Freitag, 26. Oktober 2012
Mitt Romney's Rettungsschirm-Bonanza
Greg Palast, investigativer Journalist in den USA
übersetzt von Jens-Torsten Bohlke
Los Angeles, 17. Oktober 2012, The Nation /. (auf Kommunisten-online am 23. Oktober 2012) –
Diese Studie wurde vom Forschungsfonds der Nation Institute und der Puffin-Stiftung unterstützt. Elemente aus ihr erscheinen in Greg Palasts neuem Buch, Billionaires & Ballot Bandits: How to Steal an Election in 9 Easy Steps / Wie eine Wahl in 9 Leichten Schritten stehlen (Seven Stories). Research assistance by Zach D. Roberts, Ari Paul, Nader Atassi and Eric Wuestewald.
Mitt Romney's Abneigung gegenüber dem Selbstbedienungs-Rettungsschirm hat ihn zum Wahlkampfgeschehen geführt. Dies vor allem in den Rostgürtelstaaten wie Ohio, so in den USA bezeichnet wegen der überall sichtbaren Ruinen einer einst blühenden Metallindustrie.
Dort leitete der Obama-Wahlkampf im September Fernsehschlachten wegen Romneys Spruch in der New York Times von November 2008 ein, „Lasst Detroit bankrott gehen“. Aber Romney hat einen guten Job dadurch gemacht, dass er bis jetzt die Tatsache verhehlte, dass er und seine Gattin Ann persönlich mindestens 15,3 Millionen Dollar an dem Rettungsschirm für die US-Automobilindustrie verdienten – und ein paar von Romneys wichtigsten Wahlkampfsponsoren an der Wall Street machten dabei über 4 Milliarden Dollar! Ihre Profite und die von Romney waren astronomisch hoch - über 3000% auf ihre Investition.
Wie Mitt und Ann Romney Millionen machten - und Mitt's Hedgefonds-Wahlkampfsponsoren Milliarden machten - bei der Rettung der Automobilindustrie, die er verfluchte.
Mitt Romney's Rettungsschirm-Bonanza
Greg Palast, investigativer Journalist in den USA
übersetzt von Jens-Torsten Bohlke
Los Angeles, 17. Oktober 2012, The Nation /. (auf Kommunisten-online am 23. Oktober 2012) – Das alles begann mit Delphi Automotive, einer einstigen Tochtergesellschaft von General Motors (GM), deren Autoteile wichtig für die Produktion bei GM waren. Kein Rettungsschirm bei GM - oder Chrysler - hätte erfolgreich sein können ohne eine Rettung von Delphi. Somit kamen zu den Massen an Krediten an die Autobauer im Jahr 2009 noch die über 12,9 Milliarden Dollar an Delphi, welche die US-Regierung direkt oder indirekt schickte, und die auch an die Hedgefonds gingen, welche die Kontrolle über Delphi hatten.
Einer dieser Hedgefonds, die recht ergiebig mit 1,28 Milliarden Dollar von diesem Rettungsschirm profitierten, ist Eliott Management unter Leitung von Paul Singer. Laut Wall Street Journal hat Singer mit 2,3 Millionen Dollar mehr Wahlkampfspenden an die Präsidentschaftskandidaten in diesem Wahlkampf vergeben als jeder andere Finanzkapitalist von der Wall Street. Im Kollektiv haben sie 3,4 Millionen Dollar Wahlkampfhilfe für die Republikaner in dieser Saison gesammelt und den Demokraten nur 1650 Dollar gegeben. Und Singer übt mit seinen Mitteln Einfluss auf den Präsidentschaftskandidaten aus. Er ist nicht nur ein inoffizieller Berater, sondern laut genannter Quelle ein kritisch Einfluss nehmender Mann, der mithalf, dem Abgeordneten Paul Ryan ein Ticket in das Präsidentschaftskandidaten-Team zu verschaffen.
