Sonntag, 8. März 2015

Einige Lehren aus den Februarkämpfen

Redebeitrag der PdA bei der Gedenkkundgebung zu den Februarkämpfen von 1934 in Wien-Brigittenau, 13. Februar 2015 Siehe auch: 12.Februar 1934: Die Arbeiter Österreichs kämpfen mit der Waffe gegen den Faschismus mehr Als sich am 12. Februar 1934 die fortgeschrittensten Teile der Basis des Republikanischen Schutzbundes und der österreichischen Arbeiterklasse zum bewaffneten Kampf gegen den Faschismus erhoben, war dies der verzweifelte – und im Grunde genommen bereits aussichtslose – Versuch, die Durchsetzung der austrofaschistischen Diktatur zu verhindern, die von den reaktionärsten Kräften der Christlichsozialen Partei um Bundeskanzler Dollfuß sowie seitens der faschistischen Heimwehrbewegung unter Starhemberg und Fey betrieben wurde. Dass die kämpfenden Arbeiter im Februar 1934 eine Niederlage erlitten, lag nicht nur an der zahlenmäßigen und militärtechnischen Übermacht des Bundesheeres, der Polizei und der Gendarmerie. Das Scheitern des Aufstandversuches hatte auch eigene Gründe: Die jahrelange Politik des Zurückweichens durch die zwar verbalradikale, aber schon 1918 gegenrevolutionäre und in weiterer Folge reformistische Sozialdemokratie hatte denkbar schlechte Voraussetzungen geschaffen. Die Parteispitze und die „Kampfleitung“ erwiesen sich als überfordert und unfähig, den Aufstand, der ihnen allerdings auch von der Basis des Schutzbundes aufgezwungen war, zentral zu führen. Der Generalstreik wurde nicht durchgeführt, die Arbeiter wurden vielerorts nicht oder unzulänglich bewaffnet, mitunter begingen SP- und Schutzbundfunktionäre auch offenen Verrat. Und nicht zuletzt scheiterte der Aufstand an seiner falschen Defensivstrategie. Nötig wäre gewesen, dass die bewaffneten Arbeiter offensiv, konzentriert und koordiniert die Wiener Innenstadt angreifen, um dort wichtige Punkte und vor allem die Regierungsgebäude zu besetzen, sowie überall Bahnhöfe, Radioanlagen, Postgebäude etc. einzunehmen. Das Verschanzen in den Arbeiterbezirken, in den eigenen Gebäuden und in den Gemeindebauten, das fast überall praktiziert wurde, bot den Regierungstruppen hingegen die Möglichkeit, die isolierten Kampfgruppen – eine nach der anderen – auszubomben und den Widerstand so zu brechen. Demgemäß liegen eine Reihe von Lehren für die antifaschistische Bewegung und die revolutionäre Arbeiterbewegung vor – ich möchte drei davon hervorheben. Für die Arbeiterbewegung rächte es sich 1934 und danach, dass 1918 nicht Schluss gemacht worden war mit dem Kapitalismus. Es gelang der SP-Führung, eine scheinbare Einheit der Arbeiterklasse zu erhalten und deren revolutionäre Teile, so etwa in der KPÖ, weitgehend isoliert zu halten. Indem dies aber die Einheit mit dem Opportunismus und Revisionismus der SP-Führung bedeutete, bedeutete dies auch deren Vorherrschaft in der Arbeiterbewegung. Die Folgen der falschen opportunistischen Politik und revisionistischen Theorie und Strategie waren fatal. So besteht eine Lehre der Februarkämpfe – oder vielmehr der Jahre 1918-1934 – darin, dass die klare organisatorische Trennung der revolutionären marxistischen Teile der Arbeiterbewegung vom Opportunismus und Revisionismus höchst notwendig ist. Die Arbeiterklasse benötigt, in der Defensive wie in der Offensive, eine kampffähige Klassenpartei, die auf dem Boden des Marxismus, des Klassenkampfes und der Revolution steht – und dies nicht nur in schönen Worten. Dies wird durch die Entwicklung der SPÖ seit 1945 nochmals bestätigt, die nach dem Zweiten Weltkrieg jede sozialistische Perspektive aufgegeben hat. Heute ist die SPÖ zu einer inhaltlich bürgerlichen Partei verkommen, die hauptsächlich die Interessen des österreichischen und europäischen Monopolkapitals vertritt. Und das wird natürlich auch nichtmehr rückgängig zu machen sein, wenngleich immer noch aufrechte und ehrliche Sozialistinnen und Sozialisten in der Sozialdemokratie aktiv sind. Für die antifaschistische Bewegung gilt: Bei aller ideologischen Differenz in Bezug auf die Auslegung des Marxismus und bei aller strategischen Differenz in Bezug auf den Sozialismus muss in der Zeit der antifaschistischen Defensive die Arbeiterbewegung zur konkreten antifaschistischen Aktionseinheit zusammenfinden. Erkennen die Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemokraten nicht, dass in dieser Zeit der gemeinsame Hauptfeind die faschistische Bedrohung bzw. eine bereits errichtete faschistische Diktatur ist, so fehlt der antifaschistischen Bewegung der feste Kern aus der Arbeiterbewegung. Nur ein solcher Kern ist befähigt, auch bürgerliche und religiös motivierte Antifaschisten, die über demokratische Ansichten verfügen, für den gemeinsamen Kampf heranzuziehen. In Hinsicht ist der spezifische Klassencharakter des Faschismus von Bedeutung. Als Herrschaftsform des Monopolkapitals steht nicht nur die Arbeiterklasse, sondern stehen alle nichtmonopolistischen Gesellschaftsschichten in einem objektiven Gegensatz zu ihm. Diese Tatsache birgt die Möglichkeit einer antifaschistischen Volksbewegung in sich. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise ist die Orientierung auf breite demokratische Bündnisse von Bedeutung, zumal der Faschismus, der Rechtsextremismus und eine vermehrt autoritäre Politikausrichtung Bestandteile der monopolkapitalistischen Krisenstrategie sind. Klar ist: Nur der Sozialismus wird befähigt sein, nicht nur den Kapitalismus und Imperialismus, sondern auch Faschismus und Krieg für immer aus der Welt zu schaffen. Die Vorgeschichte und Umstände der Februarkämpfe lehren auch, dass man keine Illusionen über einen leichten Weg zum Sozialismus oder auch nur in Richtung eines ernsthaften gesellschaftlichen Fortschritts hegen sollte. Solche Illusionen hatten in den 1920er und frühen 30er Jahren viele Sozialdemokraten, gegenwärtig gibt es sie in Bezug auf Griechenland und, mit griechischem Impetus, für ganz Europa. Ohne Klassenkampf und revolutionäre Strategie wird es aber nichts geben außer Enttäuschungen und herben Rückschlägen. Auch in diesem Sinne ist es unerlässlich, das antifaschistische Erbe, die kämpferische Tradition und die revolutionäre Perspektive der Februarkämpfer zu bewahren und zu verteidigen. Ehre ihrem Andenken! Tibor Zenker, stv. Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs

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