Sonntag, 8. März 2015
Woran kann man die Solidarität mit Griechenland messen?
Leitartikel Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
Von Ali Ruckert
Antikommunismus gehört heute in gewissen linken Kreisen zum guten Ton. Daher war es auch keine Überraschung, dass nach den Wahlen in Griechenland vom 25. Januar die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) als »ultrastalinistisch« beschimpft wurde, weil sie erklärt hatte, sie stehe nicht für eine Regierungsbeteiligung bereit.
Anders als Syriza, hatte die KKE in ihrem Wahlprogramm deutlich gemacht, dass sie nicht daran denke, die 240 Milliarden »EU-Rettungsgelder« anzuerkennen, mit denen der Schuldenberg, der nicht vom griechischen Volk, sondern von den Konservativen und Sozialdemokraten angehäuft wurde, abgetragen werden soll. 90 Prozent dieser »Rettungsgelder« flossen übrigens nicht nach Griechenland, sondern gingen an deutsche, französische und italienische Banken und verschwanden in anderen finsteren EU-Kanälen.
Die griechischen Kommunisten hatten zudem deutlich gemacht, dass es ihre feste Absicht sei, aus der EU und der NATO auszutreten und Großbetriebe und Banken zu vergesellschaften, da dies der einzige Weg ist, um zu verhindern, dass Griechenland noch tiefer in der kapitalistischen Krise versinkt.
Solch grundlegende Veränderungen gab es im Wahlprogramm von Syriza nicht oder nicht mehr, und es ist daher nicht verwunderlich, dass die KKE, die mit diesen Forderungen ihren Stimmenanteil von 4,50 auf 5,47 Prozent erhöhte, eine Regierungsbeteiligung ablehnte, weil es mit den neuen Reformisten von Syriza, denen inzwischen große Teile der Sozialdemokratie angehören, keinen Bruch mit der kapitalistischen Ausbeuterordnung und dem Aggressionspakt NATO geben wird.
Dass die KKE auch nach den Wahlen an dem festhält, was sie zuvor verkündete, spricht für ihre Integrität – eine Tugend, welche weder in Griechenland noch in Luxemburg weit verbreitet ist. Nachdem Herr Tsipras am Donnerstag dieser Woche nach dem EU-Gipfel erklärte, »Niemand will so etwas wie einen Bruch. Unser Projekt wird die europäischen Regeln respektieren«, dürften die griechischen Kommunisten sich in ihrer Haltung bestätigt fühlen.
Das ändert nichts daran, dass jeder fortschrittlich denkende Mensch sich darüber freuen muss, dass zwei Drittel der knapp 64 Prozent Griechen, die an den Wahlen teilnahmen, den Parteien, die Griechenland im Dienst des Großkapitals und der Banken regiert haben und die, zusammen mit der EU, für die verhängnisvolle Politik verantwortlich sind, die dem griechischen Volk aufgezwungen wurde, einen Korb gaben.
Genau so freuen muss man sich natürlich, wenn die neue Regierung, auch wenn sie keine revolutionären Veränderungen vornimmt, die zuvor praktizierte Austeritäts- und Privatisierungspolitik beenden, den Mindestlohn erhöhen und die sozialen Probleme großer Teile der Bevölkerung lösen, beziehungsweise lindern will.
Nichts anderes tun übrigens die griechischen Kommunisten, die nicht später als diese Woche deutlich erklärten, sie würden, wie bereits in der Vergangenheit, jedes Gesetz unterstützen, das wirkliche Verbesserungen für die Schaffenden bringt. Sie wollen aber gleichzeitig, zusammen mit der Gewerkschaftsfront PAME, ihren Kampf gegen die Kürzungsdiktate der EU mit Massendemonstrationen und Streiks fortsetzen.
Daran werden sich nicht nur die fortschrittlichen Kräfte in Griechenland messen lassen müssen. Denn wer vorgibt, mit dem griechischen Volk solidarisch zu sein, dessen erste Pflicht ist es, im eigenen Land die Profitmaximierung der Großkonzerne und Banken in Frage zu stellen und die Austeritätspolitik und die Sparpläne der Regierung mit Massenaktionen zu bekämpfen und zu versuchen, sie zu Fall zu bringen. In Luxemburg sind wir davon noch weit entfernt.
Ali Ruckert
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