Dienstag, 14. Juli 2020

[Smart] Daimler-Werk in Hambach (Frankreich) vor Verkauf


Dossier

Elektro-MobilitätDer Autobauer Daimler trimmt sein weltweites Netz von Produktionsstandorten auf mehr Effizienz. Deshalb will der Konzern das Werk Hambach im Département Moselle verkaufen. An dem französischen Daimler-Standort sind 1600 Mitarbeiter beschäftigt. Dort wird bisher noch der Kleinwagen Smart gebaut, den Daimler von der nächsten Modellgeneration an zusammen mit seinem Großaktionär Geely in China produzieren will. Die beiden Konzerne hatten dazu gemeinsam ein neues Unternehmen gegründet, um der Marke neuen Schwung zu geben. Hambach hätte laut früheren Ankündigungen im Gegenzug einen Kompaktwagen aus der neuen Elektro-Modellreihe EQ von Mercedes-Benz bekommen sollen. Angaben zu einem Zeitplan für mögliche Verkaufsgespräche machte Daimler nicht. (…) “Die Beschäftigten haben immer den sozialen Dialog vorgezogen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Fabrik zu gewährleisten”, sagte der französische Wirtschaftsminister…” Meldung vom 03.07.2020 bei sr.de externer Link – siehe dazu auch:
  • Daimler verkauft Smart-Fabrik in Hambach: 1600 Arbeitsplätze bedroht New
    Wie ein Blitz traf die Beschäftigten von Smartville die Mitteilung, dass die Smart-Produktion nach China verlagert wird. In der verarmten, grenznahen französischen Region Grand Est, wo der Ort Hambach gelegen ist, schlug die Nachricht ein wie eine Bombe. Die etwa 800 Arbeiter im Montagewerk Smartville und die in unmittelbarer Nachbarschaft beschäftigten weiteren 800 Arbeiter der Zulieferindustrie sind wieder mit der Vernichtung ihrer Existenzgrundlage konfrontiert. Bereits im März vergangen Jahres hatte der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche die Gründung eines Joint Ventures mit dem chinesischen Partnerunternehmen Geely angekündigt, das die Produktion der Elektroversion des Stadtautos Smart in China ab 2022 produzieren soll. Damals wurde die Hambacher Belegschaft noch mit dem Versprechen vertröstet, dass die Produktion der Modelle mit Verbrennungsmotoren bis dahin in Smartville erhalten bleibe und nahezu 500 Millionen Euro investiert würden, um danach einen Kompaktwagen der Marke Mercedes, ein Electro-SUV, zu bauen. (…) Dass der Standort erhalten bleibe, sei auch dem „Paket 2020“ zu verdanken. Die Arbeiter des Werks hatten einer Rückkehr zur 39-Stunden-Wochen zugestimmt, von denen nur 37 bezahlt wurden. Eine Rückkehr zur 35-Stunden-Woche war für das Jahr 2020 vorgesehen. „Wir versuchen es zu glauben“, lautete der Kommentar eines Kollegen. Die Beschäftigten der benachbarten Zulieferindustrie, die völlig von Smartville abhängig sind, waren schon damals besorgter. Bei der geringen Fertigungstiefe des Modells, bei dem bis zu 90 Prozent der Produktionsschritte von Zulieferern erbracht werden, ist ihre Zukunft völlig abhängig von den Entscheidungen des Daimler-Konzerns. (…) „Im Rahmen des Transformationsprozesses wollen wir die hohe Flexibilität unseres globalen Produktionsnetzwerks nutzen und unsere Kapazitäten an die zu erwartenden Marktentwicklungen anpassen“, heißt es in der Pressemitteilung von Daimler. „Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Wirtschaft führen auch zu neuen Marktbedingungen, weshalb wir unser globales Produktionsnetzwerk optimieren“, gab Ola Källenius, Vorsitzender der Konzernleitung, zu verstehen. Aus diesem Grund werde beabsichtigt, Gespräche über den Verkauf des Standortes Hambach zu führen. Diese Vorgeschichte beweist, dass der Einbruch der Absatzzahlen im zweiten Quartal 2020 durch die Corona-Pandemie nur dazu dient, eine schon lange geplante Verlagerung der Produktion zum Niedriglohnland China durchzusetzen, das gleichzeitig der größte Absatzmarkt ist. Auch die neuen EQ-Modelle sollen in China produziert werden. (…) Falls Ratcliffe tatsächlich den Kauf der Hambacher Smartville durchzieht, wird es nicht nur auf Kosten weiterer Senkung des Lohn- und Arbeitsniveaus der dortigen Arbeiter, sondern auch zu Lasten der Arbeiter in Portugal und Wales gehen, wo die Bevölkerung schon unter der Schließung eines Ford-Werkes Ende 2020 leidet. (…) So beschwerte sich der CGT-Funktionär des Sozial- und Wirtschaftsausschusses der Region um Hambach, Jean-Luc Bielitz, im Gespräch mit der Zeitung Le Monde darüber, dass Daimler in Deutschland wegen der Vereinbarungen mit der IG Metall die Hände gebunden seien. „Es liegt also an uns“, klagte er, und schilderte dem Magazin Capital, dass die CGT bereit war, allen geforderten Zugeständnissen zuzustimmen. Sein Gegenpart von der Gewerkschaft CFE-CGC, Mario Mutzette, blies gegenüber Capital ins gleiche Horn. Die Gewerkschaft habe immer wieder Opfer gebracht und Sozialabbau zugestimmt, um den Standort zu verteidigen…” Artikel von Gustav Kemper vom 11. Juli 2020 bei wsws externer Link
  • Wie geht es weiter bei Smart in Hambach?