Singer wird vom Magazin Fortune ein „leidenschaftlicher Verteidiger der 1%“ genannt. Er hat eine Besonderheit ausgebrütet und investiert in bankrotte Firmen und bankrotte Länder, indem er deren Schulden für Pennie-Beträge auf den Dollar aufkauft, um dann die Rückzahlung in voller Höhe zu fordern. Dieser sogenannte „Aasgeier-Investor“ erhielt 58 Millionen Dollar auf die peruanischen Schuldpapiere, die er sich für 11,4 Millionen Dollar schnappte. Er machte 90 Millionen Dollar mit kongolesischen Schulden, die er für mal gerade 20 Millionen Dollar kaufte. Praktisch baute er eine der größten Kapitalgesellschaften in den USA auf. Und seit Jahrzehnten erlangte er einen ungewöhnlich hohen Rückfluss aus den Investitionen von durchschnittlich 14%.
Ein anderer hoffnungsvoller Präsidentschaftskandidat jagte Singers Unterstützung nach, aber Mitt Romney jagte Singer mit seinem eigenen Scheckbuch nach und investierte mindestens eine Million Dollar mit Eliott durch Ann Romney's blindes Vertrauen ... denn es hätte weitaus mehr sein können, aber die Romneys haben sich geweigert zuzugeben, um wie viel es konkret ging. Auf diese Art erlangte Singer sein Ansehen laut Fortune „für eine starke Bewehrung für seinen Weg des Profitmachens“. Ganz bestimmt geschieht dies bei Delphi.
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Delphi, einst die Delco-Abteilung von General Motors, wurde 1999 zu einer separaten Firma ausgegliedert. Kaum war Delphi abgewirtschaftet, erklärte die Firma im Jahr 2005 ihren Bankrott. Anschließend begann der Aasgeier-Hedgefonds unter Leitung von Silver Point Capital die Altschulden von Delphi aufzukaufen. Als sich später die Finanzkrise in den USA beschleunigte, kaufte Singers Eliott die Schulden auf. Dasselbe machte John Paulson & Co. John Paulson ist wie Singer ein 1 Millionen Dollar schwerer Sponsor für Romney. Ebenso investierte damals auch Third Point unter Leitung von Daniel Loeb, der einst ein Unterstützer von Obama gewesen war, aber im letzten Sommer mit einer 25.000-Dollar-Dinnerparty Wahlkampfspenden für Romney sammelte und persönlich als Sponsor über 500.000 Dollar an Romney zahlte.
Als Delphi bankrott war und nur wenige Zahlungen leistete, wurden die Aktien wertlos und von den sie haltenden Banken als vergiftete Papiere eingestuft. Die Hedgefonds konnten diese Papiere für ein paar gute Worte einstreichen. Die meisten von Eliott gekauften kosteten mal gerade 20 Cents auf den Dollar Nennwert.
Ende Juni 2009 bei den Rettungsschirm-Verhandlungen im vollen Gange benutzten die Hedgefonds unter Singers Führung ihre Aktien, um eine beherrschende Stellung bei Delphi zu kaufen. Laut SEC filings zahlten sie durchschnittlich nur 67 Cents pro Aktie.
Gerade mal zwei Jahre später, im November 2011, entnahm das Singer-Syndikat Delphi ganz öffentlich 22 Dollar pro Aktie und machte einen ansehnlichen Profit von über 3000%. Singers Fonds-Anleger erreichten einen Zuwachs von 904 Millionen Dollar. Und dies alles kam aus der Großzügigkeit des Steuerzahlers in den USA. Aber das ist noch nicht alles.
In den Jahren, als Delphi öffentlich gehandelt zu werden begann, ist seine Aktie um 45% gestiegen. Loeb verdiente daher durch Third Point 390 Millionen Dollar.Die Gewinne für Silver Point unter der Leitung von zwei Goldman Sachs - Jüngern betrugen 894 Millionen Dollar. John Paulson's Fonds, welcher bereits die Hälfte seiner Anteile verkauft hatte, verdiente 2,6 Milliarden Dollar. Und Singers Fonds und Partner machten in der Kombination aus Verkäufen von Aktien und Halten von Aktien 1,29 Milliarden Dollar an Profiten, was 44-fach ihre ursprüngliche Investitionssumme übertraf.
