Dienstag, 21. April 2015
Demokratie und Faschismus?
Von Werner
Da fühlt sich Bodo Ramelow also bedrängt von Neonazis (Meldung in der Tageszeitung). Und das alles nur, weil er für Unterkünfte für Flüchtlinge eintritt. Diese Flüchtlinge sind der braunen Brut nicht geheuer, sie sollen doch bitte schön da bleiben, wo sie bisher waren und sich dort ausbeuten lassen. Und das geschieht 70 Jahre nach Ende des II. Weltkrieges, 70 Jahre nach Ende der Nazibarbarei in Europa.
Da existiert ein Schwur der Häftlinge von Buchenwald, nie wieder Faschismus zuzulassen. Da existiert ein Urteil eines Internationalen Gerichts, das in Nürnberg (der Stadt der Reichsparteitage der NSDAP) den Faschismus und teilweise auch seine Hintermänner strafrechtlich belangte. Da existiert ein Abkommen der Antihitlerkoalition, das in Potsdam beschlossen wurde und das den Faschismus ächtet und verlangt, dass Deutschland nie wieder fähig sein dürfte, seine Nachbarn zu überfallen.
Warum nun kann das braune Natterngezücht sein Haupt wieder erheben, wenn doch alle, die gegen die Nazis kämpften, für seine endgültige Vernichtung eintraten? Wie kann es sein, dass ein bürgerlicher Politiker sich von solchen Leuten bedroht fühlt?
Wir Kommunisten kennen die Antwort, die Andere vielleicht auch kennen, vielleicht aber auch nicht. Auf alle Fälle wollen sie diese Antwort nicht hören. Diese Antwort gab Genosse Georgi Dimitroff auf dem VII. Kongress der Komintern 1935 in Moskau: „Der Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das 13. Plenum des EKKI richtig charakterisiert hat, die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“ [1]
Nun braucht die heutige Bourgeoisie in Europa keine Faschisten, um ihre Macht zu sichern, wohl aber, um sie als Teil des „teile und herrsche“ immer wieder ins Spiel zu bringen. Wie leicht das gelingt, zeigt die Springflut der „Pegida-Bewegung“. Die ist zwar auch wieder am Abflauen, aber die Bourgeoisie war wieder mal so eifrig, eine Sau durchs Dorf zu treiben, um von Anderem abzulenken.
Den Faschismus zu bekämpfen, war in (West)Deutschland nie gewollt. Adenauer hatte keine Hemmungen, eindeutig faschistisch belastete Männer in seine Regierung zu übernehmen. Namen wie Lübke und Globke belegen dies. Darauf hingewiesen, entgegnete er verärgert, er könne sich keine neuen Leute backen, sondern müsse die nehmen, die da seien.
Das es sehr wohl ging, wurde durch die Entwicklung in der DDR belegt. Hier wurde konsequent mit dem Faschismus gebrochen. Und ihm wurde die ökonomische Wurzel entzogen. In der DDR gab es eben kein Finanzkapital mehr. Wohl aber existierte es in der BRD weiter und konnte seine Macht in immer weniger Händen konzentrieren.
Unter diesen Bedingungen konnte sich auch Vereine wie ODESSA [2] mehr oder weniger legal betätigen. Lübke wurde Bundesminister und später Bundespräsident. Kiesinger wurde Kanzler, der NS-Richter Filbinger „nur“ Ministerpräsident Baden-Württembergs.
So war es denn nicht verwunderlich, dass sich nazistisches Gedankengut in der Bundesrepublik erhalten konnte. Durch die Stärkung der ökonomischen Macht der Bourgeoisie kam es auch zur stärkeren Herausbildung faschistischer Vereine und Parteien. So zum Beispiel die „Wehrsportgruppe Hoffmann“, der NSDAP/AO [3], der ANS/NA[4], der „Republikaner“, der DVU [5] und anderer.
Die Faschisierung war zwar nie besonders forciert worden, doch immer unterschwellig in dieser Gesellschaft vorhanden. Während der bürgerliche Rechtsapparat gegen Kommunisten und Antifaschisten teils mit rabiaten Mitteln vorging (z.B. Berufsverbote für verbeamtete Kommunisten [initiiert von der SPD/FDP-Regierung unter Willi Brandt]), wurden faschistische oder neofaschistische Täter eigentlich immer milde behandelt. Jüngstes Beispiel dafür ist die Mordserie des NSU [6]. Jahrelang wurde der Verdacht auf ausländerfeindlichen Hintergrund einfach vom Tisch gewischt. Da gefiel sich unsere „Rechtspflege“ schon mal eher in der Verdächtigung von Familienangehörigen der Mordopfer.
Und da wundert sich ein Bodo Ramelow, dass er von Neonazis bedrängt wird? Natürlich wird er bedrängt, denn diese Leute spüren, dass sie noch gebraucht werden. Nun wird ein Bodo Ramalow gut bewacht. Was aber ist mit den Flüchtlingen? Sie werden nicht so gut bewacht und wenn, dann unter dem Verdacht, selbst Straftaten begehen zu wollen.
Natürlich ist sich ein Herr Ramelow auch bewußt, dass sich die Finanzoligarchie später mal daran erinnert, dass er ihr den einen oder anderen Profit nicht gönnte. Da dies ein schweres Verbrechen im Kapitalismus ist, weiß Herr Ramelow auch, dass er neben Kommunisten und anderen „Unwürdigen“ unter faschistischer herrschaft im KZ landen wird. Aber da heißt es sich eben: entscheiden. Entweder man kämpft gegen den Faschismus und gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen oder man läßt es eben und macht seinen Burgfrieden mit der Bourgeoisie. Dass die Finanzoligarchie aber noch nicht einmal vor den eigenen Klassenangehörigen halt macht, hat die Geschichte schon eindeutig bewiesen.
Es geht also gar nicht um „Demokratie oder Faschismus“. Beide sind zwei Seiten einer Medaille, zwei Seiten der Diktatur der Bourgeoisie über die restlichen Klassen und Schichten im bürgerlichen Staat, dem Herrschaftsinstrument der Bourgeoisie. Die bürgerliche Demokratie und der Faschismus sind zwei Herrschaftsformen des Bürgertums, genauer: der Finanzoligarchie.
Die Finanzoligarchie, die Spitze der Bourgeoisie, der Teil, der die meisten Kapitalanteile als sein Eigentum bezeichnen darf, übt mit Hilfe des bürgerlichen Staates seine Macht über den Rest der Gesellschaft aus. Solange es geht, wird sie die bürgerliche Demokratie nutzen. Ist ihre Macht aber in Gefahr, wird sie sich nicht scheuen, die braune Bestie von der Leine zu lassen. Die Antwort auf unsere eingangs gestellten Fragen lautet also:
Demokratie und Faschismus
Rot Front
Werner
[1] Georgi Dimitroff „Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale,I. Der Faschismus und die Arbeiterklasse“
]2] ODESSA – Organisation ehemaliger SS-Angehöriger
[3] NSDAP/AO – Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands/Auslandsorganisation
[4] ANS/NA – Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten
[5] DVU – Deutsche Volksunion
[6] NSU – Nationalsozialistischer Untergrund (Böhnhardt, Mundlos, Tschäpe)
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