claudia Haydt
http://www.imi-online.de/2020/04/14/gesundheit-schuetzen-militaer-abruesten-und-klimawandel-stoppen/

(14. April 2020)

IMI-Standpunkt 2020/012
Lasst uns die Menschen aus den Lagern holen!
http://www.imi-online.de/2020/04/09/lasst-uns-die-menschen-aus-den-lagern-holen/
Jacqueline Andres (9. April 2020)

IMI-Mitteilung
Ostermärsche in Coronazeiten
Zusammenstellung von Videos, Reden, etc.
http://www.imi-online.de/2020/04/09/ostermaersche-in-coronazeiten/
IMI (9. April 2020)


3.) IMI-Analyse zur Neufassung des baden-württembergischen Polizeigesetzes

IMI-Analyse 2020/20
Baden-Württemberg: Verschärfung des Polizeigesetzes während Corona-Krise
http://www.imi-online.de/2020/04/14/baden-wuerttemberg-verschaerfung-des-polizeigesetzes-waehrend-corona-krise/

Stefan Gruber (14. April 2020)

In Baden-Württemberg steht die erneute Verschärfung des Polizeigesetzes
an. Gerade jetzt, während der Corona-Krise, soll ein Gesetzesentwurf
durchgebracht werden, der sich drastisch von den Ankündigungen der
vergangenen Monate unterscheidet. Die Verabschiedung soll einmal mehr
weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit passieren. Der
Gesetzesentwurf wurde in den letzten Monaten an einigen Stellen
grundlegend verändert. Über die zuletzt durchgeführten inhaltlichen
Änderungen ist bisher in der Presse weder umfangreich noch differenziert
diskutiert worden. Auch deuten Rechtschreibfehler im neuen
Gesetzesentwurf auf eine sehr hektische und ungenaue Arbeitsweise hin.

Nach der Verabschiedung des neuen Polizeigesetzes sollen umfangreiche
Durchsuchungen von Personen und Sachen im Zusammenhang mit
Veranstaltungen und Ansammlungen, der Einsatz von Body Cams in
Geschäftsräumen und Wohnungen, sowie grundlegend ausgeweitete
Videoüberwachung im öffentlichen Raum ermöglicht werden. Forderungen
nach einer Kennzeichnungspflicht, wie sie die Grünen bereits vor Jahren
versprachen, sowie unabhängigen Ermittlungsstellen zur Aufklärung von
polizeilichem Fehlverhalten bleiben weiterhin ungehört.

Ein scheinbar öffentlicher Prozess - keine Krise, die nicht auch genutzt
wird!

Nachdem 2017 die letzte Verschärfung der Polizeigesetze in Baden
Württemberg im Verstecken geschehen ist,[1] entstand im vergangenen Jahr
der Anschein, dass dies mit der neuen angekündigten Gesetzesänderung
nicht geschieht. Im gesamten Jahresverlauf 2019 wurde über mögliche
Inhalte dieses Gesetzes berichtet. Es gab Aktionen und Demonstrationen,
die die geplanten Inhalte kritisierten und es entstand eine öffentliche
Diskussion zum Thema. In einer Pressemitteilung im Dezember 2019 gaben
die Grünen nach einer gemeinsamen Sitzung mit dem Koalitionspartner CDU
konkret geplante Inhalte zum Gesetz bekannt und kündigten auf Anfrage
der IMI ein Beteiligungsverfahren an. Doch schon Mitte Januar schien
diese Regelung nach Presseberichten wieder gekippt zu sein.[2]

Anfang März, als die Corona-Krise in Deutschland absehbar wurde, gab es
dann erneut die Meldung einer Einigung der Grün-Schwarzen Koalition.
Diese unterscheidet sich jedoch wesentlich von den Ankündigungen aus
bisherigen Presseberichten. Die online veröffentlichte Pressemitteilung
der Grünen unter dem Titel "Fragen & Antworten zum neuen Polizeigesetz"
wurde schlicht und einfach editiert[3] und eine grundlegend erneuerte
Version hochgeladen. Die alte Version ist online nicht mehr abrufbar.

