Donnerstag, 22. September 2016

Propaganda-Lügen der USA über die Flüchtlinge – oder: Warum fliehen die Menschen aus Syrien?

Zusammenfassend können wir die Schlußfolgerung ziehen, daß die Umfrage, die durch die „Syrien-Kampagne“ (2015) beauftragt wurde, nicht bewiesen hat, daß „70 % vor Assad fliehen“.

fluchtboot

Übersetzung: Anja Meißner

Wie während eines Krieges nicht anders zu erwarten, werden von der Gegenseite oft Falschinformationen verbreitet. Im Fall der syrischen Flüchtlinge in Europa hat die USA-gestützte Organisation „The Syria Campaign“ (TSC) massiv dazu beigetragen, solche Falschinformationen zu verbreiten, darunter auch die, daß die meisten syrischen Flüchtlinge „vor Assad fliehen“. Die „Syrien-Kampagne“ ist eine von der Wall Street und von mehreren ineinandergeschachtelten, US-amerikanischen Gruppen (Avaaz, Purpose, White Helmets) entwickelte „Werbeidee“, die ähnlich wie in Libyen für eine „Flugverbotszone“ in Syrien gekämpft haben. Das heißt sie arbeiten daran, eine NATO-Invasion an der Seite der dschihadistischen Gruppen (siehe Sterling 2015) vorzubereiten. Jedenfalls erlaubt es uns ein sorgfältiger Blick, diesen „Assad-Flüchtlings“-Betrug zu durchschauen.