Ohne die Inanspruchnahme von Milliarden Dollars an Steuergeldern in den Rettungsschirmen und Rettungspaketen für die US-Finanzwirtschaft und ohne das gleichzeitige Kürzen der Arbeiterrenten wären die Investitionen der Hedgefonds in Delphi keinen einzigen Dollar wert gewesen, wie Berechnungen von General Motors (GM) und dem US-Finanzministerium ergeben haben.
Insgesamt füllte die US-Regierung mit direkten und indirekten Rettungsgeldzahlungen diese Investorenprofite drastisch. Die Finanzbehörden erlaubten GM, Delphi mindestens Milliarden Dollar aus dem Rettungsschirm Troubled Asset Relief Program (TARP) zu geben, um Delphi geschäftsfähig zu halten. GM verzichtete auch auf 2,5 Milliarden Dollar Schuldenrückzahlung durch Delphi sowie die 2 Milliarden Dollar Sofortzahlung von Singer und seiner Gesellschaft wegen Delphi's Herauskommen aus dem Tatbestand des Bankrotts nach Paragraph 11. Das von GM nachgesehene Geld gehörte eigentlich den Finanzbehörden, die seinerzeit Haupteigentümer von GM infolge der Rettungspaketzahlungen wurden. Dann gab es noch den ganz großen Reibach: der staatliche Rentenfonds der Regierung, die Pension Benefit Guaranty Corporation, übernahm die Zahlung aller Rentenzahlungen bei Delphi. Die Kosten dafür seitens des Steuerzahlers betrugen 5,6 Milliarden Dollar. Das Grundschema: Das Kassemachen der Hedgefonds wurde durch die großzügige Spende in Höhe von 12,9 Milliarden Dollar der US-Steuerzahler ermöglicht.
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Eine der ersten Handlungen von Präsident Obama im Amt im Februar 2009 war die Bildung der Einsatzgruppe Automobile, der „Auto Task Force“, mit dem Ziel der Rettung von GM, Chrysler, ihren Zulieferern und, ganz wichtig, den Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie. Entscheidend bei diesem Plan war die Rettung von Delphi. Delphi beschäftigte dann über 25.000 gewerkschaftlich organisierte Arbeiter.
Obama stellte dafür Steven Rattner ein. Steven Rattner ist selbst ein Millionär und Hedgefonds-Manager. Er leitete dann jene „Auto Task Force“, die mit den Firmen in Zahlungsschwierigkeiten und ihren Gläubigern verhandeln sollte, um den Zusammenbruch der gesamten US-amerikanischen Automobilindustrie zu verhindern. In seinen Memoiren, Overhaul, beschreibt Rattner ein Treffen hinter verschlossenen Türen im März 2009, um das Schicksal von Delphi zu lösen. Er schreibt dort, dass Delphi jetzt im Besitz seiner Hedgfonds-Gläubger ist und den Finanzbehörden sowie GM antrug, sofort 350 Millionen Dollar auszuhändigen „weil wenn Ihr das nicht macht, wir Euch stilllegen werden“. Seine Darlegung wurde von Delphi's Finanzchef John Sheehan bestätigt, der eidesstattlich im Juli 2009 aussagte, dass die Hedgefonds-Inhaber ihre Drohung untermauerten mit „einer Einschätzung der Kosten für GM, wenn Delphi unwillens oder unfähig wäre, GM zuzuliefern, dass sie dann eine 'Schließung' erzwingen“ würden. Es würde „Jahre und zehnfache Milliardensummen an Dollars“ für GM kosten, Delphi's Rolle zu ersetzen. In diesem trostlosen Moment hatte GM für Delphi keinerlei Ersatz parat. Der Autobauer hatte seinen gesamten Lenkerschaltungsbereich und andere Schlüsselkomponenten seiner Fertigung in Delphi's Händen belassen. Würde Delphi GM nicht zuliefern, müsste der Rettungsschirm scheitern und GM müsste liquidiert oder weiterverkauft werden, genau wie auch der andere von Delphi abhängige Konzern namens Chrysler.