Die markanteste Änderung zeigt sich aber bei der inhaltlichen Umkehrung
der Ankündigung der "Stärkung der Rechte der Besucher*innen von
Großveranstaltungen: Es dürfen keine anlasslosen Kontrollen
stattfinden".[4] Diese Formulierung wandelte sich zu einer
"Ermächtigungsgrundlage für Durchsuchung und Identitätsfeststellung von
Personen, bei gefährdeten Großveranstaltungen durch die Polizei."[5] Und
auch wenn diese Zusammenfassung wie das genaue Gegenteil der
ursprünglichen Ankündigung wirkt, ist sie inhaltlich so ungenau
formuliert, dass der Umfang der neuen Regelungen damit nur angedeutet wird.

In der folgenden inhaltliche Analyse des Gesetzesentwurfs werden
vorrangig die Änderungen im restlichen Polizeigesetz betrachtet. Als
Grundlage dient der textuelle Vergleich des bestehenden Polizeigesetzes
(letzte Änderung 2019) mit dem im März 2020 veröffentlichtem
Gesetzesentwurf.[6]

Im neuen Polizeigesetz wurden auch ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts sowie EU-Datenschutzverordnungen
eingearbeitet, die geringste Vorteile hinsichtlich der Bürgerrechte
bringen. Um das Polizeigesetz verfassungskonform zu gestalten, hatte
sich die Landesregierung bereits vier Jahre Zeit gelassen, obwohl das
Polizeigesetz in der Zwischenzeit zweimal verschärft worden war.

Da sich in diesen EU-Datenschutzverordnungen jedoch auch die fragwürdige
Legitimation zum Einsatz von Bodycams in Wohnungen versteckt, weisen wir
auf „mögliche Alternativen für den Einsatz von Body-Cams“ hin, wie
„Deeskalations-Personal, Deeskalations-Trainings, eine Förderung von
sozialer Arbeit, sozialer Beratung, sozialen Notdiensten und weitere
soziale Maßnahmen (...). Denn Bodycams können die Ursachen von
körperlicher und verbaler Gewalt in Form von sozialen Spannungen und
Problemen nicht lösen, sondern maximal im Fall einer Eskalation temporär
gewaltreduzierend und dokumentierend wirken“.[7]

Durchsuchung von Personen und Sachen – wie es der Polizei beliebt!

In der Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte des neuen Gesetzestextes
wird von neuen Rechtsgrundlagen „zur Personenfeststellung sowie zur
Durchsuchung von Personen und Sachen bei Großveranstaltungen“[8]
gesprochen. Im Gesetzestext dazu wird sich nicht auf
Großveranstaltungen, sondern von „öffentlichen Veranstaltungen und
Ansammlungen“, „die ein besonderes Gefährdungsrisiko“[9] aufweisen,
bezogen. Dabei wird das pauschale Durchsuchen von Personen und Sachen um
und bei Veranstaltungen und Ansammlungen möglich. Es kann also auch
Unbeteiligte die sich einfach zufällig in der Nähe aufhalten treffen.
Die Maßnahmen könnten auch verwendet werden, um repressiv gegen
Demonstrationen vorzugehen. Dies war bislang zwar bereits gängige Praxis
der Polizei, aber eigentlich verfassungswidrig, weil dies potenziell an
einer Demonstration Teilnehmende unverhältnismäßig einschüchtert und
damit einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit darstellt.