Eine gefälschte USA-Umfrage in der BRD
Die „Syrien-Kampagne“ (TSC) hat in der BRD 2015 eine Umfrage in Auftrag gegeben, die offenbar von dem deutschen Akademiker Heiko Giebler durchgeführt wurde. Darin waren, wie gesagt wurde, 889 syrische Flüchtlinge in Berlin, Hanover, Bremen, Leipzig und Eisenhüttenstadt befragt worden. Die Kandidaten wurden „beim Betreten oder Verlassen der Registrierungszentren erfaßt“. Die Befragung erlaubt jedoch keine Aussage darüber, wie die Wahl ausgefallen ist (TSC 2015). Das ist deswegen wichtig, weil Stichprobenfehler leicht die repräsentative Bedeutung einer slchen Erhebung verfälschen können. Tatsächlich gibt es, falls in diesem Fall keine Stichprobenfehler vorhanden sind, keine Aussage darüber, inwieweit die Befragung eine breitere Bevölkerung erfaßt. Somit sind die Ergebnisse fast wertlos, außer als Anekdote.
Kein Beweis für eine „Flucht vor Assad
Das Titelblatt, die Überschrift und Grafiken suggerieren, daß „70 % der Flüchtlinge vor Assad fliehen“. Das ist zunächst eine falsche Charakterisierung der tatsächlichen Befragung (TSC 2015). Es gab nicht eine einzige Frage über eine Flucht vor Assad, noch vor irgendjemandem anderen. Es gab Fragen darüber, wen die Befragten für die Gewalt verantwortlich machen und vor wem sie Angst haben. Von den 30 Fragen scheinen nur drei relevant zu sein: Nr. 9 („Wer war für die Kämpfe verantwortlich?“), Nr. 14 („Von wem befürchteten Sie gefangen genommen oder entführt zu werden?“), und Nummer 18 („Was war der Hauptgrund für Sie, Syrien zu verlassen?“). Festzustellen ist, daß Frage 18 keine besondere Drohung enthält, während es in den Fragen 9 und 14 (wie im Befragungs-Bericht erklärt wird) eine Vielzahl von Möglichkeiten gab, so zeigen die Ergebnisse in beiden Fällen weit mehr als eine 100%ige Übereinstimmung.
Was die Umfrage wirklich aussagt…
Das Titelblatt, die Überschriften und Grafiken der „Syrien-Kampagne“ sind sehr frei mit der Kombination dieser drei Fragen umgegangen. Als Antwort auf Frage Nr. 18 haben 69 % gesagt, daß der „Hauptgrund“ dafür, Syrien zu verlassen, eine „bevorstehende Bedrohung“ für das Leben gewesen sei, ohne jedoch eine näher identifizierte Quelle für diese Bedrohung anzugeben. In Frage Nr. 9 haben 70 % „die syrische Armee und verbundene Gruppen“ als „verantwortlich für die Kämpfe“ identifiziert. Da das jedoch eine Frage war, die vielfältige Antworten möglich machte, sehen wir auch hier, daß 82 % auch andere bewaffnete Gruppen (ISIS, al Nusra, FSA, YPG und andere Rebellen) identifiziert haben. Wenn wir einmal den kurdischen YPG herausnehmen, der generell in Abstimmung mit der syrischen Armee gekämpft hat, so beträgt die Summe der bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen der 74%. Frage Nr. 14 ermöglicht ebenfalls wie Frage  Nr. 9 mehrere Antworten. Hier haben 77 % gesagt, daß sie gefürchtet hatten „durch die syrische Armee und deren verbündete Gruppen“ gefangen genommen oder entführt  zu werden. Jedoch ergibt sich bei der Zahl der regierungsfeindlichen  Gruppen 82 %, und 90 %, wenn wir den YPG hinzufügen. Die Antworten auf beide Fragen lassen jedoch den Schluß zu, daß die Befragten die regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen mehr fürchteten als die syrische Armee. Am wahrscheinlichsten ist, daß viele fürchteten, ins Kreuzfeuer zu gelangen.
Die Lügen der gleichgeschalteten Medien
Doch bevor wir jetzt die repräsentative Gültigkeit der Umfrage untersuchen, stellen wir fest, daß es bei diesen drei Fragen – noch nirgendwo anders in dieser Befragung – keine Grundlage dafür gibt, um zu sagen, daß „70 % der Flüchtlinge vor Assad fliehen“. Die Befragung zeigt im Gegenteil dazu, daß die Mehrzahl vor den regierungsfeindlichen  und dschihadistischen bewaffneten Gruppen flieht. Das widerspricht der völlig unehrlichen Überschrift der „Syrien-Kampagne“, die durch seine Leitung unterstrichen wird in dem Satz: „Die Ergebnisse sind kristallklar“. Ein Bericht des Senders „Deutsche Welle“ assistierte zustimmend: „Die Untersuchungen beweisen: Die Syrier fliehen vor Assad.“ (Fuchs 2015). Anscheinend hat dieser Journalist Reporter die Befagungen nicht gelesen.
Ein Vergleich mit der UNO-Statistik
Wenn man zudem die interne Analyse des UNO-Flüchtlingskommisariats (UNHCR) von 2016 auf breiterer Basis den Daten von 2015 gegenüberstellt, so zeigt sich, daß die Daten von 2015 bei der Befragung der syrischen Flüchtlinge durch die „Syrien-Kampagne“ völlig unrepräsentativ sind, und deshalb keine Grundlage sein können für ein breitere Darstellung der syrischen Flüchtlingsbevölkerung. Wie sich aus Tabelle 2 ergibt, waren bei den Befragten in Deutschland Männer und junge Männern massiv überrepräsentiert. Zusammengestellt sehen wir eine 1.76-fache Überzahl von Männern und eine 2.25-fache Überzahl von Personen im Alter zwischen 15 und 55 (UNHCR: 18-59; TSC: 15-55). Frauen und Kinder gab es bei der Erhebung durch die „Syrien-Kampagne“ kaum. Die Umfrage zeigt auch, daß 51 % der Befragten allein nach Europa gekommen sind, 61 % keine Kinder haben, und daß 68 % (0,78 x 0,88) davon junge Männer zwischen 15 und 35 Jahren sind.
Tabelle 2: Profil der syrischen Flüchtlingsbevölkerung

  Registrierung syrischer Flüchtlinge durch das UN-Flüchtlingskommisariat            (UNHCR) 4,8 Millionen            Umfrage durch „The Syria Campaign“ (TSC)  889
Männlich 50% 88% (1,76-fach überrepräs.)
davon 15-35 Jahre k.A. 78%
davon 15-55 Jahre/
18-59 Jahre
44% 99% (2,5-fach überrepräs.)
                                              