Rattner konnte nicht glauben, dass Delphi's jetzt faktisch unter der Kontrolle der Hedgefonds stehendes Management „in so einem schwierigen wirtschaftlichen Moment als Geiselnehmer gegenüber GM würde auftreten wollen.“ Ein Beobachter vom Wall Street Journal mutmaßte, dass Singer Delphi „wie ein Drittweltland“ behandelte. Rattner verglich die von Delphi's Gläubiger-Hedgefonds gestellten Forderungen nach Subventionsbewilligungen „mit Erpresserforderungen von grausamen Piraten“.
Romney hat den Rettungsschirm als Zahlung an die Gewerkschaft der Automobilarbeiter miesgemacht. Aber ganz gewiss war dies nicht die Wahrheit beim Rettungsschirm für Delphi. Als die Hedgefonds-Inhaber, darunter der reaktionäre Sponsor und Aktivist Singer mit seinen tiefen Taschen und seinem Posten als Vorsitzender des konservativen gewerkschaftsfeindlichen Manhattan Instituts, die Kontrolle über die Firma übernahmen, ließen sie jeden einzelnen der 25.200 dort beschäftigten gewerkschaftlich organisierten Arbeiter aus Delphi herauslösen.
Von den 29 Delphi-Fabriken in den USA zu dem Zeitpunkt, als die Hedgefonds-Inhaber Delphi übernahmen, blieben lediglich 4 Fabriken übrig, in denen kein einziger gewerkschaftlich organisierter Arbeiter mehr beschäftigt wurde. Romney's „Arbeitsplatzschaffer“ schafften Arbeitsplätze in China, wo Delphi jetzt die von GM und den anderen großen Automobilherstellern in den USA und im Ausland verwendeten Teile produziert. Delphi ist jetzt ein in Übersee tätiges Unternehmen und verblieb in den USA mit nur 5000 Beschäftigten gegenüber fast 100.000 Arbeitern im Ausland.
Daniel Loeb von Third Point, dessen Nettowert von 1,3 Milliarden Dollar in großem Maß mit seinem Anteil am Glücksfall Delphi zu tun hat, berichtete seinen Fondsanlegern im vergangenen Juli, dass Delphi als eine ausgezeichnete Investition verbleibt, weil es „faktisch keine nordamerikanische gewerkschaftsbedingte Arbeit“ mehr hat und dank den US-amerikanischen Steuerzahlern „erheblich weniger Rentenkosten als fast alle seine Konkurrenten“ aufweist.
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Eine andere Lösung konnte möglich geworden sein. Im Juni 2009 verkündeten die Finanzbehörden und GM einen Rettungsschirm-Deal, den sie monatelang mit der Zusammenarbeit der Automobilarbeitergewerkschaft UAW ausgehandelt hatten. GM würde die Kontrolle über Delphi durch ein gemeinsames Unternehmen („joint venture“) mit Platinum Equity zurückerhalten. Platinum Equity ist eine vom Milliardär Tom Gores geleitete Ausverkaufsfirma. Gores bezeichnet sich selbst als „Michigan Man“, der im Schatten von Delphi's Fabrik groß wurde.
Der endgültige Plan von Platinum listed laut Delphi's amtlicher Verlautbarung im Marketwire vom Juni 2009 Fabriken an 14 Standorten für die Stilllegung, was einige Delphi-Fabriken noch geschäftstätig gehalten hätte, auch mit noch gewerkschaftlich organisierten Arbeitern und auch in den USA. Ganz entscheidend, - dieser Deal hätte Delphi's Kerngeschäft einschließlich der Lenkgetriebe-Produktion direkt an GM zurückgeführt.
Die Hedgefonds-Inhaber besiegelten Delphi's Schicksal mit ihrer Ablehnung des Plans von Platinum. Sie kritisierten ihn hart als ein „Verliebtengeschäft“ und forderten 45 Cents auf den Dollar für die Schuldpapiere, die sie billig gekauft hatten. Dies war dann mehr als das Doppelte, was Platinum zahlen würde.