Im Gesetzesentwurf wird zwischen der Durchsuchung von Personen und
Sachen insofern unterschieden, dass die Durchsuchung von Personen „im
Zusammenhang“[10] mit entsprechend klassifizierten Veranstaltungen und
Ansammlungen, die Durchsuchung von Sachen nur „am Ort oder in
unmittelbarer Nähe“[11] zur Veranstaltung möglich ist. So wird eine
Rechtsgrundlage geschaffen, die eine Personenfeststellung und
Durchsuchung ermöglicht, wenn eine Person in (irgendeinem) Zusammenhang
mit einer als gefährlich klassifizierten Veranstaltung steht. Wie genau
dieser Zusammenhang aussehen kann, wird nicht näher definiert und lässt
damit mehr interpretatorische Freiräume als notwendig. Die Durchsuchung
von Sachen und Personen nicht gleichzustellen, ist nicht
nachvollziehbar! Es drängt sich die Vermutung auf, dass der Polizei hier
bewusst ein möglichst großer Spielraum gelassen wird. Von einer
„sicheren Rechtsgrundlage“, wie sie Die Grünen in ihrer ersten
Pressemitteilung versprachen, keine Spur.[12]

Besonderes Gefährdungsrisiko?

Doch wann besteht ein sogenanntes besonderes Gefährdungsrisiko? Dies ist
der Fall, wenn Verdacht auf terroristische Anschläge besteht oder aber
„aufgrund der Art und Größe der Veranstaltungen und Ansammlungen
erfahrungsgemäß erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit
entstehen können.“[13]

Die „Größe der Veranstaltung“[14] kann Grund für eine solche Gefährdung
sein. Also können bei Großveranstaltungen, die allein durch ihre Größe
„erfahrungsgemäß“[15] eine potenzielle Gefährdung darstellen, jede und
jeder kontrolliert werden, anlasslos. Gegensätzlich hatten Die Grünen im
Dezember öffentlichkeitswirksam angekündigt, dass die Gesetzesänderung
„bei Großveranstaltungen […] keine anlasslosen Durchsuchungen bei
Personen“[16] ermöglicht.

Doch werden nicht nur Großveranstaltungen, wie bisher in der Presse
berichtet, einbezogen, sondern auch solche durch deren „Art […]
erfahrungsgemäß […] erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit
entstehen“.[17] Dies kann auch kleine Veranstaltungen, jegliche
Ansammlungen und auch Demonstrationen betreffen, wie dies in der
Vergangenheit schon bei linken und antifaschistischen Demos geschehen
ist. Dass das zu beschließende Polizeigesetz auch in die
Versammlungsfreiheit eingreift, wird explizit im Gesetzestext erwähnt.[18]

Videoüberwachung - nicht nur an gefährlichen Orten.

Das Aufnehmen von Bild und Ton durch Polizei und Ordnungsamt ist
zukünftig an einer „Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung,
einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen
besonders gefährdeten Objekt“[19] möglich und erlaubt, „soweit Tatsachen
die Annahme rechtfertigen, dass an oder in Objekten dieser Art
Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, diese Objekte
oder darin befindliche Sachen gefährdet sind“.[20] Zudem wird die
Aufzeichnung an sogenannten gefährdeten Orten ermöglicht. Dies
legalisiert die Fortsetzung und Ausweitung der öffentlichen
Videoüberwachung. Projekte wie in Mannheim, wo seit der letzten
Verschärfung 2017 eine automatisierte, sogenannte „intelligente“
Videoüberwachung erprobt wird, können so an neuen Orten entstehen. Seien
es Gerichtsgebäude, der Bus oder die U Bahn - überall dort könnte nun
von Polizei und Ordnungsamt gefilmt werden, wenn eine entsprechende
Begründung vorgelegt wird. Ebenfalls ermöglicht wird die (eventuell
verdeckte) Aufnahme von Menschen an teilweise nicht bekanntgegebenen
Orten, da nicht davon auszugehen ist, dass alle „gefährdeten“ Orte
bekannt sind. Ohne dies rechtlich fundieren zu können, ist die jederzeit
mögliche Überwachung bei Intransparenz über die Orte sehr fragwürdig. In
Kombination mit dem großen Umfang der potenziell überwachbaren
Einrichtungen (Verkehrs- Versorgunganlagen- und -einrichtungen,
öffentliche Verkehrsmittel …) stellt dies eine Einschränkung der
Grundrechte dar.

