Freitag, 26. Oktober 2012
Prozess gegen Deniz K. in Nürnberg - Polizei in akutem Beweis-Notstand
26.10.12 - Nach sechs Monaten Untersuchungshaft des unter einem konstruierten Vorwand verhafteten Antifaschisten Deniz K. gab es vor dem Amtsgericht in Nürnberg jetzt die ersten beiden Verhandlungen. Die Anklage: "Versuchter Totschlag an fünf Polizisten". Das bisherige Ergebnis ist ein Desaster für die Polizei. 50 Angehörige des Solikreises führten vor dem Gericht eine Kundgebung durch und nahmen an dem Prozess teil. Zunächst führte die Polizei vier Videos und einige Fotos von der antifaschistischen Demonstration im März vor. Klar zu sehen war, dass die Polizisten Demonstranten mit Gewalt und Pfeffergas zurück drängten und auf sie einschlugen. Aber auf keinem der Filme war zu erkennen, dass irgendwelche Polizisten von Fahnenstangen getroffen oder gar verletzt wurden!
Und erst recht nicht gab es einen einzigen Bild-Hinweis auf eine Täterschaft von Deniz. Auf einem einzigen Foto, das ihm ähnlich sieht, steht ein junger Mann friedlich ohne jede Waffe bzw. Fahnenstock da. Auch anderen vermeintlichen "Täterbilder" lassen kein Gesicht erkennen. Aber es kam noch krasser, denn dann traten als Zeugen drei der fünf angeblich verletzten Polizisten auf. Zwei von ihnen waren überhaupt nicht verletzt, ein dritter gab an, einen Kratzer in der Halsgegend gehabt zu haben. Jedoch war er deswegen weder arbeitsunfähig noch hat er sich irgendetwas attestieren lassen. Auf die Frage nach der Intensität der Verletzung gab er an, dass er nach wenigen Minuten brennen nichts mehr gespürt habe. Das soll "versuchter Totschlag an fünf Polizisten" sein? Und: Keiner der drei Polizisten konnte Deniz als "Täter" identifizieren!
Im Verlauf der Verhandlung kamen dann noch zahlreiche weitere "Ermittlungspannen" ans Licht: Zeugen wurden unzulässigerweise gemeinsam verhört, es gab Absprachen, Uhrzeiten von Protokollen gefälscht, die Hausdurchsuchung bei Deniz war nicht korrekt, die bei dem versuchten Totschlag angeblich benutzte Waffe – ein angespitzter Fahnenstock – war von niemand gesehen und erst Recht nicht von der Polizei sicher gestellt worden – usw., usf.
Benedikt Kratscher, Sprecher des Solidaritätskomitees "Freiheit für Deniz" beurteilt das Geschehen im Gericht wie folgt: "Wir durften heute Zeugen davon werden, wie sehr die Polizei um eine Verurteilung von Deniz bemüht ist. Da werden Rechtsverstöße, Absprachen unter Zeugen und das Fälschen von Dokumenten in Kauf genommen, nur um in diesem politischen Schauprozess das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Man könnte über die Unverfrorenheit, mit der der leitende Ermittlungsbeamte den Vorsitzenden und den Verteidigern ins Gesicht gelogen hat, schon fast lachen, wäre das ganze nicht so ein zynischer Vorgang."
Das Verhalten der Polizei schon während der Ermittlungsphase bewertet Kratscher so: "Langsam wird genau das greifbar, was wir seit Anfang an sagen: Der Prozess gegen Deniz ist ein bewusst hochgehängtes abgekartetes Spiel. Ein Beamter der Mordkommission, dem es im Traum nicht einfällt, nach einer Tatwaffe zu suchen, dafür aber bereit ist, simpelste Grundsätze bei der Zeugenvernehmung zu vergessen, lassen bei uns jeden Glauben an eine unvoreingenommene Ermittlung erlöschen. Wir können nur hoffen, dass den Vorsitzenden das konsequent rechtswidrige Handeln der Polizei bei ihrem Urteil noch deutlich im Bewusstsein ist."
Das Soli-Komitee fordert weiterhin "Freiheit für alle Demokraten, Antifaschisten und Marxisten-Leninisten! Gegen Bürgerkriegsvorbereitung, Bespitzelung und Polizeiterror!"
Der ursprünglich angesetzte Verhandlungstag am 6. November entfällt. Als nächste Verhandlungstage wurden festgesetzt der 7. und der 14. November, jeweils um 10 Uhr, Saal 619 (Eingang Bärenschanze).
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