Dann stiegen die von Singer geführten Gläubiger ein. Nachdem der Platinum-Deal verkündet worden war, verdreifachte das Management von Eliott seine Anteile an den Delphi-Aktien, die für mal gerade ein Fünftel ihres Nennwertes gekauft worden waren. Durch gemeinsames Herangehen mit Silver Point, Paulson und Loeb beherrschte Singer nun Delphi's Schicksal.
Gores, Delphi und Sprecher der UAW lehnten es ab, auf Fragen über den aktenkundigen Deal zu beantworten. Aber die eidesstattliche Erklärung von Delphi-Geschäftsführer Sheehan (erst vertraulich, aber später auf Scribd.com veröffentlicht), lässt uns in die angespannten Verhandlungen blicken, welche in einem zwanzigstündigen Finale zwischen Delphi, GM, der UAW, der Auto Task Force und der US-Rentenbehörde einerseits und andererseits Singers Hedgefonds-Gruppe ihren Höhepunkt fanden. Delphi sagte, man würde den Platinum-Deal sausen lassen, wenn die Hedgefonds mit Bedingungen einverstanden wären, die alle Interessen und Ansprüche berücksichtigen würden, einschließlich der folgenden Klausel: „Zustimmung zur planmäßigen Struktur zur Maximierung der Erhaltung der Arbeitsplätze.“
Die Hedgefonds-Inhaber sagten dazu nein. denn sie hatten einen milliardenschweren Trumph in ihrem Ärmel. Laut Sheehan erlaubten die Machtinteressen von Singer und seiner Firma ihnen, den Konkursrichter zu zwingen, eine Versteigerung für alle Aktien von Delphi zu veranstalten. Die Gläubiger überboten das Team des „Michigan Man“ mit dem Gebot von 3,5 Milliarden Dollar. Dies waren keineswegs 3,5 Milliarden Dollar an Bargeld. Gemäß den Regeln des Paragraphen 11 des Konkursgesetzes können die Gläubiger den Nennwert ihrer Aktien über dem laufenden Marktwert anbieten, der zu jener Zeit erheblich niedriger lag. Mit dem Platinum-Deal hätte Delphi viel mehr wirkliches Geld für sein Geschäft gehabt. 250 Millionen Dollar Bargeld von Gores, weitere 250 Millionen Dollar an Kredit und 3,1 Milliarden Dollar „Anschubfinanzierung“ von GM, dies alles unterstützt vom Rettungsschirm TARP. Da unter den Regeln des Paragraphen 11, war das Platinum-Gebot technisch niedriger. Und genau so verhielt es sich, wie Singers Fonds, einschließlich Romney's Investition, dazu kamen, Delphi für ein Äquivalent von nur 67 Cents pro Aktie aufzukaufen.
Rattner und GM, völlig ausgebootet, mühten sich um ein gutes Gesicht zum schlechten Spiel. Wie Rattner in seinen Memoiren dazu schrieb: „In Wirklichkeit machten wir uns keine Sorgen darüber, wer Delphi hat, solange GM sich selbst herausretten konnte aus dem andauernden Ausquetschen seiner Finanzmittel und zugleich sich eines zuverlässigen Zulieferns der Teile sicher sein konnte.“
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Noch bevor die Hedgefonds ihr Gebot für die Delphi-Aktien durchgebracht hatten, quetschten sie bereits den Zulieferer und seine Arbeitskräfte aus. Im Februar 2009 beanspruchte Delphi eine Mittelkürzung bei Delphi und kündigte einseitig die Krankenversicherung für die nicht gewerkschaftlich organisierten Betriebsrentner. Aber laut Rattner bemäntelte die Finanzbehörde mit ihrer Task Force die Tatsache, dass die Gläubiger etliche Millionen Dollars Bargeld von den Delphi-Konten einbehielten. Selbst nach dieser Entdeckung weigerten sich die Gläubiger, diese Gelder freizugeben.
Die Guthaben für die Hedgefonds-Milliardäre durch das Absenken der Versicherungen bei den Betriebsrentnern waren peanuts von 70 Millionen Dollar pro Jahr, wenn wir dies mit den Profiten vergleichen, die sie später aus Delphi herausholten. Aber der Schaden war für die Delphi-Betriebsrentner sehr schwerwiegend.