Doch was sind eigentlich diese gefährlichen Orte?

Es ist nicht transparent, welche Orte die Landesregierung als gefährlich
einordnet. Die letzten Informationen finden sich in einer kleinen
Anfrage der AfD an den Landtag.[21] In dieser werden einige Deadlines
für eine Evaluation genannt, die teilweise schon abgelaufen sind – damit
verliert diese (aktuellste) Information ihre Aussagekraft. Ob weitere
Orte klassifiziert wurden, ist unbekannt, ebenso wie die Frage, ob die
damals bestehende Liste der Landesregierung vollständig war. Auch gibt
es keine öffentlich einzusehende Liste, welche Veranstaltungen als
gefährlich klassifiziert wurden oder weiterhin werden. Da die neuen
Regelungen der Polizei eine enorme Rechteerweiterung an diesen Orten und
Versammlungen gewährt, wäre eine transparent geführte Auflistung eine
mindeste Notwendigkeit.

Ein Beteiligungsverfahren – nur wenn dazu animiert wird, sich zu beteiligen

Es ist grundlegend zu befürworten, dass die Landesregierung die
Möglichkeit bietet, die Bevölkerung in einen Beteiligungsprozess mit
einzubeziehen. Dass nun bei einem grundlegend erneuerten Polizeigesetz
insgesamt zwei Kommentare auf der entsprechend „Beteiligungs“seite
auftauchen, ist ein Zeichen dafür, dass diese kaum genutzt wird. Eine
ernstzunehmende Beteiligung findet also einfach nicht statt. Eine
„google“-Suche nach dem Link zur Beteiligungsseite zeigt, dass allein
das Aktionsbündnis „#NoPolGBW“ gegen das neue Polizeigesetz auf seiner
Website auf den Link verweist. Es ist natürlich nicht auszuschließen,
dass es weitere Bemühungen gab, eine Bürgerbeteiligung zu fördern, dies
ist jedoch sehr unwahrscheinlich, und auf keinen Fall leicht zu finden.

Es findet sich auf der Beteiligungswebsite der Satz: „Was
Bürgerbeteiligung leisten kann, hängt immer von den Rahmenbedingungen
ab. Je weiter die Planungen eines Projekts vorangeschritten sind und je
weiter bereits wesentliche Eckpunkte beschlossen wurden, desto
eingeschränkter ist eine Mitwirkung.“[22] Und genau dies findet sich in
dem Beteiligungsverfahren bei einem fertigen Gesetzesentwurf wieder. Die
Planung des Projekts ist (ohne Beteiligungsmöglichkeiten für
Bürger*innen) weit vorangeschritten und somit sind die aktuellen
Möglichkeiten der Mitwirkung sehr klein. Dies erweckt den Eindruck, dass
eine Mitwirkung von Bürger*innen gar nicht erwünscht ist, sondern
lediglich durch Scheinbeteiligung ein besseres Außenbild gefördert
werden soll.

Ein ernsthaftes Verfahren stellen wir uns anders vor. So eigentlich auch
die Landesregierung: „Es geht [...] darum, dass die Bürgerschaft und
Entscheidungsträgerinnen und -träger frühzeitig über einen politischen
Prozess ins Gespräch kommen, Argumente austauschen und im Idealfall zu
einer gemeinschaftlichen Entscheidung finden. Beispiele für diesen Weg
sind BürgerInnenräte, Bürgergutachten oder Mediationsverfahren.“[23]