    Im französischen Hambach in der Nähe von Saargemünd haben die Gewerkschaften mit der Unternehmensleitung von Smart darüber diskutiert, ob und wie die Produktion weiter laufen kann. Daimler, der Eigentümer des Kleinwagenherstellers, hatte überraschend angekündigt, das Werk zu verkaufen. Rund 500 Produktions-Mitarbeiter von Smart warteten am Donnerstag vor Konferenzgebäude des Unternehmens in Hambach. Dort trafen sich die Gewerkschaften mit der Unternehmensleitung von Smart und Daimler, um über den geplanten Verkauf des Werks mit seinen 1600 Mitarbeitern zu diskutieren. (…) Nach dem Treffen waren die Gewerkschaften jedoch unzufrieden. Sie fordern Verhandlungen auch mit anderen potentiellen Kaufinteressenten. Alles deutet aber darauf hin, dass das Smart-Werk in Hambach an Ineos geht. Die Briten kennt der smart-Eigentümer Daimler gut. Sie arbeiten schon im Motorsport bei der Formel eins zusammen.” Meldung vom 09.07.2020 bei sr.de externer Link
  • Politik und Gewerkschaften gegen Smart-Werksverkauf
    Gegen den geplanten Verkauf des Smartwerks in Hambach regt sich Widerstand. Mehrere Politiker haben sich zusammengetan, um den Verkauf doch noch zu verhindern. Vor den Toren von Smart in Hambach (Département Moselle) protestierten am Mittwoch die französischen Gewerkschaften CGT und FO sowie weitere Arbeitervertreter. Sie sind sauer, dass Daimler den Verkauf des Kleinwagenherstellers angekündigt hat externer Linkmöglicherweise an die britische Firma Ineos externer Link. Vor zwei Jahren wurden größere Umbauten begonnen, Investitionen von 500 Millionen Euro versprochen. Ein neuer Mercedes sollte hier gebaut werden externer Link. Eine Erklärung für die Kehrtwende haben die Gewerkschafter nicht bekommen. „Wir fordern eine Versammlung mit der Geschäftsführung, um zu erfahren, wo es hingeht“, sagte Jean-Marc-Filippigh von der Gewerkschaft FO. „Denn die Arbeiter haben ja schon bisher auf Vieles verzichtet.“ (…) 1600 Arbeitsplätze im Werk und weitere 1400 bei Zulieferern hängen von Smart ab. Am Donnerstag soll es eine Gewerkschaftsversammlung geben. Die Gewerkschaften fürchten den Wegfall von Arbeitsplätzen. „Wir werden ein starkes Zeichen setzen“, stellte Thomas de Francesco von der Gewerkschaft CGT klar. „Und wenn wir nach Deutschland gehen müssen, werden wir dies tun, auch nach Stuttgart, Sindelfingen oder Rastatt…” Beitrag vom 08.07.2020 bei sr.de externer Link mit Informationen von Lars Ohlinger mit einem Video der Proteste vor dem Smart-Werk in Hambach
  • Daimler will Smart-Werk in Hambach verkaufen – französische Regierung schaltet sich ein
    Der Autobauer passt seine Kapazitäten der schwachen Marktlage an. Der Smart, der bisher in Hambach produziert wird, soll künftig in China gebaut werden. (…)Die aktuellen Elektromodelle des Smart sollen Daimler zufolge weiter in Hambach vom Band laufen. Die nächste Generation des Stadtflitzers wird das Gemeinschaftsunternehmen von Daimler mit Großaktionär Geely in China bauen. Daimler und Geely wollen ab 2022 neue vollelektrische Smart-Modelle auf den Markt bringen und weltweit vertreiben. Nur wenige Minuten nach der Bekanntmachung der Daimler-Pläne reagierte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire. „Der Standort Hambach ist ein Symbol für die deutsch-französischen industriellen Beziehungen“, sagte der Minister über das Werk nahe der deutschen Grenze. Die Beschäftigten hätten sich immer für den sozialen Dialog eingesetzt, um die Wettbewerbsfähigkeit des Werkes zu sichern. Le Maire ging den Autobauer frontal an und forderte: „Daimler muss alle Optionen offenhalten – einschließlich der, das Werk weiterzuführen.“ Das Smart-Werk in Hambach ist für Frankreichs Regierung nicht irgendeine Fabrik. Das Werk hat in gewisser Weise Industriegeschichte geschrieben. Als Daimler vor wenigen Jahren von den Mitarbeitern einen finanzielles Opfer verlangte, um den Standort weiterzuentwickeln, kam es zu einem harten internen Konflikt. Nicht nur die radikalen, sondern auch die gemäßigten Gewerkschaften wandten sich gegen die Absicht von Daimler – mit dem Hinweis, dass die Beschäftigten bereits Opfer gebracht hätten. Der damalige Werksleiter, inzwischen ausgeschieden, organisierte eine Urabstimmung im Werk. Dabei entschied sich die Mehrheit der Beschäftigten für eine Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Nach mehrwöchiger Auseinandersetzung wurde das Abstimmungsergebnis umgesetzt. Hambach ist in Frankreich damit in gewisser Weise zu einem Symbol dafür geworden, dass die Bereitschaft von Arbeitnehmern zu Zugeständnissen zur Sicherung von Arbeitsplätzen führt. Die Absicht von Daimler, das Werk nun abzustoßen, wirkt deshalb wie eine Provokation auf die Franzosen…” Artikel vom 03.07.2020 im Handelsblatt online externer Link – siehe zur angesprochenen Vorgeschichte von 2015: Daimler erpresst – auch in Frankreich
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175410


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