Bruce Neylor aus Kokomo im US-Bundesstaat Indiana war im Alter von 54 Jahren im Jahr 2006 in die Rente gezwungen worden, als Delphi seine Fabriken Richtung Übersee auslagerte. Naylor's zugesagte Rente wurde um 40% gekürzt, und seine Kranken- und Lebensversicherung wurden gestrichen. Obwohl er 36 Jahre Erfahrung als Ingenieur bei GM und Delphi hatte, konnte er keinen neuen Arbeitsplatz mehr als Ingenieur finden. Und er kennt keinen einzigen einstigen Kollegen, der neue Arbeit in seinem Tätigkeitsfeld gefunden hätte. Naylor endete im Job bei einem Gemüseladen vor Ort. Nachdem es mit diesem Job vorbei war, verkauft er nun online Autos gegen Kommission. Dies bringt ihm ein Fünftel des Gehalts ein, welches er vor der Entlassung bei Delphi hatte.
Selbst mit dem Einkommen seiner Ehefrau aus ihrer Tätigkeit als Krankenschwester reicht das Geld nicht. Die Naylors mussten ihren privaten Konkurs anmelden. Ihr Haus unterliegt nun der Zwangsvollstreckung.
Nach der Übernahme von Delphi durch die Hedgefonds verstärkte sich das Ausquetschen der Arbeiter durch die Angriffe auf ihre Betriebsrenten. In den Jahren der wirtschaftlichen Probleme hat Delphi ständig Kürzungen an seiner Betriebsrentenkasse vorgenommen. Im Juli 2009 waren sie mit 7 Milliarden Dollar unterfinanziert. In jenem Monat gewann Singers Hedgefonds-Gruppe das Aktiengebot zur Übernahme der Kontrolle über die Delphi-Aktien und machte klar, dass sie niemals das Defizit in der Betriebsrentenversicherung ausgleichen oder die Betriebsrenten zahlen würde. Von der Hedgefonds-Gruppe an die Wand gespielt, stimmte die regierungsamtliche Renteneinrichtung Pension Benefit Guaranty Corporation zu, die Auszahlungen von Delphi's Betriebsrenten zu übernehmen. Die PBGC sollte das Defizit tragen.
Mit Delphi's neuen Eigentümern und somit erleichtert um seine Zahlungsverpflichtungen bei den betrieblichen Kranken- und Rentenversicherungen, erleichtert um seine Schulden bei GM und seine gewerkschaftlichen Verträge, vollgestopft mit Subventionen für GM seitens des Rettungsschirms TARP, stieg der Marktwert von Delphi von Null auf heute 10,5 Milliarden Dollar.
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Aber es gab immer noch etwas unerledigtes Geschäft. Präsident Obama musste für die Rentenkatastrophe angeschuldigt werden.
In einer Fernsehsendung für die US-Bundesstaaten mit wechselnden Mehrheiten für Republikaner und Demokraten sagt ein pensionierter Delphi-Manager: „Die Regierung Obama entschied, meine Betriebsrente zu kündigen. Und ich nahm eine Absenkung meiner Betriebsrente um 40% in Kauf.“
Eine andere Betriebsrentnerin, Mary Miller, sagt voller Bitternis: „Ich kämpfe wirklich, um für das Nötigste zu zahlen. Ich würde Präsident Obama fragen, warum ich keine Rechte hatte, während er alle Rechte hatte, um mir meine Betriebsrente wegzunehmen, und niemals zurückblickte und sagte 'Ich nahm es nicht nur von Mary Miller, ich nahm es von 20.000 weiteren Menschen.'„
Diese Menschen sind reale Personen. Aber es ist klar, dass diese ehemaligen Arbeiter, die jetzt darum kämpfen, über die Runden zu kommen, schwerlich in der Lage gewesen wären, 7 Millionen Dollar zusammenzulegen und ihre Notlage öffentlich zu machen.