Neue Polizeigesetze in Baden Württemberg - am liebsten still und heimlich

Es ist absurd, dass die Umsetzung neuer Polizeigesetze in
Baden-Württemberg nur im Verdeckten geschieht: 2017 das letzte Mal, und
so wie es sich gerade abzeichnet 2020 erneut. Der grün-schwarzen
Landesregierung ist hier bewusste Intransparenz zu unterstellen:
Informationsseiten wurden ohne Hinweise auf vergangene Inhalte einfach
abgeändert und auch wesentliche inhaltliche Änderungen nicht begründet.
Eine solche Handlungsweise spricht in einer Zeit, in der die
Corona-Krise die mediale Berichterstattung beherrscht, nicht für den
Wunsch dieser Regierung, eine kritische Bürger*innenbeteiligung
anzuregen. Böse Zungen könnten behaupten, dass die Krise als Mittel zum
Zweck genutzt wird – spontan neue Inhalte einzubringen, denen vor
einigen Monaten sehr kritisch öffentlich widersprochen wurde, würde
jedenfalls dafür sprechen. Wir erinnern uns an W. Kretschmanns Worte zur
Verschärfung des Polizeigesetzes 2017: „Wir gehen an die Grenze des
verfassungsmäßig Machbaren”.[24] Spätestens mit der aktuellen
Verschärfung könnte diese Grenze überschritten werden. Dass nun aufgrund
der Corona-Krise Proteste praktisch nicht möglich sind, dürfte der
Landesregierung dabei gut in die Karten spielen.

Bis zum 22. April 2020 ist es möglich, das Gesetz auf dem
„Beteiligungs“portal zu kommentieren – danach könnte das Gesetz sehr
schnell beschlossen werden.

Anmerkungen
[1] IMI-Analyse 2017/47: Alexander Kleiß: Neues Polizeigesetz in
Baden-Württemberg. Militarisierung der Polizei und schwere Eingriffe in
Grundrechte. 14.12.2017
[2] SWR: Wegen Streit um Bleiberecht. Neues Polizeigesetz in
Baden-Württemberg liegt auf Eis. 23.01.2020.
[3] Die Grünen im Landtag: Polizeigesetz – Fragen und Antworten,
04.03.2020, abgerufen am 13.04.2020. Die alte Version der
Pressemitteilung, die unter demselben Link abrufbar war, ist nicht mehr
online verfügbar und wurde überschrieben.
[4] Ebd. - nicht mehr verfügbar.
[5] Ebd. - nicht mehr verfügbar.
[6] Beteiligungsportal Land Baden-Württemberg: Anpassung des
Polizeigesetzes.
[7] digitalcourage: Stellungnahme von Digitalcourage e.V. zum
Änderungsantrag der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion zur Drucksache
6/1479: »Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates
Sachsen«, speziell Bodycams. 11.3.2019.
[8] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, S.2.
[9] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, §34 Absatz 3, Satz 1.
[10] Ebd.
[11] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, §35.
[12] Die Grünen im Landtag: Polizeigesetz – Fragen und Antworten, alte
Version. Die alte Version der Pressemitteilung, die unter demselben Link
abrufbar war, ist nicht mehr online verfügbar und wurde überschrieben.
[13] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, §44.
[14] Ebd.
[15] Ebd.
[16] Die Grünen im Landtag: Polizeigesetz – Fragen und Antworten, alte
Version. Die alte Version der Pressemitteilung, die unter demselben Link
abrufbar war, ist nicht mehr online verfügbar und wurde überschrieben.
[17] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, §44 Absatz 1, Nummer 2,
Satz 1.
[18] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, §4 Nummer 3.
[19] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, §27 Absatz 1, Nummer 4.
[20] Gesetzesentwurf Neufassung Polizeigesetz, §44 Absatz 2.
[21] Landtag Baden-Württemberg: Antwort des Innenministeriums auf die
Kleine Anfrage „Gefährliche Orte in Baden-Württemberg. 13.12.2019
[22] Beteiligungsportal Land Baden-Württemberg: Demokratie lebt von den
Bürgerinnen und Bürgern.
[23] Ebd.
[24] Merkur: Kretschmann: Notfalls verfassungsrechtliche Grenzen
ausreizen. 14.1.2017.

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