Woher kommen die Flüchtlinge eigentlich?        
Andere Daten in der Umfrage zeigen an, daß 74 % aus Gebieten waren, die von den bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen besetzt waren, wobei sie einen Regierungsbeschuß angaben. Es gibt keine glaubwürdigen Beweise, die darauf hindeuten, daß die syrische Armee Gebiete beschießt, die nicht von bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen besetzt sind. Das wird verstärkt durch die Frage Nr. 1 nach dem Herkunftsgebiet, bei der kaum irgendein Befragter (gerade mal 19 Personen) aus Tartus, Latakia und Sweida kamen, aus Gebieten, die 2015 eine gemischte Bevölkerung aufwiesen (vermehrt durch innere Flüchtlinge) von mindestens 5 Millionen. Unter den Befragten waren lediglich 170 (19%) aus Damaskus (170 oder 19 %), damit auch erheblich unterrepäsentiert. In Damaskus hatte 2015 etwa 7 Millionen Einwohner, das ist ein Drittel der Bevölkerung Syriens. Es gab viele verschleppte Personen in allen diesen Gebieten, die von der Regierung kontrolliert werden.
Eine Überzahl von jungen Männern…
Auf der anderen Seite können wir eine Überrepräsentierung von Befragten aus Hasakah (164 oder 19 %) erkennen. Es gibt sicher viele Flüchtlinge aus dem Bezirk Hasakah, zum großen Teil wegen der Anwesenheit von ISIS und Zusammenstößen mit den türkischen Kurden; aber von den Befragten sind, bei einer Bevölkerung von einer halben Million,  im Vergleich zur Hauptstadt Damaskus weniger als 10 % vertreten. Mit anderen Worten: die „Syrien Kampagne“ weist bei ihrer Umfrage eine sehr große Überrepräsentanz von Männern und jungen Männern auf, wobei viele aus den von den regierungsfeindlichen Gruppen besetzten Gebieten kommen. Eine große Anzahl von denen wird wahrscheinlich aus ehemaligen regierungsfeindlichen Kämpfern bestehen.
Eingeschleuste dschihadistische Banditen
Zusammenfassend können wir die Schlußfolgerung ziehen, daß die Umfrage, die durch die „Syrien-Kampagne“ (2015) beauftragt wurde, nicht bewiesen hat, daß „70 % vor Assad fliehen“. Im Gegenteil: die Ergebnisse der Befragung durch  die „Syrien-Kampagne“ (2015) deutet darauf hin, daß unter den Befragten bedeutend mehr Teilnehmer aus den regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen waren. Überdies war bei diese Umfrage die syrische Flüchtlingsbevölkerung ziemlich wenig vertretend, weil es eine sehr große Gruppe von jungen Männern aus den von regierungsfeindlichen Gruppen, d.h. dschihadistisch besetzten Gebieten gibt, wobei einige von ihnen wahrscheinlich ehemalige Banditen sind, von denen viele tatsächlich unter Beschuß durch die syrische Armee gekommen waren.
Eine unglaubwürdige Befragung
Die Gründe für die Unglaubwürdigkeit der Angaben sind am wahrscheinlichsten in einer Kombination von voreingenommener Auswahl in Deutschland (die Auswahl wurde von Kumpanen der Freischärler vorgenommen) und eine möglichen Überrepräsentanz von jungen Männern und ehemaligen Banditen unter den tatsächlich befragten Flüchtlingen zu suchen, die in jene deutschen Städte kamen. Das Fehlen einer ausführlichen Bewertung und eines festgesetzten Stichprobenfehlers unterstreicht die unprofessionelle Natur dieser Umfrage.
Die gleichgeschalteten Medien übernehmen die Lügen aus den USA
Offenbar wurde nur weniges davon in den Westmedien zur Kenntnis genommen. So wie der Reporter des Senders „Deutsche Welle“ scheinen die meisten diese Befragung nicht einmal gelesen zu haben. Die eine oder andere Version fälschenden Überschrift „70 % der Flüchtlinge fliehen vor Assad“, wie sie die PR-Gruppe der Wall Street zur Verfügung stellte, wurden vielen gleichgeschalteten Medien, einschließlich der „The Times“ (Großbritanien); der „Huffington-Post“; dem „Wall Street Journal“ und „Newsweek“ kolportiert.

Copyright © Prof. Tim Anderson, Global Research, 2016

http://www.globalresearch.ca/how-the-syrian-campaign-faked-its-70-fleeing-assad-refugee-poll/5546220

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