Diese Summe wurde von Let Freedom Ring gezahlt. Dies ist eine Non-Profit-Lobby-Organisation, die teilweise von Jack Templeton Jr. mit Geldern ausgestattet wird. Dieser Herr ist ein evangelischer Milliardär, dessen Stiftung Vorträge am Manhattan Institute gesponsert hat, - eben jener gewerkschaftsfeindlichen Einrichtung, unter deren Leitungsmitgliedern nicht nur Singer zu finden ist, sondern auch Loeb. Die reaktionären Fernsehprogramme lassen auch wohlweislich die Tatsache außen vor, dass das Gesetz besondere Begrenzungen vorsieht, was die PBGC an Rentner zahlen darf - und dass dies ungeachtet ihrer ursprünglich erworbenen Ansprüche ist.
Im Juni 2011 beherbergten Charles und David Koch eine Gruppe von Multimillionären in einem Ruhesitz in Vail, US-Bundesstaat Colorado. In geheimen Aufzeichnungen, die der Ermittler Brad Friedman erlangte, dankt Gastgeber Charles Koch jenem Singer und Templeton neben anderen Leuten für jede Spende von über einer Million Dollar an die Gebrüder Koch für ihren Krieg gegen die Wahl von Obama 2012.
Natürlich war es gar nicht Obama, der sich weigerte, die Delphi-Renten zu zahlen. Das war Paul Singer, und das waren die anderen Hedgefonds, die Delphi beherrschen. Die Betriebsrenten für die Betriebsangehörigen wurden nach allem eine Verpflichtung der Eigentümer von Delphi und keine Verpflichtung der Regierung. Delphi's Aktionäre, die Romneys eingeschlossen, hätten es leicht gehabt, den Ärger dieser Betriebsrentner zu beheben. Und zwar viel leichter als bei GM, die was für ihre Arbeiter taten. Sie hätten die Betriebsrenten einfach nur zu zahlen brauchen.
Alles wieder gutzumachen bei den betrieblichen Vollrenten für die Betriebsangehörigen von Delphi würde die Firma eine Einmalzahlung von weniger als einer Milliarde Dollar kosten. In diesem Jahr war Delphi mit 1,4 Milliarden Dollar in Bargeld flüssig. Das bedeutet, dass seine Besitzer die Betriebsrentner voll hätten auszahlen können und immer noch Profit gemacht hätten. Stattdessen entschieden sie sich im Mai, die meisten dieser Gelder zu verwenden, um Autozulieferbetriebe in Asien für Kosten von 972 Millionen Dollar zu übernehmen. Alles gekauft von flüssigem Kapital.
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Dies hinterlässt am Ende eine Frage. Wie viel Dollars genau holten die Romneys für sich aus dem Rettungsschirm für die US-amerikanische Automobilindustrie raus?
Anfragen an den Wahlkampfstab und die Romney-Vertrauten sind unbeantwortet geblieben. Und die Romneys müssen noch dieses entscheidende Jahr 2009 für seine Steuerrückzahlungen offenlegen. Ganz gleich, wie hoch die endgültige Summe da ausfällt, - dies war ein höchst einträgliches Geschäft! Die Romneys investierten ihren Teil durch das Management von Eliott Ende 2010, noch bevor Delphi öffentlich verkauft wurde. Dadurch erhielten sie Delphi-Aktien zu Singers anfänglichen schmutzig-billigen Preis. Als Delphi's Eigentümer die Firma öffentlich im November 2011 übernahmen, war das für die Romneys wie ein Knacken des ganz großen Jackpots.
In ihren Steuererklärungen von 2011 und 2012 vermerkt die Firma von Ann Romney die Investition von „mehr als 1 Million Dollar“ bei Eliott. Das ist die Beschreibung ihrer gesamten Großinvestition gemäß der gesetzlichen Mindestangabepflicht. (Hätte Herr Romney die Holding auf seinem eigenen Namen gehalten, dann hätte er verschleiern müssen, dass seine Investition mehr als 50 Millionen Dollar rausholte.)
