Donnerstag, 9. April 2015
Tsipras-Besuch in Russland und die Reparationsforderungen Griechenlands
08.04.15 - Der russische Präsident Wladimir Putin und Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras haben heute eine Vereinbarung über die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder getroffen. Sie sieht vor, die Handelsbeziehungen wieder zu verbessern, nachdem der Handel zwischen Griechenland und Russland zuletzt um 40 Prozent eingebrochen war. Als Reaktion auf die EU-Sanktionen nach Ausbruch des Ukraine-Konflikts hatte Russland einen Importstopp für Obst, Gemüse, Fleisch und Milchprodukte aus der EU verhängt, was Griechenland besonders stark traf. Auch russische Unternehmen sollen wieder verstärkt Waren liefern. Wenn es zu Privatisierungen in Griechenland kommt, will sich Russland an den Ausschreibungen beteiligen. Im Gespräch sind offenbar auch Pläne zum Bau einer Pipeline nach Griechenland.
Putin dankte Tsipras für die "offenen und konstruktiven Gespräche". Er kündigte auch eine "humanitäre und kulturelle Zusammenarbeit" an. Tspiras beteuerte gleichzeitig, dass sich Griechenland seiner "internationalen Verpflichtungen bewusst" sei. Auch die EU-Kommission war sichtlich bemüht, die Bedeutung des Russland-Besuchs herunterzuspielen. Tatsächlich verschärfen die getroffenen Vereinbarungen aber die Widersprüche zwischen der EU und Griechenland.
Putin erhofft sich als Gegenleistung ein Veto Griechenlands gegen die EU-Sanktionen, die im Juli auslaufen. In diese Richtung verhandelt Russland derzeit auch mit der Regierung Zyperns und Ungarns. Im Zuge der weiteren Privatisierungen hat der russische Eisenbahnkonzern RSchD bereits Interesse an der griechischen Eisenbahn TrainOSE und an den Häfen von Piräus und Thessaloniki bekundet. Ein russischer Einstieg in die griechische Wirtschaft würde den Interessen des in der EU ansässigen internationalen Finanzkapitals erheblich zuwiderlaufen.
Der Widerstand Griechenlands gegen das imperialistische EU-Diktat verdient uneingeschränkt Unterstützung. Ob allerdings dabei die Zusammenarbeit mit anderen imperialistischen Mächten wie Russland eine Lösung ist, muss bezweifelt werden. Privatisierungen auf dem Rücken der Volksmassen sind abzulehnen, egal ob sie russischen oder EU-Monopolen zugute kommen.
Berechtigt sind dagegen die jetzt an Deutschland übermittelten griechischen Reparationsforderungen in Höhe von 278,7 Milliarden Euro für die Folgen der faschistischen Besatzung im II. Weltkrieg. Damit könnte Griechenland seine kompletten Schulden an die "Troika" aus EU-Kommission, EZB und IWF von bisher 340 Milliarden Euro theoretisch auf einmal abzahlen. Während die Bundesregierung gegenüber Griechenland kategorisch auf der "Einhaltung der Verträge" besteht, setzt sie sich selbst über alle völkerrechtlichen Verpflichtungen kaltschnäuzig hinweg (siehe "rf-news" vom 12.3.15).
Wie das Politmagazin "Kontraste" berichtete, bedient sie sich dabei auch eines üblen Tricks. Auf der Londoner Schuldenkonferenz von 1952 wurden alle Kriegsschulden zunächst gestundet - bis zum Abschluss eines gesamtdeutschen Friedensvertrags. "Beim Vertrag, der 1990 schließlich unterzeichnet wurde, strich man das Wort 'Frieden' einfach. Denn ohne Friedensvertrag keine Reparationen. Der Vertrag hieß nun 2+4-Vertrag – ohne auch nur ein Wort über Entschädigungen und den Zwangskredit zu verlieren. Ausgehandelt hatten das Abkommen die DDR, die BRD und die vier großen Siegermächte – Griechenland durfte nicht mitreden." ("Kontraste" vom 12.03.2015)
"Die MLPD unterstützt die berechtigten Forderungen der griechischen Regierung und solidarisiert sich mit dem Widerstand des griechischen Volkes", heißt es in "Rote Fahne" 13/2015. "Sie steht für die Vorbereitung der internationalen Revolution für die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt. Aufbau und Stärkung marxistisch-leninistischer Parteien und ihre Zusammenarbeit im Rahmen der ICOR sind dafür unerlässlich – auch diese Erkenntnis wächst – nicht nur in Griechenland. Rebellion gegen die EU ist gerechtfertigt!"
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