Samstag, 18. Januar 2020
Ein Jahr Regierung Lopez Obrador in Mexiko: Eine Bilanz im Schatten der „Politik der Großprojekte“ - die massiven Widerstand hervor ruft
„... Widersprüchlich fällt AMLOs Bilanz hinsichtlich Großprojekten
aus, die gegen die Interessen der lokalen, oft indigen geprägten
Bevölkerung verstoßen. Einerseits hat er das größte Fass ohne Boden
erstmal zugemacht, indem er die Arbeiten am neuen Großflughafen
außerhalb Mexiko-Stadts trotz 20 Prozent Baufortschritts stoppte.
Viele andere Projekte, auch im privatisierten Energiesektor, sind auf
Eis gelegt. Nebeneffekt dieser oft sinnvollen Brems- und Sparpolitik
in Verwaltung und Infrastruktur ist ein Nullwachstum in diesem Jahr.
Doch es bleibt unklar, wie ernst es AMLO mit der von ihm beschworenen
„Trennung von Politik und Ökonomie” und dem „Ende des Neoliberalismus”
wirklich ist. Denn andererseits hinterfragen indigene Gemeinden und
soziale Organisationen die Vorzeigeprojekte der neuen Administration:
das Touristenprojekt Tren Maya auf der Halbinsel Yucatán, die
Erdölraffinerie Dos Bocas sowie den Güterkorridor im Isthmus von
Tehuántepec, mit dem der Transport der Container zwischen Pazifik und
Atlantik beschleunigt werden soll. So haben am 12. Oktober 2019
mehrere Foren stattgefunden, auf denen indigene Vertreter*innen der
sozialen Bewegungen ihren dezidierten Widerstand gegen diese
Großprojekte ankündigten und die von MORENA beschworene Vierte
Transformation als “Vierte Destruktion” verdammten. Generell stellt
sich die Frage, wie weit die gesellschaftliche Partizipation in diesem
neuen Mexiko wirklich gehen wird. Die Befragungen der indigenen
Gemeinden waren und sind bisher nicht ernstzunehmende Alibiübungen,
eine gesetzliche Grundlage dazu wird erst erarbeitet. Die neuen
direktdemokratischen Instrumente der Volksbefragung sind seit November
in der Verfassung festgeschrieben. Die technischen Hürden für deren
Zustandekommen sind jedoch hoch, eine Initiative benötigt die
Unterstützung von zwei Prozent aller Wahlberechtigten des riesigen
Landes, was ca. 1,8 Millionen Menschen entspricht. Zum Vergleich:
Kein*e parteiunabhängige*r Kandidat*in erreichte vor den letzten
Präsidentschaftswahlen die notwendige ein Prozent-Unterstützung, um
zur Wahl zugelassen zu werden...“ – aus der ausführlichen und konkret
abwägenden Zwischenbilanz zum ersten Regierungsjahr AMLOs
„HEILSBRINGER IM STRESSTEST“ von Philipp Gerber in der Ausgabe Januar
2020 der Lateinamerika Nachrichten (Nummer 547). Siehe in unserer
Materialsammlung zum "Jubiläum" vier weitere Beiträge zu Großprojekten
und Widerstand (und den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zum „Tren
Maya“) – sowie drei weitere Beiträge zum neuen Arbeitsgesetz, zur
Gewerkschaftsopposition der LehrerInnen und ein Beispiel der sozialen
Probleme des Landes
https://www.labournet.de/?p=161163
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