Es macht Sinn anzunehmen, dass Singer die Romneys genau wie seine anderen Anleger behandelte, d.h. mit einem Drittel ihres Portfolios wurde in Delphi investiert, als 2011 die öffentlichen Angebote losgingen. Das bedeutet, dass bei einer Investition von mindestens 1 Million Dollar der kleinstmögliche Profit im Moment der öffentlichen Versteigerung von Delphi 10,2 Millionen Dollar betrug, natürlich plus 10,2 Millionen Dollar für jede weitere Singer ausgehändigte 1 Million Dollar. Und all diese Profite machte der Rettungsschirm für die Automobilindustrie möglich.
Aber das war mal gerade der Anfang. Seit November 2011 sind Delphi-Aktien im Wert von anfänglich 1 Million Dollar auf die Profithöhe von 10,2 Millionen Dollar und mittlerweile 15,3 Millionen Dollar gestiegen, für jede mit Singer investierte Million Dollar!
Aber was, wenn Romney etwas mehr bei Singer investierte, beispielsweise 7,5 Millionen Dollar? (Nach allem, was ABC News meldete und Romney nicht abstritt, investierte er einen gigantischen Teil seines großen privaten Reichtums bei Singer.) Dann würden die Romneys aus dem Rettungsschirm für die US-Automobilindustrie eine atemberaubende Summe von 115 Milliarden Dollar rausholen.
Wie hoch der Profit für die Romneys ganz genau ist, bleibt fast unsichtbar (und steuerfrei), weil Singer nur einen Bruchteil des Superprofits im Jahr 2011 per Bargeldüberweisung ausschüttete. Und die von Singer geleiteten Hedgefonds sind imstande gewesen, fast alle Profite bei Delphi steuerfrei zu stellen, indem sie Delphi's Firmensitz von Troy im US-Bundesstaat Michigan auf die Insel Jersey, ein Steuerparadies nahe der Küste Frankreichs, verlegten.
Die Romney können darauf beharren, dass die Gelder Singer gegeben wurden. Mitt Romneys entscheidender Sponsor, über lediglich das blinde Vertrauen auf seine Frau Ann. Aber wie sagte es Mitt Romney doch schon vor ein paar Jahren von Ted Kennedy? „Das blinde Vertrauen als Vertrauen auf Unbekanntes ist ein alter Trick, wenn man so will. Im Klartext: Einem blinden Vertrauten kann man immer sagen, was er tun kann und was nicht.“ Romney, der uns oft daran erinnert, dass er Geschäftsführer eines Hedgefonds war, kann die Mitteilungen von Eliott's Management ganz sicher lesen. Und er weiß, dass Ann's Vertrauen schwergewichtig in einen Fonds investiert ist, dessen Einsatz Nummer 1 bei Delphi erfolgt.
Dessen ungeachtet, selbst wenn die Romneys blind ihre anfängliche Investition bei Eliott vorgenommen hätten, haben sie zu Beginn 2010 erfahren, dass sie eine massive Position bei Delphi haben und einen Profit aus dem Rettungsschirm und den TARP-Geldern machen würden. Delphi ist keine kleinere Investition für Singer, Delphi ist Singers größte Holding. Anlegen bei Eliott ist im Grunde ein „Delphi-Spiel“. Im Klartext: Investieren mit Singer heißt Ankauf eines Stücks aus dem Rettungsschirm für die US-Automobilindustrie.
Mitt Romney mag faktisch gewünscht haben, dass die US-amerikanische Metropole der Automobilindustrie namens Detroit sterben gelassen wird. Wenn aber diese Automobilindustrie nach allem mit Rettungsgeldern überschüttet werden sollte, dann konnten die Romneys offenkundig nicht widerstehen, sich da einzubringen und ein Stück vom Kuchen zu erwischen.
In der Ausgabe der letzten Woche enthüllte Lee Fang, wie Mitt Romney's Sohn Tagg und Investoren in dessen Firma Solamere Capital mit den Profiten des Vaters Kasse machen können.
Greg Palast 17. Oktober 2012
Quelle:
http://www.thenation.com/article/170644/mitt-romneys-bailout-bonanza#
http://www.gregpalast.com/
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